L 8 AL 263/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3063/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 263/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die erfolgreiche Rückforderung gezahlten Krankentagegeldes durch das private Krankenversicherungsunternehmen lässt den zunächst entstandenen Versicherungspflichttatbestand des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III rückwirkend entfallen. Ob dies jedoch nur dann gilt, wenn die eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ermöglichende Bösgläubigkeit des Versicherten gegeben ist, ist in Ansehung der frei getroffenen Entscheidung, bei einem privaten Versicherungsunternehmen eine Krankentagegeldversicherung abzuschließen, nicht zweifelsfrei (vorliegend offen gelassen).
2. Die die Bewilligung von Arbeitslosengeld begründende Anwartschaftszeit durch Bezug von Krankentagegeld ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn in entsprechender Anwendung der Vertrauensschutzgrundsätze nach §§ 45, 48 SGB X kein schutzwürdiges Vertrauen für die Versicherungspflicht aus dem Bezug der Lohnersatzleistung besteht.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Arbeitslosengeld I (Alg) streitig.

Die Klägerin steht seit 01.09.1990 - zuletzt als Konzertmeisterin (in Vollzeit, 48 Stunden/Woche) - in einem Arbeitsverhältnis (Arbeitsbescheinigung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 26.04.2011). Für die Zeit vom 16.03.2009 bis 26.04.2010 bezog die Klägerin von der C. Krankenversicherung AG (künftig C) wegen Arbeitsunfähigkeit seit dem 15.09.2008 aufgrund einer privat abgeschlossenen Versicherung nach Tarif KTNA 182 Krankentagegeld. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen Teil I Rahmenbedingungen RB/KT 94 sowie Teil II Tarifbedingungen TB/KT 94 zu Grunde. Außerdem bezog die Klägerin seit dem 01.04.2009, ausgezahlt ab dem 01.06.2009, aus einer bei der A. M. Versicherung (künftig AM) privat abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente. Aus diesem Grunde forderte die C von der Klägerin mit Schreiben vom 09.06.2010 und mit Klage am 07.03.2011 beim Landgericht Baden-Baden (Az:. 1 O 43/11) für den Zeitraum vom 02.07.2009 bis 26.04.2010 gezahltes Krankentagegeld in Höhe von 34.965,00 EUR zurück. Mit Urteil vom 12.07.2011 wurde die Klägerin vom Landgericht Baden-Baden verurteilt, Krankentagegeld i.H.v.34.965,00 EUR an die C zurückzuzahlen. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin beim Oberlandesgericht Karlsruhe Berufung ein (Az.: 12 U 139/11). In der öffentlichen Sitzung des Oberlandesgerichts am 19.01.2012 schlossen Beteiligten einen Vergleich dahin, dass die Klägerin der C 34.965,00 EUR nebst Zinsen zahlt (§ 1), der Klägerin nachgelassen wird, die Zahlung in monatlichen Raten von 500,00 EUR zu erbringen (§ 2) und die Zahlungspflicht der Klägerin nach Leistung von 60 Monatsraten bzw. Zahlung von insgesamt 30.000 EUR endet (Niederschrift vom 19.01.2012).

Am 12.04.2011 meldete sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit R. (AA) arbeitslos und beantragte mit Wirkung zum 12.04.2011 Alg.

Mit Bescheid vom 13.05.2011 lehnte die AA einen Anspruch auf Alg ab. Die Klägerin sei in den letzten zwei Jahren vor dem 12.04.2011 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.

Gegen den Bescheid vom 13.05.2011 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte zur Begründung geltend, die Anwartschaftszeit sei erfüllt. Sie habe im Zeitraum vom 12.04.2009 bis 26.04.2010 von einer privaten Krankenversicherung Krankentagegeld bezogen. Dieser Bezug diene der Erfüllung der Anwartschaftszeit. Der von der C geltend gemachte Rückforderungsanspruch führe - unabhängig vom Ausgang des Klageverfahrens - nicht zum Erlöschen des Anspruches auf Alg. Ohne Bedeutung sei, ob Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Ihr seien die beantragten Leistungen zu gewähren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2011 wies die AA den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 13.05.2011 als unbegründet zurück. Innerhalb der Rahmenfrist vom 12.04.2009 bis 11.04.2011 seien nur 80 Kalendertage des Bezugs von Krankentagegeld vom 12.04.2009 bis 30.06.2009 zu berücksichtigen. Wegen der Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente bei der AM stehe der Klägerin ab 01.07.2010 kein Krankentagegeld mehr zu. Die Entgeltersatzleistungen der privaten Krankenversicherung in Form des Krankentagegeldes könnten ab dem 01.07.2010 als sonstige versicherungspflichtige Zeiten nicht berücksichtigt werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 20.07.2011 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Sie wiederholte zur Begründung ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trug sie vor, es komme maßgeblich auf den Bezug der Leistungen an. Für die Zeit des Bezuges des Krankentagegeldes vom 12.04.2009 bis 26.04.2010 sei von einer Versicherungspflicht und damit von der Erfüllung der Anwartschaftszeit auszugehen. Fraglich sei, ob ein bestehender zivilrechtlicher Rückzahlungsanspruch rückwirkend zum Erlöschen der Versicherungspflicht führe. Während ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfe, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes schutzwürdig vertraut habe, erfolge vor den Zivilgerichten keine Prüfung des Vertrauens- oder Bestandsschutzes. Der im Sozialrecht verankerte Grundsatz, dass der Versicherungsschutz im jeweiligen Zeitpunkt klar erkennbar sein müsse und rückwirkende Veränderungen grundsätzlich unbeachtlich seinen, finde in der zivilgerichtlichen Entscheidung keine Berücksichtigung. In aller Regel der Fälle würden sowohl gesetzliche als auch private Berufsunfähigkeitsrenten rückwirkend gezahlt, so das der Versicherte zum Zeitpunkt des Bezuges des Kranken- oder Krankentagegeldes nicht wisse, ob er die Leistung behalten dürfe oder nicht, wodurch sich erhebliche Unsicherheiten des Bestehens der Versicherungspflicht ergäben. Im Unterschied zur privaten Berufsunfähigkeitsrente begründe der Bezug einer gesetzlichen Berufsunfähigkeitsrente wiederum eine Versicherungspflicht. Zum Zeitpunkt ihrer Arbeitslosmeldung sei die Anwartschaftszeit erfüllt gewesen, weshalb die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung des Alg vorlägen. Im Übrigen sei nicht von einem unrechtmäßigen Bezug des Krankentagegeldes auszugehen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Dass nach einer Rückforderung von Sozialleistungen (hier Krankengeld) zugleich auch die Versicherungspflicht für den Rückforderungszeitraum (hier 02.07.2009 bis 26.04.2010) entfalle, entspreche der herrschenden Kommentarmeinung. Die Klägerin halte es offenbar für legitim, durch vertragswidriges Verschweigen des Bezugs von Berufsunfähigkeitsrente weiterhin (offensichtlich unrechtmäßig) Krankengeld zu beziehen und darauf aufbauend noch zusätzlich einen Anspruch auf Alg herzuleiten, der ohne den unrechtmäßig Krankengeldbezug nicht entstanden wäre.

Das SG holte die schriftliche Auskunft der AM vom 07.11.2012 ein, die in ihrer Auskunft mitteilte, die Klägerin sei am 22.05.2009 informiert worden, dass sie Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung erhalte. Zahlungen seien ab dem 01.06.2009 erfolgt und rückwirkend für den Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.05.2009 abgerechnet worden. Die C sei am 31.05.2010 von der Anerkennung informiert worden.

Die Klägerin wurde in den öffentlichen Sitzungen des SG vom 10.07.2012 und 13.12.2012 angehört. Hierzu wird auf die Niederschriften vom 10.07.2012 und 13.12.2012 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 13.12.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, in der maßgebenden Rahmenfrist habe die Klägerin nicht zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, weshalb ein Anspruch auf Gewährung von Alg an der Erfüllung der Anwartschaftszeit scheitere.

Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 14.01.2013 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin am 15.01.2013 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat sie vorgetragen, die Voraussetzungen des §§ 45 SGB X liegen nicht vor. Sie habe weder falsche Angaben gemacht, noch habe sie sich sorgfaltswidrig verhalten. Sie genieße Vertrauensschutz, da sie sich auf die Auskunft ihres Versicherungsmaklers (J. K. ) habe verlassen dürfen. Sie sei seit September 2008 arbeitsunfähig krank gewesen, mit einem arbeitsvertraglichen Lohnfortzahlungsanspruch von sechs Monaten. Als die private Krankenversicherung bereits nach sechs Wochen mit der Krankentagegeldzahlungen begonnen habe, habe ihr Ehemann ihren Versicherungsmakler angerufen und das Versehen mitgeteilt. Daraufhin habe die private Krankenversicherung die Zahlung eingestellt. Nachdem die Krankengeldzahlungen wieder beginnen sollten, habe sie sich erneut an ihren Versicherungsmakler gewandt. Dieser habe mitgeteilt, dass sie einen Antrag auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente stellen könne. Schließlich hätte man zwei Verträge, die er vermittelt habe. Diesen Hinweis habe sie dankbar aufgenommen. Über ihren Antrag auf Zahlung von Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung sei in der Folgezeit positiv entschieden worden. Ihr Versicherungsmakler sei davon ausgegangen, dass die Leistungen nebeneinander bezogen werden könnten, was er ihr auch so mitgeteilt habe. Als Vertrauensmann und Berater der Krankenversicherung sei sein Verhalten der Krankenversicherung zuzurechnen. Die falsche Beratung dürfe nicht zu ihrem Nachteil gereichen. Als sie sich auf die Aussagen ihres Versicherungsmaklers verlassen habe, habe sie nicht grob fahrlässig gehandelt. Nach ihrer Auffassung führe ein durch einen zivilgerichtlichen Vergleich festgestellter privatrechtlicher Rückzahlungsanspruch nicht zur Unrechtmäßigkeit des zunächst rechtmäßig bezogenen Krankentagegeldes und letztlich rückwirkend zum Erlöschen der Versicherungspflicht, da diese Situation nicht mit einer öffentlich-rechtlichen Aufhebung vergleichbar sei. Vor den Zivilgerichten erfolge keine Prüfung des Vertrauens- und Bestandsschutzes oder eventuell vorliegender Ermessensfehler. Die Klägerin hat ihren Ehemann sowie J. K. als Zeugen benannt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosengeld ab dem 12. April 2011 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Gerichtsakten des Landgerichtes Baden-Baden (1 O 43/11) und des Oberlandesgerichtes Karlsruhe (12 U 139/11) beigezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten, die beigezogenen Akten des Landgerichtes Baden-Baden sowie des Oberlandesgerichtes Karlsruhe und auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 13.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Alg ab dem 12.04.2011.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) alter Fassung vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das SG hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, das die Klägerin in der maßgebenden Rahmenfrist nicht zwölf Monate in einem Versicherungsverhältnis gestanden hat, weshalb ein Anspruch auf Gewährung von Alg an der Erfüllung der Anwartschaftszeit scheitert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hierzu ausgeführt, als Versicherungspflichttatbestand komme vorliegend § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in Betracht, wonach versicherungspflichtig Personen in der Zeit seien, für die sie von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen Krankentagegeld beziehen. Diese Versicherungspflicht knüpfe an den Bezug der Leistung an, der vorliegend vom 13.06.2009 bis 26.04.2010 erfolgt sei. Darauf, ob die Leistung zu Recht oder zu Unrecht bewilligt worden sei, komme es nicht an. Die nachfolgende erfolgreiche Rückforderung des gezahlten Krankentagegeldes durch das private Krankenversicherungsunternehmen lasse vorliegend jedoch die zunächst entstandene Versicherungspflicht rückwirkend entfallen. Wird die bezogene Leistung, an die der Versicherungsschutz anknüpfe, rechtswirksam aufgehoben und zurückgefordert, entfalle auch die Versicherungspflicht rückwirkend. Dies könne jedoch nur dann gelten, wenn die eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ermöglichende Bösgläubigkeit des Versicherten für den Bezug der Lohnersatzleistung (hier: Krankentagegeld) im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB VII gegeben sei. Eine solche Situation sei vorliegend seit dem 02.07.2009 gegeben. Die Klägerin habe seit 02.07.2009 zu Unrecht Krankentagegeld aus der Versicherung bei der C bezogen. Die Klägerin genieße auch keinen Vertrauensschutz. Sie habe eine vertragliche Anzeigepflicht verletzt. Die Klägerin hätte im Übrigen auch erkennen können, dass ihr aufgrund des Bezuges der Berufsunfähigkeitsrente kein Krankentagegeld mehr zustehe. Ihr geltend gemachtes Nichtwissen sei als grob fahrlässig zu werten. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zur selben Überzeugung. Er macht sich die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Ein Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte gemäß § 25 SGB III bestand bei der Klägerin jedenfalls über den 01.07.2009 hinaus nicht. Zwar stand die Klägerin - auch zur Zeit der Arbeitslosmeldung - nach der Arbeitsbescheinigung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 26.04.2011 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Ein Beschäftigungsverhältnis kann im versicherungsrechtlichen Sinne nicht nur bestehen, wenn es tatsächlich ausgeübt wird, sondern auch dann, wenn die tatsächliche Arbeitsleistung zwar beendet ist, das Arbeitsverhältnis aber fortbesteht und der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzten (vgl. Brand, SGB II, 6. Auflage, § 25 RdNr. 4 m.w.N.), wie dies bei Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung in Betracht zu ziehen ist. Hiervon ausgehend ist - ungeachtet der Vorschrift des § 7 Abs. 3 SGB IV - ein Versicherungspflichtverhältnis aufgrund Beschäftigung jedoch längstens bis 01.06.2009 anzunehmen. Durch die auf Antrag der Klägerin gewährte, von der AM ab 01.06.2009 gezahlte Berufsunfähigkeitsrente steht fest, dass die Klägerin jedenfalls ab dem 01.06.2009 nicht mehr den Willen hatte, das Arbeitsverhältnis bei ihrem Arbeitgeber fortzusetzen. Dem entspricht auch das Vorbringen der Klägerin; insbesondere hat sie im Verlaufe des Rechtsstreites ein über den 01.07.2009 hinausgehendes Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte nicht geltend gemacht.

Die Klägerin hat im Zeitraum vom 02.07.2009 bis 26.04.2010 das von ihrer privaten Krankenversicherung bezogene Krankentagegeld zu Unrecht bezogen und sie ist auch verpflichtet, das in dem genannten Zeitraum bezogene Krankentagegeld an die private Krankenversicherung (C) zurückzuzahlen. Davon geht das Landgericht Baden-Baden im Urteil vom 12.07.2011 (1 O 43/11) aus, mit dem die Klägerin verurteilt wurde, an die Klägerin (C) 34.965,00 EUR zu zahlen. Diesem Urteil entspricht auch der beim Oberlandesgericht Karlsruhe in der öffentlichen Sitzung am 19.01.2012 geschlossene Vergleich, wonach die Klägerin (als Beklagte) an die C (der Klägerin) 34.965,00 EUR zahlt (§ 1 des Vergleichs). Auch nach dem Vergleich vom 29.01.2012 ist die Klägerin damit - entsprechend dem Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 12.07.2011 - verpflichtet, das im Zeitraum vom 02.07.2009 bis 26.04.2010 gezahlte Krankentagegeld an die C. Die weiteren Vergleichsregelungen betreffen lediglich Modalitäten der Rückzahlung (60 Monatsraten i.H.v. 500 EUR bzw. Zahlung von insgesamt 30.000 EUR). Der Senat sieht keinen Anlass, von diesen Bewertungen des Landgerichts Baden-Baden im genannten Urteil sowie des Oberlandesgerichts Karlsruhe, wie er in § 1 des Vergleichs vom 12.07.2011 zum Ausdruck kommt, abzuweichen. Die Klägerin hat im vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren auch keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die Anlass geben, hiervon abzuweichen. Unabhängig davon steht jedenfalls aufgrund des beim Oberlandesgericht Karlsruhe geschlossenen Vergleichs fest, dass die Klägerin das im Zeitraum vom 02.07.2009 bis 26.04.2010 bezogene Krankentagegeld zu erstatten hat, weshalb es nicht als Grundlage eines Versicherungspflichtverhältnisses zur Erfüllung der Anwartschaft berücksichtigt werden kann. Ob die Erstattungspflicht zu Recht besteht - wovon der Senat ausgeht - ist dabei nicht entscheidungsrelevant, sondern allein, dass die Klägerin das bezogene Krankentagegeld im genannten Zeitraum tatsächlich zu erstatten hat.

Ob der Vertrauensschutz gewährenden Ansicht des SG im angefochtenen Urteil zu folgen ist, dass die Versicherungspflicht rückwirkend nur dann entfalle, wenn eine, die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ermöglichende Bösgläubigkeit des Versicherten gegeben sei, ist für den Senat nicht zweifelsfrei. Die Ansicht des SG trägt dem Umstand Rechnung, wie die Klägerin vorgetragen hat, dass im Zivil-/Wirtschaftsrecht Vertrauensschutzregelungen, wie sie etwa in §§ 45 und 48 SGB X vorgesehen sind, keine Berücksichtigung fänden. Dass diese Regelungen deswegen fiktiv heranzuziehen sind und gegebenenfalls tatsächlich nicht zu berücksichtigendes Krankentagegeld fiktiv anspruchsbegründend zu berücksichtigen ist, wovon das SG im angefochtenen Urteil ausgeht, erscheint indes nicht zwingend geboten. Die Klägerin hat sich mit ihrer Entscheidung, bei einem privaten Versicherungsunternehmen eine Krankentagegeldversicherung abzuschließen, bewusst außerhalb sozialrechtlicher Vertrauensschutzregelungen begeben. Die Entscheidung der Klägerin für eine private Krankentagegeldversicherung und gegen eine (freiwillige) Kranken(geld)versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zieht vom Betroffenen im Stadium einer Entscheidung für die gesetzliche oder die private Krankenversicherung regelmäßig mitzubedenkende positive wie negative wirtschaftliche oder rechtliche Folgen nach sich, wie etwa vorliegend die Frage einer Erstattungspflicht erhaltenen Krankentagegeldes, die der Betroffene gegen sich gelten lassen muss. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es nicht stets geboten, etwa durch die fiktive Anwendung sozialrechtlicher Vertrauensschutzregelungen einen Gleichklang der Sicherungssysteme der privaten und gesetzlichen Versicherung herbeizuführen (vergleiche hierzu BSG, Urteil vom 20.03.2013 B 12 KR 4/11 R -, juris, zur vorliegend nicht vergleichbaren Problematik des Anspruches eines privat krankenversicherten Beschäftigten gegen seinen Arbeitgeber auf einen Beitragszuschuss). Dies bedarf jedoch vorliegend keiner Entscheidung durch den Senat. Denn die Berufung der Klägerin ist, selbst wenn der Ansicht des SG im angefochtenen Urteil gefolgt würde, unabhängig davon nicht begründet.

Soweit das SG ausgehend von seiner Rechtsansicht, dass die Versicherungspflicht rückwirkend nur dann entfalle, wenn eine, die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ermöglichende Bösgläubigkeit des Versicherten gegeben sei, bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X herangezogen hat, folgt der Senat dem SG nicht. Zutreffend heranzuziehende Grundlage ist vorliegend vielmehr § 48 SGB X, da der Anspruch der Klägerin auf Bezug von Krankentagegeld ab 16.03.2009 erst im Verlauf des Bezugs ab dem 02.07.2009 (durch den Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente ab 01.06.2009) entfallen ist, mithin zunächst nicht unrechtmäßig war.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Er ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2).

Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin jedenfalls erfüllt, weil die Klägerin einer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVG) für die Krankenversicherung der C Teil II RB/KT 94, die sich in der beigezogenen Gerichtsakte des Landgerichtes Baden-Baden befindet und die nach dem Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren vor dem Landgericht Baden-Baden Gegenstand des Krankenversicherungsvertrages der Klägerin mit der C sind, wird in § 15 Satz 1 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass insbesondere der Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der Bezug einer Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente einer versicherten Person dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen ist. Durch diesen klar und unmissverständlichen Hinweis in § 15 Satz 1 der genannten AVG war für die Klägerin ohne weiteres leicht erkennbar, dass von ihr mit dem Beginn des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente, nach der vom SG eingeholten schriftlichen Auskunft der AM vom 07.11.2012 spätestens ab dem Zahlungsbeginn am 01.06.2009, dieser Leistungsbezug der C mitzuteilen war. Dem ist die Klägerin nicht nachgekommen, wie sich aus den beigezogenen Gerichtsakten des Landgerichts Baden-Baden sowie des Oberlandesgerichts Karlsruhe ergibt. Allein die Kenntnis ihres Versicherungsmaklers zum Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente bei der AM erfüllt die Mitteilungspflicht an C nicht. Entsprechendes würde auch hinsichtlich der Kenntnis des Versicherungsmaklers hinsichtlich des konkreten Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente durch die Klägerin gelten. Zwar ist nach dem von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der öffentlichen Sitzung am 27.06.2014 mit Briefkopf der C vorgelegten Schreiben vom 19.04.2011 an die Klägerin ersichtlich, dass der vormalige Versicherungsmakler der Klägerin als ihr Betreuer benannt ist. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Versicherungsmakler Vermögensberater bei der Deutschen Vermögensberatung AG ist und damit nicht Mitarbeiter/Bediensteter oder Empfangsbevollmächtigter der C. Kenntnisse des Versicherungsmaklers der Klägerin sind damit der C nicht zuzurechnen. Eine unverzügliche Mitteilung an die C hat die Klägerin auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht behauptet. Dass die Klägerin von dem in § 15 Satz 1 der genannten AVG enthaltenen Hinweis keine Kenntnis hat nehmen können, ist - insbesondere auch aus den Gerichtsakten des Landgerichtes Baden-Baden und des Oberlandesgerichtes Karlsruhe - nicht ersichtlich und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Dabei muss sich die Klägerin hinsichtlich ihrer unterlassenen Anzeige an die C grobe Fahrlässigkeit zur Last legen lassen. Sozialrechtlich liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X). Grobe Fahrlässigkeit setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung voraus, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Anzulegen ist bei der Prüfung des Vorliegens der groben Fahrlässigkeit nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab. Subjektiv unentschuldbar ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dies trifft bei der Klägerin zu. Durch den ausdrücklichen und klaren Hinweis in § 15 Satz 1 der AVG Teil II RB/KT 94 war es für sie (vergleichbar den Hinweisen im Merkblatt 1 für Arbeitslose) ein Leichtes zu erkennen, dass sie den Bezug von Berufsunfähigkeitsrente ihrer privaten Krankenversicherung C selbst mitzuteilen hat. Darauf, ob der Klägerin auch grob fahrlässige Unkenntnis dahin vorzuwerfen ist, dass ihr aufgrund des Bezuges der Berufsunfähigkeitsrente kein Krankentagegeld mehr zusteht, wovon das SG im angefochtenen Urteil (im Übrigen) weiter ausgeht, kommt es mithin nicht an.

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Entscheidung. Soweit sich die Klägerin auf die Urteile des BSG vom 25.01.1995 - 12 RK 51/93 und 11.10.2011 - B 12 KR 11/01 R - (zur Beitragslast) beruft, sind diese Urteile vorliegend nicht übertragbar. Die Urteile des BSG betreffen eine andere Sachlage. Eine Beitragslast ist vorliegend nicht streitgegenständlich. Die Klägerin macht auch nicht deutlich, dass die von ihr in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Beitragslast vorliegend entscheidungserhebliche Bedeutung zukäme und ist auch sonst nicht ersichtlich. Darauf, ob die Klägerin (im Rahmen des § 45 SGB X) falsche Angaben gemacht hat, kommt es nach dem Ausgeführten nicht an. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Klägerin, sie habe sich auf die Auskunft ihres Versicherungsmaklers verlassen dürfen. Darauf, ob der Klägerin grob fahrlässige Unkenntnis dahin vorzuwerfen ist, dass ihr aufgrund des Bezuges der Berufsunfähigkeitsrente kein Krankentagegeld mehr zusteht, worauf ihr Vorbringen abzielt, ist für die Entscheidung des Senats nicht entscheidungserheblich. Soweit sich die Klägerin weiter (unter Bezug auf das Urteil des BSG vom 15.05.1985 - 12 RK 7/83-USK 8496 -) darauf beruft, dass Vertrauensschutz und der im Sozialrecht verankerte Grundsatz, dass der Versicherungsschutz im jeweiligen Zeitpunkt klar erkennbar sein müsse und rückwirkende Veränderungen grundsätzlich unbeachtlich seien, bei zivilgerichtlichen Entscheidungen keine Berücksichtigung fänden, kann offen bleiben, ob diesem Vorbringen der Klägerin zu folgen ist. Denn ihrem Einwand wird vorliegend jedenfalls durch die hier (fiktive) Anwendung des § 48 SGB X hinreichend Rechnung getragen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, dass gesetzliche als auch private Berufsunfähigkeitsrenten rückwirkend gezahlt würden, so das der Versicherte im Zeitpunkt des Bezuges des Kranken- oder Krankentagegeldes nicht wisse, ob er die Leistung behalten dürfe oder nicht, wodurch sich erhebliche Unsicherheiten des Bestehens einer Versicherungspflicht ergäben. Unabhängig davon ist durch die ab 01.06.2009 ausbezahlte und rückwirkend für den Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.05.2009 abgerechnete Berufsunfähigkeitsrente der Krankentagegeldanspruch der Klägerin nicht rückwirkend entfallen. Vielmehr ist die Klägerin zur Erstattung erhaltenen Krankentagegeldes an C erst ab dem 02.07.2009 verpflichtet. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung (am 12.04.2011) sei die Anwartschaftszeit erfüllt gewesen. Zwar trifft zu, dass die Klägerin vom Landgericht Baden-Baden erst durch Urteil vom 12.07.2011 zur Erstattung des Krankentagegeldes an C verurteilt wurde bzw. der beim Oberlandesgericht geschlossene Vergleich erst am 19.01.2012 erfolgt ist. Zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung der Klägerin war der von C geltend Erstattungsanspruch gezahlten Krankentagegeldes jedoch beim Landgericht Baden-Baden bereits rechtshängig und damit als Anwartschaftszeit nicht zu berücksichtigen.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Auf die von der Klägerin unter Benennung von Zeugen vertretene Ansicht, dass sie Vertrauensschutz deshalb genieße, weil sie sich auf die Auskunft ihres Versicherungsmaklers habe verlassen dürfen, kommt es vorliegend nicht entscheidungsrelevant an, weshalb sich der Senat nicht gedrängt sieht, die von ihr hierzu benannten Zeugen zu vernehmen.

Damit befand sich die Klägerin innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 12.04.2009 bis 11.04.2011 keine zwölf Monate, sondern lediglich in der Zeit vom 12.04.2009 bis 01.07.2009 in einem Versicherungspflichtverhältnis, weshalb sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Dies würde selbst dann gelten, wenn entsprechend dem beim Oberlandesgericht Karlsruhe geschlossen Vergleich gemäß § 3 von einer Rückzahlungspflicht gezahlten Krankentagegeldes von nur 30.000 EUR ausgegangen würde.

Die Berufung der Klägerin war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved