L 11 R 3181/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 4992/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3181/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die vom Kläger in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten vom 01.01.1969 bis 19.11.1984 ungekürzt zu berücksichtigen sind.

Der 1950 geborene Kläger zog im Januar 1985 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland zu. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A". In Rumänien war der Kläger zuletzt vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 als Polsterer beschäftigt, vom 19.02.1970 bis 14.06.1971 leistete er seinen Grundwehrdienst ab und vom 01.07.1971 bis 19.11.1984 war er wiederum als Polsterer beschäftigt.

Über den Versicherungsverlauf des Klägers erließ die damals kontoführende Landesversicherungsanstalt (LVA) Württemberg am 20.03.1989 und am 29.04.2002 bereits Vormerkungsbescheide, von denen nur der zuletzt genannte noch vorliegt. Darin wurden die in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten mit Ausnahme der Zeit des Grundwehrdienstes als glaubhaft gemacht festgestellt.

Im Rahmen eines Antrags auf Kontenklärung vom 07.12.2006 legte der Kläger neben seinem rumänischen Arbeitsbuch eine Adeverinta Nr 4 ... vom 31.07.2003 vor. Hierin bescheinigt die Handelsgesellschaft I., Rumänien, dass der Kläger dem Arbeitspersonal der Gesellschaft vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 und 01.07.1971 bis 19.11.1984 angehört habe. Für die gesamte beschäftigte Zeit seien Sozialversicherungsbeiträge gemäß den zum damaligen Zeitpunkt geltenden Gesetzen einbehalten worden. Der Bescheinigung war eine Tabelle mit monatlichen Angaben über tägliches Arbeitsprogramm, Arbeitsstunden, Arbeitstage, geleistete Überstunden, Erholungsurlaub, krankheitsbedingte Fehltage, Verpflichtungen-Stunden, unerlaubte Fehltage und entschuldigte Fehlstunden angefügt. Mit Bescheid vom 21.01.2008 stellte die Beklagte die vom Kläger bis 31.12.2001 zurückgelegten Zeiten verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden seien und lehnte überdies den Antrag des Klägers auf Anrechnung der in Rumänien vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 und vom 11.07.1971 bis 19.11.1984 zurückgelegten Zeiten als nachgewiesen (zu sechs Sechsteln) ab. Die dazwischen liegende Zeit des Grundwehrdienstes wurde als nachgewiesen anerkannt.

Den ua gegen die Anerkennung der rumänischen Beitragszeiten nur als glaubhaft gemacht gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2008 zurück. Die Adeverinta Nr 4 ... vom 31.07.2003 sei in sich nicht schlüssig und könne somit nicht als Nachweis für eine ungekürzte Anrechnung anerkannt werden. Sie sei nur als Mittel zur Glaubhaftmachung geeignet. Unter Berücksichtigung der geltend gemachten Arbeitswoche von sechs Tagen sowie der jeweils bescheinigten Arbeits- und Urlaubstage sei zu vermuten, dass die Lohn- und Gehaltsliste nicht vollständig ausgewertet worden sei. Zum Beispiel seien im März 1969, im April 1974 und Oktober 1976 zu viele Arbeitstage bescheinigt worden, möglich seien 26 Arbeitstage, bescheinigt worden seien 27 Arbeitstage. Die Begründung des Klägers, er habe zum Teil auch an Sonntagen gearbeitet, könne hierbei keine Berücksichtigung finden. Zum einen sei Sonntagsarbeit nicht bescheinigt worden, zum anderen würden Überstunden extra bescheinigt. Es sei daher davon auszugehen, dass alle geleisteten Überstunden in dieser Spalte einzutragen gewesen wären. Im Februar und März 1977 seien zwei Arbeitstage zu wenig bescheinigt worden, ebenso im März 1977. Im Juni 1979 seien 26 Arbeitstage möglich gewesen, bescheinigt worden seien jedoch nur elf Arbeitstage, keine Urlaubs-, Krankheits- oder andere Fehltage. Das vorgelegte Arbeitsbuch genüge ebenfalls nicht den Anforderungen eines Nachweises, da hieraus weder Arbeitstage noch Fehlzeiten hervorgingen.

Hiergegen richtet sich die am 18.07.2008 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger zuletzt nur noch die Anerkennung der Zeit vom 01.01.1969 bis 19.11.1984 als nachgewiesene Beitragszeit verfolgt hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er die Klage im Übrigen zurückgenommen. Zur Begründung hat er nochmals auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte Adeverinta aus dem Jahr 2003 verwiesen.

Mit Urteil vom 30.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten zwischen dem 01.01.1969 und 19.11.1984 nur als glaubhaft gemachte Versicherungszeiten berücksichtigt. Nach § 22 Abs 3 Fremdrentengesetz (FRG) würden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen seien, die nach § 22 Abs 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Die Regelung gehe von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu fünf Sechsteln mit Beiträgen belegt seien. Nachgewiesen könnten Beschäftigungs- und Beitragszeiten dann sein, wenn das Gericht zur Überzeugung gelange, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden sei. Die vom Kläger vorgelegten Beweismittel sowie seine Angaben im Verfahren reichten nicht aus, um die Überzeugung der Kammer von einer höheren Beitrags- oder Beschäftigungsdichte als zu fünf Sechstel im streitigen Zeitraum zu begründen. Es lägen Zweifel an der Schlüssigkeit der vorgelegten Adeverinta vor, die auch durch die Angaben des Klägers nicht ausgeräumt worden seien. Die Adeverinta Nr 4 ... weise mehrere Unstimmigkeiten auf. In einer Vielzahl von Monaten seien bei Berücksichtigung von arbeitsfreien Feiertagen mehr Arbeitstage bescheinigt als im jeweiligen Monat möglich gewesen seien (März und November 1969, August 1972, August 1973, April, Mai, August 1974, Januar, Mai und August 1975, August und Oktober 1976, August 1977, April, Mai, August und Dezember 1978, Mai 1981, Januar und August 1982, August 1983 und August 1984. Die Angabe gelegentlicher Sonntagsarbeit reiche zur Erklärung der Widersprüchlichkeit nicht aus, denn in der Adeverinta sei eine Extrazeile enthalten, in die Überstunden eingetragen werden sollten. Es fänden sich nur in wenigen der genannten Monate Einträge in dieser Zeile. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb hier speziell das Festhalten von Überstunden vorgesehen sei, entsprechende Einträge, wie sie bei Richtigkeit des Vortrags des Klägers zu erwarten gewesen wären, aber nicht vorgenommen worden seien. Darüber hinaus seien in einer Vielzahl von Monaten weniger Arbeitstage bescheinigt worden, als möglich gewesen seien (Januar 1969, März 1972, Mai 1973, Februar und März 1977, Februar, Mai und Juni 1979, Mai 1980, Juli, August und Dezember 1981, Mai 1982, November 1983, Februar, März und September 1984. Für diese Unstimmigkeit habe der Kläger keinerlei Erklärung angeführt. Insbesondere habe er auch die ganz erheblichen Abweichungen zwischen möglichen und bescheinigten Arbeitstagen in den Monaten Juni 1979 (elf bescheinigte, 26 mögliche Arbeitstage) und Juli und August 1981 (zwölf bzw 18 bescheinigte, 27 bzw 25 mögliche Arbeitstage) nicht erklären können. Damit seien die Eintragungen in der Adeverinta nicht widerspruchsfrei, die Beitragszeiten seien nur glaubhaft gemacht. Das Arbeitsbuch sei zum Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung nicht geeignet, da darin nur der Beginn und das Ende der jeweiligen Beschäftigung und das Monatstarifentgelt bescheinigt werde.

Gegen das seinem damaligen Bevollmächtigten am 08.07.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.07.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er eine neue Adeverinta vom 07.07.2011 (Nr 1 ...) über die in Rumänien zwischen dem 01.01.1969 und 19.11.1984 zurückgelegten Beschäftigungszeiten vorgelegt. Auch diese Bescheinigung enthält eine monatsweise tabellarische Auflistung über zurückgelegte Arbeits- und Fehlzeiten. Der Kläger führt aus, er habe die Firma gebeten, eine neue Adeverinta zu machen, weil die erste nicht sorgfältig genug gemacht worden sei. Er finde es nicht richtig, dass, wenn man einen Tag zu viel oder zu wenig in 16 Jahren habe, man gleich ein Sechstel der Rente verliere. Er habe jeden Arbeitstag gearbeitet und auch viele Überstunden geleistet.

Mit Bescheid vom 15.11.2012 hat die Beklagte dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte beginnend ab 01.11.2012 in Höhe von 1.053,59 EUR bewilligt. Der Rentenbescheid enthält auf Seite 9 den Vorbehalt: "Die Rente ist unter Außerachtlassung der im Verfahren gegen den Bescheid vom 21.01.2008 geltend gemachten Ansprüche berechnet worden. Sie wird neu festgestellt, wenn und soweit dieses Verfahren zu Ihren Gunsten beendet wird. Der Zahlungsausschluss des § 44 Abs 4 SGB X findet dabei keine Anwendung. Wegen dieser Ansprüche ist ein Widerspruch gegen den Rentenbescheid ausgeschlossen."

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.07.2008 zu verpflichten, den Bescheid vom 29.04.2002 abzuändern und die in der Zeit vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 und vom 01.07.1971 bis 19.11.1984 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten zu sechs Sechsteln anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ein entsprechender Nachweis der streitigen Zeiten sei durch die nun vorgelegte Bescheinigung weiterhin nicht erbracht worden. Die neu vorgelegte Bescheinigung stehe im Widerspruch zu der bisher im Verwaltungsverfahren vorgelegten Adeverinta Nr 4 ... vom 31.07.2003. Da diese neue Bescheinigung aber laut eines Vermerks anhand der gleichen Unterlagen ausgestellt worden sei, müssten sie inhaltlich übereinstimmen. Die Bescheinigungen wiesen jedoch unterschiedliche Anzahlen an Arbeitstagen auf (Beispiel: Januar 1969: 24 - 25; März 1969: 27 - 26; März 1972: 26 - 27; August 1972: 26 - 25; Mai 1973: 24 - 25). Aufgrund dieser Abweichungen bestünden berechtigte Zweifel, ob die Lohnlisten tatsächlich sorgfältig und richtig ausgewertet worden seien. Ferner sei auch kein Hinweis dafür zu finden, dass die bisherige Bescheinigung fehlerhaft ausgefüllt worden sei und daher durch die neue Bescheinigung ersetzt werde. Weiterhin werde auch von einer Unschlüssigkeit der neuen Bescheinigung ausgegangen, da in mehreren Monaten die maximal mögliche Anzahl an Kalendertagen überschritten werde bzw durch die bestätigten Arbeitstage die maximal möglichen Kalendertage nicht erreicht würden (April 1980: 27 Tage bescheinigt, 26 möglich; Mai 1980: 24 Arbeitstage bescheinigt, 25 möglich). Ebenso verhalte es sich in den Monaten März und November 1984. Es müsse daher bei der bisherigen auf fünf Sechstel gekürzten Berücksichtigung der nach dem Fremdrentengesetz anerkannten Beitragszeiten bleiben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.07.2008, mit dem die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 und vom 01.07.1971 bis 19.11.1984 als nachgewiesene Zeit abgelehnt hat. Die Zeit des Grundwehrdienstes vom 19.02.1970 bis 14.06.1971 war dagegen bereits als nachgewiesene Zeit anerkannt, weshalb der Kläger zu Recht seinen Antrag im Berufungsverfahren entsprechend präzisiert hat. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist der Altersrentenbescheid vom 15.11.2012 geworden. Auf ihn ist die Regelung des § 96 Abs 1 SGG nicht anwendbar. Zwar wird ein Rentenbescheid, der während eines Rechtsstreits um die Feststellung von Versicherungszeiten erlassen wird, in der Regel aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens (vgl Bundessozialgericht (BSG) 14.05.2003, B 4 RA 26/02 R, SozR 4-2600 § 256 b Nr 1; Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 R 4883/10). Im vorliegenden Fall ist der Vormerkungsbescheid vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.07.2008 durch den Altersrentenbescheid vom 15.11.2012 indes weder geändert noch ersetzt worden, soweit es um die hier streitige Frage geht, ob die Zeiten vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 und vom 01.07.1971 bis 19.11.1984 als nachgewiesene Zeiten berücksichtigt werden können. Zwar stellt der Bescheid vom 15.11.2012 eine endgültige Entscheidung über den Anspruch des Klägers auf eine Altersrente für langjährig Versicherte dar. In dieser Entscheidung ist jedoch die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit der hier streitigen in Rumänien zurückgelegten Zeiten ausdrücklich ausgespart. Die Beklagte hat insoweit klargestellt, die Rente sei gerade unter Außerachtlassen der im hiesigen Verfahren geltend gemachten Ansprüche berechnet worden und sie hat ausgeführt, die Rente werde ggf neu festgestellt unter Außerachtlassung des Zahlungsausschlusses des § 44 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Dieser Hinweis kann nur so verstanden werden, dass eine (erneute) Entscheidung der Beklagten über die Berücksichtigungsfähigkeit der hier streitigen in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten als nachgewiesen oder nur glaubhaft gemacht mit der Bewilligung von Altersrente nicht getroffen werden sollte. Der in der Entscheidungsreichweite entsprechend begrenzte Altersrentenbescheid vom 15.11.2012 ist daher nicht nach Maßgabe von § 96 SGG in das Berufungsverfahren einbezogen worden (vgl BSG 09.10.2007, B 5 b/8 KN 2/06 R, SozR 4-2600 § 201 Nr 1; Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg 21.10.2011, L 4 R 1243/09).

Die Berufung des Klägers gegen den Bescheid vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.07.2008 ist nicht begründet. Die darin getroffene Entscheidung, die in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten vom 01.01.1969 bis 14.02.1970 und vom 01.07.1971 bis 19.11.1984 nur als glaubhaft gemachte Versicherungszeiten zu berücksichtigen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Angesichts des früheren Vormerkungsbescheids vom 29.04.2002, mit welchem bereits die hier streitigen Zeiten als glaubhaft gemachte Zeiten festgestellt worden waren, handelt es sich bei dem Bescheid vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.07.2008 um eine Überprüfungsentscheidung nach Maßgabe des § 44 SGB X. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist danach die Regelung des § 44 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht zu Unrecht angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X). Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt gemäß § 44 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wohingegen die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit im Ermessen der Behörde steht.

Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des früheren Vormerkungsbescheids vom 29.04.2002 liegen hier nicht vor, denn dieser ist nicht rechtswidrig. Nach § 149 Abs 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) stellt der Rentenversicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Die Frage der Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung hinsichtlich der hier streitigen rumänischen Beitragszeiten ist nach Maßgabe des § 22 Abs 3 FRG zu beurteilen. Daran hat sich auch aufgrund des Beitritts Rumäniens zur Europäischen Union ab 01.06.2006 nichts geändert (Senatsurteil vom 20. Juli 2010, L 11 R 3478/09). Dabei war die Beklagte zuständig zur Überprüfung des von der LVA Württemberg erlassenen Vormerkungsbescheids, denn sie ist durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über Soziale Sicherheit vom 08.04.2005 (BGBl. II 2006, 164) sowie durch den Zusammenschluss der Deutschen Rentenversicherung Unterfranken zum 1. Januar 2008 mit der Deutschen Rentenversicherung Ober- und Mittelfranken zur Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (Beschlüsse der Vertreterversammlungen vom 25. Juni 2007 und vom 5. Juli 2007; Genehmigung des zuständigen Bayerischen Staatsministeriums vom 6. September 2007) im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der damals kontoführenden LVA Württemberg getreten.

Nach § 15 Abs 1 Satz 1 FRG stehen bei Personen, die wie der Kläger dem Anwendungsbereich des FRG unterfallen, Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Für solche Zeiten werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt (§ 22 Abs 1 Satz 1 FRG). Gemäß § 4 Abs 1 und 2 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen, wenn diese Tatsachen glaubhaft gemacht sind. Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt (§ 22 Abs 3 FRG).

Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind. Demgegenüber sind nachgewiesen nur solche Tatsachen, von deren Vorliegen das Gericht überzeugt ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Vorliegen der Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Ernsthafte Zweifel dürfen nicht bestehen. Die Regelung des § 22 Abs 3 FRG berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können (BSG 21.08.2008, B 13/4 R 25/07 R, SozR 4-5050 § 26 Nr 1). Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu fünf Sechsteln mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen können Beschäftigungs- und Beitragszeiten daher sein, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen und letztere nicht ein Sechstel erreichen (ständige Rechtsprechung BSG 09.11.1982, 11 RA 64/81, SozR 5050 § 15 Nr 23; Senatsurteil 20.07.2010, L 11 R 3478/09).

Die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen seines Arbeitgebers I. vom 31.07.2003 und vom 07.07.2011 reichen nicht aus, um die Überzeugung des Senats davon, dass der Kläger während seiner hier streitigen Beitragszeiten in Rumänien eine höhere Beitragsdichte als zu fünf Sechsteln erreicht hat, zu begründen. Durch die vorliegenden Arbeitgeberbescheinigungen und das rumänische Arbeitsbuch sind die Beschäftigungen als solche nachgewiesen, dies gilt aber nicht für den Umstand, dass die Beschäftigungen auch frei von jeder versicherungsrechtlich bedeutsamen Unterbrechung waren.

Die neue Adeverinta Nr 1 ... vom 07.07.2011 enthält nunmehr teilweise Angaben, die die vom SG monierten Unstimmigkeiten erklären. So wurden im Juni 1979 zusätzlich zu den bescheinigten 11 Arbeitstagen nunmehr 15 krankheitsbedingte Fehltage angegeben und im Juli und August zu den bescheinigten 12 bzw 18 Arbeitstagen weitere 15 bzw sieben krankheitsbedingte Fehltage. Allerdings enthält die neue Adeverinta keine Erklärung dazu, warum aufgrund der gleichen Unterlagen (Lohnlisten, Arbeitsbuch), nunmehr unterschiedliche Angaben erfolgt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Divergenzen zwischen möglichen und tatsächlich bescheinigten Arbeitstagen, welche in der neuen Adeverinta nur noch in deutlich geringerem Ausmaß als in der Adeverinta Nr 4 ... vom 31.07.2003 auftreten. Insoweit bleibt unklar, ob lediglich eine Nachbesserung der beanstandeten Bescheinigung aus dem Jahr 2003 anhand der sehr ausführlichen und taggenauen Auflistung der Unstimmigkeiten im angefochtenen Urteil des SG erfolgt ist, oder tatsächlich eine genaue Auswertung vorhandener Lohnlisten erfolgt ist. Es fällt beispielsweise auf, dass im April 1980 statt der möglichen 26 Arbeitstage insgesamt 27 Tage bescheinigt sind und ausgerechnet dieser Monat in der Aufzählung des SG nicht enthalten ist. Nachdem beide Adeverintas in sich betreffend die Zahl der Arbeitstage und der bescheinigten Tage nicht vollkommen schlüssig sind und darüber hinaus die voneinander abweichenden Inhalte keine Erklärung durch den Arbeitgeber finden, geht der Senat davon aus, dass die hier streitigen Zeiten auch weiterhin nur als glaubhaft gemachte Zeiten zu berücksichtigen sind. Aus dem rumänischen Arbeitsbuch lassen sich ohnehin nur Angaben über Beschäftigungsbeginn und Beschäftigungsende entnehmen, nicht aber über Unterbrechungen. Damit ist das Arbeitsbuch von vorneherein nicht geeignet, einen Nachweis der Beitragszeit zu erbringen (vgl LSG Berlin 26.05.2004, L 6 RJ 31/03, juris; Bayerisches LSG 22.03.2012, L 20 R 451/12, juris; LSG für das Saarland 04.08.2006, L 7 RJ 42/04, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved