L 11 EG 1995/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 EG 196/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1995/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Höhe des Elterngeldes für das Kind A. B. (im Folgenden: A).

Die im Jahr 1972 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter der am 05.12.2008 geborenen A. Sie lebt mit A in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland und betreut und erzieht das Kind selbst. Sie ist seit 2001 bei der D. AG abhängig beschäftigt.

Vor der Geburt von A bezog die Klägerin ab dem 24.10.2008 Mutterschaftsgeld. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 30.09.2008 hatte sie Bruttoeinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 84.187,91 EUR. Darin waren geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen in Form eines Arbeitgeberdarlehens sowie eines Dienstwagens mit enthalten. In dem genannten Zeitraum entfielen auf das Einkommen der Klägerin insgesamt 26.997,16 EUR Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 7.431,09 EUR.

Nach der Geburt von A bezog sie zunächst bis 30.01.2009 Mutterschaftsgeld. Ihre Arbeitstätigkeit übte die Klägerin zunächst nicht aus, erhielt jedoch von ihrem Arbeitgeber weiterhin geldwerte Vorteile für ihren Dienstwagen, den sie noch bis Ende März 2009 privat nutzte, sowie für das Arbeitgeberdarlehen in folgender Höhe:

Zeitraum Bruttoeinkommen Steuern Sozialversicherungs-beiträge 05.03.-31.03.2009 476,70 EUR 0 54,12 EUR April 2009 45,49 EUR 0 5,17 EUR Mai 2009 44,94 EUR 0 5,10 EUR Juni 2009 44,40 EUR 0 5,04 EUR Summe 611,53 EUR 0 69,43 EUR

Am 04.07.2009 nahm sie wieder ihre Arbeit im Umfang von 27,38 Wochenstunden auf. Im Zeitraum vom 04.07.2009 bis 04.11.2009 hatte sie Bruttoeinkünfte in Höhe von insgesamt 21.532,57 EUR. Hierauf entfielen Steuern in Höhe von 5.827,67 EUR und Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 2.472,03 EUR.

Am 27.05.2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld für den vierten bis elften Lebensmonat von A. Im Antragsformular gab sie an, erst ab Juli 2009 wieder Einkommen zu erzielen. Mit Bescheid vom 15.07.2009 bewilligte die Beklagte vorläufig Elterngeld in Höhe von 300,00 EUR monatlich für den vierten bis siebten Lebensmonat von A. Nach Vorlage der erforderlichen Einkommensnachweise werde der Anspruch überprüft. Am 17.07.2009 erging ein Änderungsbescheid, mit dem die Beklagte das Elterngeld für den vierten bis siebten Lebensmonat von A auf monatlich 1.800,00 EUR festsetzte. Der Anspruch sei überprüft worden. Der Bescheid vom 15.07.2009 werde entsprechend geändert. Über den Anspruch ab dem achten Lebensmonat könne erst entschieden werden, wenn die Arbeitgeberbescheinigung eingereicht werde. Die übrigen Bestimmungen des Bescheides vom 15.07.2009 behielten weiterhin ihre Gültigkeit.

Am 31.07.2009 ging bei der Beklagten die Arbeitgeberbescheinigung für das nachgeburtliche Einkommen der Klägerin ein. Mit Änderungsbescheid vom 19.08.2009 setzte die Beklagte das Elterngeld für den vierten bis elften Lebensmonat vorläufig auf monatlich 784,53 EUR fest. Der Bescheid vom 17.07.2009 werde insoweit abgeändert. Der Differenzbetrag von 4.061,88 EUR sei zurückzuerstatten. Die endgültige Höhe des Elterngeldes werde nach Ablauf des Bezugszeitraums ermittelt. Das Einkommen aus dem geldwerten Vorteil für den Firmenwagen bzw das Arbeitgeberdarlehen sei als Einkommen nach der Geburt anzurechnen. Die Klägerin habe im Antragsformular keine entsprechenden Angaben gemacht. Hiergegen legte die Klägerin am 28.09.2009 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 05.10.2009 hörte die Beklagte die Klägerin zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen an. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2009 (ohne Absendevermerk) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zum Arbeitslohn zählten auch regelmäßig wiederkehrende geldwerte Vorteile. Diese müssten daher sowohl vor als auch nach der Geburt berücksichtigt werden. Dabei sei unerheblich, ob Einkommen aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder während des "Ruhens" des Beschäftigungsverhältnisses erzielt werde. Da in allen Bezugsmonaten Erwerbseinkommen erzielt worden sei, sei das durchschnittlich erzielte Erwerbseinkommen in allen Bezugsmonaten anzurechnen. Der Bescheid vom 17.07.2009 habe nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückgenommen werden können, da die Klägerin jedenfalls grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Auf Vertrauensschutz könne sie sich daher nicht berufen. Nach Abwägung aller Umstände sei die Rückzahlung auch nicht unverhältnismäßig.

Am 11.01.2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, das Arbeitgeberdarlehen sei im Jahr 2005 aufgenommen worden, also noch vor Inkrafttreten des Bundeselterngeldgesetzes. Es diene ausschließlich dem Erwerb einer privaten Immobilie. Die Stundung oder Aussetzung der Ratenzahlungen sei im Vertrag nicht vorgesehen. Ein Verzug mit zwei Raten hätte die Kündigung des Darlehen bedeutet. Das Arbeitgeberdarlehen diene in seiner Zielsetzung der Altersvorsorge. Die Dienstwagenrate betreffe den nicht elterngeldrelevanten Zeitraum vom 01.03. bis 04.03.2009. Nur aus steuerlichen Gründen sei eine pauschale Berechnung für den gesamten Monat März erfolgt. Der geldwerte Vorteil sei noch vor Eintritt des Elterngeldbezugszeitraums in voller Höhe fällig geworden. Ab dem 05.03.2009 habe sie sich voll und ganz der Erziehung ihres Kindes gewidmet. Den Vorwurf, sie habe grob fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht, weise sie zurück. Sie habe wahrheitsgemäß angegeben, dass sie im fraglichen Zeitraum keine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe und folglich auch kein Einkommen bezogen habe. Die Formulare und Hinweisblätter der Beklagten seien unzureichend. Es fehle eine hinreichende Erläuterung. Aufgrund der Möglichkeit, rückwirkend für die letzten drei Monate einen Antrag zu stellen, habe keine Möglichkeit bestanden, zu handeln, notfalls gegenüber dem Arbeitgeber eine Aussetzung des Darlehens zu bewirken. Der Gesetzgeber bzw die Beklagte habe selbst keine Klarheit darüber gehabt, wie sie mit diesem Punkt verfahren solle. Dies zeige sich daran, dass innerhalb von zweieinhalb Jahren drei Änderungen an den Formularen vorgenommen worden seien. Die Beklagte habe einfachste Sorgfalts- und Kontrollpflichten ignoriert. Vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der Elterngeldregelungen erfülle die Klägerin sämtliche inhaltliche Punkte des Bundeselterngeldgesetzes. Sie habe in den Monaten vier bis sieben ihre Erwerbstätigkeit voll eingestellt und sich ganz der Erziehung und Betreuung gewidmet. Wie sich auch aus der (im Einzelnen zitierten) Rechtsprechung ergebe, müsse ihr hierfür das volle Elterngeld zustehen. Die Rechtsprechung richte vorrangig den Fokus auf das Kindeswohl und nicht den Zufluss an Geld. Die Anrechnung der nur geringen geldwerten Vorteile in den Monaten vier bis sieben und die Verrechnung mit den Lebensmonaten acht bis elf stelle einen nicht vertretbaren Eingriff in die finanzielle Situation der Klägerin und damit in den Familienfrieden dar. Einzelne würden ungerechtfertigt besser gestellt als die Klägerin. Die Gleichbehandlung aller Berechtigten sei infolge der Deckelung der maximalen Familienleistung und der erheblichen Abschläge infolge der Anrechnung der sogenannten "anderen" Bezüge nicht mehr sichergestellt. Die Anrechnung der geldwerten Vorteile habe Verluste in 22facher Höhe des geldwerten Vorteils zur Folge. Das Bundeselterngeldgesetz stelle "sonstige Bezüge", welche nicht als laufender Lohn bezahlt würden, unabhängig von ihrer Höhe besser. Das Gesetz verlasse seine ursprünglichen Ziele, sowohl eine Lohnersatzleistung als auch Erziehungsleistung der Eltern adäquat ihres bisherigen Einkommens zu bieten. Ungleichbehandlungen bestünden auch im Vergleich zu Arbeitslosengeldbeziehern. Indem an das Erwerbseinkommen angeknüpft werde, würden die vorgeburtlich Erwerbstätigen benachteiligt.

Nach Eingang der Arbeitgeberbescheinigung über das tatsächlich im Zeitraum vom 04.07.2009 bis 04.11.2009 erzielte Einkommen der Klägerin am 30.12.2009 setzte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13.01.2010 das Elterngeld für den Zeitraum vom 05.03.2009 bis 04.11.2009 endgültig auf monatlich 698,15 EUR fest. Den Differenzbetrag von 691,04 EUR habe die Klägerin zu erstatten.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2012 haben die Beteiligten vereinbart, dass allein streitgegenständlich das Elterngeld für den vierten bis siebten Lebensmonat sei.

Mit Urteil vom 24.04.2012 (der Beklagten zugestellt am 02.05.2012) hat das SG den Bescheid vom 15.07.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.07.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 19.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.01.2010 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Elterngeld für den vierten bis siebten Lebensmonat in Höhe von 1.800,00 EUR monatlich zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die vom Arbeitgeber gewährten geldwerten Vorteile seien nicht als Einkommen anzurechnen, da die Klägerin in dieser Zeit nicht erwerbstätig gewesen sei. Das SG schloss sich einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 26.11.2010 (L 13 EG 29/10) an. Aufgrund der Gesetzesmaterialien sei § 2 Abs 3 Satz 1 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) dahingehend auszulegen, dass zur Erwerbstätigkeit die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit gehöre. Der bloße Zufluss des geldwerten Vorteils in Form einer Dienstwagennutzung, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Arbeitsentgelt darstelle, genüge demnach nicht. Die Fortgewährung der Nutzung des Dienstwagens zu privaten Zwecken beruhe auf einem Entgegenkommen des Arbeitgebers. Es sei weder ersichtlich, dass dies eine Vergütung für vergangene Arbeitsleistungen noch für künftige Arbeitsleistungen darstellen solle. Dies unterscheide den vorliegenden Fall auch von anderen, in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen. An einer Deckungsgleichheit von Entgeltersatzleistung und Entgeltanspruch fehle es, wenn Zahlungen für Arbeitsleistungen erfolgten, die außerhalb des Bezugszeitraums geleistet worden seien. Das BSG habe auch schon entschieden, dass bei nachträglicher Vertragserfüllung das modifizierte Zuflussprinzip gelte. Vorliegend ließen sich die geldwerten Vorteile zwar nicht einer bestimmten Arbeitsleistung zuordnen, sie seien aber in einer Zeit gezahlt worden, in der keine Arbeitsleistung erbracht worden sei. Solche Einnahmen seien so zu behandeln wie beliebige andere Einnahmen etwa aus Kapitalvermögen oder privaten Veräußerungsgeschäften.

Am 14.05.2012 hat die Beklagte hiergegen Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die maßgebliche Regelung in § 2 Abs 3 BEEG sei zwar in seinem Wortlaut nicht eindeutig. Die vom SG vorgenommene Auslegung sei jedoch rechtsfehlerhaft. Sinn und Zweck des Elterngeldes sei es nicht, ein möglichst hohes Elterngeld zukommen zu lassen. Der Gesetzgeber habe das Elterngeld vielmehr als Einkommensersatz ausgestaltet. Liege ein entsprechender Einkommensausfall nicht vor, und stehe dem Elternteil Einkommen zur Verfügung, bestehe keine Veranlassung für einen staatlichen Ausgleich. Die streitgegenständlichen geldwerten Vorteile stellten arbeitsvertragliche Leistungen dar, die vom Arbeitgeber während des Bezugszeitraums weiter erbracht worden seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) habe die Klägerin hierauf Anspruch, selbst wenn die Arbeitsleistung zB wegen Krankheit, Mutterschutz oder Elternzeit entfalle. Der Einkommensausfall der Klägerin nach der Geburt sei mithin geringer. Eine Ersatzleistung in Form eines höheren Elterngeldes führe zu einer nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlung. Die Erwerbstätigkeit müsse nicht tatsächlich ausgeübt werden. Die vom SG vorgenommene Auslegung unter Heranziehung der Gesetzesbegründung sei nicht zwingend. Die Gegenleistungspflicht der Klägerin sei nur suspendiert. Für die Auslegung der Beklagten spreche schließlich auch ein Vergleich mit selbständig Tätigen, die nach der Geburt selbst nicht arbeiteten, aber durch Angestellte Einkünfte aus ihrer selbständigen Tätigkeit hätten. Aus Gründen der Gleichbehandlung müsse Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit im Bezugszeitraum ebenfalls Berücksichtigung finden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen wiederholt und unter Benennung weiterer Rechtsprechung vertieft.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 19.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Streitgegenständlich sind ausweislich des in erster Instanz gestellten Klagantrags neben dem Bescheid vom 19.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 auch die Bescheide vom 15.07.2009 und 17.07.2009 sowie der Änderungsbescheid vom 13.01.2010. Mit Letzterem hatte die Beklagte während des Klageverfahrens die vorläufig ergangenen Bewilligungsbescheide ersetzt und das Elterngeld endgültig festgesetzt. Er ist damit nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. In zeitlicher Hinsicht hat die Klägerin ihr Klagebegehren auf die Gewährung des Höchstbetrags an Elterngeld für den vierten bis siebten Lebensmonat von A beschränkt.

Soweit die Bescheide vom 15.07.2009 und 17.07.2009 vom Klageantrag mit umfasst sind, ist die Klage allerdings unzulässig. Die Klägerin hatte gegen diese Bescheide keinen Widerspruch eingelegt. Dies war hinsichtlich ihres Begehrens auch nicht erforderlich. Mit Bescheid vom 17.07.2009, der den vorläufigen Bewilligungsbescheid für den vierten bis siebten Lebensmonat vom 15.07.2009 ersetzte, bewilligte die Beklagte (nicht lediglich vorläufig) Elterngeld für den vierten bis siebten Lebensmonat in Höhe des Höchstbetrags von monatlich 1.800,00 EUR. Hinsichtlich der Monate acht bis elf traf sie in diesem Bescheid keine Regelung. Dieser Bescheid würde im Fall einer (teilweisen) Aufhebung des Bescheides vom 19.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.01.2010 bestandskräftig. Damit hätte die Klägerin ihr Klageziel erreicht.

Ob die Klage bereits deshalb unbegründet ist, weil die Klägerin nur für einzelne Lebensmonate höheres Elterngeld begehrt, wird offen gelassen. Eine Teilaufhebungsklage ist unbegründet, wenn der Verwaltungsakt nicht teilbar ist (BSG 13.11.1985, 6 RKa 15/84, SozR 2200 § 368a Nr 13). Ein Verwaltungsakt ist dann teilbar, wenn sich die Rechtswidrigkeit des einen Teils nicht auf den Rest des Verwaltungsaktes auswirkt (BSG 13.11.1985, 6 RKa 15/84, SozR 2200 § 368a Nr 13). Zwar hat der Gesetzgeber den Elterngeldanspruch nach dem Lebensmonatsprinzip ausgestaltet (BSG 29.08.2012, B 10 EG 20/11 R, juris-RdNr 30 mwN). Elterngeld wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt (§ 4 Abs 2 Satz 1 BEEG). Dieser Umstand spricht für eine Teilbarkeit, sofern für jeden Lebensmonat eine gesonderte Verfügung angenommen wird. Allerdings kann aufgrund der Berechnungsweise nach § 2 BEEG (insbesondere § 2 Abs 3 Satz 1 BEEG) das für einen Lebensmonat rechtswidrig zu niedrig bewilligte Elterngeld zur Folge haben, dass für Folgemonate rechtswidrig zu hohes Elterngeld bewilligt wurde. Dies könnte gegen eine Teilbarkeit sprechen. Auf die Entscheidung dieser Rechtsfrage kommt es hier jedoch nicht an, da die Klage jedenfalls deshalb unbegründet ist, weil die Klägerin keinen Anspruch auf das begehrte höhere Elterngeld hat.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (( BEEG ); Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748).

Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Klägerin hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit ihrer am 05.12.2008 geborenen Tochter A in einem Haushalt, betreute und erzog sie und übte während des streitigen Zeitraums keine volle Erwerbstätigkeit aus. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Klägerin gegenüber der Beklagten im Verwaltungsverfahren.

Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier in der Fassung vom 05.12.2006). Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR vor. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 des § 2 BEEG zu berücksichtigen. Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach § 2 Abs 1 BEEG berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt (§ 2 Abs 3 Satz 1 BEEG). Als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist dabei nach § 2 Abs 3 Satz 2 BEEG höchstens der Betrag von 2.700,00 EUR anzusetzen.

Der Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG) unterliegt den Einschränkungen des § 2 Abs 7 Sätze 5 bis 7 BEEG. Danach bleiben ua Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung bezogen hat. Unter Anwendung dieser Regelungen fallen die Monate Oktober und November 2008 nicht mit in den Bemessungszeitraum, da die Klägerin ab dem 24.10.2008 Mutterschaftsgeld bezogen hat. Damit reicht der Bemessungszeitraum vom 01.10.2007 bis 30.09.2008.

Als Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit ist nach § 2 Abs 7 BEEG der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen (Satz 1). Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs 1 Satz 3 des EStG werden nicht als Einnahmen berücksichtigt (Satz 2). Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil (Satz 3). Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers (Satz 4).

Im Bemessungszeitraum hatte die Klägerin Bruttoeinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 84.187,91 EUR. Dies entnimmt der Senat der Arbeitgeberauskunft. Ausweislich der aktenkundigen Gehaltsabrechnungen waren in diesem Betrag auch geldwerte Vorteile für regelmäßige Sachbezüge in Form eines Dienstwagens und eines Arbeitgeberdarlehens enthalten. Dabei handelt es sich um Teile des Arbeitslohns. Dies ergibt sich aus § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG in Verbindung mit der in § 2 Abs 1 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung enthaltenen Definition zum Arbeitslohnbegriff. Danach wird Arbeitslohn definiert als alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Dazu gehören auch Sachbezüge, soweit sie zu geldwerten Vorteilen des Arbeitnehmers aus seinem Dienstverhältnis führen (Lohnsteuer-Handbuch für 2008, H 19.3 LStH 2008). Es sind keine "sonstigen Bezüge" im Sinne des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG, die bei der Berechnung des Elterngeldes nicht als Einnahmen zu berücksichtigen wären. "Sonstige Bezüge" werden als nicht laufender Arbeitslohn gezahlt (§ 38a Abs 1 Satz 3 des EStG). Werden dagegen – wie hier – geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen gewährt, handelt es sich um laufenden Arbeitslohn (vgl BSG 29.08.2012, B 10 EG 20/11 R, juris-RdNr 54 mit Verweis auf BFH 16.12.2010, VI R 27/10, BFHE 232, 174; BFH 17.6.2010, VI R 50/09, BFHE 230, 150). Auf das Gesamteinkommen entfielen Steuern in Höhe von insgesamt 26.997,16 EUR sowie Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 7.431,09 EUR. Dies entnimmt der Senat ebenfalls der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung. Unter Zugrundelegung dieser Zahlen hatte die Klägerin ein vorgeburtliches Durchschnittseinkommen von monatlich 4.146,64 EUR. Damit ist als vor der Geburt von A durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 3 Satz 2 BEEG ein Betrag von 2.700,00 EUR anzusetzen.

Nach der Geburt von A erhielt die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum weiterhin geldwerte Vorteile aus ihren regelmäßigen Sachbezügen (Dienstwagen und Arbeitgeberdarlehen) in Höhe von insgesamt 611,53 EUR. Auch diese Einkünfte sind als Arbeitslohn zu qualifizieren. Denn es sind Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen (vgl oben). Die Definition von "Arbeitslohn" setzt nicht voraus, dass eine Gegenleistung erbracht wird. Diese Einkünfte sind deshalb wie bei der Berechnung des vorgeburtlichen Einkommens auch beim nachgeburtlichen Einkommen anzurechnen. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass § 2 BEEG "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" voraussetzt (vgl § 2 Abs 3 Satz 1 BEEG und § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG). Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des Elterngeldes. Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (BT-Drucks 16/1889, S 2, 15; BT-Drucks 16/2454, S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889, S 2, 15; BT-Drucks 16/2454, S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770, S 5 f). Wie auch andere Entgeltersatzleistungen ist das Elterngeld demnach dazu bestimmt, das zuletzt (vor der Geburt des Kindes) zum Lebensunterhalt dienende Einkommen zu ersetzen (BSG 03.12.2009, B 10 EG 3/09 R, juris-RdNr 33). Eines Ersatzes bedarf es jedoch dann nicht, wenn die Einkünfte weiter erzielt werden. In einem solchen Fall bedarf es insoweit keiner Sicherung des zuletzt prägenden Lebensstandards. Dies gilt bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit aufgrund der von der Rechtsprechung entwickelten modifizierten Zuflusstheorie allerdings nicht für Einkünfte, die nach der Geburt zufließen, jedoch bereits zuvor erarbeitet worden sind (zu § 2 Abs 7 BEEG in der Fassung vom 05.12.2006: BSG 30.09.2010, B 10 EG 19/09 R, juris; so auch das vom SG zitierte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.11.2010, L 13 EG 29/10, juris). Um solche Einkünfte handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Die geldwerten Vorteile bezog die Klägerin vielmehr im und für den Elterngeldbezugszeitraum, nicht für bereits zuvor erbrachte (oder später zu erbringende) Arbeitsleistung. Sie hat es demnach im Bezugszeitraum "erarbeitet", auch wenn sie hierfür keine Arbeitskraft aufwenden musste. Auch den geldwerten Vorteil des Dienstwagens im Monat März 2009 bezog sie (anteilig) während des Bezugszeitraums. Unerheblich ist, dass – wie die Klägerin vorträgt – die für den Dienstwagen anfallende monatliche Pauschale bereits aufgrund der Nutzung im noch vor dem Elterngeldbezug liegenden Zeitraum (01.-04.03.2009) anfiel. Es kommt allein darauf an, dass die Klägerin aufgrund der tatsächlichen privaten Nutzung des Kfz im gesamten Monat März 2009 einen geldwerten Vorteil erlangt hat, der anteilig in den Bezugszeitraum fällt. Der Arbeitgeber der Klägerin hat daher zutreffend die anteilige Pauschale als Einkünfte im Zeitraum ab dem 05.03.2009 bescheinigt.

Dem steht die Entscheidung des Senats vom 17.07.2012 (L 11 EG 4747/11, juris) nicht entgegen. Der Senat hat darin ausgeführt, dass § 2 Abs 3 BEEG und nicht § 2 Abs 1 BEEG eingreife, wenn der Elterngeldberechtigte nach der Geburt erwerbstätig sei, unabhängig davon, ob er Einkünfte hieraus erziele oder nicht. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/1889 S 20) ergebe sich, dass der Gesetzgeber deutlich zwischen einer Unterbrechung und einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit unterscheide. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, hieraus eine Stütze für ihre Argumentation zu finden, verkennt sie, dass § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nur dann den Höchstbetrag des Elterngeldes festlegt, wenn die Erwerbstätigkeit unterbrochen und deshalb kein Einkommen erzielt wird. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Klägerin erzielte jedoch Einkommen aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis, obwohl sie keine Arbeitsleistung erbrachte. Damit kommt vorliegend § 2 Abs 3 BEEG zur Anwendung.

Der Grund für die von der Klägerin errechneten "Verluste" infolge der Anrechnung der nachgeburtlichen Einkünfte ist die Deckelung des vorgeburtlichen Einkommens auf 2.700,00 EUR nach § 2 Abs 3 Satz 2 BEEG. Dadurch werden die vor und nach der Geburt gleichbleibenden Einkünfte nicht nivelliert. Nachgeburtliche Einkünfte wirken sich vielmehr mindernd auf das Elterngeld aus. Mit dem Höchstbetrag von 2.700,00 EUR wird dem Umstand Rechnung getragen, das Elterngeld nur bis zu einem monatlichen Höchstbetrag von 1.800,00 EUR gezahlt wird (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG), der bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.700,00 EUR erreicht wird. Die Regelung des § 2 Abs 3 BEEG bewirkt damit praktisch eine Anrechnung des nach der Geburt erzielten Einkommens auf das Elterngeld (BSG 17.02.2011, B 10 EG 20/09 R, juris). Das Elterngeld fördert damit schwerpunktmäßig Erziehende, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben (BSG 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R, juris). Darüber liegende Einkommen wollte der Gesetzgeber bewusst nicht als Maßstab für das Elterngeld heranziehen (BT-Drucks 16/1889, S 20). Überdurchschnittliche Einkommen bleiben für die Leistungsbemessung daher außer Betracht. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz ergibt sich daraus nicht. Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl BVerfG 7.12.2010, 1 BvR 2628/07, juris-RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen (BSG 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R, juris-RdNr 68 mwN, zur Verfassungsmäßigkeit des Anknüpfens an das im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes bezogene Einkommen aus Erwerbstätigkeit). Eine gegen Art 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung – insbesondere in Bezug auf die von der Klägerin angeführte Gruppe der "nicht Erwerbstätigen" – vermag der Senat deshalb nicht zu erkennen.

Das somit anzurechnende Einkommen der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum ergibt unter Heranziehung des (unstreitigen) Einkommens in der Zeit vom 06.07.2009 bis 04.11.2009 in Höhe von 21.532,57 EUR insgesamt ein nachgeburtliches Einkommen von 22.144,10 EUR. Abzüglich der Steuern, Beiträge zur Sozialversicherung und anteiligen Werbungskosten (5.827,67 EUR, 2.541,46 EUR, 511,09 EUR) errechnen sich Nettoeinkünfte in Höhe von insgesamt 13.263,88 EUR, dh durchschnittlich im Monat ein Betrag von 1.657,99 EUR. Die nach § 2 Abs 3 BEEG vorzunehmende Differenzberechnung ergibt einen Betrag in Höhe von 1.042,01 EUR (2.700,00 EUR - 1.667,99 EUR). Bei einem Leistungssatz von 67 % (§ 2 Abs 1 BEEG) errechnet sich der von der Beklagten zuletzt festgesetzte Zahlbetrag von 698,15 EUR.

Die Beklagte durfte die Bescheide vom 17.07.2009 und 19.08.2009 abändern und das zu viel ausbezahlte Elterngeld zurückfordern. Die Befugnis zur Abänderung des Bescheides vom 17.07.2009 ergibt sich zwar nicht aus § 8 Abs 2 oder Abs 3 BEEG, denn der Bescheid erging weder unter dem Vorbehalt des Widerrufs noch vorläufig. Der Bescheid vom 17.07.2009 war jedoch als begünstigender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig, da der siebte Lebensmonat von A zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war und in der Höhe des Elterngeldes die geldwerten Vorteile für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Berücksichtigung gefunden hatten. Damit ist Rechtsgrundlage des Änderungsbescheides vom 19.08.2009 § 45 SGB X. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Absatz 2 darf er nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte ua nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Grob fahrlässig ist ein Verhalten dann, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Auszugehen ist dabei von einem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff, dh die Sorgfaltspflichtverletzung ist anhand der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen und Verhalten des Begünstigten sowie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (BSG 21.05.1974, 7 RKg 8/73, SozR 5870 § 13 Nr 1).

Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin vor. Sie musste schon aufgrund einfachster Überlegungen erkennen, dass sie die Einkommensteile, die ihr auch nach der Geburt von ihrem Arbeitgeber weiterhin gewährt wurden, mitzuteilen hatte. Als die Klägerin im Mai 2009 Elterngeld beantragte, war ihr bekannt, dass sie im März desselben Jahres durch die Benutzung des Dienstwagens einen geldwerten Vorteil erlangt hatte und auch ohne Ausübung ihrer Tätigkeit geldwerte Vorteile für das Arbeitgeberdarlehen erlangte bzw erlangen werde. Die Wertung, dass es sich dabei um Einkommen handelt, war der Klägerin deshalb abzuverlangen, weil die betreffenden Beträge in den vorgeburtlichen Gehaltsabrechnungen ausgewiesen waren. Aufgrund der schriftsätzlichen Ausführungen der Klägerin ist der Senat auch davon überzeugt, dass die Klägerin hierzu intellektuell in der Lage war. Im Antragsformular wurde sie ausdrücklich danach befragt, ob sie Einkommen nach der Geburt des Kindes erzielt. Sie kreuzte "kein Einkommen" an und gab an, ab dem 05.07.2009 wieder erwerbstätig zu sein. In der Anlage "Erklärung zum Einkommen" gab sie nochmals an, bis 04.07.2009 keine Einkommensbezüge zu haben. Das von der Klägerin verwendete Formular war dabei weder unrichtig noch missverständlich formuliert. Neben der Möglichkeit anzukreuzen, nachgeburtliches Einkommen zu haben, wurden unter der Rubrik "sonstige Einkünfte" geldwerte Vorteile sogar ausdrücklich abgefragt. Der Beklagten kann schließlich kein Mitverschulden zum Vorwurf gemacht werden, da sie im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides nicht erkennen konnte, dass die Klägerin entgegen ihrer Angaben im streitgegenständlichen Zeitraum weiterhin Einkommen hatte. Sie hatte insbesondere nicht die Plicht, etwa in einem Merkblatt darauf hinzuweisen, dass in der Fallkonstellation der Klägerin bei rechtzeitiger Veranlassung elterngeldoptimierende Handlungsoptionen (Aussetzung der geldwerten Vorteile) bestanden hätten.

Die neben der Prüfung des Vertrauensschutzes erforderliche Ermessensausübung der Beklagten ist erfolgt, zwar nicht im Ausgangsbescheid, aber im Widerspruchsbescheid unter Benennung der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage; die nach § 24 Abs 1 SGB X erforderliche Anhörung hat die Beklagte nachgeholt (§ 41 Abs 1 Nrn 2, 3 SGB X). Der Erstattungsanspruch folgt aus § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X. Rechenfehler zuungunsten der Klägerin liegen nicht vor.

Die Befugnis der Beklagten mit Bescheid vom 13.01.2010 den Bescheid vom 19.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 abzuändern ergibt sich aus dem nach § 8 Abs 3 BEEG (in der bis 31.12.2010 gültigen Fassung) zulässigen Vorbehalt der Vorläufigkeit der Bewilligung. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 19.08.2009 war ein Nachweis des tatsächlich in der Zeit vom 04.07.2009 bis 04.11.2009 erzielten Einkommens noch nicht möglich. Der Bescheid über die vorläufige Bewilligung erledigte sich mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung gemäß § 39 Abs 2 SGB X auf sonstige Weise; einer Aufhebung des Bescheides vom 19.08.2009 bedurfte es nicht. Soweit aufgrund der vorläufigen Leistungsbewilligung Elterngeld bezahlt wurde, sind diese Zahlungen auf die endgültig bewilligte Leistung anzurechnen; zu viel gezahlte Vorschüsse sind zu erstatten (§ 42 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I; vgl hierzu Urteile des Senats vom 28.03.2012, L 11 EG 3954/11 und 18.05.2010, L 11 R 3189/09; jeweils juris, mwN). Die Anrechnung der Vorschüsse auf die zustehenden Leistungen sowie die Erstattungspflicht sind selbstverständliche Folgen einer Vorschusszahlung (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 42 SGB I § 42 RdNr 15). Darüber hinaus wurde die Klägerin im Bescheid vom 19.08.2009 auf die Erstattungspflicht im Falle einer Überzahlung hinreichend deutlich hingewiesen (vgl BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, juris-RdNr 43). Unter Zugrundelegung der Differenz zwischen den im Ausgangsbescheid bewilligten Zahlbeträgen und den zustehenden Leistungsansprüchen ergibt sich der Erstattungsbetrag in Höhe von 691,04 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved