Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1437/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4422/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12.10.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Nasenseptumperforation als Folge der Berufskrankheiten (BK) Nr. 1103, 1201, 1302 und 1304 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der 1945 geborene Kläger absolvierte zunächst eine dreijährige Ausbildung als Maschinenschlosser. Zwischen 1965 und 1966 war er als Facharbeiter in der Metallverarbeitung tätig. Im Anschluss daran studierte er bis 1970 Maschinenbau. Im September 1970 begann er seine Tätigkeit als Versuchsingenieur bei der Firma M.- und T.-U. F. GmbH (MTU). Von September 1970 bis Februar 1974 war er als Versuchsingenieur in der Abteilung Motorenversuch, Sondermotoren und Gesamttriebwerke eingesetzt. Zu seinen Aufgaben zählten Versuche am Grundmotor, an Komponenten (wie zum Beispiel Luftfilter-Kühl-Abgasanlagen) und sonstigen Bauteilgruppen sowie am Gesamttriebwerk. Des Weiteren musste er Prototypmotoren und Triebwerke in Stand setzen, Motor-/Triebwerkabnahmeläufe und deren Vorstellung bei Kunden organisieren, die Versuchsplanung und die entsprechenden Termine überwachen, Versuchsberichte ausarbeiten und auf eigenen Prüfständen sowie auf Fremdprüfständen mitarbeiten. Vom 01.03.1974 bis Januar 2010 war er als Verkaufsingenieur im Verkauf (Sonderprojekte) eingesetzt. Zu seinen Aufgaben zählten unter anderem, Marketing- und Auftragsprojekte zu bearbeiten, insbesondere für neue Produkte, Anwendungen und Märkte. Durch eine Umstrukturierung wurde er ab dem 01.02.1988 in der Abteilung "Verkauf Schiffsantriebe Groß- und Gasturbinen" unter Beibehaltung seiner genannten Aufgaben weiter beschäftigt. Aufgrund einer weiteren Umstrukturierung wurde er ab dem 01.05.2000 als Sachbearbeiter in der Abteilung "Vertrieb Antriebssysteme Schiffe, militärisch" tätig. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte die technische und kaufmännische Projekt- und Auftragsbearbeitung sowie -abwicklung im Zusammenhang mit dem Verkauf von Antriebssystemen und -systemkomponenten mit Dieselmotoren für militärische Schiffe. Ab dem 01.05.2006 war er in der Abteilung "Order Management" unter Beibehaltung der genannten Aufgaben eingesetzt (vgl. Zwischenzeugnisse vom 21.12.1982 und 30.06.2008). Seit Anfang 2010 bezieht er eine Altersrente.
Im Dezember 2009 zeigte sein behandelnder HNO-Arzt Dr. H. den Verdacht einer BK (Lärmschwerhörigkeit, Innenohrschwerhörigkeit beidseits) an. Gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 28.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2010 erhob der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage (Az.: S 11 U 3073/10). Im Rahmen dieses Klageverfahrens erstattete die HNO-Ärztin Prof. Dr. B. am 24.03.2011 ein Gutachten für das SG, in dem sie unter anderem ausführte, die Nasenscheidewand zeige eine subtotale Nasenseptumperforation mit trockenen und verkrusteten Rändern unklarer Genese. Die Klage blieb erfolglos (Gerichtsurteil vom 09.06.2011); die Berufung hiergegen nahm der Kläger zurück (Az.: L 8 U 2932/11).
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09.06.2011 in dem Verfahren S 11 U 3073/10 beantragte der Kläger im Hinblick auf die Nasenseptumperforation die Feststellung einer BK nach Nr. 1201, 1302 oder 1304 der Anlage 1 zur BKV. Die Beklagte befragte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers. Dr. H. teilte mit (Auskunft vom 21.11.2011), der Kläger werde seit 1995 nur wegen seiner Problematik mit den Ohren (Hörminderung und Hörsturz) behandelt. Eine Perforation der Nasenscheidewand sei bis dahin nicht bekannt gewesen. Internist Dr. W. gab (ohne Datum) an, der Kläger sei zuletzt 1995 vorstellig geworden. Eine Nasenseptumperforation sei nicht behandelt worden. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Arbeitsplatzexposition durch ihren Präventionsdienst. Im Rahmen der Ermittlungen des Präventionsdienstes, die am 14.12.2011 im früheren Betrieb des Klägers stattfanden, wurden unter anderem frühere Mitarbeiter des Klägers sowie eine Abteilungsleiterin zur Arbeitsplatzsituation befragt. Danach konnten Belastungen durch Chrom und seine Verbindungen, durch Halogenkohlenwasserstoffe sowie durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols nicht ermittelt werden. Eine Kohlenmonoxidbelastung sei höchstens kurzzeitig - gelegentlich bei Leckagen am Abgassystem - möglich gewesen. Die Belastung sei als sehr gering einzuschätzen, da der Prüfstandmitarbeiter, während der Motor laufe, höchstens kurzzeitig den Raum betrete. Während seiner Tätigkeit als Verkaufsingenieur ab 1974 habe sich der Kläger höchstens in Ausnahmefällen direkt im Bereich des Motors aufgehalten. Messungsberichte lägen nicht vor (vgl. Präventionsbericht vom 20.12.2011).
Mit Bescheid vom 24.02.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Nasenseptumperforation keine BK nach den Nrn. 1103, 1201, 1302, 1304 oder einer anderen Nummer der BK-Liste sei. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Während seiner beruflichen Tätigkeit sei er keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen als geeignet angesehen werden könnten, eine Erkrankung der Nasenscheidewand zu verursachen, sodass es bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK fehle. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers, den er nicht begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2012 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen noch einmal dargestellt, dass der Kläger keinen Einwirkungen von Halogenkohlenwasserstoffen, Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols und seiner Homologe, Kohlenmonoxid oder Chrom und seinen Verbindungen sowie anderen Stoffen, die geeignet seien, eine Nasenseptumperforation zu verursachen, ausgesetzt gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 01.06.2012 Klage beim SG (Az.: S 11 U 1474/12) erhoben und geltend gemacht, eine jahrzehntelange berufliche Belastung mit chemischen Stoffen sei nachgewiesen und aufgrund seiner Tätigkeit als Versuchsingenieur indiziert. Er leide an plötzlich und ohne Vorwarnung auftretendem Nasenbluten. Dies geschehe sowohl tagsüber als auch nachts. Dadurch sei seine Lebensqualität mehr als nur erheblich beeinträchtigt. Die Ursachen hierfür seien berufsbedingte tägliche Feinstaubbelastungen an Motor- und Sondertriebwerken sowie im Büro in unmittelbarer Nähe von PC-Druckern. In die Atemluft bzw. Atmosphäre seien giftige Gefahrstoffe, wie z.B. Chlorkohlenwasserstoffverbindungen, gelangt. Außerdem sei er durch die Abgasverbrennung Schwefel ausgesetzt gewesen. Er habe direkten Kontakt gehabt mit weiteren Gefahrstoffen, z.B. tonerfreiem Staub, Benzol, Korrosionsschutzölen, Dieselöl/Gasöl, Benzol und Derivaten sowie Frostschutzmitteln. Er sei zudem bei Sondermessungen extremen Expositionen von Abgas/Ruß ausgesetzt gewesen. Schutzhandschuhe hätten gefehlt. Bereits in den 80-er Jahren hätten die Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) darüber geklagt, dass in der chemischen und metallurgischen Industrie eine genaue Aufklärung über den Umgang mit gefährlichen Stoffen oft gefehlt habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, vorliegend fehle es an einem Nachweis einer geeigneten Einwirkung. Die Beklagte habe entsprechende Untersuchungen des Arbeitsplatzes des Klägers im Betrieb durchgeführt. Insgesamt habe keine Belastung durch Chrom und seine Verbindungen, durch Halogenkohlenwasserstoffe und durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols ermittelt werden können. Eine Belastung durch Kohlenmonoxid habe der Präventionsdienst höchstens kurzfristig als gegeben angesehen, und zwar nur gelegentlich bei Leckagen am Abgassystem. Zu beachten sei hierbei, dass der Kläger bis auf die ersten Jahre seiner beruflichen Tätigkeit als Versuchsingenieur (Prüfstand) später als Verkaufsingenieur tätig gewesen sei. Die Belastung während dieser Tätigkeit sei vom Präventionsdienst als sehr gering eingeschätzt worden. Die entsprechenden Ausführungen des Präventionsdienstes seien nachvollziehbar und überzeugend. Messungen, die die getroffenen Schlussfolgerungen in Zweifel ziehen könnten, lägen nicht vor. Da die entsprechende Tätigkeit des Klägers seit Jahren beendet sei und der Kläger maßgeblich auf die Verhältnisse in den 80-er Jahren abgestellt habe, könnten auch keine weiteren Messungen mehr durchgeführt werden. Die Angaben des Klägers erschöpften sich darüber hinaus im Wesentlichen in allgemeinen Darlegungen der Belastung in metallverarbeiteten Betrieben in den 80-er Jahren. Hingegen werde nicht in Zweifel gezogen, dass ein Gesundheitsschaden (Nasenseptumperforation) vorliege.
Hiergegen richtet sich die am 23.10.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen seinen bisherigen Klagevortrag wiederholt. Zur weiteren Begründung hat er das Zwischenzeugnis der MTU vom 21.12.1982 und einen Zeitungsbericht der Schwäbischen Zeitung vom 05.02.2012 ("Acht Prüfstände, ein Kamin, kein Filter") vorgelegt. Aufgrund seiner mehr als 36-jährigen Tätigkeit müsse es zu einer Beweislastumkehr kommen. Es sei davon auszugehen, dass in den früheren Jahren sicherlich keine arbeits- und umwelttechnischen Maßnahmen seitens des Arbeitgebers ergriffen worden seien. Er sei während seiner Tätigkeit mit einer Vielzahl von Gefahrenstoffen zusammengekommen, darunter sicherlich auch Chrom(VI). Gleiches gelte für hochgiftiges Chlorkohlenwasserstoff und Korosionsschutzöl als Zusatz in Kühlwasser während des Motorbetriebs. Diese Stoffe dürften nicht übergangen werden. Chrom, Mangan und andere Legierungsbestandteile in den Motorteilen und im Gesamttriebwerk seien damals verwendet worden. Ihm sei bekannt, dass die Abgase der Motoren- und Triebwerke ungefiltert aus den Schornsteinen der Prüfstände in die Umgebung geblasen würden. Seit vielen Jahren sei dieses Thema bekannt und werde dementsprechend auch in der Zeitung diskutiert. Abgasanalysen im Motorbetrieb fehlten bislang ebenso wie Feinstaubanalysen der Drucker im Büro. Entsprechende Feinstaubmessungen seien weder erfolgt noch vom Arbeitgeber erwünscht.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die bei ihm vorliegende Nasenseptumperforation eine Berufskrankheit nach Nr. 1103, 1201, 1302 oder 1304 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass sich aus dem Gutachten des HNO-Arztes Dr. E. (HNO-Zentrum Tettnang) vom 06.05.2010 und dem Gutachten der Prof. Dr. Brosch vom 24.03.2011 zwar eine Nasenseptumperforation ergebe. Beide Gutachten enthielten aber keine Aussage zur Frage der Kausalität im Hinblick auf eine berufliche Schadstoffexposition. Die vom Kläger vorgelegte Veröffentlichung aus der Tagespresse betreffe weder speziell seine berufliche Arbeitsstoffexposition noch das hier streitbefangene Krankheitsbild und spreche ferner für eine außerberufliche Schadstoffexposition. Auch die Ausführungen zu den Äußerungen von Gewerkschaften bezögen sich nicht speziell auf die berufliche Tätigkeit des Klägers und auf eine Nasenseptumperforation. Für eine berufliche Arbeitsstoffexposition auf Chrom fehle weiterhin ein Nachweis. Zwar habe der Präventionsdienst eine berufliche Exposition auf Tonerstaub nicht in Frage gestellt. Allerdings sei nicht nachvollziehbar, welche BK-Ziffer hier einschlägig sei. Man habe keine Entscheidung zur Frage einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) getroffen und eine solche sei auch nicht vom Kläger beantragt worden. Die Voraussetzungen für ein Beweislastumkehr seien schon deshalb nicht erfüllt, weil ab Beginn der Tätigkeit des Klägers als Verkaufsingenieur eine bedeutsame Änderung im Hinblick auf die berufliche Schadstoffexposition festzustellen sei.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts eine Arbeitgeberauskunft eingeholt. Herr Gerhard Leiprecht von der MTU hat angegeben (Auskunft vom 28.05.2013), der Kläger sei während seiner Tätigkeit nicht mit Aufgaben betraut gewesen, bei denen Chrom(VI)-Verbindungen bioverfügbar aufgetreten seien. Es werde bestätigt, dass der Kläger während seiner Tätigkeit keinen Kontakt zu Chrom(VI)-Verbindungen gehabt habe.
Der Senat hat zudem die SG-Akte in dem Verfahren S 11 U 3073/10 zum Verfahren beigezogen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Gerichtsakten und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2012 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt festzustellen, dass die beim Kläger vorhandene Nasenseptumperforation eine BK nach Nr. 1103, 1201, 1302 oder 1304 der Anlage 1 der BKV ist.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG), mit der unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die Nasenspetumperforation des Klägers eine Listen-BK nach Nr. 1103, 1201, 1302 oder 1304 ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Anspruch auf Feststellung einer bestimmten BK nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungs- oder Feststellungsklage klären lassen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 BKV, jeweils RdNr. 11 m.w.N; BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274; zuletzt BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151). Nicht streitgegenständlich ist das Vorliegen einer sog. Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII. Denn hierüber hat die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich nicht entschieden. Der anwaltlich vertretene Kläger hat auch nicht die Feststellung einer Wie-BK beantragt.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist indes nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Nasenseptumperforation als BK Nr. 1103 (Erkrankungen durch Chrom und seine Verbindungen), Nr. 1201 (Erkrankungen durch Kohlenmonoxid), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) oder Nr. 1304 (Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge) der Anlage 1 zur BKV.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII sowie des auf seiner Grundlage erlassenen Rechts, weil die Nasenseptumperforation im Mai 2010 (HNO-ärztliches Gutachten des Dr. E. vom 06.05.2010) festgestellt worden ist und der geltend gemachte Versicherungsfall damit nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten sein soll (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).
Für die Feststellung einer Listen-BK ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist nach der Rechtsprechung des BSG keine Voraussetzung einer Listen-BK (BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151). Dabei gilt für die Überzeugungsbildung des Gerichts hinsichtlich der "versicherten Tätigkeit", der "Verrichtung", der "Einwirkungen" und der "Krankheit" der Beweisgrad des Vollbeweises, also der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit. Für die Überzeugungsbildung vom Vorliegen der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge und der rechtlich zu bewertenden Wesentlichkeit einer notwendigen Bedingung genügt indes der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R = BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr 4 BKV, jeweils RdNr. 16 m.w.N. und - B 2 U 9/08 R = BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14 BKV, jeweils RdNr. 9 m.w.N.; BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274).
Die BKV umschreibt den Tatbestand der BK Nr. 1103 wie folgt: "Erkrankungen durch Chrom und seine Verbindungen". Das BSG ist in seinem Urteil vom 12.01.2010 (B 2 U 5/08 R = SozR 4-2700 § 9 Nr. 17) davon ausgegangen, wie es auch in der unfallmedizinischen Literatur vertreten wird (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 1117), dass für die Anerkennung der BK Nr. 1103 allein auf Grund der Einwirkung von Chrom und seinen Verbindungen eine Einwirkung in der Größenordnung von 2.000 µg/m³ x Jahre erforderlich ist. Die genannten Voraussetzungen sind nach Überzeugung des Senats nicht erfüllt. Der Kläger war zwar seit September 1970 bis Februar 1974 als Versuchsingenieur im Bereich Motorenversuch, Sondermotoren und Gesamttriebwerke und von März 1974 bis Januar 2010 als Verkaufsingenieur bei der Firma MTU in F. beschäftigt und damit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Die Nasensptumperforation stellt auch ein Frühsymptom für Schäden aufgrund von Chrom(VI)-Verbindungen dar (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die BKV, M 1103 III, S. 4). Der Senat konnte sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger "Einwirkungen" von Chrom und seinen Verbindungen ausgesetzt war. Denn weder die am 14.12.2011 vom Präventionsdienst der Beklagten durchgeführte Arbeitsplatzexposition im früheren Betrieb des Klägers noch die Ermittlungen des Senats konnten derartige Einwirkungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen. Der Präventionsdienst der Beklagten hat am 14.12.2011 zusammen mit früheren Mitarbeitern des Klägers und einer Abteilungsleiterin eine Begehung des Betriebs (Arbeitsplatzexposition) vorgenommen. Dabei war den Gesprächspartnern nicht bekannt, inwieweit der Kläger bei seinen Tätigkeiten Chrom und seinen Verbindungen, Kohlenmonoxid, Halogenkohlenwasserstoffen, Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols ausgesetzt war. Im Ergebnis konnte keine Belastung durch Chrom und seine Verbindungen festgestellt werden. Messungen seit dem Jahr 1970 (bis 2010) liegen nicht vor.
Auch die Ermittlungen des Senats führen zu keinem anderen Ergebnis. Auf Nachfrage des Senats hat die Firma MTU durch Herrn G. L. vielmehr bestätigt (Schreiben vom 28.05.2013), dass der Kläger während seiner dortigen Tätigkeit nicht mit Aufgaben betraut war, bei denen Chrom(VI)-Verbindungen bioverfügbar auftraten. Es wurde zudem bestätigt, dass der Kläger während seiner Tätigkeit keinen Kontakt zu Chrom(VI)-Verbindungen hatte. Eine Einwirkung von Chrom und seinen Verbindungen lässt sich daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen. Hinzu kommt, dass nach der medizinischen Literatur eine Expositionszeit von durchschnittlich 17 Jahren für die Anerkennung einer BK notwendig ist (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). Der Kläger war jedoch nachweislich nur von September 1970 bis Februar 1974 als Versuchsingenieur unmittelbar an Versuchen am Grundmotor, an Komponenten und sonstigen Bauteilgruppen sowie am Gesamttriebwerk beteiligt. Dies ergibt sich aus den Zwischenzeugnissen vom 21.12.1982 und 30.06.2008.
An diesem Ergebnis ändern auch die vom Kläger zitierten Presseberichte in der Schwäbischen Zeitung vom 11.06.2012 und 05.09.2012 nichts. Diesen Berichten ist nicht zu entnehmen, dass die Mitarbeiter der MTU im hier streitgegenständlichen Zeitraum Chrom und seinen Verbindungen ausgesetzt waren. Auch der allgemeine Hinweis des Klägers auf Äußerungen von Gewerkschaften in den 80-er Jahren ändert an dem Ergebnis nichts, da für die Anerkennung einer BK grundsätzlich Voraussetzung ist, dass die Einwirkung im Einzelfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann. Dies ist vorliegend - wie bereits dargelegt - jedoch nicht der Fall.
Des Weiteren liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Feststellung der BK Nr. 1201 (Erkrankungen durch Kohlenmonoxid), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) oder Nr. 1304 (Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge) vor. Zum einen lässt sich auch hier eine entsprechende Einwirkung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen. Der Senat stützt sich hierbei auf den Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten vom 20.12.2011. Darin wurde für den Senat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, das Belastungen durch Halogenkohlenwasserstoffe und Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols nicht ermittelt werden konnten. Eine Kohlenmonoxidbelastung wäre danach höchstens kurzzeitig - gelegentlich bei Leckagen am Abgassystem - möglich gewesen. Die Belastung wäre jedoch als gering einzuschätzen, da die Prüfstandmitarbeiter, während der Motor läuft, höchstens kurzzeitig den Raum betreten. Auch dies ergibt sich aus dem genannten Bericht des Präventionsdienstes. Darüber hinaus kommt die Feststellung der genannten BKen auch deshalb nicht in Betracht, weil es an einer entsprechenden Krankheit fehlt. Die Nasenseptumperforation fällt nicht unter die bei der BK Nr. 1201, 1302 und 1304 beschriebenen Krankheitsbilder (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1201 III, S. 2 f.; M 1302 III, S. 7 ff.; M 1304 III, S. 2 f.).
Soweit der Kläger auch auf die Belastung von Tonerstaub hingewiesen hat, ist nicht ersichtlich, nach welcher konkreten Listen-BK eine BK in Betracht kommen könnte.
Der Senat weist abschließend darauf hin, dass das SG zutreffend den von dem Kläger zu führenden Vollbeweis der "Einwirkungen" gefordert hat. Die vom Kläger geltend gemachten Beweisschwierigkeiten rechtfertigen weder eine Beweislastumkehr noch die Annahme eines Beweisnotstandes und eine daraus abzuleitende Notwendigkeit zu Beweiserleichterungen. Die gerade bei der Aufklärung viele Jahre zurückliegender Sachverhalte gehäuft auftretenden Schwierigkeiten sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R = BSGE 102, 11 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 29 RdNr 39). Eine allgemeingültige Beweiserleichterung für den Fall des Beweisnotstandes würde dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) widersprechen (BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151 m.w.N.). In rechtlicher Hinsicht können sich Konsequenzen für die Beweiswürdigung regelmäßig nur dann ergeben, wenn sich herausstellen sollte, dass die Beklagte pflichtwidrig an der notwendigen Beweiserhebung nicht mitgewirkt oder sie vereitelt hat (BSG, Beschluss vom 13.09.2005 - B 2 U 365/04 B = juris RdNr. 12). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Beklagte hat vielmehr während des Verwaltungsverfahrens Ermittlungen am früheren Arbeitsplatz durch ihren Präventionsdienst veranlasst, die am 14.12.2011 im früheren Betrieb des Klägers stattfanden. Weitere Ermittlungen kommen nicht in Betracht. Denn die damaligen Arbeitsplatzverhältnisse können heute nicht mehr hergestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Nasenseptumperforation als Folge der Berufskrankheiten (BK) Nr. 1103, 1201, 1302 und 1304 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der 1945 geborene Kläger absolvierte zunächst eine dreijährige Ausbildung als Maschinenschlosser. Zwischen 1965 und 1966 war er als Facharbeiter in der Metallverarbeitung tätig. Im Anschluss daran studierte er bis 1970 Maschinenbau. Im September 1970 begann er seine Tätigkeit als Versuchsingenieur bei der Firma M.- und T.-U. F. GmbH (MTU). Von September 1970 bis Februar 1974 war er als Versuchsingenieur in der Abteilung Motorenversuch, Sondermotoren und Gesamttriebwerke eingesetzt. Zu seinen Aufgaben zählten Versuche am Grundmotor, an Komponenten (wie zum Beispiel Luftfilter-Kühl-Abgasanlagen) und sonstigen Bauteilgruppen sowie am Gesamttriebwerk. Des Weiteren musste er Prototypmotoren und Triebwerke in Stand setzen, Motor-/Triebwerkabnahmeläufe und deren Vorstellung bei Kunden organisieren, die Versuchsplanung und die entsprechenden Termine überwachen, Versuchsberichte ausarbeiten und auf eigenen Prüfständen sowie auf Fremdprüfständen mitarbeiten. Vom 01.03.1974 bis Januar 2010 war er als Verkaufsingenieur im Verkauf (Sonderprojekte) eingesetzt. Zu seinen Aufgaben zählten unter anderem, Marketing- und Auftragsprojekte zu bearbeiten, insbesondere für neue Produkte, Anwendungen und Märkte. Durch eine Umstrukturierung wurde er ab dem 01.02.1988 in der Abteilung "Verkauf Schiffsantriebe Groß- und Gasturbinen" unter Beibehaltung seiner genannten Aufgaben weiter beschäftigt. Aufgrund einer weiteren Umstrukturierung wurde er ab dem 01.05.2000 als Sachbearbeiter in der Abteilung "Vertrieb Antriebssysteme Schiffe, militärisch" tätig. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte die technische und kaufmännische Projekt- und Auftragsbearbeitung sowie -abwicklung im Zusammenhang mit dem Verkauf von Antriebssystemen und -systemkomponenten mit Dieselmotoren für militärische Schiffe. Ab dem 01.05.2006 war er in der Abteilung "Order Management" unter Beibehaltung der genannten Aufgaben eingesetzt (vgl. Zwischenzeugnisse vom 21.12.1982 und 30.06.2008). Seit Anfang 2010 bezieht er eine Altersrente.
Im Dezember 2009 zeigte sein behandelnder HNO-Arzt Dr. H. den Verdacht einer BK (Lärmschwerhörigkeit, Innenohrschwerhörigkeit beidseits) an. Gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 28.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2010 erhob der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage (Az.: S 11 U 3073/10). Im Rahmen dieses Klageverfahrens erstattete die HNO-Ärztin Prof. Dr. B. am 24.03.2011 ein Gutachten für das SG, in dem sie unter anderem ausführte, die Nasenscheidewand zeige eine subtotale Nasenseptumperforation mit trockenen und verkrusteten Rändern unklarer Genese. Die Klage blieb erfolglos (Gerichtsurteil vom 09.06.2011); die Berufung hiergegen nahm der Kläger zurück (Az.: L 8 U 2932/11).
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09.06.2011 in dem Verfahren S 11 U 3073/10 beantragte der Kläger im Hinblick auf die Nasenseptumperforation die Feststellung einer BK nach Nr. 1201, 1302 oder 1304 der Anlage 1 zur BKV. Die Beklagte befragte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers. Dr. H. teilte mit (Auskunft vom 21.11.2011), der Kläger werde seit 1995 nur wegen seiner Problematik mit den Ohren (Hörminderung und Hörsturz) behandelt. Eine Perforation der Nasenscheidewand sei bis dahin nicht bekannt gewesen. Internist Dr. W. gab (ohne Datum) an, der Kläger sei zuletzt 1995 vorstellig geworden. Eine Nasenseptumperforation sei nicht behandelt worden. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Arbeitsplatzexposition durch ihren Präventionsdienst. Im Rahmen der Ermittlungen des Präventionsdienstes, die am 14.12.2011 im früheren Betrieb des Klägers stattfanden, wurden unter anderem frühere Mitarbeiter des Klägers sowie eine Abteilungsleiterin zur Arbeitsplatzsituation befragt. Danach konnten Belastungen durch Chrom und seine Verbindungen, durch Halogenkohlenwasserstoffe sowie durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols nicht ermittelt werden. Eine Kohlenmonoxidbelastung sei höchstens kurzzeitig - gelegentlich bei Leckagen am Abgassystem - möglich gewesen. Die Belastung sei als sehr gering einzuschätzen, da der Prüfstandmitarbeiter, während der Motor laufe, höchstens kurzzeitig den Raum betrete. Während seiner Tätigkeit als Verkaufsingenieur ab 1974 habe sich der Kläger höchstens in Ausnahmefällen direkt im Bereich des Motors aufgehalten. Messungsberichte lägen nicht vor (vgl. Präventionsbericht vom 20.12.2011).
Mit Bescheid vom 24.02.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Nasenseptumperforation keine BK nach den Nrn. 1103, 1201, 1302, 1304 oder einer anderen Nummer der BK-Liste sei. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Während seiner beruflichen Tätigkeit sei er keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen als geeignet angesehen werden könnten, eine Erkrankung der Nasenscheidewand zu verursachen, sodass es bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK fehle. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers, den er nicht begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2012 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen noch einmal dargestellt, dass der Kläger keinen Einwirkungen von Halogenkohlenwasserstoffen, Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols und seiner Homologe, Kohlenmonoxid oder Chrom und seinen Verbindungen sowie anderen Stoffen, die geeignet seien, eine Nasenseptumperforation zu verursachen, ausgesetzt gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 01.06.2012 Klage beim SG (Az.: S 11 U 1474/12) erhoben und geltend gemacht, eine jahrzehntelange berufliche Belastung mit chemischen Stoffen sei nachgewiesen und aufgrund seiner Tätigkeit als Versuchsingenieur indiziert. Er leide an plötzlich und ohne Vorwarnung auftretendem Nasenbluten. Dies geschehe sowohl tagsüber als auch nachts. Dadurch sei seine Lebensqualität mehr als nur erheblich beeinträchtigt. Die Ursachen hierfür seien berufsbedingte tägliche Feinstaubbelastungen an Motor- und Sondertriebwerken sowie im Büro in unmittelbarer Nähe von PC-Druckern. In die Atemluft bzw. Atmosphäre seien giftige Gefahrstoffe, wie z.B. Chlorkohlenwasserstoffverbindungen, gelangt. Außerdem sei er durch die Abgasverbrennung Schwefel ausgesetzt gewesen. Er habe direkten Kontakt gehabt mit weiteren Gefahrstoffen, z.B. tonerfreiem Staub, Benzol, Korrosionsschutzölen, Dieselöl/Gasöl, Benzol und Derivaten sowie Frostschutzmitteln. Er sei zudem bei Sondermessungen extremen Expositionen von Abgas/Ruß ausgesetzt gewesen. Schutzhandschuhe hätten gefehlt. Bereits in den 80-er Jahren hätten die Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) darüber geklagt, dass in der chemischen und metallurgischen Industrie eine genaue Aufklärung über den Umgang mit gefährlichen Stoffen oft gefehlt habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, vorliegend fehle es an einem Nachweis einer geeigneten Einwirkung. Die Beklagte habe entsprechende Untersuchungen des Arbeitsplatzes des Klägers im Betrieb durchgeführt. Insgesamt habe keine Belastung durch Chrom und seine Verbindungen, durch Halogenkohlenwasserstoffe und durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols ermittelt werden können. Eine Belastung durch Kohlenmonoxid habe der Präventionsdienst höchstens kurzfristig als gegeben angesehen, und zwar nur gelegentlich bei Leckagen am Abgassystem. Zu beachten sei hierbei, dass der Kläger bis auf die ersten Jahre seiner beruflichen Tätigkeit als Versuchsingenieur (Prüfstand) später als Verkaufsingenieur tätig gewesen sei. Die Belastung während dieser Tätigkeit sei vom Präventionsdienst als sehr gering eingeschätzt worden. Die entsprechenden Ausführungen des Präventionsdienstes seien nachvollziehbar und überzeugend. Messungen, die die getroffenen Schlussfolgerungen in Zweifel ziehen könnten, lägen nicht vor. Da die entsprechende Tätigkeit des Klägers seit Jahren beendet sei und der Kläger maßgeblich auf die Verhältnisse in den 80-er Jahren abgestellt habe, könnten auch keine weiteren Messungen mehr durchgeführt werden. Die Angaben des Klägers erschöpften sich darüber hinaus im Wesentlichen in allgemeinen Darlegungen der Belastung in metallverarbeiteten Betrieben in den 80-er Jahren. Hingegen werde nicht in Zweifel gezogen, dass ein Gesundheitsschaden (Nasenseptumperforation) vorliege.
Hiergegen richtet sich die am 23.10.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen seinen bisherigen Klagevortrag wiederholt. Zur weiteren Begründung hat er das Zwischenzeugnis der MTU vom 21.12.1982 und einen Zeitungsbericht der Schwäbischen Zeitung vom 05.02.2012 ("Acht Prüfstände, ein Kamin, kein Filter") vorgelegt. Aufgrund seiner mehr als 36-jährigen Tätigkeit müsse es zu einer Beweislastumkehr kommen. Es sei davon auszugehen, dass in den früheren Jahren sicherlich keine arbeits- und umwelttechnischen Maßnahmen seitens des Arbeitgebers ergriffen worden seien. Er sei während seiner Tätigkeit mit einer Vielzahl von Gefahrenstoffen zusammengekommen, darunter sicherlich auch Chrom(VI). Gleiches gelte für hochgiftiges Chlorkohlenwasserstoff und Korosionsschutzöl als Zusatz in Kühlwasser während des Motorbetriebs. Diese Stoffe dürften nicht übergangen werden. Chrom, Mangan und andere Legierungsbestandteile in den Motorteilen und im Gesamttriebwerk seien damals verwendet worden. Ihm sei bekannt, dass die Abgase der Motoren- und Triebwerke ungefiltert aus den Schornsteinen der Prüfstände in die Umgebung geblasen würden. Seit vielen Jahren sei dieses Thema bekannt und werde dementsprechend auch in der Zeitung diskutiert. Abgasanalysen im Motorbetrieb fehlten bislang ebenso wie Feinstaubanalysen der Drucker im Büro. Entsprechende Feinstaubmessungen seien weder erfolgt noch vom Arbeitgeber erwünscht.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die bei ihm vorliegende Nasenseptumperforation eine Berufskrankheit nach Nr. 1103, 1201, 1302 oder 1304 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass sich aus dem Gutachten des HNO-Arztes Dr. E. (HNO-Zentrum Tettnang) vom 06.05.2010 und dem Gutachten der Prof. Dr. Brosch vom 24.03.2011 zwar eine Nasenseptumperforation ergebe. Beide Gutachten enthielten aber keine Aussage zur Frage der Kausalität im Hinblick auf eine berufliche Schadstoffexposition. Die vom Kläger vorgelegte Veröffentlichung aus der Tagespresse betreffe weder speziell seine berufliche Arbeitsstoffexposition noch das hier streitbefangene Krankheitsbild und spreche ferner für eine außerberufliche Schadstoffexposition. Auch die Ausführungen zu den Äußerungen von Gewerkschaften bezögen sich nicht speziell auf die berufliche Tätigkeit des Klägers und auf eine Nasenseptumperforation. Für eine berufliche Arbeitsstoffexposition auf Chrom fehle weiterhin ein Nachweis. Zwar habe der Präventionsdienst eine berufliche Exposition auf Tonerstaub nicht in Frage gestellt. Allerdings sei nicht nachvollziehbar, welche BK-Ziffer hier einschlägig sei. Man habe keine Entscheidung zur Frage einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) getroffen und eine solche sei auch nicht vom Kläger beantragt worden. Die Voraussetzungen für ein Beweislastumkehr seien schon deshalb nicht erfüllt, weil ab Beginn der Tätigkeit des Klägers als Verkaufsingenieur eine bedeutsame Änderung im Hinblick auf die berufliche Schadstoffexposition festzustellen sei.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts eine Arbeitgeberauskunft eingeholt. Herr Gerhard Leiprecht von der MTU hat angegeben (Auskunft vom 28.05.2013), der Kläger sei während seiner Tätigkeit nicht mit Aufgaben betraut gewesen, bei denen Chrom(VI)-Verbindungen bioverfügbar aufgetreten seien. Es werde bestätigt, dass der Kläger während seiner Tätigkeit keinen Kontakt zu Chrom(VI)-Verbindungen gehabt habe.
Der Senat hat zudem die SG-Akte in dem Verfahren S 11 U 3073/10 zum Verfahren beigezogen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Gerichtsakten und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2012 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt festzustellen, dass die beim Kläger vorhandene Nasenseptumperforation eine BK nach Nr. 1103, 1201, 1302 oder 1304 der Anlage 1 der BKV ist.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG), mit der unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die Nasenspetumperforation des Klägers eine Listen-BK nach Nr. 1103, 1201, 1302 oder 1304 ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Anspruch auf Feststellung einer bestimmten BK nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungs- oder Feststellungsklage klären lassen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 BKV, jeweils RdNr. 11 m.w.N; BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274; zuletzt BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151). Nicht streitgegenständlich ist das Vorliegen einer sog. Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII. Denn hierüber hat die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich nicht entschieden. Der anwaltlich vertretene Kläger hat auch nicht die Feststellung einer Wie-BK beantragt.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist indes nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Nasenseptumperforation als BK Nr. 1103 (Erkrankungen durch Chrom und seine Verbindungen), Nr. 1201 (Erkrankungen durch Kohlenmonoxid), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) oder Nr. 1304 (Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge) der Anlage 1 zur BKV.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII sowie des auf seiner Grundlage erlassenen Rechts, weil die Nasenseptumperforation im Mai 2010 (HNO-ärztliches Gutachten des Dr. E. vom 06.05.2010) festgestellt worden ist und der geltend gemachte Versicherungsfall damit nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten sein soll (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).
Für die Feststellung einer Listen-BK ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist nach der Rechtsprechung des BSG keine Voraussetzung einer Listen-BK (BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151). Dabei gilt für die Überzeugungsbildung des Gerichts hinsichtlich der "versicherten Tätigkeit", der "Verrichtung", der "Einwirkungen" und der "Krankheit" der Beweisgrad des Vollbeweises, also der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit. Für die Überzeugungsbildung vom Vorliegen der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge und der rechtlich zu bewertenden Wesentlichkeit einer notwendigen Bedingung genügt indes der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R = BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr 4 BKV, jeweils RdNr. 16 m.w.N. und - B 2 U 9/08 R = BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14 BKV, jeweils RdNr. 9 m.w.N.; BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274).
Die BKV umschreibt den Tatbestand der BK Nr. 1103 wie folgt: "Erkrankungen durch Chrom und seine Verbindungen". Das BSG ist in seinem Urteil vom 12.01.2010 (B 2 U 5/08 R = SozR 4-2700 § 9 Nr. 17) davon ausgegangen, wie es auch in der unfallmedizinischen Literatur vertreten wird (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 1117), dass für die Anerkennung der BK Nr. 1103 allein auf Grund der Einwirkung von Chrom und seinen Verbindungen eine Einwirkung in der Größenordnung von 2.000 µg/m³ x Jahre erforderlich ist. Die genannten Voraussetzungen sind nach Überzeugung des Senats nicht erfüllt. Der Kläger war zwar seit September 1970 bis Februar 1974 als Versuchsingenieur im Bereich Motorenversuch, Sondermotoren und Gesamttriebwerke und von März 1974 bis Januar 2010 als Verkaufsingenieur bei der Firma MTU in F. beschäftigt und damit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Die Nasensptumperforation stellt auch ein Frühsymptom für Schäden aufgrund von Chrom(VI)-Verbindungen dar (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die BKV, M 1103 III, S. 4). Der Senat konnte sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger "Einwirkungen" von Chrom und seinen Verbindungen ausgesetzt war. Denn weder die am 14.12.2011 vom Präventionsdienst der Beklagten durchgeführte Arbeitsplatzexposition im früheren Betrieb des Klägers noch die Ermittlungen des Senats konnten derartige Einwirkungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen. Der Präventionsdienst der Beklagten hat am 14.12.2011 zusammen mit früheren Mitarbeitern des Klägers und einer Abteilungsleiterin eine Begehung des Betriebs (Arbeitsplatzexposition) vorgenommen. Dabei war den Gesprächspartnern nicht bekannt, inwieweit der Kläger bei seinen Tätigkeiten Chrom und seinen Verbindungen, Kohlenmonoxid, Halogenkohlenwasserstoffen, Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols ausgesetzt war. Im Ergebnis konnte keine Belastung durch Chrom und seine Verbindungen festgestellt werden. Messungen seit dem Jahr 1970 (bis 2010) liegen nicht vor.
Auch die Ermittlungen des Senats führen zu keinem anderen Ergebnis. Auf Nachfrage des Senats hat die Firma MTU durch Herrn G. L. vielmehr bestätigt (Schreiben vom 28.05.2013), dass der Kläger während seiner dortigen Tätigkeit nicht mit Aufgaben betraut war, bei denen Chrom(VI)-Verbindungen bioverfügbar auftraten. Es wurde zudem bestätigt, dass der Kläger während seiner Tätigkeit keinen Kontakt zu Chrom(VI)-Verbindungen hatte. Eine Einwirkung von Chrom und seinen Verbindungen lässt sich daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen. Hinzu kommt, dass nach der medizinischen Literatur eine Expositionszeit von durchschnittlich 17 Jahren für die Anerkennung einer BK notwendig ist (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). Der Kläger war jedoch nachweislich nur von September 1970 bis Februar 1974 als Versuchsingenieur unmittelbar an Versuchen am Grundmotor, an Komponenten und sonstigen Bauteilgruppen sowie am Gesamttriebwerk beteiligt. Dies ergibt sich aus den Zwischenzeugnissen vom 21.12.1982 und 30.06.2008.
An diesem Ergebnis ändern auch die vom Kläger zitierten Presseberichte in der Schwäbischen Zeitung vom 11.06.2012 und 05.09.2012 nichts. Diesen Berichten ist nicht zu entnehmen, dass die Mitarbeiter der MTU im hier streitgegenständlichen Zeitraum Chrom und seinen Verbindungen ausgesetzt waren. Auch der allgemeine Hinweis des Klägers auf Äußerungen von Gewerkschaften in den 80-er Jahren ändert an dem Ergebnis nichts, da für die Anerkennung einer BK grundsätzlich Voraussetzung ist, dass die Einwirkung im Einzelfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann. Dies ist vorliegend - wie bereits dargelegt - jedoch nicht der Fall.
Des Weiteren liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Feststellung der BK Nr. 1201 (Erkrankungen durch Kohlenmonoxid), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) oder Nr. 1304 (Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge) vor. Zum einen lässt sich auch hier eine entsprechende Einwirkung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen. Der Senat stützt sich hierbei auf den Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten vom 20.12.2011. Darin wurde für den Senat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, das Belastungen durch Halogenkohlenwasserstoffe und Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols nicht ermittelt werden konnten. Eine Kohlenmonoxidbelastung wäre danach höchstens kurzzeitig - gelegentlich bei Leckagen am Abgassystem - möglich gewesen. Die Belastung wäre jedoch als gering einzuschätzen, da die Prüfstandmitarbeiter, während der Motor läuft, höchstens kurzzeitig den Raum betreten. Auch dies ergibt sich aus dem genannten Bericht des Präventionsdienstes. Darüber hinaus kommt die Feststellung der genannten BKen auch deshalb nicht in Betracht, weil es an einer entsprechenden Krankheit fehlt. Die Nasenseptumperforation fällt nicht unter die bei der BK Nr. 1201, 1302 und 1304 beschriebenen Krankheitsbilder (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1201 III, S. 2 f.; M 1302 III, S. 7 ff.; M 1304 III, S. 2 f.).
Soweit der Kläger auch auf die Belastung von Tonerstaub hingewiesen hat, ist nicht ersichtlich, nach welcher konkreten Listen-BK eine BK in Betracht kommen könnte.
Der Senat weist abschließend darauf hin, dass das SG zutreffend den von dem Kläger zu führenden Vollbeweis der "Einwirkungen" gefordert hat. Die vom Kläger geltend gemachten Beweisschwierigkeiten rechtfertigen weder eine Beweislastumkehr noch die Annahme eines Beweisnotstandes und eine daraus abzuleitende Notwendigkeit zu Beweiserleichterungen. Die gerade bei der Aufklärung viele Jahre zurückliegender Sachverhalte gehäuft auftretenden Schwierigkeiten sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R = BSGE 102, 11 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 29 RdNr 39). Eine allgemeingültige Beweiserleichterung für den Fall des Beweisnotstandes würde dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) widersprechen (BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151 m.w.N.). In rechtlicher Hinsicht können sich Konsequenzen für die Beweiswürdigung regelmäßig nur dann ergeben, wenn sich herausstellen sollte, dass die Beklagte pflichtwidrig an der notwendigen Beweiserhebung nicht mitgewirkt oder sie vereitelt hat (BSG, Beschluss vom 13.09.2005 - B 2 U 365/04 B = juris RdNr. 12). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Beklagte hat vielmehr während des Verwaltungsverfahrens Ermittlungen am früheren Arbeitsplatz durch ihren Präventionsdienst veranlasst, die am 14.12.2011 im früheren Betrieb des Klägers stattfanden. Weitere Ermittlungen kommen nicht in Betracht. Denn die damaligen Arbeitsplatzverhältnisse können heute nicht mehr hergestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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