L 11 R 3431/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1247/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3431/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 04.08.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 22.04.2008 ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ggf bei Berufsunfähigkeit, zusteht.

Der 1953 in Kasachstan geborene Kläger siedelte am 08.09.1990 in die Bundesrepublik Deutschland über. Er ist verheiratet und hat Kinder. In Kasachstan absolvierte der Kläger eine Ausbildung zum Kranführer für Hochbaumontage und Elektriker, später eine Umschulung zum Facharbeiter für Elektro- und Kühlaggregate mit Gabelstaplerprüfung. Ende der 90er erfolgte in Deutschland eine Umschulung zum Schweißer. 1997 und 2005 erlitt der Kläger schwere Verkehrsunfälle. Zuletzt war der Kläger als Metall-Fachhelfer mit Stanzen, Bohren, Schweißen, Verputzen, Sägen und Tauchen von Stahlteilen vollschichtig, versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 06.04.2008 kündigte der Kläger aus gesundheitlichen Gründen. Zuvor war er seit dem 11.12.2007 wegen Krankschreibungen nicht mehr zur Arbeit erschienen. Zuletzt lebte der Kläger vom Alg II-Bezug. Ihm ist seitdem 21.04.2006 ein Grad der Behinderung iHv 30 zuerkannt.

Vom 27.09.2006 bis zum 24.10.2006 befand sich der Kläger auf Kosten der Beklagten in einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Der Entlassbericht vom 26.10.2006 gibt an, es bestehe ein degeneratives LWS-Syndrom, eine Großzehengrundgelenksarthrose rechts, Gonarthrose beidseitig, eine posttraumatische Beugesehnenaffektion Dig III rechts sowie eine Handgelenksarthrose rechts. Der Kläger wurde für in der Lage gehalten, Tätigkeiten im Beruf sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, ständig im Gehen oder Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht und Nachtschicht sowie unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben zu können.

Am 22.04.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu diesem Antrag gab er an, sich seit 01.07.1997 für erwerbsgemindert zu halten wegen "Arthrose und Abnutzung beider Knie, Kopfschmerzen, Rückenproblemen, Lunge, Schlüsselbein, Brustbein, Lähmung der rechten Zehen, Depressionen, Schwindel, Halswirbelsäule, rechte Hand Schilddrüse".

Unter Berücksichtigung vorgelegter medizinischer Unterlagen, des Entlassberichts aus der Rehabilitationsmaßnahme und eines orthopädischen Gutachtens von Dr. L. vom 14.07.2007 gab die Beklagte bei Dr. W.-S. ein orthopädisches Gutachten in Auftrag. Der Facharzt für Orthopädie Dr. W.-S. teilte in seinem Gutachten vom 10.06.2008 mit, beim Kläger liege ein muskuläres Wirbelsäulensyndrom ohne Nachweis einer Nervenwurzelreizung, Schultergürtelbeschwerden links bei Asymmetrie des Schultergürtels, eine folgenlos ausgeheilte, ehemalige Navicularefraktion am rechten Handgelenk nach operativer Revision, ohne funktionelle Beeinträchtigung, eine altersphysiologische degenerative Veränderung an den Kniegelenken mit mäßiger Meniskussymptomatik, eine knöchern ausgeheilte ehemalige Vorfußfraktur rechts (Unfallfolge) sowie eine Adipositas vor. Der Kläger sei damit in der Lage, Tätigkeiten in seinem Beruf und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, in Nachtschicht und unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Die Beklagte holte darüber hinaus ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. Z. ein. Der Facharzt für Neurologie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. Z. führte in seinem Gutachten vom 20.06.2008 aus, es bestünden beim Kläger chronische Cephalgien nach Schädel-Hirn-Trauma, eine Anpassungsstörung sowie eine Adipositas. Für Tätigkeiten in seinem Beruf sei er nur noch unter drei Stunden arbeitstäglich leistungsfähig. Dagegen sei der Kläger hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen, in Tagesschicht sowie unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich leistungsfähig.

Mit Bescheid vom 29.07.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, denn er könne Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben. Auch sei er als einfacher Angelernter bzw Ungelernter auf den Arbeitsmarkt verweisbar, weshalb Berufsunfähigkeit nicht vorliege.

Mit seinem Widerspruch vom 07.08.2008 machte der Kläger geltend, die Erhebungen der Gutachter wichen von denjenigen der behandelnden Ärzte deutlich ab. Er sei nicht mehr in der Lage, sechs Stunden täglich zu arbeiten.

Unter Berücksichtigung ärztlicher Befundberichte des behandelnden Diplom-Psychologen, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Wa. und des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. G. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2009 den Widerspruch zurück.

Am 30.04.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Er sei nicht mehr in der Lage, regelmäßig leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten. Er hat dazu auf die vorliegenden Erkrankungen, insbesondere auf psychiatrischem und orthopädischem Gebiet sowie eine eingetretene Verschlechterung, verwiesen.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 26 bis 53, 57, 63 bis 76 und 78 bis 84 des SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie Dr. B. hat dem SG mit Schreiben vom 26.07.2009 mitgeteilt, der Kläger sei nur noch in der Lage, seinen Beruf unter drei Stunden am Tag durchzuführen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat dem SG unter dem Datum des 17.08.2009 mitgeteilt, er halte den Kläger für in der Lage, leichte Arbeiten in seinem Beruf zu verrichten. Der Diplom-Psychologe, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Wa. hat mit Schreiben vom 02.10.2009 ausgeführt, der Kläger habe sich wegen einer schweren depressiven Verstimmung vorgestellt. Er sei kaum in der Lage, leichte Tätigkeiten im Beruf auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, da er inzwischen durch die lange Arbeitslosigkeit bzw Patientenrolle nicht mehr ausreichend belastbar sei, andernfalls zunehmend mit psychosomatischen Reaktionen reagieren würde. Der Orthopäde Dr. L. hat dem SG am 12.10.2009 geschrieben, die Tätigkeit als Schweißer und Metallarbeiter sei auf Dauer nicht mehr leidensgerecht. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien unter Beachtung von Funktionseinschränkungen vollschichtig möglich.

Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 98 bis 112, 125 bis 137, 138 bis 166, 185 bis 200 sowie 205 bis 207 der SG-Akte Bezug genommen. Der Neurologe, Psychiater, Umwelt- und Verkehrsmediziner Dr. La. hat in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 12.02.2010 ausgeführt, auf nervenärztlichem Gebiet bestünden Gefühlsstörungen am rechten Fuß, eine leichtgradige depressive Verstimmung, die derzeit adäquat behandelt sei, desweiteren ein Wirbelsäulensyndrom mit ausstrahlenden Beschwerden, vertebragene Kopfschmerzen und Schwindelbeschwerden, glaubhafte belastungs- und haltungsabhängig auftretende Lumbalgien, Ischialgien oder Cervicobrachialgien. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage als Schweißer zu arbeiten, jedoch könne er an fünf Tagen vollschichtig leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen durchführen. Unter Einbeziehung eines psychologischen/neurologischen Zusatzgutachtens von Dr. A. vom 27.07.2010 hat der Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Rehabilitationswesen Dr. Be. in seinem Gutachten nach § 109 SGG vom 22.07.2010 angegeben, beim Kläger bestehe eine Migräne, eine leichte chronische depressive Störung in Form einer Dysthymia, chronische haltungs- und belastungsabhängig verstärkte Kreuzschmerzen aufgrund degenerativer Veränderungen der LWS. Tätigkeiten als Schweißer oder Metallarbeiter könne der Kläger nur noch unter drei Stunden verrichten. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne er unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumatologie ua, Prof. Dr. Go.-Zi. hat in seinem orthopädischen Gutachten nach § 109 SGG vom 14.04.2011 eine cranio-mandibulläre Dysfunktion links mehr als rechts, eine Epicondylitis radialis humeri links mehr als rechts, eine Hyperreagibilität Nervus ulnaris im Sulcus links, ein Carpaltunnelsyndrom rechts, ein degeneratives LWS-Syndrom mit Osteochondrose, Spondylarthrose, Spondylolisthesis L5/S1 Grad 0 bis 1 nach Meyerding, stattgehabte LWK 4-SIG-Blockierung rechts mit variabler Beinlängendifferenz, ein Tractus iliotibialis-Syndrom rechts, verkürzte lumbosacrale/pelvitrochantäre Muskulatur rechts, I.- bis III.-gradige Gonarthrose beidseits, medial- und retropatellarbetont, ein femoropatellares Schmerzsyndrom beider Kniegelenke, eine Polyarthrose der Langfinger, ein hallux valgus rechts, Pedes vari, Ballenhohlfuß- und Spreizfußdeformität beidseits, eine Dythymie sowie eine alimentäre Adipositas beschrieben. Eine Fortsetzung der Tätigkeit als Schweißer/Metallarbeiter sei dem Kläger nicht mehr zuzumuten. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch vollschichtig möglich. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Prof. Dr. Go.-Zi. an seiner Auffassung festgehalten.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 04.08.2011 die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Er sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten. Da der Kläger zuletzt als ungelernter Arbeiter bzw angelernter Arbeiter des unteren Bereichs beschäftigt gewesen sei, könne er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden; diese Tätigkeiten könne er aber noch ausführen.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 10.08.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.08.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die körperlich anstrengende Tätigkeit als Schweißer könne er auf keinen Fall mehr verrichten. Bei Zusammenschau aller Leistungseinschränkungen sei er zum einen berufsunfähig, zum anderen lägen solche massiven Einschränkungen vor, dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsse.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 04.08.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.04.2008 eine Rente wegen voller hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ggf bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Es läge keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.

Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des letzten Arbeitsgebers des Klägers. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 27 bis 40, 42 bis 55 sowie 69 bis 86 und 88 bis 104 der Senatsakte Bezug genommen. Der Arbeitgeber hat mitgeteilt, der Kläger sei als Metall-Fachhelfer beschäftigt gewesen. Eine abgeschlossene Berufsausbildung, Qualifizierungen oder Prüfungen habe der Kläger nicht. Der Kläger sei entlohnt worden nach Lohngruppe 2 des Lohnabkommens für den Bereich Metallbau zwischen dem Unternehmerverband Metall und der IG Metall Baden-Württemberg ohne Tarifbindung. Die Definition der Lohngruppe laute "Angelernte mit einer Anlernzeit von 2 Monaten".

Des Weiteren hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens beim Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des psychiatrischen Zentrums Nordbaden Dr. Sch ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 107 bis 139 der Senatsakte Bezug genommen. Dr. Sch. hat ins einem Gutachten vom 13.12.2012 ausgeführt, beim Kläger liege eine dysthyme Störung vor. Eine Tätigkeit als Schweißer komme als mittelschwere Tätigkeit nicht mehr in Betracht. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichtet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die beigezogene Akte des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 29.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2009. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Der Senat konnte sich davon überzeugen, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Insoweit nimmt der Senat zur Begründung auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs 2 SGG) und sieht von einer weiteren Begründung ab. Insoweit nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch die Begutachtung im Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte für ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen gegeben hat. Der Gutachter Dr. Sch. hat ausgeführt, die beim Kläger bestehenden Erkrankungen (dazu s o) führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit, weshalb berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung zB durch vermehrten Zeitdruck oder unphysiologische psychovegetative Belastungen nicht mehr in Betracht kämen. Tätigkeiten mit anhaltend hoher Anforderung an das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen, etwa Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit unmittelbaren Eingreifens, Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte, seien auszuschließen. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus dem orthopädischen Fachgebiet. Dort hatte auch der § 109-Gutachter Prof. Dr. Go.-Zi. ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt. Er hat als qualitative Einschränkungen angegeben, dass mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne technische oder menschliche Hilfsmittel über 15 kg nicht zuzumuten seien. Auf Wechseltätigkeiten mit vornehmlich sitzender, anteilsmäßig leichter stehender bzw gehender Haltung sei zu achten (50:25:25). Wirbelsäulenzwangshaltungen mit vornüber geneigter, gebückter hockender Tätigkeit seien zu vermeiden, wie auch Arbeiten auf Leitern, Treppen oder Gerüsten. Angesichts der beeinträchtigten psychischen Belastbarkeit seien Tätigkeiten mit erhöhten Konzentrations- bzw Reaktionsanforderungen im Zusammenhang mit Arbeiten an gefährdenden Maschinen zu vermeiden, verantwortungsvolle Tätigkeiten für Personen oder Maschinen bzw die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge seien zu meiden. Akkord- und Fließbandarbeiten seien nicht zumutbar. Überkopfarbeit sei zu meiden, Belastungsfaktoren mit Hitze, Kälte, Zugluft oder Nässe sollten auf ein notwendiges Minimum reduziert werden. können. Tragen bzw Hantieren mit elektrobetriebenen Geräte bis zwei kg sei zumutbar. Ähnliche qualitative Leistungseinschränkungen haben auch Dr. La. und Dr. Be. mitgeteilt.

Auch soweit eine Multimorbidität vorgetragen wurde bzw Dr. Wa. im Attest vom 07.06.2012 eine "Veränderung der Persönlichkeit mit aggressiven und ängstlichen Verhaltensweisen und Handlungen" beschrieben hat, hat Dr. Sch. dies in seinem Gutachten ausreichend und umfassend berücksichtigt und bewertet. Insoweit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die vorliegenden Gesundheitsstörungen weitergehende rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkungen verursachen.

Damit konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die von Dr. Sch. und Dr. Go.-Zi. genannten Gesundheitsstörungen (dazu s o) vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten Dr. Sch. und Dr. Go.-Zi. sowie der Gutachter Dr. La. und Dr. Be. an. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.

Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies konnten ua Dr. Sch. und Prof. Dr. Go.-Zi. bestätigen; im Übrigen verfügt der Kläger über einen Führerschein und ein Kfz.

Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit Rentenantragstellung und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Da der Kläger zuletzt als Metall-Fachhelfer mit einer Anlernzeit von zwei Monaten und damit als ungelernter bzw allenfalls als unterer angelernter Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt war, ist er - selbst wenn er seine letzte Tätigkeit nicht mehr ausüben könnte - auf sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommende Tätigkeiten verweisbar. Derartige leichte Tätigkeiten kann er aber - wie dargelegt - arbeitstäglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Soweit der Kläger sinngemäß die Einholung eines Obergutachtens begehrt, sollen hierdurch keine neuen Tatsachen festgestellt, sondern nur die Schlüssigkeit der bisherigen Beurteilungen durch einen weiteren Sachverständigen überprüft werden (dazu BSG, 12.02.2009, B 5 R 48/08 B, juris). Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das SGG - aber nicht vor (BSG 23.05.2006, B 13 RJ 272/05 B, juris). Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden Gutachten von Dr. La., Dr. Be., Prof. Dr. Go.-Zi. und Dr. Sch. haben in Verbindung mit den vorliegenden Auskünften der als sachverständige Zeugen befragten behandelnden Ärzte und den Verwaltungsgutachten von Dr. W.-S. sowie Dr. Z. dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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