Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 16 SO 76/09 WA
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 18/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Juni 2010 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 113.078,06 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das Erlöschen eines Zahlungsanspruchs des Klägers durch die von dem Beklagten vor dem Klageverfahren erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung auf Grund von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in den Jahren 1992 bis 1994.
Im Rahmen der Gebietsreformen sind mit Wirkung zum 1. Juli 1994 die Landkreise H. und W. zum O. zusammengelegt worden, der mit Wirkung zum 1. Juli 2007 im klagenden Landkreis aufgegangen ist. Das Altenpflegeheim "S." in G, im Folgenden: Altenpflegeheim, ist - ohne Ausgliederung in eine eigene Körperschaft - von dem Landkreis W. bzw. dessen Rechtsnachfolger geführt worden. Die Einstellung des Betriebes des Altenpflegeheimes ist durch Beschluss des Kreistages vom 27. Mai 1994 bis spätestens zum 31. Dezember 1994 festgelegt worden. Das bebaute Grundstück ist an einen privaten gemeinnützigen Träger für den Betrieb einer Einrichtung mit einem anderen Versorgungsauftrag im Rahmen der Erbpacht übertragen worden. Die Bewohner des Altenpflegeheimes sind bis zum 23. September 1994 in anderen Einrichtungen untergebracht worden. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1994 wurden die Pflegekosten für September 1994 von dem Landkreis gegenüber dem Altenpflegeheim abgerechnet.
Die Vergütung für die in Einrichtungen erbrachte Pflege im Land Sachsen-Anhalt wurde zunächst unmittelbar an den jeweiligen Einrichtungsträger ausgezahlt. Das Verfahren wurde zum 1. Oktober 1992 dahingehend umgestellt, dass der für die Leistungen des überörtlichen Sozialhilfeträgers herangezogene Landkreis die Zahlungen an die Einrichtungsträger leistete und abrechnete. Bis zum In-Kraft-Treten des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) am 1. Januar 1995 wurde dem Landkreis nun der quartalsweise angemeldete voraussichtliche Bedarf für die Hilfe zur Pflege nach dem BSHG in dem Altenpflegeheim in Form von Abschlägen überwiesen. Die "Abschlagsgruppenpflegesätze" sollten bis zum Abschluss von Pflegesatzvereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG gewährt werden und wurden regelmäßig im Rahmen von Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales erhöht. Aus dem Rundschreiben Nr. 6/1992 vom 23. Juni 1992, dem Schnellbrief des Landesamtes für Versorgung und Soziales vom 30. November 1992 sowie den Rundschreiben Nr. 3-6 vom 13. April 1993 und Nr. 3-12 vom 27. Juli 1993 des Ministeriums für Arbeit und Soziales ergeben sich folgende als Abschläge zugrunde zu legende Pflegesätze:
01.01.1992 - 30.04.1992
66,70 DM/Pflegetag
01.05.1992 - 30.11.1992
71,00 DM/Pflegetag
01.12.1992 - 31.12.1992
73,80 DM/Pflegetag
01.01.1993 - 30.06.1993
78,30 DM/Pflegetag
01.07.1993 -
81,70 DM/Pflegetag
Im Rahmen des Rundschreibens 3-13/1993 vom 3. August 1993 wurde bestimmt, dass nach In-Kraft-Treten der Pflegerahmenvereinbarung für Abrechnungszeiten ab dem 1. Januar 1992 die bisherigen Gruppenpflegesätze durch zwischen dem Beklagten und dem jeweiligen Einrichtungsträger für jede Einrichtung vereinbarte Pflegesätze für die Pflegekosten nach dem BSHG abgelöst würden. In dem Rundschreiben heißt es:
"[ ] Dies hat zur Folge, dass die auf den Gruppenabschlagspflegesätzen beruhenden Pflegekosten anhand der neuen Pflegesätze berechnet werden müssen und Nachzahlungen zu leisten oder Überzahlungen zurückzufordern sind.
Die örtlichen Träger der Sozialhilfe sind im Rahmen einer z.Z. noch vorläufigen Heranziehung durch den überörtlichen Träger ab 01.10.92 beauftragt, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Heranziehungsaufgaben anfallenden Pflegekosten der Einrichtungsträger abzurechnen und im Wege der vierteljährlichen Sammelabrechnung dem zuständigen Amt für Versorgung und Soziales nachzuweisen. Wie mit Vertretern der örtlichen Träger und der kommunalen Spitzenverbände Sachsen-Anhalts bei verschiedenen Anlässen einvernehmlich festgelegt, soll diese Regelung auch bei den Pflegekosten angewandt werden, die für Zeiten ab dem 1. Januar 1992 aufgrund der Vereinbarung neuer Pflegesätze auszuzahlen und zurückzufordern sind.
Ich bitte daher die örtlichen Träger der Sozialhilfe, für das Land insoweit tätig zu werden. Falls nicht alle Berechnungsfaktoren, insbesondere Pflege- und Abwesenheitstage, zur Verfügung stehen, werden die Ämter für Versorgung und Soziales die erforderlichen Auskünfte erteilen, in den vierteljährlichen Sammelabrechnungen mit dem Land sind
Nachzahlungen an Einrichtungsträger in der Ordnung der Hilfearten lt. Abrechnungsvordruck in dem Quartal abzurechnen, in dem sie kassenwirksam geworden sind;
etwaige Überzahlungen
für Zeiten vom 01.01. bis 31.12.1992 als Einnahmen unter A 2.8 des Abrechnungsvordrucks,
für Zeiten ab 01.01.1993 als Absetzung von der Ausgabe – wie Nachzahlungen in der Ordnung der Hilfearten lt. Abrechnungsvordruck – in dem Quartal abzurechnen, in dem die Überzahlungen bei den Kommunalkassen eingegangen sind.
Am 31. Mai 1994 ist für 1992 für das Altenpflegeheim (für den Einrichtungsträger mit dem Stempel "Landratsamt W. - Dezernat II Sozialamt -") eine einrichtungsbezogene Pflegesatzvereinbarung auf der Grundlage der Selbstkostendeckung nach § 93 Abs. 2 BSHG abgeschlossen worden, nach der für alle pflegebedürftigen und altersdementen Heimbewohner ein pauschaler Pflegesatz von 62,25 DM für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1992 festgelegt wurde. Nach Aktenlage wurde im Frühjahr 1994 auch die Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992 für das Altenpflegeheim geschlossen, wobei der Landkreis wohl im Februar 2005 versucht hat, die Pflegesatzvereinbarungen für die Jahre 1992 und 1992 u.a. für das Altenpflegeheim zu kündigen. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September 1994 liege eine Pflegesatzvereinbarung auf der Grundlage des Jahresergebnisses 1993 vor. Diese in Kopie beigefügte Pflegesatzvereinbarung vom 15. März 1995 bezeichnet namentlich das Altenpflegeheim und ist für den Einrichtungsträger mit dem Stempel "Landratsamt O. - Der Landrat" unterzeichnet. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Bl. 13 und 14 der Verwaltungsakte verwiesen. Die Pflegesätze sind dort - ausgehend von Nettopflegekosten in Höhe von 948.421,15 DM und 11.438 Pflegetagen insgesamt im Jahr 1993 - wie folgt aufgeführt:
Pflegesatzgruppe II
(leichte Pflege)
Pflegesatzgruppe III
(mittlere Pflege)
Pflegesatzgruppe IV
(schwere/Vollpflege)
01.01. - 30.06.1994
67,74 DM/Pflegetag
81,67 DM/Pflegetag
01.07. - 30.09.1994
68,83 DM/Pflegetag
82,74 DM/Pflegetag
Auf Grund einer Geschäftsprüfung durch das Amt für Versorgung und Soziales M. im Rahmen der Fachaufsicht stellten die Prüfer unter Punkt 8.2 des Prüfberichtes vom 5. April 2002 zum Prüfzeitraum "Mitte Mai 2001 bis Anfang Dezember 2001" Folgendes fest (Seite 11 des Abschlussberichts):
"Im Bereich W. wurden 4 HE aus der ehemaligen Einrichtung APH Groß A. überprüft, welche nach Schließung der Einrichtung in verschiedene Altenpflegeheime im Landkreis verlegt wurden.
Bei der Überprüfung der Sozialhilfeleistungen für die HE K., S, B. und R war den Unterlagen im Landkreis nicht zu entnehmen, dass abschlagsweise gezahlte Pflegesätze mit den nachträglich vereinbarten Pflegesätzen für die Jahre 1992-1994 verrechnet wurden.
Daraus ergibt sich im Falle der K. eine Rückzahlung überzahlter Pflegekosten für die Jahre 1992 bis 1994 in Höhe von 11.596,93 DM (vgl. Anlage 2 Bl. 1).
Für den HE S. hat der Einrichtungsträger für das Jahr 1994 Pflegekosten in Höhe von 84,74 DM zu wenig erhalten (vgl. Anlage 2 Bl. 2).
Der Einrichtungsträger erhielt für den HE B. für die Jahre 1992 – 1994 Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 4.317,76 DM auf Grund fehlender Verrechnung zu Unrecht (vgl. Anlage 2 Bl. 3).
Gleicher Sachverhalt ist für die HE R. zutreffend. In diesem Einzelfall beträgt die Überzahlung 12.303,26 DM (vgl. Anlage 2 Bl. 4).
Bei der Überprüfung der Abrechnungsunterlagen war ersichtlich, dass die Abrechnung der mit dem Einrichtungsträger verhandelten Pflegesätze für die gesamte Einrichtung APH Groß A. nicht erfolgte.
Festlegung:
Die für die Jahre 1992 bis 1994 festgestellten Pflegesatzdifferenzen für die geprüften HE
- K. 11.596,93 DM
- S. - 87,74 DM
- B. 4.317,75 DM
- R. 12.303,25 DM
gesamt: 28.133,19 DM
sind dem üöTrSH gem. § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG LSA zurückzuerstatten. Gleiches gilt für alle Heimbewohner der damaligen Einrichtung APH Groß A, Träger: LK O., die in dem Zeitraum in der Einrichtung betreut wurden und ein gültiges Grundanerkenntnis hatten. Die hGK wird hiermit gem. § 7 Nr. 1 HeranzVO-BSHG LSA aufgefordert, den noch zu ermittelnden Grundbetrag in die nächste Sammelabrechnung unter Position 2.8 einzustellen und durch eine gesonderte Anlage kenntlich zu machen."
Den Anlagen zum Abschlussbericht sind für das Altenpflegeheim folgende nach den Pflegesatzvereinbarungen geschuldete Pflegesätze zu entnehmen, die zwischen den Beteiligten unstreitig sind:
01.01.1992 - 31.12.1992
62,25 DM/Pflegetag
01.01.1993 - 31.12.1993
60,15 DM, 72,28 DM/Pflegetag
01.01.1994 - 30.06.1994
67,74 DM, 81,67 DM/Pflegetag
01.07.1994 - 30.09.1994
68,63 DM, 82,74 DM/Pflegetag
Der Anlage 2 zum Abschlussbericht sind folgende gezahlte Vergütungen zu entnehmen:
01.01.1992 - 31.05.1992
66,70 DM/Pflegetag
01.06.1992 - 30.11.1992
71,00 DM/Pflegetag
01.12.1992 - 30.06.1993
73,80 DM/Pflegetag
01.07.1993 - 31.07.1993
78,30 DM/73,80 Pflegetag
01.08.1993 - 31.08.1994
81,70 DM/Pflegetag
Der Landkreis nahm im Einzelnen unter dem 5. Juni 2002 zu dem Ergebnis der Geschäftsprüfung Stellung und teilte nach Durchführung von Ermittlungen mit, dass die einzelne Bewohner des Heimes betreffenden Beanstandungen im Wesentlichen unbegründet seien. Die festgestellten Rückforderungsansprüche aus den Abrechnungen der Bewohner des Altenpflegeheimes würden noch der eigenen Prüfung unterzogen. Dies gelte auch in Bezug auf die Angelegenheit aus der Sicht als ehemaliger Träger der Einrichtung. In Bezug auf die einzelne Heimbewohner betreffenden Rügen stimmte das Amt für Versorgung und Soziales im Wesentlichen diesen Ausführungen zu und bat um Mitteilung des Ergebnisses der Überprüfung für das Altenpflegeheim (Schreiben vom 11. Juli 2002).
Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 ergänzte der Landkreis seine Stellungnahme zu dem Abschlussbericht in Bezug auf das Altenpflegeheim dahingehend, dass diese Einrichtung bis zur Schließung im September 1994 in Trägerschaft des O. gestanden habe. Die von den Prüfern zugrunde gelegten Pflegesätze seien erst nach Schließung des Heimes vereinbart worden, sodass eine Verrechnung mit laufenden Abschlagszahlungen nicht möglich gewesen sei. Die bis zur Schließung angewandten Gruppenpflegesätze hätten ihre Berechtigung in den Runderlassen Nr. 3-4/1992, 3-6/1992, 3-12/1993 sowie in dem damals gültigen Rundschreiben 6/1992 des Landesamtes für Versorgung und Soziales gefunden. Der Landkreis habe die ihm auf diesem Wege im Rahmen der Heranziehung zu den Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe für die Einrichtung zur Verfügung gestellten Mittel vollständig ausgekehrt, d.h. dem Einrichtungsträger zum Zwecke der Erfüllung der Hilfe für den Einzelfall zur Verfügung gestellt. Richtig sei die Feststellung der Fachaufsicht, dass die Pflegesätze in der Zeit ab dem 15. März 1995 nicht mehr auf den Stand der Pflegesatzvereinbarung zurückgerechnet worden seien. Offen bleibe, woraus eine Berechtigung für die Rückforderung herzuleiten sei. Den O. treffe im Rahmen der Heranziehung kein Verschulden, weil kein Verstoß gegen eine bekannte Weisung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vorliege.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2003 verwies das Amt für Versorgung und Soziales auf die Rückerstattungsansprüche, die der Landkreis gegenüber dem Einrichtungsträger bei Veränderungen von Pflegesätzen für die Vergangenheit aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 61 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) habe. Das Amt für Versorgung und Soziales habe dementsprechend einen Anspruch gemäß § 4 Abs. 3 Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz im Land Sachsen-Anhalt (AG-BSHG) i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BGB gegen den Landkreis als zu den Aufgaben des überörtlichen Sozialhilfeträgers herangezogener Gebietskörperschaft. Dass eine Nachberechnung und Rückforderung infolge neu vereinbarter oder festgesetzter einrichtungsspezifischer Pflegesätze zeitnah - binnen drei Monaten - vorzunehmen gewesen sei, sei durch das Rundschreiben Nr. 7/96 vom 14. Juni 1996 (Az. 23.11-43160) "untermauert" worden.
Das Amt für Versorgung und Soziales wies mit Schreiben vom 10. April 2003 den Landkreis O. gem. § 7 Nr. 1 Heranziehungs-Verordnung zum BSHG im Land Sachsen-Anhalt (HeranzVO-BSHG) an, die Rückforderungsansprüche aus den Abrechnungen der Bewohner des ehemaligen Altenpflegeheimes bis zum 15. Mai 2003 der Höhe nach zu ermitteln und das Ergebnis mitzuteilen.
Der Landkreis teilte hierzu zunächst mit Scheiben vom 15. Mai 2003 mit, nach eigener Einschätzung könnte sich die Forderung zunächst auf eine Summe von 162.8803,73 EUR/318.416,41 DM (entsprechend der Anlage 60.698,45 DM für 1992, 171.968,35 DM für 1993, 85.749,61 EUR für 1994) belaufen, soweit die Überprüfung nicht die Inanspruchnahme der höheren Pflegesatzgruppen bewirke. Er sei indes nicht zur Zahlung bereit. Nachfolgend teilte er dem Amt für Versorgung und Soziales für die Jahre 1992 bis 1994 mit Schreiben vom 1. Juli 2003 eine Differenz zwischen für das Altenpflegeheim in Höhe von insgesamt 113.078,06 EUR mit. Es werde gebeten, die Überzahlung nicht zurückzufordern, eine Rechtsgrundlage für die Erstattung zu benennen und die Verjährungsfristen zu beachten. Dieser Berechnung liegen folgende als gezahlt angenommene Beträge zugrunde:
01.01.1992 - 31.05.1992
66,70 DM/Pflegetag
01.06.1992 - 30.06.1992
62,00 DM/Pflegetag
01.07.1992 - 31.12.1992
71,00 DM/Pflegetag
01.01.1993 - 31.07.1993
78,30 DM/Pflegetag
01.08.1993 - 30.09.1994
81,70 DM Pflegetag
Wegen der Berechnung wird im Übrigen auf Bl. 32 bis 40 der Verwaltungsakte I und Bl. 68 bis 74 der Verwaltungsakte II verwiesen.
Das Amt für Versorgung und Soziales M. forderte mit Schreiben vom 11. Juli 2003 von dem Landkreis die Erstattung von 113.078,06 EUR. Dieser Betrag sei in die Sammelabrechnung für das III. Quartal 2003 einzustellen und dort kenntlich zu machen. Der Landkreis verweigerte diese Verrechnung unter Hinweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung und auf die nach § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Ablauf des 31. Dezember 1999 eingetretene Verjährung.
Der Beklagte rechnete in der Sammelabrechnung für das III. Quartal 2004 mit Schreiben vom 3. November 2004 gegen eine Forderung des Landkreises in Höhe von 583.399,03 EUR (4.944.479,68 EUR - 4.331.841,00 EUR - 29.239,65 EUR) den Betrag von 113.078,06 EUR unter Hinweis auf einen "Abrechnungssaldo" auf und wies den Restbetrag (470.320,97 EUR) zur Zahlung an. Nach der Anlage zu dieser Abrechnung und dem Schreiben des Beklagten vom 30. November 2004 wurde der in dem Schreiben vom 11. Juli 2003 angegebene Rückforderungsbetrag in Höhe von 113.078,06 EUR mit der Sammelabrechnung III. Quartal 2004 "verrechnet".
Unter Hinweis auf ein anhängiges Klageverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt (- 3 L 263/05 -) verzichtete der Beklagte gegenüber dem Kläger auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31. Dezember 2007.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht Magdeburg mit seiner am 21. Dezember 2007 erhobenen Klage die Zahlung von 113.078,06 EUR nebst Zinsen verfolgt. Das Klageverfahren ist von dem Sozialgericht mit Einverständnis der Beteiligten zur einvernehmlichen Regelung des Vorgangs zunächst mit Beschlüssen vom 18. März 2008 und 19. Februar 2009 bis zum 30. Juni 2009 zum Ruhen gebracht und im September 2009 wieder aufgenommen worden (nun Az. S 19 SO 76/09 WA).
Der Kläger hat zur Begründung der Klage ausgeführt, er habe als herangezogener Träger für das III. Quartal 2004 einen unbestrittenen Anspruch auf vollständigen Ersatz seiner Aufwendungen durch den Beklagten, der in Höhe von 113.078,06 EUR nicht geleistet worden sei. Dieser Anspruch sei nicht durch eine Aufrechnung untergegangen. Er habe die Gruppenpflegesätze zum Zeitpunkt des Betriebes des Altenpflegeheimes in der zutreffenden Höhe an die Einrichtung vollständig ausgekehrt. Soweit rückwirkend differenzierte Pflegesätze eingeführt worden seien, die im Sammelabrechnungsverfahren mit den laufenden Zahlungen hätten verrechnet werden sollen, sei dies für das Altenpflegeheim auf Grund dessen Schließung zum 30. September 1994 unmöglich geworden, da es keine laufenden Abschlagszahlungen mehr gegeben habe. Es sei zutreffend, dass die Gruppenpflegesätze die Selbstkosten der Einrichtung überstiegen hätten. Rückforderungsansprüchen gegenüber den Bewohnern des Altenpflegeheimes als Leistungsbeziehern habe deren Vertrauensschutz aus § 45 SGB X entgegengestanden. Der Beklagte habe es seinerseits versäumt, ab dem 31. Mai 1994 von einem Leistungsverweigerungsrecht für die Zahlung weiterer Abschlagsgruppenpflegesätze Gebrauch zu machen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Festlegung der Pflegesätze möglicherweise um ein unzulässiges Insichgeschäft im Sinne des § 181 BGB gehandelt habe. Ein Einschreiten durch Aussetzung der Heranziehung des örtlichen Sozialhilfeträgers oder Verweigerung der Zahlungen habe der Beklagte pflichtwidrig unterlassen. Bezüglich eines Rückforderungsanspruchs des Beklagten werde die Einrede der Verjährung erhoben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine vierjährige Verjährung maßgebend. Der Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. September 2007 (- 3 L 263/05 - juris) sei in Bezug auf die dort für maßgebend erklärten Verjährungsregelungen des BGB für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche nicht zu folgen. Der Lauf der Verjährung sei hier mit Kenntnis von den die Selbstkosten des Altenpflegeheimes überschreitenden Abschlägen, d.h. spätestens mit Abschluss der Pflegesatzvereinbarung am 31. Mai 1994 (für das Jahr 1992) und am 15. März 1995 (für die Jahre 1993 und 1994) in Gang gesetzt worden, sodass eine Verjährung eines Rückforderungsanspruchs mit Ablauf des 31. Dezember 1998 bzw. des 31. Dezember 1999 eingetreten sei. Hilfsweise werde auch die Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs des Beklagten gerügt, da dieser über längere Zeit untätig geblieben sei, obwohl dieser spätestens mit dem Abschluss der Pflegesatzvereinbarungen Kenntnis von den Überzahlungen gehabt habe. Die Verrechnung zehn Jahre nach dem Entstehen des Rückforderungsanspruchs sei als treuwidrig anzusehen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Juni 2010 abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Nachzahlung des Betrages in Höhe von 113.078,06 EUR, der von dem Beklagten mit der Sammelabrechnung vom 3. November 2004 für das III. Quartal 2004 verrechnet worden sei. Der Kläger sei in diesem Umfang unstreitig durch in den Jahren 1992 bis 1994 für die Bewohner des ehemaligen Altenheims zuviel geleistete Sozialhilfeleistungen im Sinne des § 812 BGB bereichert. Er könne sich nicht auf eine Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, weil - auf Grund seiner Doppelstellung auch als Träger der Einrichtung - der die Selbstkosten des Altenpflegeheimes übersteigende Betrag in seinem Vermögen verblieben sei. Das gelte auch dann, wenn er diese Beträge nachfolgend für die Abdeckung anderer Verbindlichkeiten eingesetzt habe, da diese bei einer Gebietskörperschaft wahrscheinlich nicht in Luxusaufwendungen bestanden hätten. Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht nach § 814 BGB untergegangen, weil vorliegend keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beklagte bei Zahlung der Abschlagszahlungen in den Jahren 1992 bis 1994 Kenntnis davon gehabt habe, dass er zuviel Aufwendungsersatz leistete. Zur Zeit der Verrechnung sei der Anspruch des Beklagten auf Rückforderung des zuviel gezahlten Betrages auch nicht verjährt gewesen. Insoweit regele § 113 SGB X ausschließlich die Verjährung von Erstattungsansprüchen von jeweils selbstständig handelnden Sozialleistungsträgern gegeneinander. Das Handeln des Landkreises im Rahmen der Heranziehung nach dem AG-BSHG begründe ein solches selbstständiges Handeln nicht, da er weisungsgebunden sei. Nach den maßgebenden Verjährungsregelungen des BGB (Hinweis auf: von Wulffen, SGB X, § 113 RdNr. 3, OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 5. September 2007, a.a.O., und OVG Reinland-Pfalz, Urteil vom 9. Juni 2000 - 12 A 12118/99 - juris) habe vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die regelmäßige Verjährungsfrist dreißig Jahre und danach drei Jahre betragen und sei vorliegend nach Maßgabe der Übergangvorschriften erst zum 31. Dezember 2004 abgelaufen. Die streitgegenständliche Verrechnung sei am 3. November 2004 und damit in nicht verjährter Zeit vorgenommen worden. Auch die Voraussetzungen einer Verwirkung des Rückzahlungsanspruchs seien unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht erfüllt.
Der Kläger hat gegen das ihm am 8. Juli 2010 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 5. August 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und zunächst seine Zahlungsforderung sowie die Forderung von Verzugszinsen weiterverfolgt. Die Berufung hat er in Bezug auf die Nebenforderung am 29. Juni 2011 zurückgenommen. In Bezug auf die Verjährung der streitgegenständlichen Forderung sei entweder auf § 113 SGB X (zumindest in entsprechender Anwendung) oder auf § 45 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) zurückzugreifen. Die allgemeine Geltung der letztgenannten Regelung auf sämtliche Erstattungsansprüche im Sozialrecht habe das BSG insbesondere in seinem Urteil vom 17. Juni 1999 (- B 3 KR 6/99 R - SozR 3-1200 § 45 Nr. 8) bestätigt. Ausgehend von der Entstehung eines Rückerstattungsanspruchs im Zeitpunkt der Überzahlung seien auch die Ansprüche aus den Überzahlungen für das Jahr 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1998 verjährt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 113.078,06 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Umfang der Erstattungsforderung sei unstreitig. In Bezug auf eine Verjährung dieser Forderung seien unter Berücksichtigung der Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. September 2007 (a.a.O.) die regelmäßigen Verjährungsfristen des BGB maßgebend. Die vom BSG seiner allgemeinen Anwendungen der Regelung in § 45 SGB I im Sozialrecht zugrunde gelegten Ziele kämen im Verhältnis der Beteiligten nicht zum Tragen.
Der Kläger hat auf die Aufforderung des Berichterstatters Unterlagen über die Einstellung des Betriebes des Altenpflegeheimes vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat hier die zutreffende Klageart der reinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) gewählt. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es für einen Rechtsstreit zwischen den in einem Gleichordnungsverhältnis stehenden Beteiligten nicht.
Der Kläger klagt aus seinem Recht als herangezogener Träger auf Erstattung seiner Aufwendungen durch das beklagte Land (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz (GG), § 4 Abs. 3 AG-BSHG vom 30. April 1991, GVBl. LSA S. 31). Die geltend gemachte Hauptforderung von 113.078,06 EUR kann der Kläger sowohl in Bezug auf den Rechtsgrund als auch der Höhe nach von dem Beklagten verlangen. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung des Beklagten ein Zahlungsanspruch des Landkreises, dessen Rechtsnachfolger der Kläger ist, in Höhe von mindestens 113.078,06 EUR gegen den Beklagten bestand. Die Möglichkeit, die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, insoweit als gegeben anzunehmen, ist auch von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 30/12 R - Terminbericht Nr. 39/13). Ein Zahlungsanspruch des Landkreises in Höhe der Hauptforderung wird auch durch die Sozialhilfestatistik belegt. Forderungen in der vorgenannten Höhe pro Quartal aus der Heranziehung für Leistungen des überörtlichen Sozialhilfeträger sind danach bei einem Landkreis mit zuletzt 113.438 Einwohnern (Landkreis O., Stand 31. Dezember 2006) mit hinreichender Sicherheit anzunehmen. Im Jahr 2011 betrugen die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben pro Kopf im Land Sachsen-Anhalt für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) 220,00 EUR (Quelle: Statistisches Bundesamt). Der sich daraus für 113.438 Einwohner ergebende Gesamtaufwand in Höhe von 6.239.090,00 EUR pro Quartal im Jahr 2011 lässt - bezogen auf den im Vergleich zum SGB XII größeren Kreis der dem Grunde nach Leistungsberechtigten nach dem BSHG - auch unter Berücksichtigung der Preisentwicklung den Rückschluss auf der Sammelabrechnung vom 3. November 2004 entsprechende Aufwendungen im III. Quartal 2004 zu.
Die vorgenannte Hauptforderung des Klägers ist zur Überzeugung des Senats nicht durch Aufrechnung des Beklagten mit einer Gegenforderung in Höhe von 113.078,06 EUR erloschen.
Die Gegenforderung des Beklagten ist bereits der Höhe nach nicht nachgewiesen. Entweder weist die vorgelegte Berechnung mit dem Gesamtergebnis von 113.078,06 EUR Rechenfehler auf oder die an das Altenpflegeheim geleisteten Zahlungen stimmten nicht vollständig mit den vorab festgelegten Abschlagspflegesätzen überein. Zu den tatsächlich gezahlten Abschlagspflegesätzen im Gesamtzeitraum von 1992 bis 1994 sind insgesamt vier verschiedene Rechengrundlagen in das Verfahren eingeführt worden: Erstens die Vorgaben aus dem Rundschreiben Nr. 6/1992 vom 23. Juni 1992 des Ministeriums für Arbeit und Soziales, dem Schnellbrief des Landesamtes für Versorgung und Soziales vom 30. November 1992 sowie den Rundschreiben Nr. 3-6 vom 13. April 1993 und Nr. 3-12 vom 27. Juli 1993 des Ministeriums für Arbeit und Soziales, zweitens die Feststellungen (bezogen auf einzelne Heimbewohner) im Abschlussbericht der Geschäftsprüfung, drittens die Berechnungen des Landkreises in der Anlage zum Schreiben vom 1. Juli 2003 und viertens die Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 15. Juni 2010, die in der angefochtenen Entscheidung zugrundegelegt worden sind. Diese Differenzen - u.a. in Bezug auf die vermeintlich ausgezahlten Pflegesatzabschläge für Mai 1992 - begründen Zweifel des Senats, ob die Zahlungsvorgänge in Bezug auf den Rechtsvorgänger des Rechtsvorgängers des Klägers tatsächlich bei bzw. nach der Geschäftsprüfung im Zeitraum ab April 2002 vollständig zu rekonstruieren waren. Buchungsunterlagen zu den Zahlungsvorgängen zwischen dem Landkreis und dem Altenpflegeheim aus den Jahren 1992 bis 1994 liegen nicht vor. Dass die Aufwendungen des Altenpflegeheimes nicht unmittelbar aus der Kasse des Landkreises finanziert wurden, es also tatsächliche Zahlungsflüsse auf ein Konto des Altenpflegeheimes gegeben haben muss, lässt sich bereits aus Angaben zu den Selbstkosten des Altenpflegeheimes in den Pflegesatzvereinbarungen ableiten und wird durch die aktenkundig gewordene Einzelabrechnung zwischen dem Landkreis und dem Heim mit Schreiben vom 20. Oktober 1994 in Bezug auf die Pflegekosten für September 1994 belegt. Den vorliegenden Zweifeln des Senats kann auch nicht durch ein "Unstreitigstellen" der Gegenforderung insgesamt begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt hier bereits deshalb nicht zum Tragen, weil der Landkreis im Rahmen der Fachaufsicht förmlich angewiesen worden war, den Differenzbetrag zu errechnen und damit im Ergebnis nicht frei ist, von seinen vormals vorgenommenen Berechnungen abzurücken.
Der Senat ist im Übrigen davon überzeugt, dass der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung in voller Höhe eine rechtliche Grundlage fehlt.
Die Aufrechnung richtet sich im Verhältnis von Kostenträgern untereinander nach den Regelungen des bürgerlichen Rechts (§§ 387 ff. BGB, vgl. z.B. Lilge in: SGB I Kommentar, 3. Aufl., § 51 RdNr. 20). Eine Aufrechnung setzt nach § 387 BGB voraus, dass zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, schulden, und die gebührende Leistung gefordert sowie die obliegende Leistung bewirkt werden kann. Bestehen mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Teil die Forderungen nach § 396 Abs. 1 BGB bestimmen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen. Die Aufrechnung erfolgt nach § 388 Satz 1 BGB gegenüber dem anderen Teil und bewirkt nach § 389 BGB, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber getreten sind.
Grundlage für einen Gegenanspruch des Beklagten kann hier nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch sein.
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch wird aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitet und erstreckt sich auch auf die Rückabwicklung dem materiellen Recht widersprechender Vermögensverschiebungen im Bereich der Sozialleistungen (vgl. hierzu die Nachweise in BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R - juris).
In Bezug auf die Gegenforderung des Beklagten kommen hier zwei verschiedene rechtliche Anknüpfungspunkte für einen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch in Betracht: Erstens das Verhältnis des Beklagten zum Landkreis als Rechtsnachfolger der nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AG-BSHG herangezogenen Körperschaft in Bezug auf die Forderung, über den notwendigen Aufwand hinausgehende Erstattungen zurückzuzahlen. Zweitens das Verhältnis des Beklagten zum Landkreis als Rechtsnachfolger des Trägers des Altenpflegeheimes.
Bezogen auf die Rechtsbeziehungen zwischen heranziehendem und herangezogenem Träger gehen dem allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch hier keine spezielleren Regelung vor. Weder aus § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG, der die Erstattungspflicht des heranziehenden Sozialhilfeträgers regelt, noch aus § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG, der vorsieht, dass eine Erstattungspflicht des herangezogenen Sozialhilfeträgers nicht besteht, soweit Leistungen zu Unrecht erbracht worden sind und diesen hierfür ein Verschulden trifft, ist ein bereichsspezifischer besonderer Erstattungsanspruch gegenüber dem herangezogenen Sozialhilfeträger abzuleiten. Die Regelungen betreffen ausschließlich die Höhe des Ausgleichsanspruchs der herangezogenen Körperschaft, mit einer ggf. zu berücksichtigenden Beschränkung bei schuldhaftem Verhalten. Die Regelungen in den §§ 102 ff. SGB X regeln die Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem gesetzlich zuständigen Sozialhilfeträger und der zur Ausführung herangezogenen Körperschaft nicht.
Dem Beklagten steht ein allgemeiner öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch hier nicht auf der Grundlage einer Überzahlung bei mittelbarer Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG zu. Die Vorauszahlung von Abschlagspflegesätzen für Altenpflegeheime ist hier in den Jahren 1992 bis 1994 stetige Verwaltungspraxis gewesen. Die nachträgliche Festsetzung von Pflegesätzen mit Rückwirkung für abgelaufene Abrechnungsperioden führt nicht dazu, dass die von der herangezogenen Gebietskörperschaft an die jeweilige Einrichtung weitergeleiteten Abschläge zu Unrecht erbrachte Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 BSHG wurden. Vielmehr beinhaltet diese Vorschrift die der Regelung in § 45 Abs. 1 SGB X entsprechende Rechtswidrigkeit der Leistung zum Zeitpunkt ihrer Erbringung und erfasst nicht nachfolgende Änderungen. Eine - im Übrigen von einem Verschulden abhängige - Beschränkung des Erstattungsanspruchs des Landkreises wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn dieser höhere Abschlagspflegesätze geleistet hätte, als dies nach den Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales zutreffend gewesen wäre. Die Regelung lässt sich aber nicht im Sinne einer Grundlage für den Ausgleich jedes schuldhaften Verhaltens im Zusammenhang mit den Abrechnungspflichten des herangezogenen Sozialhilfeträgers ausdehnen.
Da dem Kläger von dem Beklagten vorgehalten wird, durch den O. seien die Abschläge nicht mit den endgültigen Pflegesätzen verrechnet worden und dies zur Überzeugung des Senats auch dem tatsächlichen Geschehensablauf entspricht, scheidet auch eine Bereicherung des Klägers unter dem Gesichtspunkt von Erstattungen des Altenpflegeheimes an den Landkreis, die dieser pflichtwidrig nicht in die Sammelabrechnungen vor April 2002 in Form von Rückzahlungen an den Beklagten einstellte, hier aus. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich Rückzahlungen des Altenpflegeheimes an den Landkreis als herangezogenen Träger erfolgt sind. Das ist hier in Bezug auf die Einstellung des Betriebs des Altenpflegeheimes auch deshalb nachvollziehbar, weil dieser nicht eine Schließung der Einrichtung, sondern eine Fortführung durch einen Dritten im Rahmen eines anderen Versorgungsauftrages mit Übernahme des Personals etc. zugrunde lag.
Der Beklagte kann einen allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch auch nicht auf eine Bereicherung des Klägers als Rechtsnachfolger des Einrichtungsträgers stützen.
Der Kläger ist als Rechtsnachfolger in die Pflichten des Trägers des Altenheimes eingetreten. Nach Auffassung des Senats ist für das nicht in privatrechtlicher Rechtsform (§ 65 Landkreisordnung (LKrO) vom 5. Oktober 1993, GVBl. LSA 568 i.V.m. § 117 Gemeindeordnung (GO) vom 5. Oktober 1993, GVBl. LSA 568) geführte Altenpflegeheim nur die rechtliche Zuordnung zu den Sondervermögen aus Eigenbetrieben (§ 65 LKrO i.V.m. § 110 GO) möglich.
Einer besonderen Rückforderungsvorschrift für Abrechnung der Pflegesätze nach § 93 BSHG (in während des hier maßgebenden Zeitraums nicht einheitlich geltenden Fassungen) bedarf es hier nicht. Vielmehr ergibt sich bereits unter dem Gesichtspunkt der Bezeichnung der hier erfolgten Zahlungen als "Abschläge", dass es einer nachfolgenden endgültigen Feststellung der Vergütungshöhe bedurfte. In der Entgegennahme hoher Vorauszahlungen ist insoweit allerdings kein vorwerfbares Verhalten zu sehen. Vielmehr bedingt das Prinzip der Selbstkostendeckung, das hier im Wesentlichen der Festlegung der Pflegesätze zugrunde lag, nachträgliche Korrekturen. Zumindest für die Jahre 1992 und 1993 sind diese Festlegungen auch vor Beendigung des Betriebes der Einrichtung mit dem Versorgungsauftrag als Altenpflegeheim erfolgt. Für das Jahr 1994 ist von Seiten des O. zumindest eine eigene Zuständigkeit im Rahmen der Abwicklung der Trägerschaft bejaht worden, wie sich aus der Unterzeichnung der Pflegesatzvereinbarung erkennen lässt.
Insoweit ist allerdings von Bedeutung, dass sich die Aufrechnungserklärung des Beklagten ausschließlich auf eine Gegenforderung nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 AG-BSHG bezieht. Damit dürften nicht alle aus dem Vermögen des Landkreises zu erfüllenden Ansprüche zur Aufrechnung gestellt sein. Das Vermögen eines Eigenbetriebes des Landreises ist nach § 65 LKrO i.V.m. § 110 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 1 GO Gegenstand eines Sondervermögens, für das nach § 112 GO Sonderkassen geführt werden können. Da hier Grundlage der Pflegesatzvereinbarungen die Selbstkosten der jeweiligen Einrichtung waren, ist für den Senat nicht erkennbar, wie die Rechnungslegung ohne eine Sonderkasse im vorgenannten Sinne hätte abgewickelt werden können. Diese selbstständige Zuordnung der Kosten der Altenpflegeheimes wurde hier auch nicht zwingend mit der Auflösung des Eigenbetriebes bewirkt; zumindest nicht bis zur vollständigen Abwicklung des Sondervermögens. Damit bestehen Bedenken in Bezug auf eine Erstreckung der hier von dem Beklagten erklärten Aufrechnung auf die Pflegesatzansprüche des Heimträgers unter dem Gesichtspunkt, dass gegen die Forderung einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbands die Aufrechnung nach § 395 BGB nur zulässig ist, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist. Auch die Verrechnung öffentlichrechtlicher mit öffentlichrechtlichen Forderungen ist an dieser Vorschrift zu messen (vgl. z.B. Gaa, Die Aufrechnung im Öffentlichen Recht, 1996, S. 6). Bezüglich der Frage der so genannten "Kassenidentität" ist nach überwiegender Auffassung darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage (d.h. hier mit Fälligkeit der Forderung für das III. Quartal 2004) die Kassenverwaltung im personellen Sinn durch den Aufrechnungsgegner durchgeführt wurde (vgl. z.B. Gundlach/Frenzel/Schirrmeister, Der § 395 BGB im gemeindlichen Bereich, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht, 2004, 145, 148). Der Beklagte hat zumindest Zweifel des Senats nicht ausräumen können, dass die Gegenforderung nicht ein Sondervermögen des Klägers betraf.
Zur Überzeugung des Senats wäre der hier verfolgte Gegenanspruch des Beklagten im Übrigen auf Grund der Verjährung nicht durchsetzbar.
Nach § 390 BGB kann eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden. Nach § 215 BGB, der mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, schließt eine Verjährung die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Maßgebender Zeitpunkt ist hier entsprechend die Fälligkeit der Hauptforderung für das III. Quartal 2004.
Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten als überörtlichem Sozialhilfeträger und dem Heimträger werden durch öffentlichrechtliche Verträge im Sinne der §§ 53 ff. SGB X geregelt. Das BSG ist selbst für die Vergütung für Krankenhausleistungen, für die § 69 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) ausdrücklich auf die ergänzende Vertragsauslegung nach den Regelungen des BGB verweist, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Regelungen zum BGB nur dann entsprechend heranzuziehen sind, wenn sich aus den übrigen Vorschriften im gesamten SGB, d.h. auch dem SGB I, nichts anderes ergibt (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 32/04 R - SozR 4-2500 § 69 Nr. 1). Die Erstattungspflicht des Klägers geht insoweit nicht weiter als die eines anderen Heimträgers. Ab der Fälligkeit beträgt die regelmäßige Verjährung auch für Erstattungsansprüche nach § 45 SGB I vier Jahre (vgl. BSG, Urteil vom 12. Mai 2005, a.a.O.). Der Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. September 2007 (a.a.O.) ist für die hier maßgebende Frage der Verjährung nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Für die Fälligkeit der Rückzahlung der überzahlten Pflegesätze war hier keine Rechnungstellung zwingende Voraussetzung. Im vorliegenden Fall ist eine formlose Berichtigung in späteren Quartalen praktiziert worden. Der Senat legt seiner Entscheidung damit eine Fälligkeit der Rückzahlung der überzahlten Vergütung die Regelung in dem Rundschreiben 3-13/1993 vom 3. August 1993 zugrunde, d.h. jeweils den Zeitpunkt der nächsten Sammelabrechnung nach Abschluss der Pflegesatzvereinbarung. Die Verjährung war damit für eine hier zuletzt fällig gewordene Rückzahlung überzahlter Pflegesätze für 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1999, d.h. deutlich vor der Fälligkeit des Hauptanspruchs im Jahr 2004, eingetreten.
Die Kostenentscheidung, die hier nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) im Wesentlichen nur Bedeutung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten hat, beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Nebenforderung ist hier bei einem Obsiegen des Klägers nicht zu seinen Lasten berücksichtigen, da diese nach der Rücknahme der Zinsforderung nicht mehr als 10 Prozent der noch streitigen Gesamtforderung ausgemacht hat (vgl. für § 92 Abs. 2 Zivilprozessordnung: Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 24. Mai 2011 - 9 U 110/10 - juris).
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das Erlöschen eines Zahlungsanspruchs des Klägers durch die von dem Beklagten vor dem Klageverfahren erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung auf Grund von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in den Jahren 1992 bis 1994.
Im Rahmen der Gebietsreformen sind mit Wirkung zum 1. Juli 1994 die Landkreise H. und W. zum O. zusammengelegt worden, der mit Wirkung zum 1. Juli 2007 im klagenden Landkreis aufgegangen ist. Das Altenpflegeheim "S." in G, im Folgenden: Altenpflegeheim, ist - ohne Ausgliederung in eine eigene Körperschaft - von dem Landkreis W. bzw. dessen Rechtsnachfolger geführt worden. Die Einstellung des Betriebes des Altenpflegeheimes ist durch Beschluss des Kreistages vom 27. Mai 1994 bis spätestens zum 31. Dezember 1994 festgelegt worden. Das bebaute Grundstück ist an einen privaten gemeinnützigen Träger für den Betrieb einer Einrichtung mit einem anderen Versorgungsauftrag im Rahmen der Erbpacht übertragen worden. Die Bewohner des Altenpflegeheimes sind bis zum 23. September 1994 in anderen Einrichtungen untergebracht worden. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1994 wurden die Pflegekosten für September 1994 von dem Landkreis gegenüber dem Altenpflegeheim abgerechnet.
Die Vergütung für die in Einrichtungen erbrachte Pflege im Land Sachsen-Anhalt wurde zunächst unmittelbar an den jeweiligen Einrichtungsträger ausgezahlt. Das Verfahren wurde zum 1. Oktober 1992 dahingehend umgestellt, dass der für die Leistungen des überörtlichen Sozialhilfeträgers herangezogene Landkreis die Zahlungen an die Einrichtungsträger leistete und abrechnete. Bis zum In-Kraft-Treten des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) am 1. Januar 1995 wurde dem Landkreis nun der quartalsweise angemeldete voraussichtliche Bedarf für die Hilfe zur Pflege nach dem BSHG in dem Altenpflegeheim in Form von Abschlägen überwiesen. Die "Abschlagsgruppenpflegesätze" sollten bis zum Abschluss von Pflegesatzvereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG gewährt werden und wurden regelmäßig im Rahmen von Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales erhöht. Aus dem Rundschreiben Nr. 6/1992 vom 23. Juni 1992, dem Schnellbrief des Landesamtes für Versorgung und Soziales vom 30. November 1992 sowie den Rundschreiben Nr. 3-6 vom 13. April 1993 und Nr. 3-12 vom 27. Juli 1993 des Ministeriums für Arbeit und Soziales ergeben sich folgende als Abschläge zugrunde zu legende Pflegesätze:
01.01.1992 - 30.04.1992
66,70 DM/Pflegetag
01.05.1992 - 30.11.1992
71,00 DM/Pflegetag
01.12.1992 - 31.12.1992
73,80 DM/Pflegetag
01.01.1993 - 30.06.1993
78,30 DM/Pflegetag
01.07.1993 -
81,70 DM/Pflegetag
Im Rahmen des Rundschreibens 3-13/1993 vom 3. August 1993 wurde bestimmt, dass nach In-Kraft-Treten der Pflegerahmenvereinbarung für Abrechnungszeiten ab dem 1. Januar 1992 die bisherigen Gruppenpflegesätze durch zwischen dem Beklagten und dem jeweiligen Einrichtungsträger für jede Einrichtung vereinbarte Pflegesätze für die Pflegekosten nach dem BSHG abgelöst würden. In dem Rundschreiben heißt es:
"[ ] Dies hat zur Folge, dass die auf den Gruppenabschlagspflegesätzen beruhenden Pflegekosten anhand der neuen Pflegesätze berechnet werden müssen und Nachzahlungen zu leisten oder Überzahlungen zurückzufordern sind.
Die örtlichen Träger der Sozialhilfe sind im Rahmen einer z.Z. noch vorläufigen Heranziehung durch den überörtlichen Träger ab 01.10.92 beauftragt, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Heranziehungsaufgaben anfallenden Pflegekosten der Einrichtungsträger abzurechnen und im Wege der vierteljährlichen Sammelabrechnung dem zuständigen Amt für Versorgung und Soziales nachzuweisen. Wie mit Vertretern der örtlichen Träger und der kommunalen Spitzenverbände Sachsen-Anhalts bei verschiedenen Anlässen einvernehmlich festgelegt, soll diese Regelung auch bei den Pflegekosten angewandt werden, die für Zeiten ab dem 1. Januar 1992 aufgrund der Vereinbarung neuer Pflegesätze auszuzahlen und zurückzufordern sind.
Ich bitte daher die örtlichen Träger der Sozialhilfe, für das Land insoweit tätig zu werden. Falls nicht alle Berechnungsfaktoren, insbesondere Pflege- und Abwesenheitstage, zur Verfügung stehen, werden die Ämter für Versorgung und Soziales die erforderlichen Auskünfte erteilen, in den vierteljährlichen Sammelabrechnungen mit dem Land sind
Nachzahlungen an Einrichtungsträger in der Ordnung der Hilfearten lt. Abrechnungsvordruck in dem Quartal abzurechnen, in dem sie kassenwirksam geworden sind;
etwaige Überzahlungen
für Zeiten vom 01.01. bis 31.12.1992 als Einnahmen unter A 2.8 des Abrechnungsvordrucks,
für Zeiten ab 01.01.1993 als Absetzung von der Ausgabe – wie Nachzahlungen in der Ordnung der Hilfearten lt. Abrechnungsvordruck – in dem Quartal abzurechnen, in dem die Überzahlungen bei den Kommunalkassen eingegangen sind.
Am 31. Mai 1994 ist für 1992 für das Altenpflegeheim (für den Einrichtungsträger mit dem Stempel "Landratsamt W. - Dezernat II Sozialamt -") eine einrichtungsbezogene Pflegesatzvereinbarung auf der Grundlage der Selbstkostendeckung nach § 93 Abs. 2 BSHG abgeschlossen worden, nach der für alle pflegebedürftigen und altersdementen Heimbewohner ein pauschaler Pflegesatz von 62,25 DM für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1992 festgelegt wurde. Nach Aktenlage wurde im Frühjahr 1994 auch die Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992 für das Altenpflegeheim geschlossen, wobei der Landkreis wohl im Februar 2005 versucht hat, die Pflegesatzvereinbarungen für die Jahre 1992 und 1992 u.a. für das Altenpflegeheim zu kündigen. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September 1994 liege eine Pflegesatzvereinbarung auf der Grundlage des Jahresergebnisses 1993 vor. Diese in Kopie beigefügte Pflegesatzvereinbarung vom 15. März 1995 bezeichnet namentlich das Altenpflegeheim und ist für den Einrichtungsträger mit dem Stempel "Landratsamt O. - Der Landrat" unterzeichnet. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Bl. 13 und 14 der Verwaltungsakte verwiesen. Die Pflegesätze sind dort - ausgehend von Nettopflegekosten in Höhe von 948.421,15 DM und 11.438 Pflegetagen insgesamt im Jahr 1993 - wie folgt aufgeführt:
Pflegesatzgruppe II
(leichte Pflege)
Pflegesatzgruppe III
(mittlere Pflege)
Pflegesatzgruppe IV
(schwere/Vollpflege)
01.01. - 30.06.1994
67,74 DM/Pflegetag
81,67 DM/Pflegetag
01.07. - 30.09.1994
68,83 DM/Pflegetag
82,74 DM/Pflegetag
Auf Grund einer Geschäftsprüfung durch das Amt für Versorgung und Soziales M. im Rahmen der Fachaufsicht stellten die Prüfer unter Punkt 8.2 des Prüfberichtes vom 5. April 2002 zum Prüfzeitraum "Mitte Mai 2001 bis Anfang Dezember 2001" Folgendes fest (Seite 11 des Abschlussberichts):
"Im Bereich W. wurden 4 HE aus der ehemaligen Einrichtung APH Groß A. überprüft, welche nach Schließung der Einrichtung in verschiedene Altenpflegeheime im Landkreis verlegt wurden.
Bei der Überprüfung der Sozialhilfeleistungen für die HE K., S, B. und R war den Unterlagen im Landkreis nicht zu entnehmen, dass abschlagsweise gezahlte Pflegesätze mit den nachträglich vereinbarten Pflegesätzen für die Jahre 1992-1994 verrechnet wurden.
Daraus ergibt sich im Falle der K. eine Rückzahlung überzahlter Pflegekosten für die Jahre 1992 bis 1994 in Höhe von 11.596,93 DM (vgl. Anlage 2 Bl. 1).
Für den HE S. hat der Einrichtungsträger für das Jahr 1994 Pflegekosten in Höhe von 84,74 DM zu wenig erhalten (vgl. Anlage 2 Bl. 2).
Der Einrichtungsträger erhielt für den HE B. für die Jahre 1992 – 1994 Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 4.317,76 DM auf Grund fehlender Verrechnung zu Unrecht (vgl. Anlage 2 Bl. 3).
Gleicher Sachverhalt ist für die HE R. zutreffend. In diesem Einzelfall beträgt die Überzahlung 12.303,26 DM (vgl. Anlage 2 Bl. 4).
Bei der Überprüfung der Abrechnungsunterlagen war ersichtlich, dass die Abrechnung der mit dem Einrichtungsträger verhandelten Pflegesätze für die gesamte Einrichtung APH Groß A. nicht erfolgte.
Festlegung:
Die für die Jahre 1992 bis 1994 festgestellten Pflegesatzdifferenzen für die geprüften HE
- K. 11.596,93 DM
- S. - 87,74 DM
- B. 4.317,75 DM
- R. 12.303,25 DM
gesamt: 28.133,19 DM
sind dem üöTrSH gem. § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG LSA zurückzuerstatten. Gleiches gilt für alle Heimbewohner der damaligen Einrichtung APH Groß A, Träger: LK O., die in dem Zeitraum in der Einrichtung betreut wurden und ein gültiges Grundanerkenntnis hatten. Die hGK wird hiermit gem. § 7 Nr. 1 HeranzVO-BSHG LSA aufgefordert, den noch zu ermittelnden Grundbetrag in die nächste Sammelabrechnung unter Position 2.8 einzustellen und durch eine gesonderte Anlage kenntlich zu machen."
Den Anlagen zum Abschlussbericht sind für das Altenpflegeheim folgende nach den Pflegesatzvereinbarungen geschuldete Pflegesätze zu entnehmen, die zwischen den Beteiligten unstreitig sind:
01.01.1992 - 31.12.1992
62,25 DM/Pflegetag
01.01.1993 - 31.12.1993
60,15 DM, 72,28 DM/Pflegetag
01.01.1994 - 30.06.1994
67,74 DM, 81,67 DM/Pflegetag
01.07.1994 - 30.09.1994
68,63 DM, 82,74 DM/Pflegetag
Der Anlage 2 zum Abschlussbericht sind folgende gezahlte Vergütungen zu entnehmen:
01.01.1992 - 31.05.1992
66,70 DM/Pflegetag
01.06.1992 - 30.11.1992
71,00 DM/Pflegetag
01.12.1992 - 30.06.1993
73,80 DM/Pflegetag
01.07.1993 - 31.07.1993
78,30 DM/73,80 Pflegetag
01.08.1993 - 31.08.1994
81,70 DM/Pflegetag
Der Landkreis nahm im Einzelnen unter dem 5. Juni 2002 zu dem Ergebnis der Geschäftsprüfung Stellung und teilte nach Durchführung von Ermittlungen mit, dass die einzelne Bewohner des Heimes betreffenden Beanstandungen im Wesentlichen unbegründet seien. Die festgestellten Rückforderungsansprüche aus den Abrechnungen der Bewohner des Altenpflegeheimes würden noch der eigenen Prüfung unterzogen. Dies gelte auch in Bezug auf die Angelegenheit aus der Sicht als ehemaliger Träger der Einrichtung. In Bezug auf die einzelne Heimbewohner betreffenden Rügen stimmte das Amt für Versorgung und Soziales im Wesentlichen diesen Ausführungen zu und bat um Mitteilung des Ergebnisses der Überprüfung für das Altenpflegeheim (Schreiben vom 11. Juli 2002).
Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 ergänzte der Landkreis seine Stellungnahme zu dem Abschlussbericht in Bezug auf das Altenpflegeheim dahingehend, dass diese Einrichtung bis zur Schließung im September 1994 in Trägerschaft des O. gestanden habe. Die von den Prüfern zugrunde gelegten Pflegesätze seien erst nach Schließung des Heimes vereinbart worden, sodass eine Verrechnung mit laufenden Abschlagszahlungen nicht möglich gewesen sei. Die bis zur Schließung angewandten Gruppenpflegesätze hätten ihre Berechtigung in den Runderlassen Nr. 3-4/1992, 3-6/1992, 3-12/1993 sowie in dem damals gültigen Rundschreiben 6/1992 des Landesamtes für Versorgung und Soziales gefunden. Der Landkreis habe die ihm auf diesem Wege im Rahmen der Heranziehung zu den Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe für die Einrichtung zur Verfügung gestellten Mittel vollständig ausgekehrt, d.h. dem Einrichtungsträger zum Zwecke der Erfüllung der Hilfe für den Einzelfall zur Verfügung gestellt. Richtig sei die Feststellung der Fachaufsicht, dass die Pflegesätze in der Zeit ab dem 15. März 1995 nicht mehr auf den Stand der Pflegesatzvereinbarung zurückgerechnet worden seien. Offen bleibe, woraus eine Berechtigung für die Rückforderung herzuleiten sei. Den O. treffe im Rahmen der Heranziehung kein Verschulden, weil kein Verstoß gegen eine bekannte Weisung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vorliege.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2003 verwies das Amt für Versorgung und Soziales auf die Rückerstattungsansprüche, die der Landkreis gegenüber dem Einrichtungsträger bei Veränderungen von Pflegesätzen für die Vergangenheit aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 61 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) habe. Das Amt für Versorgung und Soziales habe dementsprechend einen Anspruch gemäß § 4 Abs. 3 Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz im Land Sachsen-Anhalt (AG-BSHG) i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BGB gegen den Landkreis als zu den Aufgaben des überörtlichen Sozialhilfeträgers herangezogener Gebietskörperschaft. Dass eine Nachberechnung und Rückforderung infolge neu vereinbarter oder festgesetzter einrichtungsspezifischer Pflegesätze zeitnah - binnen drei Monaten - vorzunehmen gewesen sei, sei durch das Rundschreiben Nr. 7/96 vom 14. Juni 1996 (Az. 23.11-43160) "untermauert" worden.
Das Amt für Versorgung und Soziales wies mit Schreiben vom 10. April 2003 den Landkreis O. gem. § 7 Nr. 1 Heranziehungs-Verordnung zum BSHG im Land Sachsen-Anhalt (HeranzVO-BSHG) an, die Rückforderungsansprüche aus den Abrechnungen der Bewohner des ehemaligen Altenpflegeheimes bis zum 15. Mai 2003 der Höhe nach zu ermitteln und das Ergebnis mitzuteilen.
Der Landkreis teilte hierzu zunächst mit Scheiben vom 15. Mai 2003 mit, nach eigener Einschätzung könnte sich die Forderung zunächst auf eine Summe von 162.8803,73 EUR/318.416,41 DM (entsprechend der Anlage 60.698,45 DM für 1992, 171.968,35 DM für 1993, 85.749,61 EUR für 1994) belaufen, soweit die Überprüfung nicht die Inanspruchnahme der höheren Pflegesatzgruppen bewirke. Er sei indes nicht zur Zahlung bereit. Nachfolgend teilte er dem Amt für Versorgung und Soziales für die Jahre 1992 bis 1994 mit Schreiben vom 1. Juli 2003 eine Differenz zwischen für das Altenpflegeheim in Höhe von insgesamt 113.078,06 EUR mit. Es werde gebeten, die Überzahlung nicht zurückzufordern, eine Rechtsgrundlage für die Erstattung zu benennen und die Verjährungsfristen zu beachten. Dieser Berechnung liegen folgende als gezahlt angenommene Beträge zugrunde:
01.01.1992 - 31.05.1992
66,70 DM/Pflegetag
01.06.1992 - 30.06.1992
62,00 DM/Pflegetag
01.07.1992 - 31.12.1992
71,00 DM/Pflegetag
01.01.1993 - 31.07.1993
78,30 DM/Pflegetag
01.08.1993 - 30.09.1994
81,70 DM Pflegetag
Wegen der Berechnung wird im Übrigen auf Bl. 32 bis 40 der Verwaltungsakte I und Bl. 68 bis 74 der Verwaltungsakte II verwiesen.
Das Amt für Versorgung und Soziales M. forderte mit Schreiben vom 11. Juli 2003 von dem Landkreis die Erstattung von 113.078,06 EUR. Dieser Betrag sei in die Sammelabrechnung für das III. Quartal 2003 einzustellen und dort kenntlich zu machen. Der Landkreis verweigerte diese Verrechnung unter Hinweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung und auf die nach § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Ablauf des 31. Dezember 1999 eingetretene Verjährung.
Der Beklagte rechnete in der Sammelabrechnung für das III. Quartal 2004 mit Schreiben vom 3. November 2004 gegen eine Forderung des Landkreises in Höhe von 583.399,03 EUR (4.944.479,68 EUR - 4.331.841,00 EUR - 29.239,65 EUR) den Betrag von 113.078,06 EUR unter Hinweis auf einen "Abrechnungssaldo" auf und wies den Restbetrag (470.320,97 EUR) zur Zahlung an. Nach der Anlage zu dieser Abrechnung und dem Schreiben des Beklagten vom 30. November 2004 wurde der in dem Schreiben vom 11. Juli 2003 angegebene Rückforderungsbetrag in Höhe von 113.078,06 EUR mit der Sammelabrechnung III. Quartal 2004 "verrechnet".
Unter Hinweis auf ein anhängiges Klageverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt (- 3 L 263/05 -) verzichtete der Beklagte gegenüber dem Kläger auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31. Dezember 2007.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht Magdeburg mit seiner am 21. Dezember 2007 erhobenen Klage die Zahlung von 113.078,06 EUR nebst Zinsen verfolgt. Das Klageverfahren ist von dem Sozialgericht mit Einverständnis der Beteiligten zur einvernehmlichen Regelung des Vorgangs zunächst mit Beschlüssen vom 18. März 2008 und 19. Februar 2009 bis zum 30. Juni 2009 zum Ruhen gebracht und im September 2009 wieder aufgenommen worden (nun Az. S 19 SO 76/09 WA).
Der Kläger hat zur Begründung der Klage ausgeführt, er habe als herangezogener Träger für das III. Quartal 2004 einen unbestrittenen Anspruch auf vollständigen Ersatz seiner Aufwendungen durch den Beklagten, der in Höhe von 113.078,06 EUR nicht geleistet worden sei. Dieser Anspruch sei nicht durch eine Aufrechnung untergegangen. Er habe die Gruppenpflegesätze zum Zeitpunkt des Betriebes des Altenpflegeheimes in der zutreffenden Höhe an die Einrichtung vollständig ausgekehrt. Soweit rückwirkend differenzierte Pflegesätze eingeführt worden seien, die im Sammelabrechnungsverfahren mit den laufenden Zahlungen hätten verrechnet werden sollen, sei dies für das Altenpflegeheim auf Grund dessen Schließung zum 30. September 1994 unmöglich geworden, da es keine laufenden Abschlagszahlungen mehr gegeben habe. Es sei zutreffend, dass die Gruppenpflegesätze die Selbstkosten der Einrichtung überstiegen hätten. Rückforderungsansprüchen gegenüber den Bewohnern des Altenpflegeheimes als Leistungsbeziehern habe deren Vertrauensschutz aus § 45 SGB X entgegengestanden. Der Beklagte habe es seinerseits versäumt, ab dem 31. Mai 1994 von einem Leistungsverweigerungsrecht für die Zahlung weiterer Abschlagsgruppenpflegesätze Gebrauch zu machen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Festlegung der Pflegesätze möglicherweise um ein unzulässiges Insichgeschäft im Sinne des § 181 BGB gehandelt habe. Ein Einschreiten durch Aussetzung der Heranziehung des örtlichen Sozialhilfeträgers oder Verweigerung der Zahlungen habe der Beklagte pflichtwidrig unterlassen. Bezüglich eines Rückforderungsanspruchs des Beklagten werde die Einrede der Verjährung erhoben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine vierjährige Verjährung maßgebend. Der Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. September 2007 (- 3 L 263/05 - juris) sei in Bezug auf die dort für maßgebend erklärten Verjährungsregelungen des BGB für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche nicht zu folgen. Der Lauf der Verjährung sei hier mit Kenntnis von den die Selbstkosten des Altenpflegeheimes überschreitenden Abschlägen, d.h. spätestens mit Abschluss der Pflegesatzvereinbarung am 31. Mai 1994 (für das Jahr 1992) und am 15. März 1995 (für die Jahre 1993 und 1994) in Gang gesetzt worden, sodass eine Verjährung eines Rückforderungsanspruchs mit Ablauf des 31. Dezember 1998 bzw. des 31. Dezember 1999 eingetreten sei. Hilfsweise werde auch die Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs des Beklagten gerügt, da dieser über längere Zeit untätig geblieben sei, obwohl dieser spätestens mit dem Abschluss der Pflegesatzvereinbarungen Kenntnis von den Überzahlungen gehabt habe. Die Verrechnung zehn Jahre nach dem Entstehen des Rückforderungsanspruchs sei als treuwidrig anzusehen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Juni 2010 abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Nachzahlung des Betrages in Höhe von 113.078,06 EUR, der von dem Beklagten mit der Sammelabrechnung vom 3. November 2004 für das III. Quartal 2004 verrechnet worden sei. Der Kläger sei in diesem Umfang unstreitig durch in den Jahren 1992 bis 1994 für die Bewohner des ehemaligen Altenheims zuviel geleistete Sozialhilfeleistungen im Sinne des § 812 BGB bereichert. Er könne sich nicht auf eine Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, weil - auf Grund seiner Doppelstellung auch als Träger der Einrichtung - der die Selbstkosten des Altenpflegeheimes übersteigende Betrag in seinem Vermögen verblieben sei. Das gelte auch dann, wenn er diese Beträge nachfolgend für die Abdeckung anderer Verbindlichkeiten eingesetzt habe, da diese bei einer Gebietskörperschaft wahrscheinlich nicht in Luxusaufwendungen bestanden hätten. Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht nach § 814 BGB untergegangen, weil vorliegend keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beklagte bei Zahlung der Abschlagszahlungen in den Jahren 1992 bis 1994 Kenntnis davon gehabt habe, dass er zuviel Aufwendungsersatz leistete. Zur Zeit der Verrechnung sei der Anspruch des Beklagten auf Rückforderung des zuviel gezahlten Betrages auch nicht verjährt gewesen. Insoweit regele § 113 SGB X ausschließlich die Verjährung von Erstattungsansprüchen von jeweils selbstständig handelnden Sozialleistungsträgern gegeneinander. Das Handeln des Landkreises im Rahmen der Heranziehung nach dem AG-BSHG begründe ein solches selbstständiges Handeln nicht, da er weisungsgebunden sei. Nach den maßgebenden Verjährungsregelungen des BGB (Hinweis auf: von Wulffen, SGB X, § 113 RdNr. 3, OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 5. September 2007, a.a.O., und OVG Reinland-Pfalz, Urteil vom 9. Juni 2000 - 12 A 12118/99 - juris) habe vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die regelmäßige Verjährungsfrist dreißig Jahre und danach drei Jahre betragen und sei vorliegend nach Maßgabe der Übergangvorschriften erst zum 31. Dezember 2004 abgelaufen. Die streitgegenständliche Verrechnung sei am 3. November 2004 und damit in nicht verjährter Zeit vorgenommen worden. Auch die Voraussetzungen einer Verwirkung des Rückzahlungsanspruchs seien unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht erfüllt.
Der Kläger hat gegen das ihm am 8. Juli 2010 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 5. August 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und zunächst seine Zahlungsforderung sowie die Forderung von Verzugszinsen weiterverfolgt. Die Berufung hat er in Bezug auf die Nebenforderung am 29. Juni 2011 zurückgenommen. In Bezug auf die Verjährung der streitgegenständlichen Forderung sei entweder auf § 113 SGB X (zumindest in entsprechender Anwendung) oder auf § 45 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) zurückzugreifen. Die allgemeine Geltung der letztgenannten Regelung auf sämtliche Erstattungsansprüche im Sozialrecht habe das BSG insbesondere in seinem Urteil vom 17. Juni 1999 (- B 3 KR 6/99 R - SozR 3-1200 § 45 Nr. 8) bestätigt. Ausgehend von der Entstehung eines Rückerstattungsanspruchs im Zeitpunkt der Überzahlung seien auch die Ansprüche aus den Überzahlungen für das Jahr 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1998 verjährt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 113.078,06 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Umfang der Erstattungsforderung sei unstreitig. In Bezug auf eine Verjährung dieser Forderung seien unter Berücksichtigung der Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. September 2007 (a.a.O.) die regelmäßigen Verjährungsfristen des BGB maßgebend. Die vom BSG seiner allgemeinen Anwendungen der Regelung in § 45 SGB I im Sozialrecht zugrunde gelegten Ziele kämen im Verhältnis der Beteiligten nicht zum Tragen.
Der Kläger hat auf die Aufforderung des Berichterstatters Unterlagen über die Einstellung des Betriebes des Altenpflegeheimes vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat hier die zutreffende Klageart der reinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) gewählt. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es für einen Rechtsstreit zwischen den in einem Gleichordnungsverhältnis stehenden Beteiligten nicht.
Der Kläger klagt aus seinem Recht als herangezogener Träger auf Erstattung seiner Aufwendungen durch das beklagte Land (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz (GG), § 4 Abs. 3 AG-BSHG vom 30. April 1991, GVBl. LSA S. 31). Die geltend gemachte Hauptforderung von 113.078,06 EUR kann der Kläger sowohl in Bezug auf den Rechtsgrund als auch der Höhe nach von dem Beklagten verlangen. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung des Beklagten ein Zahlungsanspruch des Landkreises, dessen Rechtsnachfolger der Kläger ist, in Höhe von mindestens 113.078,06 EUR gegen den Beklagten bestand. Die Möglichkeit, die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, insoweit als gegeben anzunehmen, ist auch von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 30/12 R - Terminbericht Nr. 39/13). Ein Zahlungsanspruch des Landkreises in Höhe der Hauptforderung wird auch durch die Sozialhilfestatistik belegt. Forderungen in der vorgenannten Höhe pro Quartal aus der Heranziehung für Leistungen des überörtlichen Sozialhilfeträger sind danach bei einem Landkreis mit zuletzt 113.438 Einwohnern (Landkreis O., Stand 31. Dezember 2006) mit hinreichender Sicherheit anzunehmen. Im Jahr 2011 betrugen die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben pro Kopf im Land Sachsen-Anhalt für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) 220,00 EUR (Quelle: Statistisches Bundesamt). Der sich daraus für 113.438 Einwohner ergebende Gesamtaufwand in Höhe von 6.239.090,00 EUR pro Quartal im Jahr 2011 lässt - bezogen auf den im Vergleich zum SGB XII größeren Kreis der dem Grunde nach Leistungsberechtigten nach dem BSHG - auch unter Berücksichtigung der Preisentwicklung den Rückschluss auf der Sammelabrechnung vom 3. November 2004 entsprechende Aufwendungen im III. Quartal 2004 zu.
Die vorgenannte Hauptforderung des Klägers ist zur Überzeugung des Senats nicht durch Aufrechnung des Beklagten mit einer Gegenforderung in Höhe von 113.078,06 EUR erloschen.
Die Gegenforderung des Beklagten ist bereits der Höhe nach nicht nachgewiesen. Entweder weist die vorgelegte Berechnung mit dem Gesamtergebnis von 113.078,06 EUR Rechenfehler auf oder die an das Altenpflegeheim geleisteten Zahlungen stimmten nicht vollständig mit den vorab festgelegten Abschlagspflegesätzen überein. Zu den tatsächlich gezahlten Abschlagspflegesätzen im Gesamtzeitraum von 1992 bis 1994 sind insgesamt vier verschiedene Rechengrundlagen in das Verfahren eingeführt worden: Erstens die Vorgaben aus dem Rundschreiben Nr. 6/1992 vom 23. Juni 1992 des Ministeriums für Arbeit und Soziales, dem Schnellbrief des Landesamtes für Versorgung und Soziales vom 30. November 1992 sowie den Rundschreiben Nr. 3-6 vom 13. April 1993 und Nr. 3-12 vom 27. Juli 1993 des Ministeriums für Arbeit und Soziales, zweitens die Feststellungen (bezogen auf einzelne Heimbewohner) im Abschlussbericht der Geschäftsprüfung, drittens die Berechnungen des Landkreises in der Anlage zum Schreiben vom 1. Juli 2003 und viertens die Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 15. Juni 2010, die in der angefochtenen Entscheidung zugrundegelegt worden sind. Diese Differenzen - u.a. in Bezug auf die vermeintlich ausgezahlten Pflegesatzabschläge für Mai 1992 - begründen Zweifel des Senats, ob die Zahlungsvorgänge in Bezug auf den Rechtsvorgänger des Rechtsvorgängers des Klägers tatsächlich bei bzw. nach der Geschäftsprüfung im Zeitraum ab April 2002 vollständig zu rekonstruieren waren. Buchungsunterlagen zu den Zahlungsvorgängen zwischen dem Landkreis und dem Altenpflegeheim aus den Jahren 1992 bis 1994 liegen nicht vor. Dass die Aufwendungen des Altenpflegeheimes nicht unmittelbar aus der Kasse des Landkreises finanziert wurden, es also tatsächliche Zahlungsflüsse auf ein Konto des Altenpflegeheimes gegeben haben muss, lässt sich bereits aus Angaben zu den Selbstkosten des Altenpflegeheimes in den Pflegesatzvereinbarungen ableiten und wird durch die aktenkundig gewordene Einzelabrechnung zwischen dem Landkreis und dem Heim mit Schreiben vom 20. Oktober 1994 in Bezug auf die Pflegekosten für September 1994 belegt. Den vorliegenden Zweifeln des Senats kann auch nicht durch ein "Unstreitigstellen" der Gegenforderung insgesamt begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt hier bereits deshalb nicht zum Tragen, weil der Landkreis im Rahmen der Fachaufsicht förmlich angewiesen worden war, den Differenzbetrag zu errechnen und damit im Ergebnis nicht frei ist, von seinen vormals vorgenommenen Berechnungen abzurücken.
Der Senat ist im Übrigen davon überzeugt, dass der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung in voller Höhe eine rechtliche Grundlage fehlt.
Die Aufrechnung richtet sich im Verhältnis von Kostenträgern untereinander nach den Regelungen des bürgerlichen Rechts (§§ 387 ff. BGB, vgl. z.B. Lilge in: SGB I Kommentar, 3. Aufl., § 51 RdNr. 20). Eine Aufrechnung setzt nach § 387 BGB voraus, dass zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, schulden, und die gebührende Leistung gefordert sowie die obliegende Leistung bewirkt werden kann. Bestehen mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Teil die Forderungen nach § 396 Abs. 1 BGB bestimmen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen. Die Aufrechnung erfolgt nach § 388 Satz 1 BGB gegenüber dem anderen Teil und bewirkt nach § 389 BGB, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber getreten sind.
Grundlage für einen Gegenanspruch des Beklagten kann hier nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch sein.
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch wird aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitet und erstreckt sich auch auf die Rückabwicklung dem materiellen Recht widersprechender Vermögensverschiebungen im Bereich der Sozialleistungen (vgl. hierzu die Nachweise in BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R - juris).
In Bezug auf die Gegenforderung des Beklagten kommen hier zwei verschiedene rechtliche Anknüpfungspunkte für einen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch in Betracht: Erstens das Verhältnis des Beklagten zum Landkreis als Rechtsnachfolger der nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AG-BSHG herangezogenen Körperschaft in Bezug auf die Forderung, über den notwendigen Aufwand hinausgehende Erstattungen zurückzuzahlen. Zweitens das Verhältnis des Beklagten zum Landkreis als Rechtsnachfolger des Trägers des Altenpflegeheimes.
Bezogen auf die Rechtsbeziehungen zwischen heranziehendem und herangezogenem Träger gehen dem allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch hier keine spezielleren Regelung vor. Weder aus § 4 Abs. 3 Satz 1 AG-BSHG, der die Erstattungspflicht des heranziehenden Sozialhilfeträgers regelt, noch aus § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG, der vorsieht, dass eine Erstattungspflicht des herangezogenen Sozialhilfeträgers nicht besteht, soweit Leistungen zu Unrecht erbracht worden sind und diesen hierfür ein Verschulden trifft, ist ein bereichsspezifischer besonderer Erstattungsanspruch gegenüber dem herangezogenen Sozialhilfeträger abzuleiten. Die Regelungen betreffen ausschließlich die Höhe des Ausgleichsanspruchs der herangezogenen Körperschaft, mit einer ggf. zu berücksichtigenden Beschränkung bei schuldhaftem Verhalten. Die Regelungen in den §§ 102 ff. SGB X regeln die Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem gesetzlich zuständigen Sozialhilfeträger und der zur Ausführung herangezogenen Körperschaft nicht.
Dem Beklagten steht ein allgemeiner öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch hier nicht auf der Grundlage einer Überzahlung bei mittelbarer Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AG-BSHG zu. Die Vorauszahlung von Abschlagspflegesätzen für Altenpflegeheime ist hier in den Jahren 1992 bis 1994 stetige Verwaltungspraxis gewesen. Die nachträgliche Festsetzung von Pflegesätzen mit Rückwirkung für abgelaufene Abrechnungsperioden führt nicht dazu, dass die von der herangezogenen Gebietskörperschaft an die jeweilige Einrichtung weitergeleiteten Abschläge zu Unrecht erbrachte Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 BSHG wurden. Vielmehr beinhaltet diese Vorschrift die der Regelung in § 45 Abs. 1 SGB X entsprechende Rechtswidrigkeit der Leistung zum Zeitpunkt ihrer Erbringung und erfasst nicht nachfolgende Änderungen. Eine - im Übrigen von einem Verschulden abhängige - Beschränkung des Erstattungsanspruchs des Landkreises wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn dieser höhere Abschlagspflegesätze geleistet hätte, als dies nach den Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales zutreffend gewesen wäre. Die Regelung lässt sich aber nicht im Sinne einer Grundlage für den Ausgleich jedes schuldhaften Verhaltens im Zusammenhang mit den Abrechnungspflichten des herangezogenen Sozialhilfeträgers ausdehnen.
Da dem Kläger von dem Beklagten vorgehalten wird, durch den O. seien die Abschläge nicht mit den endgültigen Pflegesätzen verrechnet worden und dies zur Überzeugung des Senats auch dem tatsächlichen Geschehensablauf entspricht, scheidet auch eine Bereicherung des Klägers unter dem Gesichtspunkt von Erstattungen des Altenpflegeheimes an den Landkreis, die dieser pflichtwidrig nicht in die Sammelabrechnungen vor April 2002 in Form von Rückzahlungen an den Beklagten einstellte, hier aus. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich Rückzahlungen des Altenpflegeheimes an den Landkreis als herangezogenen Träger erfolgt sind. Das ist hier in Bezug auf die Einstellung des Betriebs des Altenpflegeheimes auch deshalb nachvollziehbar, weil dieser nicht eine Schließung der Einrichtung, sondern eine Fortführung durch einen Dritten im Rahmen eines anderen Versorgungsauftrages mit Übernahme des Personals etc. zugrunde lag.
Der Beklagte kann einen allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch auch nicht auf eine Bereicherung des Klägers als Rechtsnachfolger des Einrichtungsträgers stützen.
Der Kläger ist als Rechtsnachfolger in die Pflichten des Trägers des Altenheimes eingetreten. Nach Auffassung des Senats ist für das nicht in privatrechtlicher Rechtsform (§ 65 Landkreisordnung (LKrO) vom 5. Oktober 1993, GVBl. LSA 568 i.V.m. § 117 Gemeindeordnung (GO) vom 5. Oktober 1993, GVBl. LSA 568) geführte Altenpflegeheim nur die rechtliche Zuordnung zu den Sondervermögen aus Eigenbetrieben (§ 65 LKrO i.V.m. § 110 GO) möglich.
Einer besonderen Rückforderungsvorschrift für Abrechnung der Pflegesätze nach § 93 BSHG (in während des hier maßgebenden Zeitraums nicht einheitlich geltenden Fassungen) bedarf es hier nicht. Vielmehr ergibt sich bereits unter dem Gesichtspunkt der Bezeichnung der hier erfolgten Zahlungen als "Abschläge", dass es einer nachfolgenden endgültigen Feststellung der Vergütungshöhe bedurfte. In der Entgegennahme hoher Vorauszahlungen ist insoweit allerdings kein vorwerfbares Verhalten zu sehen. Vielmehr bedingt das Prinzip der Selbstkostendeckung, das hier im Wesentlichen der Festlegung der Pflegesätze zugrunde lag, nachträgliche Korrekturen. Zumindest für die Jahre 1992 und 1993 sind diese Festlegungen auch vor Beendigung des Betriebes der Einrichtung mit dem Versorgungsauftrag als Altenpflegeheim erfolgt. Für das Jahr 1994 ist von Seiten des O. zumindest eine eigene Zuständigkeit im Rahmen der Abwicklung der Trägerschaft bejaht worden, wie sich aus der Unterzeichnung der Pflegesatzvereinbarung erkennen lässt.
Insoweit ist allerdings von Bedeutung, dass sich die Aufrechnungserklärung des Beklagten ausschließlich auf eine Gegenforderung nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 AG-BSHG bezieht. Damit dürften nicht alle aus dem Vermögen des Landkreises zu erfüllenden Ansprüche zur Aufrechnung gestellt sein. Das Vermögen eines Eigenbetriebes des Landreises ist nach § 65 LKrO i.V.m. § 110 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 1 GO Gegenstand eines Sondervermögens, für das nach § 112 GO Sonderkassen geführt werden können. Da hier Grundlage der Pflegesatzvereinbarungen die Selbstkosten der jeweiligen Einrichtung waren, ist für den Senat nicht erkennbar, wie die Rechnungslegung ohne eine Sonderkasse im vorgenannten Sinne hätte abgewickelt werden können. Diese selbstständige Zuordnung der Kosten der Altenpflegeheimes wurde hier auch nicht zwingend mit der Auflösung des Eigenbetriebes bewirkt; zumindest nicht bis zur vollständigen Abwicklung des Sondervermögens. Damit bestehen Bedenken in Bezug auf eine Erstreckung der hier von dem Beklagten erklärten Aufrechnung auf die Pflegesatzansprüche des Heimträgers unter dem Gesichtspunkt, dass gegen die Forderung einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbands die Aufrechnung nach § 395 BGB nur zulässig ist, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist. Auch die Verrechnung öffentlichrechtlicher mit öffentlichrechtlichen Forderungen ist an dieser Vorschrift zu messen (vgl. z.B. Gaa, Die Aufrechnung im Öffentlichen Recht, 1996, S. 6). Bezüglich der Frage der so genannten "Kassenidentität" ist nach überwiegender Auffassung darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage (d.h. hier mit Fälligkeit der Forderung für das III. Quartal 2004) die Kassenverwaltung im personellen Sinn durch den Aufrechnungsgegner durchgeführt wurde (vgl. z.B. Gundlach/Frenzel/Schirrmeister, Der § 395 BGB im gemeindlichen Bereich, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht, 2004, 145, 148). Der Beklagte hat zumindest Zweifel des Senats nicht ausräumen können, dass die Gegenforderung nicht ein Sondervermögen des Klägers betraf.
Zur Überzeugung des Senats wäre der hier verfolgte Gegenanspruch des Beklagten im Übrigen auf Grund der Verjährung nicht durchsetzbar.
Nach § 390 BGB kann eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden. Nach § 215 BGB, der mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, schließt eine Verjährung die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Maßgebender Zeitpunkt ist hier entsprechend die Fälligkeit der Hauptforderung für das III. Quartal 2004.
Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten als überörtlichem Sozialhilfeträger und dem Heimträger werden durch öffentlichrechtliche Verträge im Sinne der §§ 53 ff. SGB X geregelt. Das BSG ist selbst für die Vergütung für Krankenhausleistungen, für die § 69 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) ausdrücklich auf die ergänzende Vertragsauslegung nach den Regelungen des BGB verweist, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Regelungen zum BGB nur dann entsprechend heranzuziehen sind, wenn sich aus den übrigen Vorschriften im gesamten SGB, d.h. auch dem SGB I, nichts anderes ergibt (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 32/04 R - SozR 4-2500 § 69 Nr. 1). Die Erstattungspflicht des Klägers geht insoweit nicht weiter als die eines anderen Heimträgers. Ab der Fälligkeit beträgt die regelmäßige Verjährung auch für Erstattungsansprüche nach § 45 SGB I vier Jahre (vgl. BSG, Urteil vom 12. Mai 2005, a.a.O.). Der Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. September 2007 (a.a.O.) ist für die hier maßgebende Frage der Verjährung nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Für die Fälligkeit der Rückzahlung der überzahlten Pflegesätze war hier keine Rechnungstellung zwingende Voraussetzung. Im vorliegenden Fall ist eine formlose Berichtigung in späteren Quartalen praktiziert worden. Der Senat legt seiner Entscheidung damit eine Fälligkeit der Rückzahlung der überzahlten Vergütung die Regelung in dem Rundschreiben 3-13/1993 vom 3. August 1993 zugrunde, d.h. jeweils den Zeitpunkt der nächsten Sammelabrechnung nach Abschluss der Pflegesatzvereinbarung. Die Verjährung war damit für eine hier zuletzt fällig gewordene Rückzahlung überzahlter Pflegesätze für 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1999, d.h. deutlich vor der Fälligkeit des Hauptanspruchs im Jahr 2004, eingetreten.
Die Kostenentscheidung, die hier nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) im Wesentlichen nur Bedeutung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten hat, beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Nebenforderung ist hier bei einem Obsiegen des Klägers nicht zu seinen Lasten berücksichtigen, da diese nach der Rücknahme der Zinsforderung nicht mehr als 10 Prozent der noch streitigen Gesamtforderung ausgemacht hat (vgl. für § 92 Abs. 2 Zivilprozessordnung: Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 24. Mai 2011 - 9 U 110/10 - juris).
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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