Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1027/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 63/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15.11.2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.588 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen.
Der Kläger betreibt eine Tankstelle und daneben einen Kurierdienst. Er verfügt über eigene Fahrzeuge und fest angestellte Mitarbeiter. Außerdem setzt er Aushilfskräfte ein. Der Beigeladene Nr. 1 hatte am 17.9.1998 bei der Stadt A. ein Gewerbe "Kurierdienste" angemeldet. Weitere Gewerbeanmeldungen vom 4.2.2002 und 9.12.2005 betreffen einen Hygieneservice bzw. die Reinigung von Fußböden. Zum 30.3.2007 gab der Beigeladene Nr. 1 das Kurierdienst-Gewerbe wieder auf (Gewerbeabmeldung vom 17.4.2007).
Am 8.11.2010 überprüfte das Hauptzollamt R. einen Kleintransporter. Im Prüfbericht vom 15.11.2010 ist festgehalten, der (1957 geborene) Beigeladene Nr. 1 habe den Kleintransporter gefahren. Er habe angegeben, er sei seit 1999 als Kurierfahrer selbstständig erwerbstätig und seit 2006 für das Unternehmen des Klägers tätig. Für diesen führe er ca. 10-15 Mal im Monat Transporte aus und rechne monatlich per Rechnung ab. Für den gefahrenen Kilometer zahle der Kläger 0,35 EUR. Die Auszahlung erfolge bar mit Quittung. Andere Auftraggeber habe er nicht. Der Kleintransporter gehöre dem Kläger. Er dürfe das Fahrzeug unentgeltlich nutzen. Der Kraftstoff werde ebenfalls vom Kläger (per Tankkarte) gezahlt. Daneben liefere er von Montag bis Freitag 2 ½ Stunden täglich Zeitungen für die Sch. Post aus.
Der Beigeladene Nr. 1 gab bei seiner Vernehmung durch das Hauptzollamt U. am 20.1.2011 an, er sei am 8.11.2010 (doch) nicht für das Unternehmen des Klägers unterwegs gewesen, habe dessen Fahrzeug vielmehr privat genutzt. Bis Juni 2010 habe er als selbstständiger Fahrer Zeitungen ausgeliefert; für die Auslieferungsfahrten habe er das Fahrzeug seiner Lebenspartnerin genutzt. Bis November 2010 sei er außerdem als selbstständiger Fahrer für das Unternehmen des Klägers tätig gewesen. Hierfür habe er teils das Fahrzeug seiner Lebenspartnerin (Ford Mondeo), teils (bei größeren Transport) ein Fahrzeug des Klägers eingesetzt. Als Vergütung habe er vom Kläger bei Fahrten mit dem Fahrzeug seiner Lebenspartnerin 80 %, bei Fahrten mit dem Fahrzeug des Klägers 42 % des Betrages bekommen, den der Kläger von seinem Kunden erhalten habe; der Betrag von 0,35 EUR je gefahrenem Kilometer sei ein Richtwert.
Unter dem 20.1.2011 gab der Beigeladene Nr. 1 auf einem Fragebogen ergänzend an, Weisungen würden ihm nicht erteilt und er arbeite nicht mit Arbeitnehmern des Klägers zusammen. Regelmäßige Arbeitszeiten müsse er nicht einhalten und er könne die Arbeitszeit nach Annahme eines Auftrags frei gestalten. In den Arbeitsablauf des Unternehmens des Klägers sei er nicht eingegliedert. Dieser habe Fahrt, Zielort und die Person, bei der die Ware abzuliefern sei, angegeben. Eigene Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Durch andere Personen dürfe er sich nicht vertreten lassen. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Die Transportfahrten habe er zu 70 % mit dem PKW seiner Lebenspartnerin, zu 30 % mit einem Fahrzeug des Klägers ausgeführt. Preise habe er insoweit gestalten können, als er Aufträge nicht angenommen habe, wenn ihm der Preis zu niedrig gewesen sei. Werbung für seine Leistung habe er nicht betrieben. Er habe durchschnittlich 400 bis 500 EUR im Monat eingenommen und seine Vergütung gegenüber dem Kläger monatlich durch Rechnung geltend gemacht. Er nutze seine Betriebsstätte zugleich als Wohnung (Hochhauswohnung); ein Zimmer, in dem sich auch private Sachen befänden, werde als Büro genutzt. Über einen Steuerberater verfüge er nicht. Er sei auch nicht für mehrere Auftraggeber tätig gewesen.
Der Kläger gab gegenüber dem Hauptzollamt U. an, er betreibe seit ca. zehn Jahren eine E.-Tankstelle. Als zweites Standbein habe er Ende 2006/Anfang 2007 ein Transportunternehmen gegründet. Er beschäftige einen Arbeitnehmer an 2-3 Tagen (Arbeitsentgelt 800 EUR monatlich brutto) und setze außerdem ein Ehepaar als geringfügig Beschäftigte ein. Auf den Beigeladenen Nr. 1, der außerdem einen Reinigungsbetrieb mit Winterdienst unterhalten habe, greife er zurück, wenn er einen Auftrag ohne diesen nicht ausführen könne; der Beigeladene Nr. 1 zeichne sich durch Zuverlässigkeit und Fahrgefühl (beim Transport wertvoller Fracht) aus. Schriftliche Vereinbarungen gebe es nicht. Für ihn würden noch andere selbstständige Kurierfahrer tätig.
Mit Schreiben vom 21.1.2011 bat das Hauptzollamt U. die Beklagte um die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1.
Mit Bescheid vom 30.9.2011 gab die Beklagte dem Kläger (nach Anhörung, Anhörungsschreiben vom 7.4.2011) auf, für die Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 während der Zeit vom 1.12.2006 bis 15.11.2010 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 15.588,59 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen von 3.386,00 EUR) zu zahlen. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene Nr. 1 habe für den Kläger als Arbeitnehmer auf Abruf gearbeitet und sei eingesetzt worden, wenn kurzfristig eingehende Aufträge von angestellten Kurierfahrern des Klägers nicht hätten erledigt werden können. Arbeitszeit und Arbeitsort habe der Beigeladene Nr. 1 nach Annahme eines Transportauftrags nicht gestalten können. Nach Annahme eines Auftrags sei der Beigeladene Nr. 1, nicht anders als ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer, in die Arbeitsorganisation des Klägers eingebunden gewesen. Im Hinblick auf die getroffene Entgeltvereinbarung (Umsatzanteile von 42 % bzw. 80 % bei Nutzung des Fahrzeugs der Lebensgefährtin des Beigeladenen Nr. 1 bzw. eines Fahrzeugs des Klägers) sei der Sache nach ein festes Mindestgehalt gezahlt worden. Der Beigeladene Nr. 1 habe über kein eigenes Fahrzeug verfügt und somit kein Betriebskapital eingesetzt. Der Kläger habe auch die Kraftstoffkosten getragen, wenn der Beigeladene Nr. 1 mit einem seiner Fahrzeuge gefahren sei. Der Beigeladene Nr. 1 habe teilweise die gleichen Fahrten wie der beim Kläger fest angestellte Mitarbeiter ausgeführt. Durch andere Personen habe er sich nicht vertreten lassen dürfen. Nach außen sei der Beigeladene Nr. 1 als Mitarbeiter des Klägers und nicht als Unternehmer aufgetreten. Werbung und Kundenakquise habe er nicht betrieben. Unerheblich sei, ob der Beigeladene Nr. 1 für weitere Auftraggeber tätig gewesen sei. Insgesamt überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gesichtspunkte.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, der Beigeladene Nr. 1 sei in seinen Betrieb nicht eingegliedert gewesen. Auf Abruf habe er nicht gearbeitet, vielmehr frei über die Ablehnung oder Annahme von Aufträgen entschieden. Wenn er von seinem Hauptauftraggeber, der Sch. Post, stark beansprucht worden sei, habe er seine (des Klägers) Aufträge vermehrt abgelehnt. Ein Weisungsrecht habe nicht bestanden. Der Beigeladene Nr. 1 sei im Außenverhältnis als selbstständiger Dienstleister und Kurierfahrer aufgetreten. Er habe überwiegend einen PKW (im Eigentum seiner Lebenspartnerin) genutzt.
Mit Bescheid vom 18.11.2011 lehnte die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, unerheblich sei, dass man Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub nicht vereinbart habe. Auslieferungsfahrten (auch von wertvoller und leicht zerbrechlicher Ware) stellten eine typische selbstständige Erwerbstätigkeit nicht dar. Nach Annahme eines Transportauftrags sei der Beigeladene Nr. 1 den Vorgaben des Klägers hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes unterworfen gewesen. Dass er Aufträge grundsätzlich habe ablehnen dürfen, mache ihn nicht zum selbstständig Erwerbstätigen. Das Risiko, wegen schlechter Auftragslage nicht durchgehend beschäftigt zu sein, treffe auch abhängig beschäftigte Arbeitnehmer. Ein Unternehmerrisiko habe der Beigeladene Nr. 1 nicht getragen, da er keine Investitionen getätigt habe, die beim Ausbleiben von Aufträgen brachliegen würden. Zu Haftungsfragen seien Vereinbarungen nicht getroffen worden. Aus alledem ergebe sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1.
Am 27.3.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung wiederholte er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren.
Am 15.11.2012 führte das Sozialgericht die mündliche Verhandlung durch. Der Kläger gab an, derzeit beschäftige er zwei fest angestellte Mitarbeiter, drei Aushilfen und einen Subunternehmer. Außerdem helfe ein Mitarbeiter seiner Werkstatt als Springer aus. Er verfüge über fünf Fahrzeuge, darunter Sprinter und PKW. Der Subunternehmer sei zu 80 % am Umsatz beteiligt. Nach Eingang eines Auftrags prüfte er, ob er ihn mit fest angestellten Mitarbeitern ausführen könne. Sei das nicht möglich, greife er auf die Aushilfen und die Subunternehmer zurück. 60 % der transportierten Waren seien versicherungsfrei gewesen, im übrigen hätten Transportversicherungen bestanden.
Der Beigeladene Nr. 1 gab an, größere Fahrten habe er mit Fahrzeugen des Klägers ausgeführt, ansonsten habe er ein eigenes Fahrzeug genutzt. Außerdem habe er Kurierdienste für die Sch. Post erledigt; er habe morgens Zeitungen (mit einem eigenen Fahrzeug) ausgefahren. Eigene Arbeitnehmer habe er nicht beschäftigt. Es sei auch klar gewesen, dass er die Aufträge des Klägers persönlich ausführen solle.
Mit Urteil vom 15.11.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Beigeladene Nr. 1 habe für den Kläger als abhängig Beschäftigter gearbeitet. Er sei nur tätig geworden, wenn die personellen Kapazitäten des Klägers erschöpft gewesen seien und dieser auch nicht auf Aushilfen habe zurückgreifen können. Die Aufgabenbereiche der abhängig beschäftigten Mitarbeiter des Klägers und des Beigeladenen Nr. 1 seien daher deckungsgleich gewesen. Der Beigeladene Nr. 1 habe ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Der teilweise Einsatz eines privaten Pkw genüge hierfür nicht, da die Umsatzbeteiligung in solchen Fällen höher gewesen sei. Das private Fahrzeug sei auch nicht im Hinblick auf die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 als Kurierfahrer angeschafft worden. Der Beigeladene Nr. 1 habe nur das arbeitnehmertypische Risiko, für seine Arbeitsleistung nicht entlohnt zu werden, getragen. Einfluss auf die Preisgestaltung habe er nicht nehmen und auch Arbeitsort und Arbeitsweise nicht selbst bestimmen können. Als Unternehmer am Markt sei er nicht aufgetreten.
Auf das ihm am 6.12.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.1.2013 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, der Beigeladene Nr. 1 habe eigene Betriebsmittel eingesetzt und nur für den geringeren Anteil der Aufträge seine (des Klägers) Fahrzeuge genutzt. Außerdem habe er eine eigene Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Das deute auf unternehmerisches Handeln hin. Er habe den Beigeladenen Nr. 1 nur in unregelmäßigen Abständen mit der Ausführung von Fahrten beauftragt. Anders als bei einem Arbeitsverhältnis auf Abruf sei eine Mindestarbeitszeit nicht vereinbart gewesen. Die Einnahmen des Beigeladenen Nr. 1 hätten daher erheblich (zwischen 200 EUR und 2.000 EUR im Monat) geschwankt. In einzelnen Monaten habe er von ihm keine Vergütung erhalten. Das gelte vor allem für Wintermonate, in denen der Beigeladene Nr. 1 seiner zweiten selbständigen Tätigkeit im Winterdienst nachgegangen sei. Die Vergütung sei nicht nach Arbeitsstunden oder Tagespauschalen bemessen worden. In den Ablauf seines Betriebs sei der Beigeladene Nr. 1, der auch für andere Auftraggeber Kurierfahrten ausgeführt habe, nicht eingegliedert gewesen. Über die Annahme der Aufträge habe er frei entscheiden dürfen. Ein Weisungsrecht habe nicht bestanden. Insgesamt ergebe sich das Gesamtbild einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen Nr. 1.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der Beigeladene Nr. 1 habe ein Unternehmerrisiko nicht getragen und faktisch ein Mindestgehalt für die durchgeführten Fahrten erhalten. Das Vorhandensein eines privaten Pkw begründe ein Unternehmerrisiko nicht, da insoweit das Risiko des Verlusts eingesetzten Kapitals fehle. Einfluss auf die Preisgestaltung habe der Beigeladene Nr. 1 nicht nehmen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Nachforderungsbetrag von 15.588,59 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Sie beruhen auf § 28p Abs. 1 SGB VI. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Beklagte hat für die Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 - nach Maßgabe der während des Prüfzeitraums (1.12.2006 bis 15.11.2010) geltenden Gesetzesbestimmungen - zu Recht Sozialversicherungsbeiträge bzw. Umlagen (zzgl. Säumniszuschlägen) nachgefordert.
II. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV; vgl. dazu zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.7.2010, - L 11 R 2595/10 ER-B -).
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung, wobei hier nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung von Belang ist, jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R ). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.8.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R ).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -).
III. Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 beim Kläger während der streitigen Zeit (1.12.2006 bis 15.11.2010) als Auslieferungsfahrer ausgeübt hat, als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen.
Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 im Unternehmen des Klägers. Der Senat teilt die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Der Beigeladene Nr. 1 hat (während der streitigen Zeiten) nicht als selbständiger (Sub-)Unter-nehmer, sondern als Arbeitnehmer des Klägers gearbeitet. Dass man eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht gewollt und keinen (schriftlichen) Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, ist unerheblich. Die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar; sie unterliegen nicht der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer.
Der Beigeladene Nr. 1 war als Arbeitnehmer in den Betrieb des Klägers eingegliedert und hat dort seine Arbeitsleistung als Fahrer zur Erfüllung der Auslieferungsaufträge erbracht, die der Kläger für seine Auftraggeber (Kunden) auszuführen hatte. Dabei hat er fremdbestimmte Arbeit leisten müssen. Ins Gewicht fallende (unternehmerische) Freiheiten sind ihm nicht verblieben. Seine Arbeitsleistung hat sich von der gleichartigen Arbeitsleistung der beim Kläger angestellten Auslieferungsfahrer nicht unterschieden. Der Beigeladene Nr.1 hätte - für selbständig Erwerbstätige untypisch - eigene Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Klägers nicht einsetzen dürfen, hat die Auslieferungsfahrten vielmehr selbst ausführen müssen. Im Außenverhältnis ist er als Mitarbeiter des Klägers und nicht als selbständiger Unternehmer in Erscheinung getreten. Als Unternehmer ist er auch am Markt nicht aufgetreten. Werbung für eine eigene Unternehmensleistung hat der Beigeladene Nr. 1 nicht betrieben und eigene Leistungsangebote auf der Grundlage einer eigenen Preiskalkulation auf dem Markt nicht abgegeben. Er hat für den Kläger der Sache nach für ein als Stücklohn festgelegtes Arbeitsentgelt gearbeitet. Dass er dieses durch Rechnungen geltend gemacht hat, betrifft formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend.
Der Beigeladene Nr. 1 hat auch keine Tätigkeit verrichtet, deren Eigenart auf eine Leistungserbringung in freiem Unternehmertum hinweisen könnte (vgl. bspw. Senatsurteil vom 23.11.2011, - L 5 R 5703/09 -: selbständiger Kameramann), sondern eine einfache, angelernte Arbeit er-bracht, die typischerweise im arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der abhängigen Beschäftigung geleistet wird und zu leisten ist; daran ändert es nichts, dass teilweise auch wertvolleres Transportgut hat befördert werden müssen.
Ein Unternehmerrisiko hat der Beigeladene Nr. 1 nicht getragen. Die wesentlichen Arbeits- und Betriebsmittel (das eigentliche Kapital) hat dem Kläger gehört. Der Beigeladene Nr. 1 hat mangels eigener Betriebsmittel den LKW des Klägers genutzt, der auch die Kraftstoffkosten (per Tankkarte) getragen hat. Der Beigeladene Nr. 1 hat weder Geschäfts- oder Büroräume unterhalten - die Nutzung eines Zimmers in der Wohnung auch als Büro genügt dafür nicht - noch eigene Arbeitnehmer beschäftigt. Die Gewinnaussichten wie die Verlustrisiken des Unternehmers sind daher allein dem Kläger zugeordnet gewesen. Dass der Beigeladene Nr. 1, soweit das hinsichtlich des Auslieferungsguts möglich war, den privaten PKW seiner Lebensgefährtin genutzt hat, begründet kein Unternehmerrisiko. Mit der Nutzung eines privat vorhandenen PKW (auch) für geschäftliche Zwecke wird kein Wagniskapital zur Gewinnerzielung eingesetzt, das beim Ausbleiben von Aufträgen brachliegen und Verluste verursachen oder gar ganz verloren gehen könnte; das gilt erst Recht für die Nutzung eines fremden Privat-PKW, hier der Lebensgefährtin des Beigeladenen Nr. 1.
Der Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen Nr. 1 für sich allein begründet kein Unternehmerrisiko; hierfür fehlt es an korrespondierenden unternehmerischen Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. BSG, Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -). Der Beigeladene Nr. 1 hat die übernommenen Auslieferungsfahrten nach den Vorgaben des Klägers durchführen müssen. Dass er dabei naturgemäß über Einzelheiten der Arbeitsleistung, etwa die (je nach Verkehrslage günstigste) Fahrtroute hat selbst entscheiden dürfen, beruht nicht auf der Freiheit des selbständigen Unternehmers, sondern auf der Eigenart der Arbeitsleistung, hier der Tätigkeit als Auslieferungsfahrer. Die Anmeldung eines Gewerbes oder der Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend. Eine Haftung für Mängel der Arbeitsleistung trifft (wenngleich) eingeschränkt auch Arbeitnehmer (vgl. BSG, Urt. v. 28.9.2011, - B 12 R 17/09 R -).
Unerheblich ist, dass der Kläger den Beigeladenen Nr. 1 während des Prüfzeitraums nicht ständig, sondern nur bei entsprechendem Bedarf (Arbeitsanfall) für Auslieferungsfahrten eingesetzt hat. Eine in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfreie unständige Beschäftigung (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III) kommt von vornherein nicht in Betracht, da der Kläger und der Beigeladene Nr. 1 eine auf längere Dauer angelegte und damit ständige Zusammenarbeit (freilich auf "subunternehmerischer Basis") gewollt haben. Die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 hat - ohne dass dies so vereinbart gewesen wäre - der Arbeit auf Abruf nach Maßgabe des § 12 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) geähnelt.
Unerheblich ist auch, dass der Beigeladene Nr. 1 während des Prüfzeitraums neben der Tätigkeit als Auslieferungsfahrer für den Kläger noch weitere Tätigkeiten verrichtet hat, etwa (ebenfalls) als Auslieferungsfahrer für einen Zeitungsverlag oder möglicherweise als selbständig Erwerbstätiger in der Wegereinigung (Winterdienst). Für die Sozialversicherungspflicht bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten findet grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung statt. Bei einer Mehrheit von Tätigkeiten ist daher jede Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht gesondert zu würdigen (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung - vgl. BSG, Urt. v. 4.11.2009, - B 12 R 7/08 R; auch Senatsurteile vom 28.9.2011 - L 5 R 2153/10 - und vom 20.3.2013, - L 5 R 3257/12 -). Für die Versicherungsfreiheit in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung kann demgegenüber ggf. eine personenbezogene Beurteilung stattfinden, etwa, wenn gem. § 5 Abs. 5 SGB V hauptberuflich selbständig Erwerbstätige (u.a.) auch bei Ausübung einer Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zur Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sind. Ein solcher, auf weitere Tätigkeiten abstellender Versicherungsfreiheitstatbestand (wie § 5 Abs. 5 SGB V) ist im Gerichtsverfahren aber regelmäßig nur dann von Belang, wenn die weitere Tätigkeit bereits Gegenstand des dem Gerichtsverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens (einschließlich des Widerspruchsverfahrens) gewesen ist. Hat eine statusrechtliche Prüfung der weiteren Tätigkeit(en) des Versicherten durch die Verwaltungsbehörde dagegen noch nicht stattgefunden, ist das im Gerichtsverfahren durch das Sozial- oder Landessozialgericht im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) grundsätzlich nicht nachzuholen; anderes mag gelten, wenn für das Vorliegen eines an weitere Tätigkeiten des Versicherten anknüpfenden Versicherungsfreiheitstatbestands begründete Anhaltspunkte bestehen oder dies substantiiert behauptet wird. Im Übrigen wird die Verwaltungsbehörde die Frage der Versicherungsfreiheit in einzelnen Versicherungszweigen bei gegebenem Anlass in einem weiteren Verwaltungsverfahren zu prüfen und einen Status- oder Nachforderungsbescheid ggf. entsprechend abzuändern haben (vgl. § 44 Abs. 1 SGB X). Hier ist eine etwaige hauptberufliche Selbständigkeit des Beigeladenen Nr. 1 nicht Gegenstand des durchgeführten Verwaltungsverfahrens gewesen. Begründete Anhaltspunkte hierfür sind auch weder ersichtlich noch im Gerichtsverfahren geltend gemacht worden.
Schließlich kommt Versicherungsfreiheit (etwa gem. § 7 Abs. 1 SGB V oder § 5 Abs. 2 SGB VI) wegen der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung (§ 8 SGB IV) nicht in Betracht; dies haben die Beteiligten auch nicht behauptet.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger gehört nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen; er ist nicht Versicherter, sondern Unternehmer (Arbeitgeber des Beigeladenen Nr. 1). § 193 SGG ist danach nicht anzuwenden. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko (Beigeladene Nr. 2 und 3) nicht übernommen haben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.588 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen.
Der Kläger betreibt eine Tankstelle und daneben einen Kurierdienst. Er verfügt über eigene Fahrzeuge und fest angestellte Mitarbeiter. Außerdem setzt er Aushilfskräfte ein. Der Beigeladene Nr. 1 hatte am 17.9.1998 bei der Stadt A. ein Gewerbe "Kurierdienste" angemeldet. Weitere Gewerbeanmeldungen vom 4.2.2002 und 9.12.2005 betreffen einen Hygieneservice bzw. die Reinigung von Fußböden. Zum 30.3.2007 gab der Beigeladene Nr. 1 das Kurierdienst-Gewerbe wieder auf (Gewerbeabmeldung vom 17.4.2007).
Am 8.11.2010 überprüfte das Hauptzollamt R. einen Kleintransporter. Im Prüfbericht vom 15.11.2010 ist festgehalten, der (1957 geborene) Beigeladene Nr. 1 habe den Kleintransporter gefahren. Er habe angegeben, er sei seit 1999 als Kurierfahrer selbstständig erwerbstätig und seit 2006 für das Unternehmen des Klägers tätig. Für diesen führe er ca. 10-15 Mal im Monat Transporte aus und rechne monatlich per Rechnung ab. Für den gefahrenen Kilometer zahle der Kläger 0,35 EUR. Die Auszahlung erfolge bar mit Quittung. Andere Auftraggeber habe er nicht. Der Kleintransporter gehöre dem Kläger. Er dürfe das Fahrzeug unentgeltlich nutzen. Der Kraftstoff werde ebenfalls vom Kläger (per Tankkarte) gezahlt. Daneben liefere er von Montag bis Freitag 2 ½ Stunden täglich Zeitungen für die Sch. Post aus.
Der Beigeladene Nr. 1 gab bei seiner Vernehmung durch das Hauptzollamt U. am 20.1.2011 an, er sei am 8.11.2010 (doch) nicht für das Unternehmen des Klägers unterwegs gewesen, habe dessen Fahrzeug vielmehr privat genutzt. Bis Juni 2010 habe er als selbstständiger Fahrer Zeitungen ausgeliefert; für die Auslieferungsfahrten habe er das Fahrzeug seiner Lebenspartnerin genutzt. Bis November 2010 sei er außerdem als selbstständiger Fahrer für das Unternehmen des Klägers tätig gewesen. Hierfür habe er teils das Fahrzeug seiner Lebenspartnerin (Ford Mondeo), teils (bei größeren Transport) ein Fahrzeug des Klägers eingesetzt. Als Vergütung habe er vom Kläger bei Fahrten mit dem Fahrzeug seiner Lebenspartnerin 80 %, bei Fahrten mit dem Fahrzeug des Klägers 42 % des Betrages bekommen, den der Kläger von seinem Kunden erhalten habe; der Betrag von 0,35 EUR je gefahrenem Kilometer sei ein Richtwert.
Unter dem 20.1.2011 gab der Beigeladene Nr. 1 auf einem Fragebogen ergänzend an, Weisungen würden ihm nicht erteilt und er arbeite nicht mit Arbeitnehmern des Klägers zusammen. Regelmäßige Arbeitszeiten müsse er nicht einhalten und er könne die Arbeitszeit nach Annahme eines Auftrags frei gestalten. In den Arbeitsablauf des Unternehmens des Klägers sei er nicht eingegliedert. Dieser habe Fahrt, Zielort und die Person, bei der die Ware abzuliefern sei, angegeben. Eigene Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Durch andere Personen dürfe er sich nicht vertreten lassen. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Die Transportfahrten habe er zu 70 % mit dem PKW seiner Lebenspartnerin, zu 30 % mit einem Fahrzeug des Klägers ausgeführt. Preise habe er insoweit gestalten können, als er Aufträge nicht angenommen habe, wenn ihm der Preis zu niedrig gewesen sei. Werbung für seine Leistung habe er nicht betrieben. Er habe durchschnittlich 400 bis 500 EUR im Monat eingenommen und seine Vergütung gegenüber dem Kläger monatlich durch Rechnung geltend gemacht. Er nutze seine Betriebsstätte zugleich als Wohnung (Hochhauswohnung); ein Zimmer, in dem sich auch private Sachen befänden, werde als Büro genutzt. Über einen Steuerberater verfüge er nicht. Er sei auch nicht für mehrere Auftraggeber tätig gewesen.
Der Kläger gab gegenüber dem Hauptzollamt U. an, er betreibe seit ca. zehn Jahren eine E.-Tankstelle. Als zweites Standbein habe er Ende 2006/Anfang 2007 ein Transportunternehmen gegründet. Er beschäftige einen Arbeitnehmer an 2-3 Tagen (Arbeitsentgelt 800 EUR monatlich brutto) und setze außerdem ein Ehepaar als geringfügig Beschäftigte ein. Auf den Beigeladenen Nr. 1, der außerdem einen Reinigungsbetrieb mit Winterdienst unterhalten habe, greife er zurück, wenn er einen Auftrag ohne diesen nicht ausführen könne; der Beigeladene Nr. 1 zeichne sich durch Zuverlässigkeit und Fahrgefühl (beim Transport wertvoller Fracht) aus. Schriftliche Vereinbarungen gebe es nicht. Für ihn würden noch andere selbstständige Kurierfahrer tätig.
Mit Schreiben vom 21.1.2011 bat das Hauptzollamt U. die Beklagte um die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1.
Mit Bescheid vom 30.9.2011 gab die Beklagte dem Kläger (nach Anhörung, Anhörungsschreiben vom 7.4.2011) auf, für die Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 während der Zeit vom 1.12.2006 bis 15.11.2010 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 15.588,59 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen von 3.386,00 EUR) zu zahlen. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene Nr. 1 habe für den Kläger als Arbeitnehmer auf Abruf gearbeitet und sei eingesetzt worden, wenn kurzfristig eingehende Aufträge von angestellten Kurierfahrern des Klägers nicht hätten erledigt werden können. Arbeitszeit und Arbeitsort habe der Beigeladene Nr. 1 nach Annahme eines Transportauftrags nicht gestalten können. Nach Annahme eines Auftrags sei der Beigeladene Nr. 1, nicht anders als ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer, in die Arbeitsorganisation des Klägers eingebunden gewesen. Im Hinblick auf die getroffene Entgeltvereinbarung (Umsatzanteile von 42 % bzw. 80 % bei Nutzung des Fahrzeugs der Lebensgefährtin des Beigeladenen Nr. 1 bzw. eines Fahrzeugs des Klägers) sei der Sache nach ein festes Mindestgehalt gezahlt worden. Der Beigeladene Nr. 1 habe über kein eigenes Fahrzeug verfügt und somit kein Betriebskapital eingesetzt. Der Kläger habe auch die Kraftstoffkosten getragen, wenn der Beigeladene Nr. 1 mit einem seiner Fahrzeuge gefahren sei. Der Beigeladene Nr. 1 habe teilweise die gleichen Fahrten wie der beim Kläger fest angestellte Mitarbeiter ausgeführt. Durch andere Personen habe er sich nicht vertreten lassen dürfen. Nach außen sei der Beigeladene Nr. 1 als Mitarbeiter des Klägers und nicht als Unternehmer aufgetreten. Werbung und Kundenakquise habe er nicht betrieben. Unerheblich sei, ob der Beigeladene Nr. 1 für weitere Auftraggeber tätig gewesen sei. Insgesamt überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gesichtspunkte.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, der Beigeladene Nr. 1 sei in seinen Betrieb nicht eingegliedert gewesen. Auf Abruf habe er nicht gearbeitet, vielmehr frei über die Ablehnung oder Annahme von Aufträgen entschieden. Wenn er von seinem Hauptauftraggeber, der Sch. Post, stark beansprucht worden sei, habe er seine (des Klägers) Aufträge vermehrt abgelehnt. Ein Weisungsrecht habe nicht bestanden. Der Beigeladene Nr. 1 sei im Außenverhältnis als selbstständiger Dienstleister und Kurierfahrer aufgetreten. Er habe überwiegend einen PKW (im Eigentum seiner Lebenspartnerin) genutzt.
Mit Bescheid vom 18.11.2011 lehnte die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, unerheblich sei, dass man Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub nicht vereinbart habe. Auslieferungsfahrten (auch von wertvoller und leicht zerbrechlicher Ware) stellten eine typische selbstständige Erwerbstätigkeit nicht dar. Nach Annahme eines Transportauftrags sei der Beigeladene Nr. 1 den Vorgaben des Klägers hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes unterworfen gewesen. Dass er Aufträge grundsätzlich habe ablehnen dürfen, mache ihn nicht zum selbstständig Erwerbstätigen. Das Risiko, wegen schlechter Auftragslage nicht durchgehend beschäftigt zu sein, treffe auch abhängig beschäftigte Arbeitnehmer. Ein Unternehmerrisiko habe der Beigeladene Nr. 1 nicht getragen, da er keine Investitionen getätigt habe, die beim Ausbleiben von Aufträgen brachliegen würden. Zu Haftungsfragen seien Vereinbarungen nicht getroffen worden. Aus alledem ergebe sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1.
Am 27.3.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung wiederholte er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren.
Am 15.11.2012 führte das Sozialgericht die mündliche Verhandlung durch. Der Kläger gab an, derzeit beschäftige er zwei fest angestellte Mitarbeiter, drei Aushilfen und einen Subunternehmer. Außerdem helfe ein Mitarbeiter seiner Werkstatt als Springer aus. Er verfüge über fünf Fahrzeuge, darunter Sprinter und PKW. Der Subunternehmer sei zu 80 % am Umsatz beteiligt. Nach Eingang eines Auftrags prüfte er, ob er ihn mit fest angestellten Mitarbeitern ausführen könne. Sei das nicht möglich, greife er auf die Aushilfen und die Subunternehmer zurück. 60 % der transportierten Waren seien versicherungsfrei gewesen, im übrigen hätten Transportversicherungen bestanden.
Der Beigeladene Nr. 1 gab an, größere Fahrten habe er mit Fahrzeugen des Klägers ausgeführt, ansonsten habe er ein eigenes Fahrzeug genutzt. Außerdem habe er Kurierdienste für die Sch. Post erledigt; er habe morgens Zeitungen (mit einem eigenen Fahrzeug) ausgefahren. Eigene Arbeitnehmer habe er nicht beschäftigt. Es sei auch klar gewesen, dass er die Aufträge des Klägers persönlich ausführen solle.
Mit Urteil vom 15.11.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Beigeladene Nr. 1 habe für den Kläger als abhängig Beschäftigter gearbeitet. Er sei nur tätig geworden, wenn die personellen Kapazitäten des Klägers erschöpft gewesen seien und dieser auch nicht auf Aushilfen habe zurückgreifen können. Die Aufgabenbereiche der abhängig beschäftigten Mitarbeiter des Klägers und des Beigeladenen Nr. 1 seien daher deckungsgleich gewesen. Der Beigeladene Nr. 1 habe ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Der teilweise Einsatz eines privaten Pkw genüge hierfür nicht, da die Umsatzbeteiligung in solchen Fällen höher gewesen sei. Das private Fahrzeug sei auch nicht im Hinblick auf die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 als Kurierfahrer angeschafft worden. Der Beigeladene Nr. 1 habe nur das arbeitnehmertypische Risiko, für seine Arbeitsleistung nicht entlohnt zu werden, getragen. Einfluss auf die Preisgestaltung habe er nicht nehmen und auch Arbeitsort und Arbeitsweise nicht selbst bestimmen können. Als Unternehmer am Markt sei er nicht aufgetreten.
Auf das ihm am 6.12.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.1.2013 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, der Beigeladene Nr. 1 habe eigene Betriebsmittel eingesetzt und nur für den geringeren Anteil der Aufträge seine (des Klägers) Fahrzeuge genutzt. Außerdem habe er eine eigene Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Das deute auf unternehmerisches Handeln hin. Er habe den Beigeladenen Nr. 1 nur in unregelmäßigen Abständen mit der Ausführung von Fahrten beauftragt. Anders als bei einem Arbeitsverhältnis auf Abruf sei eine Mindestarbeitszeit nicht vereinbart gewesen. Die Einnahmen des Beigeladenen Nr. 1 hätten daher erheblich (zwischen 200 EUR und 2.000 EUR im Monat) geschwankt. In einzelnen Monaten habe er von ihm keine Vergütung erhalten. Das gelte vor allem für Wintermonate, in denen der Beigeladene Nr. 1 seiner zweiten selbständigen Tätigkeit im Winterdienst nachgegangen sei. Die Vergütung sei nicht nach Arbeitsstunden oder Tagespauschalen bemessen worden. In den Ablauf seines Betriebs sei der Beigeladene Nr. 1, der auch für andere Auftraggeber Kurierfahrten ausgeführt habe, nicht eingegliedert gewesen. Über die Annahme der Aufträge habe er frei entscheiden dürfen. Ein Weisungsrecht habe nicht bestanden. Insgesamt ergebe sich das Gesamtbild einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen Nr. 1.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der Beigeladene Nr. 1 habe ein Unternehmerrisiko nicht getragen und faktisch ein Mindestgehalt für die durchgeführten Fahrten erhalten. Das Vorhandensein eines privaten Pkw begründe ein Unternehmerrisiko nicht, da insoweit das Risiko des Verlusts eingesetzten Kapitals fehle. Einfluss auf die Preisgestaltung habe der Beigeladene Nr. 1 nicht nehmen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Nachforderungsbetrag von 15.588,59 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Sie beruhen auf § 28p Abs. 1 SGB VI. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Beklagte hat für die Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 - nach Maßgabe der während des Prüfzeitraums (1.12.2006 bis 15.11.2010) geltenden Gesetzesbestimmungen - zu Recht Sozialversicherungsbeiträge bzw. Umlagen (zzgl. Säumniszuschlägen) nachgefordert.
II. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV; vgl. dazu zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.7.2010, - L 11 R 2595/10 ER-B -).
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung, wobei hier nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung von Belang ist, jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R ). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.8.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R ).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -).
III. Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 beim Kläger während der streitigen Zeit (1.12.2006 bis 15.11.2010) als Auslieferungsfahrer ausgeübt hat, als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen.
Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 im Unternehmen des Klägers. Der Senat teilt die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Der Beigeladene Nr. 1 hat (während der streitigen Zeiten) nicht als selbständiger (Sub-)Unter-nehmer, sondern als Arbeitnehmer des Klägers gearbeitet. Dass man eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht gewollt und keinen (schriftlichen) Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, ist unerheblich. Die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar; sie unterliegen nicht der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer.
Der Beigeladene Nr. 1 war als Arbeitnehmer in den Betrieb des Klägers eingegliedert und hat dort seine Arbeitsleistung als Fahrer zur Erfüllung der Auslieferungsaufträge erbracht, die der Kläger für seine Auftraggeber (Kunden) auszuführen hatte. Dabei hat er fremdbestimmte Arbeit leisten müssen. Ins Gewicht fallende (unternehmerische) Freiheiten sind ihm nicht verblieben. Seine Arbeitsleistung hat sich von der gleichartigen Arbeitsleistung der beim Kläger angestellten Auslieferungsfahrer nicht unterschieden. Der Beigeladene Nr.1 hätte - für selbständig Erwerbstätige untypisch - eigene Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Klägers nicht einsetzen dürfen, hat die Auslieferungsfahrten vielmehr selbst ausführen müssen. Im Außenverhältnis ist er als Mitarbeiter des Klägers und nicht als selbständiger Unternehmer in Erscheinung getreten. Als Unternehmer ist er auch am Markt nicht aufgetreten. Werbung für eine eigene Unternehmensleistung hat der Beigeladene Nr. 1 nicht betrieben und eigene Leistungsangebote auf der Grundlage einer eigenen Preiskalkulation auf dem Markt nicht abgegeben. Er hat für den Kläger der Sache nach für ein als Stücklohn festgelegtes Arbeitsentgelt gearbeitet. Dass er dieses durch Rechnungen geltend gemacht hat, betrifft formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend.
Der Beigeladene Nr. 1 hat auch keine Tätigkeit verrichtet, deren Eigenart auf eine Leistungserbringung in freiem Unternehmertum hinweisen könnte (vgl. bspw. Senatsurteil vom 23.11.2011, - L 5 R 5703/09 -: selbständiger Kameramann), sondern eine einfache, angelernte Arbeit er-bracht, die typischerweise im arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der abhängigen Beschäftigung geleistet wird und zu leisten ist; daran ändert es nichts, dass teilweise auch wertvolleres Transportgut hat befördert werden müssen.
Ein Unternehmerrisiko hat der Beigeladene Nr. 1 nicht getragen. Die wesentlichen Arbeits- und Betriebsmittel (das eigentliche Kapital) hat dem Kläger gehört. Der Beigeladene Nr. 1 hat mangels eigener Betriebsmittel den LKW des Klägers genutzt, der auch die Kraftstoffkosten (per Tankkarte) getragen hat. Der Beigeladene Nr. 1 hat weder Geschäfts- oder Büroräume unterhalten - die Nutzung eines Zimmers in der Wohnung auch als Büro genügt dafür nicht - noch eigene Arbeitnehmer beschäftigt. Die Gewinnaussichten wie die Verlustrisiken des Unternehmers sind daher allein dem Kläger zugeordnet gewesen. Dass der Beigeladene Nr. 1, soweit das hinsichtlich des Auslieferungsguts möglich war, den privaten PKW seiner Lebensgefährtin genutzt hat, begründet kein Unternehmerrisiko. Mit der Nutzung eines privat vorhandenen PKW (auch) für geschäftliche Zwecke wird kein Wagniskapital zur Gewinnerzielung eingesetzt, das beim Ausbleiben von Aufträgen brachliegen und Verluste verursachen oder gar ganz verloren gehen könnte; das gilt erst Recht für die Nutzung eines fremden Privat-PKW, hier der Lebensgefährtin des Beigeladenen Nr. 1.
Der Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen Nr. 1 für sich allein begründet kein Unternehmerrisiko; hierfür fehlt es an korrespondierenden unternehmerischen Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. BSG, Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -). Der Beigeladene Nr. 1 hat die übernommenen Auslieferungsfahrten nach den Vorgaben des Klägers durchführen müssen. Dass er dabei naturgemäß über Einzelheiten der Arbeitsleistung, etwa die (je nach Verkehrslage günstigste) Fahrtroute hat selbst entscheiden dürfen, beruht nicht auf der Freiheit des selbständigen Unternehmers, sondern auf der Eigenart der Arbeitsleistung, hier der Tätigkeit als Auslieferungsfahrer. Die Anmeldung eines Gewerbes oder der Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend. Eine Haftung für Mängel der Arbeitsleistung trifft (wenngleich) eingeschränkt auch Arbeitnehmer (vgl. BSG, Urt. v. 28.9.2011, - B 12 R 17/09 R -).
Unerheblich ist, dass der Kläger den Beigeladenen Nr. 1 während des Prüfzeitraums nicht ständig, sondern nur bei entsprechendem Bedarf (Arbeitsanfall) für Auslieferungsfahrten eingesetzt hat. Eine in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfreie unständige Beschäftigung (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III) kommt von vornherein nicht in Betracht, da der Kläger und der Beigeladene Nr. 1 eine auf längere Dauer angelegte und damit ständige Zusammenarbeit (freilich auf "subunternehmerischer Basis") gewollt haben. Die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 hat - ohne dass dies so vereinbart gewesen wäre - der Arbeit auf Abruf nach Maßgabe des § 12 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) geähnelt.
Unerheblich ist auch, dass der Beigeladene Nr. 1 während des Prüfzeitraums neben der Tätigkeit als Auslieferungsfahrer für den Kläger noch weitere Tätigkeiten verrichtet hat, etwa (ebenfalls) als Auslieferungsfahrer für einen Zeitungsverlag oder möglicherweise als selbständig Erwerbstätiger in der Wegereinigung (Winterdienst). Für die Sozialversicherungspflicht bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten findet grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung statt. Bei einer Mehrheit von Tätigkeiten ist daher jede Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht gesondert zu würdigen (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung - vgl. BSG, Urt. v. 4.11.2009, - B 12 R 7/08 R; auch Senatsurteile vom 28.9.2011 - L 5 R 2153/10 - und vom 20.3.2013, - L 5 R 3257/12 -). Für die Versicherungsfreiheit in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung kann demgegenüber ggf. eine personenbezogene Beurteilung stattfinden, etwa, wenn gem. § 5 Abs. 5 SGB V hauptberuflich selbständig Erwerbstätige (u.a.) auch bei Ausübung einer Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zur Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sind. Ein solcher, auf weitere Tätigkeiten abstellender Versicherungsfreiheitstatbestand (wie § 5 Abs. 5 SGB V) ist im Gerichtsverfahren aber regelmäßig nur dann von Belang, wenn die weitere Tätigkeit bereits Gegenstand des dem Gerichtsverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens (einschließlich des Widerspruchsverfahrens) gewesen ist. Hat eine statusrechtliche Prüfung der weiteren Tätigkeit(en) des Versicherten durch die Verwaltungsbehörde dagegen noch nicht stattgefunden, ist das im Gerichtsverfahren durch das Sozial- oder Landessozialgericht im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) grundsätzlich nicht nachzuholen; anderes mag gelten, wenn für das Vorliegen eines an weitere Tätigkeiten des Versicherten anknüpfenden Versicherungsfreiheitstatbestands begründete Anhaltspunkte bestehen oder dies substantiiert behauptet wird. Im Übrigen wird die Verwaltungsbehörde die Frage der Versicherungsfreiheit in einzelnen Versicherungszweigen bei gegebenem Anlass in einem weiteren Verwaltungsverfahren zu prüfen und einen Status- oder Nachforderungsbescheid ggf. entsprechend abzuändern haben (vgl. § 44 Abs. 1 SGB X). Hier ist eine etwaige hauptberufliche Selbständigkeit des Beigeladenen Nr. 1 nicht Gegenstand des durchgeführten Verwaltungsverfahrens gewesen. Begründete Anhaltspunkte hierfür sind auch weder ersichtlich noch im Gerichtsverfahren geltend gemacht worden.
Schließlich kommt Versicherungsfreiheit (etwa gem. § 7 Abs. 1 SGB V oder § 5 Abs. 2 SGB VI) wegen der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung (§ 8 SGB IV) nicht in Betracht; dies haben die Beteiligten auch nicht behauptet.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger gehört nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen; er ist nicht Versicherter, sondern Unternehmer (Arbeitgeber des Beigeladenen Nr. 1). § 193 SGG ist danach nicht anzuwenden. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko (Beigeladene Nr. 2 und 3) nicht übernommen haben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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