Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 528/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 466/12
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Klage gegen einen Bescheid, der bereits aufgehoben worden ist.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist eine Kürzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 100 vH für die Zeit vom 01.04.2011 bis 30.06.2011.
Der Kläger bezieht von der Beklagten seit 2008 Alg II. Im Hinblick darauf, dass er seiner Verpflichtung zur Teilnahme an der Maßnahme BZB-flex im afz in A-Stadt ab 31.01.2011 gemäß dem Eingliederungsbescheid vom 20.01.2011 nicht nachgekommen sei, kürzte die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 das Alg II für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.06.2011 um 100 Prozent.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben und zuletzt noch die Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 beantragt. Mit Bescheid vom 02.01.2012 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 aufgehoben. Mit Urteil vom 12.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, da mit der bereits erfolgten Aufhebung des angefochtenen Bescheides kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehe.
Der Kläger hat dagegen Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren beantragt. Er hat zudem angefügt, er klage auch noch wegen der Kürzung bzw. fehlender Zahlung seines Alg II von 2005 bis 2011, nicht erhaltener Mehraufwandsentschädigung im Jahr 2003, einer Weiterbildung bzw. Umschulung, und der Behinderung wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Dem Kläger ist PKH für das Berufungsverfahren nicht zu bewilligen.
Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - juris - Rn 26 = SozR 3-1500 § 62 Nr 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - juris - Rn 21 = NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - Rn 29 - juris = BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - juris - Rn 23 = NJW 2008, 1060ff).
An einer hinreichenden Erfolgsaussicht in diesem Sinne fehlt es vorliegend. Das SG hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Klage unzulässig ist, da der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 durch die Beklagte bereits wieder mit Bescheid vom 02.01.2012 aufgehoben worden ist. Eine mögliche Rechtsverletzung des Klägers kann damit von dem angefochtenen Bescheid nicht mehr ausgehen; es fehlt eine Klagebefugnis. Anhaltspunkte dafür, der Kläger begehre nunmehr die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig gewesen ist, gibt es nicht. Im Übrigen wäre ein notwendiges Feststellungsinteresse nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger sich zusätzlich gegen die Kürzung bzw. fehlende Zahlung seines Alg II von 2005 bis 2011 und eine Behinderung wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit
wendet und zudem eine nicht erhaltene Mehraufwandsentschädigung im Jahr 2003 und eine Weiterbildung bzw. Umschulung begehrt, handelt es sich im Hinblick auf den eindeutigen Klageantrag, wie der Kläger ihn im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG zuletzt gestellt hat, um eine Klageänderung. Eine Änderungen der Klage iSd § 99 Abs 1 SGG (zu den Voraussetzungen vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 99 Rn 12) ist nur zulässig, wenn die Beklagte zustimmt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist nicht der Fall.
Ein Anspruch des Klägers auf PKH für das Berufungsverfahren besteht damit nicht.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG und ergeht kostenfrei.
Gründe:
I.
Streitig ist eine Kürzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 100 vH für die Zeit vom 01.04.2011 bis 30.06.2011.
Der Kläger bezieht von der Beklagten seit 2008 Alg II. Im Hinblick darauf, dass er seiner Verpflichtung zur Teilnahme an der Maßnahme BZB-flex im afz in A-Stadt ab 31.01.2011 gemäß dem Eingliederungsbescheid vom 20.01.2011 nicht nachgekommen sei, kürzte die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 das Alg II für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.06.2011 um 100 Prozent.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben und zuletzt noch die Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 beantragt. Mit Bescheid vom 02.01.2012 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 aufgehoben. Mit Urteil vom 12.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, da mit der bereits erfolgten Aufhebung des angefochtenen Bescheides kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehe.
Der Kläger hat dagegen Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren beantragt. Er hat zudem angefügt, er klage auch noch wegen der Kürzung bzw. fehlender Zahlung seines Alg II von 2005 bis 2011, nicht erhaltener Mehraufwandsentschädigung im Jahr 2003, einer Weiterbildung bzw. Umschulung, und der Behinderung wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Dem Kläger ist PKH für das Berufungsverfahren nicht zu bewilligen.
Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - juris - Rn 26 = SozR 3-1500 § 62 Nr 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - juris - Rn 21 = NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - Rn 29 - juris = BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - juris - Rn 23 = NJW 2008, 1060ff).
An einer hinreichenden Erfolgsaussicht in diesem Sinne fehlt es vorliegend. Das SG hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Klage unzulässig ist, da der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 durch die Beklagte bereits wieder mit Bescheid vom 02.01.2012 aufgehoben worden ist. Eine mögliche Rechtsverletzung des Klägers kann damit von dem angefochtenen Bescheid nicht mehr ausgehen; es fehlt eine Klagebefugnis. Anhaltspunkte dafür, der Kläger begehre nunmehr die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig gewesen ist, gibt es nicht. Im Übrigen wäre ein notwendiges Feststellungsinteresse nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger sich zusätzlich gegen die Kürzung bzw. fehlende Zahlung seines Alg II von 2005 bis 2011 und eine Behinderung wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit
wendet und zudem eine nicht erhaltene Mehraufwandsentschädigung im Jahr 2003 und eine Weiterbildung bzw. Umschulung begehrt, handelt es sich im Hinblick auf den eindeutigen Klageantrag, wie der Kläger ihn im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG zuletzt gestellt hat, um eine Klageänderung. Eine Änderungen der Klage iSd § 99 Abs 1 SGG (zu den Voraussetzungen vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 99 Rn 12) ist nur zulässig, wenn die Beklagte zustimmt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist nicht der Fall.
Ein Anspruch des Klägers auf PKH für das Berufungsverfahren besteht damit nicht.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG und ergeht kostenfrei.
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