Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 166 KR 922/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 513/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2012 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) in seiner seit dem 5. Januar 2009 für den Kläger ausgeübten Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz".
Der im Jahre 1968 geborene Beigeladene zu 1) ist Diplom-Meteorologe und Fitnesstrainer.
Der Kläger ist mit dem Jugendamt T- Träger des Kinder- und Jugendclubs "h " in Berlin-, einer Jugendfreizeiteinrichtung (JFE) mit verschiedenen Freizeitangeboten.
Erstmalig am 15. Dezember 2008 schloss der Kläger ("Auftraggeber") mit dem Beigeladenen zu 1) ("Auftragnehmer") einen als "Honorarvertrag" bezeichneten Vertrag, der mit dem h als Einsatzort die "Anleitung einer Computergruppe und Werken mit Holz für Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren" zum Gegenstand hatte. Der Vertrag umfasste den Zeitraum 5. Januar 2009 bis 30. Juni 2009, montags 15 bis 19 Uhr, dienstags 14 bis 19 Uhr und mittwochs 14 bis 19 Uhr, mithin 351 Arbeitsstunden insgesamt zu einem Stundenhonorar in Höhe von 10,75 Euro.
Entsprechende Verträge schlossen Kläger und Beigeladener zu 1) für die Zeiträume
1. Juli 2009 bis 16. Dezember 2009, 20. Januar bis 30. Juni 2010, 23. August bis 15. Dezember 2010, 12. Januar bis 29. Juni 2011, 15. August bis 14. Dezember 2011, 11. Januar bis 20. Juni 2012, 6. August bis 12. Dezember 2012, 9. Januar bis 19. Juni 2013, 5. August bis 18. Dezember 2013 und 3. Februar bis 7. Juli 2014.
Wegen der Einzelheiten [Stundenumfang, sonstige Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) für den Kläger, jahresbezogenes Gesamthonorar] wird auf die vom Kläger am 7. Juli 2014 erstellte Übersicht, Bl. 122 und 123 der Gerichtsakte, Bezug genommen.
Das jeweils vereinbarte Honorar in Höhe von 10,75 Euro beruhte auf den "Ausführungsvorschriften für Honorare im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe" (AV Hon-KJH) der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport vom 17. Oktober 2001. Diese enthielten u.a. folgende Regelungen:
3 – Verträge ( ) Der Vertragstext muss sicherstellen, dass die Honorarkräfte ihre Arbeit selbstbestimmt lediglich zur Erfüllung eines vertraglichen Auftrages erbringen, ohne hierbei dem Direktionsrecht des Landes Berlin unterworfen zu sein. Hierfür ist zum Ausdruck zu bringen, dass die Honorarkraft ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann und über die Art und Weise der Auftragserfüllung im Rahmen des durch den Vertrag festgelegten Inhalts allein entscheidet. Unbedingt erforderliche zeitliche Vorgaben und örtliche Bindungen bei der Erbringung der Leistung dürfen nicht auf Weisungsrecht beruhen, sondern auf vertraglichen Abreden. ( )
11 – Honorarkräfte als arbeitnehmerähnliche Personen (1) Honorarkräfte, die sozial schutzbedürftig vergleichbar einem Arbeitnehmer und im Rahmen der freien Mitarbeiterverhältnisse zum Land Berlin von diesen wirtschaftlich abhängig sind (arbeitnehmerähnliche Personen) erhalten auf Antrag zu den Kosten ihrer Kranken- und Rentenversicherung einen Zuschuss ( ).
Die zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1) geschlossenen Verträge enthielten auf dieser Grundlage folgende Regelungen:
Der Auftragnehmer erhält ein Honorar gemäß der Anlage zur AV Hon KJH in der jeweils geltenden Fassung für jede vereinbarte Stunde a 60 min in Höhe von 10,75 Euro. Mit diesem Honorar sind alle entstehenden Kosten und Aufwendungen, einschließlich Wege-, Vor- sowie Nachbereitungszeiten abgegolten. Pausenzeiten werden nicht vergütet und sind in der Honorarabrechnung auszuweisen (vgl. Nr. 12 AV HonKJH). Das Honorar wird monatlich nachträglich, nur für tatsächlich erbrachte Leistungen gezahlt. Die Rechnung muss spätestens bis zum folgenden Monatsende vorliegen. ( ). Die Honorare sind Bruttobeträge. Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Finanzbehörden geleistete Honorarzahlungen nach der Mitteilungsverordnung (MV) – in der jeweils gültigen Fassung – mitzuteilen. Der Vertrag kann jederzeit beendet werden. Gründe für eine Kündigung sind unter anderem wenn:
• die Zielgruppe der vereinbarten Leistung nicht mehr existiert, • der Vertragsgegenstand nicht mehr existiert, • der Erfüllungsort (die Einrichtung) geschlossen wird, • der Auftragnehmer den Vertrag nicht erfüllt, • die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht mehr möglich ist, • gegen die Verpflichtung in der "Schutzerklärung" verstoßen bzw. die Unwahrheit nachgewiesen wird.
Der Auftragnehmer:
• unterliegt keinem Direktionsrecht des Landes Berlin, • begründet durch seine Leistung kein Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber, • hat durch seine Leistung keinen Anspruch auf regelmäßigen Einsatz oder Übernahme in ein Arbeitsverhältnis, • verpflichtet sich, jede geschlossene Vereinbarung über eine Tätigkeit mit dem Land Berlin dem Auftraggeber mitzuteilen und nicht mehr als 18 Stunden wöchentlich als freie/r Mitarbeiter/in für das Land Berlin tätig zu sein, • erfüllt die Aufsichtspflicht in den Vertragszeiten, • informiert den/die Leiter/in der Einrichtung, ggf. den Fachbereich unverzüglich, wenn die Erfüllung des Vertrages gefährdet ist (z. B. wegen Krankheit), • haftet für schuldhaft verursachte Schäden, • erhält durch die Abt. Familie, Jugend und Sport keinen Ersatz für Sach- und Körperschäden, die ihm auf dem Weg zum oder am Leistungsort entstehen, • verpflichtet sich zur Verschwiegenheit über alle dienstlichen Vorgänge, die durch die Tätigkeit bekannte werden, auch für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, • erhält eine Ausfertigung dieses Vertrages.
Bestandteil des Vertrages sind die "Ausführungsvorschriften für Honorare im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe (AV Hon-KJH)" in der jeweils geltenden Fassung. Im Übrigen sind die entsprechenden Bestimmungen des BGB bindend.
Der/Die Auftragnehmer/in hat die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des SGB VIII zu beachten und die entsprechenden Voraussetzungen, die sich aus dem Jugendrundschreiben Nr. 34/2006 zur Umsetzung des § 72 a SGB und § 8 a SGB VIII ergeben, zu erfüllen. Dazu gehört auch die Vorlage eines aktuell gültigen Führungszeugnisses.
Der Beigeladene zu 1) nutzt bei seiner Arbeit die Computer sowie Werkzeug und Holzmaterialien der Einrichtung als Arbeitsmittel. Er übt seine Tätigkeit ausschließlich in den Räumen bzw. auf dem Gelände der Einrichtung aus. In dem "h " sind 3,5 feste pädagogische Mitarbeiter tätig sowie "freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter". Auf der Internetseite der Einrichtung (http://www.h-berlin.de/Mitarbeiter.html) ist der Beigeladene zu 1) als Mitglied des Teams mit Vornamen und mit Foto genannt. Die Arbeit des "h " beruht auf einem vom Kläger erstellten schriftlichen Konzept, das u.a. die Notwendigkeit der Teamarbeit betont. Auf Bl. 10 bis 14 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten wird insoweit Bezug genommen. Dem "h " steht der Sozialoberinspektor K als Einrichtungsleiter vor, der sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. Juli 2014 als Vorgesetzter des Beigeladenen zu 1) vorstellte. Nach den Bekundungen des Einrichtungsleiters nimmt der Beigeladene zu 1) aus Zeitgründen nicht an den abgehaltenen Teambesprechungen teil, steht aber in ständiger Kommunikation mit dem Einrichtungsleiter und springt ein, wenn Stammpersonal ausfällt. Die Arbeitszeiten des Beigeladenen zu 1) variieren nach Bedarf. Der Einrichtungsleiter verwaltet das Budget der JFE und ist in der Lage, die vereinbarten Arbeitszeiten des Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe vorhandener Mittel im Einzelfall zu verlängern, wozu es auch tatsächlich kam. Zusätzlich zu den vertraglich festgelegten Aufgaben betreute der Beigeladene zu 1) in der Einrichtung so bei Bedarf eine Fahrradwerkstatt und einen Fitnessraum und pflegte das Computernetzwerk und den Internetauftritt. Die Beachtung der pädagogischen Konzeption der JFE durch den Beigeladenen zu 1) wird durch den Einrichtungsleiter überwacht.
Auf Veranlassung des Landesrechnungshofes, die sich auf alle "freien Mitarbeiter" der kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen bezog, stellten der Kläger und der Beigeladene zu 1) bei dem Beklagten am 29. April 2009 einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1). Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren u.a. vorgebracht, der Beigeladene zu 1) sei einem Volkshochschuldozenten vergleichbar und unterliege keinen Weisungen.
Mit Bescheiden vom 29. September 2009 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass dessen Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" bei dem Kläger seit dem 5. Januar 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Mit Änderungsbescheiden vom 1. März 2010 korrigierte die Beklagte den Verfügungssatz dahingehend, dass für den Beigeladenen zu 1) in der seit dem 5. Januar 2009 ausgeübten Beschäftigung als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" bei dem Bezirksamt T/ Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Eine Vielzahl von Merkmalen belege das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. So besitze der Kläger ein einseitiges Direktionsrecht. Die Tätigkeit werde in den Räumen des Auftraggebers und mit dessen Arbeitsmitteln ausgeführt. Der Beigeladene zu 1) unterliege bei seiner Tätigkeit klaren Vorgaben und sei in die vom Kläger vorgegebene Organisation eingegliedert, der der Leiter der Einrichtung vorstehe, zu dessen Aufgaben auch der Einsatz der Honorarkräfte gehöre. Zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1) gehöre auch die vertraglich vereinbarte Aufsichtspflicht über die die Einrichtung besuchenden Kinder und Jugendlichen. Auch dadurch sei er Teil des Teams, zu dem er auch nach dem Internetauftritt der Einrichtung zähle. Einem Unternehmerrisiko unterliege er nicht. Einem Dozenten sei er nicht vergleichbar, vielmehr obliege ihm die Betreuung von Kindern und Jugendlichen.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch, den der Kläger mit dem ausdrücklich vereinbarten Status eines freien Mitarbeiters und der fehlenden Weisungsabhängigkeit des Beigeladenen zu 1) begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2010 zurück.
Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen angeführt, Weisungen unterliege der Beigeladene zu 1) nicht, vielmehr sei er völlig frei in der inhaltlichen, didaktischen und methodischen Gestaltung seiner Arbeit. Vertraglich sei ein Direktionsrecht ausdrücklich ausgeschlossen. Die dem Beigeladenen zu 1) während seines Unterrichts obliegende Aufsichtspflicht sei für die Beurteilung eines Beschäftigungs-verhältnisses unerheblich. Die geringe wöchentliche Arbeitszeit habe es dem Beigeladenen zu 1) ermöglicht, zusätzlich als Fitnesstrainer zu arbeiten. Sein unternehmerisches Risiko habe in dem Umstand bestanden, im Krankheitsfall keine Vergütung zu erhalten sowie in der Abhängigkeit seiner Tätigkeit von ausreichender Nachfrage seitens der Kinder und Jugendlichen. Bezahlten Urlaub habe er nicht erhalten.
Mit Urteil vom 16. November 2012 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger handele es sich um eine abhängige Beschäftigung, weil nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung die hierfür sprechenden Merkmale überwögen. Zu festgelegten Zeiten betreue der Beigeladene zu 1) Kinder und Jugendliche im "h ". In der mündlichen Verhandlung habe er erklärt, dies nicht auf Computerkurse und Holzwerken zu beschränken, sondern je nach Nachfrage auch andere Angebote zu machen, wie etwa Fahrradwerkstatt und Fitnessraum. Dabei unterliege er keinerlei unternehmerischem Risiko.
Gegen das ihm am 10. Dezember 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Dezember 2012 erhobene Berufung des Klägers. Im Gesamtbild aller Umstände liege gerade keine abhängige Beschäftigung vor. Das unternehmerische Risiko habe in der Notwendigkeit ausreichender Nachfrage seitens der Besucher der Einrichtung bestanden sowie in fehlender Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Weisungen habe der Beigeladene zu 1) nicht erhalten; er sei frei darin gewesen, welche Angebote er den Kindern und Jugendlichen machte.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. Juli 2014 hat die Beklagte die streitigen Bescheide geändert und Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" für folgende Zeiträume festgestellt:
5. Januar bis 30. Juni 2009, 1. Juli bis 16. Dezember 2009 , 20. Januar bis 30. Juni 2010, 23. August bis 15. Dezember 2010, 12. Januar bis 29. Juni 2011, 15. August bis 14. Dezember 2011, 11. Januar bis 20. Juni 2012, 6. August bis 12. Dezember 2012, 9. Januar bis 19. Juni 2013, 5. August bis 18. Dezember 2013, 3. Februar bis 7. Juli 2014.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. September 2009 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 sowie des Bescheides vom 9. Juli 2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für den Kläger als Leiter einer Computergruppe sowie des Kurses "Werken mit Holz" nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers unterliege der Beigeladene zu 1) gerade keinem unternehmerischen Risiko. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes einsetze, der Erfolg des Einsatzes von sächlichen oder persönlichen Mitteln also ungewiss sei. Hier habe der Beigeladene zu 1) eine feste Vergütung nach Stunden erhalten, die nicht an einen bestimmten Erfolg gekoppelt gewesen sei. Fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall allein stelle kein Unternehmerrisiko dar.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge von Kläger und Beklagter Bezug genommen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beigeladene zu 1) unterliegt in seiner seit dem 5. Januar 2009 ausgeübten Tätigkeit für den Kläger als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" der Versicherungspflicht in allen den Sparten der Sozialversicherung.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an den Kläger gerichtete Bescheid vom 9. Juli 2014. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die Feststellung zum Vorliegen von Versicherungspflicht um die relevanten Zeiträume, für die Versicherungspflicht besteht, ergänzt. Darin liegt eine konkretisierende Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 9. Juli 2014 die unvollständige vorangegangene Regelung im Sinne von § 96 Abs. 1 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ersetzt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2013, B 12 KR 17/11 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20).
II. Versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) u.a. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (st. Rspr., vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16f.).
III. Hieran gemessen übt der Beigeladene zu 1) auch zur Überzeugung des Senats seine seit dem 5. Januar 2009 ausgeübte Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" im Rahmen einer Sozialversicherungspflicht begründenden Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV aus.
1. Das grundsätzlich als Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung fungierende Vertragsverhältnis der Beteiligten gibt hier allerdings keinen näheren Aufschluss über das (Nicht-)Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Aus dem Wortlaut des zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1) geschlossenen und in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Formularvertrages und der ihm zugrunde liegenden AV Hon-KJH spricht das Bemühen des klagenden Landes Berlin, um jeden Preis und unabhängig von der im Einzelfall tatsächlich verrichteten Arbeit die Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zu vermeiden. Der Senat wertet dies als (versuchte) Umgehung der einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, um sicherzustellen, dass auch im Falle einer abhängigen Beschäftigung der Eindruck von Weisungsfreiheit entstehen soll. Nr. 3 Sätze 3 und 4 der AV Hon-KJH lässt keine andere Schlussfolgerung zu: Danach "muss" der Vertragstext sicherstellen, dass "die Honorarkräfte ihre Arbeit selbstbestimmt lediglich zur Erfüllung eines vertraglichen Auftrages erbringen, ohne hierbei dem Direktionsrecht des Landes Berlin unterworfen zu sein. Hierfür ist zum Ausdruck zu bringen, dass die Honorarkraft ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann und über die Art und Weise der Auftragserfüllung im Rahmen des durch den Vertrag festgelegten Inhaltes allein entscheidet." Diese für alle "Honorarkräfte" im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch/Achtes Buch (SGB VIII) geltenden Vorgaben lassen nicht erkennen, dass der Vertragstext davon abhängen soll, ob nach dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien eine selbständige oder eine abhängige Arbeit Vertragsgegenstand werden soll. Vielmehr soll der Vertragstext schematisch auf alle denkbaren Arbeitsleistungen angewendet werden, um möglichst schon vom Wortlaut des Vertrages her die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses auszuschließen. Dementsprechend enthielt auch der mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag etwa die Formulierung, dass er keinem Direktionsrecht des Landes Berlin unterliege und ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde. Der Senat hält fest: Die für die Ausführung der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII in Berlin zuständige Sozialverwaltung – die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport im Zusammenwirken mit den Jugendämtern der Bezirke – hat sich aktiv um eine Umgehung der Sozialversicherungspflicht begründenden Rechtsvorschriften bemüht, indem sämtliche "Honorarkräfte" unabhängig von den näheren Umständen ihrer Arbeit in das Rechtsverhältnis eines "freien Mitarbeiters" gedrängt werden sollten. Wegen des erkennbar fehlenden Einzelfallbezuges kommt den vertraglichen Regelungen, die im vorliegenden Fall eher die Qualität eines Scheingeschäfts haben (vgl. § 117 BGB), daher keine rechtliche Bedeutung zu. Für die rechtliche Bewertung Ausschlag gebend können vor diesem Hintergrund nur die tatsächlichen Verhältnisse der jeweiligen Arbeitsleistung sein.
2. Diese tatsächlichen Verhältnisse gebieten in dem hier zu beurteilenden Fall zwingend die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses. Der Fall des Beigeladenen zu 1) macht dabei besonders deutlich, zu welchen Auswirkungen die beschriebenen Bemühungen des Landes Berlin um eine Umgehung des Sozialversicherungsrechts führen: Der Beigeladene zu 1) ist seit Anfang 2009 Teil des die JFE "h " betreibenden Teams, wird als Teil des Teams auch nach außen hin präsentiert, ist nach innen aber Teil einer in zwei Klassen geteilten Belegschaft, von denen der eine Teil aus "festen" und sozialversicherungsrechtlich wie üblich abgesicherten Mitarbeitern besteht, während der andere Teil "frei" tätig werden soll, ohne dass für den Kläger etwa die Last von Sozialversicherungsabgaben oder anderer Leistungen wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall anfällt.
Für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spricht eine Fülle relevanter Anhaltspunkte: Der Beigeladene zu 1) arbeitet in der JFE nicht weisungsfrei. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Leiter der Einrichtung, der Sozialoberinspektor K, stellte sich dem Senat zu Beginn der Sitzung unbefangen als "Vorgesetzter" des Beigeladenen zu 1) vor. Er achtet darauf, dass der Beigeladene zu 1) in seinen Kursen die pädagogische Konzeption der JFE beachtet und setzt ihn je nach vorhandenen Mitteln auch spontan zusätzlich zu den vertraglich festgelegten Aufgaben in anderen Bereichen ein. Damit ist der Beigeladene zu 1) direkt in den Betrieb der JFE eingebunden. Zwar nimmt er aufgrund seines begrenzten Zeitbudgets nicht an den Teambesprechungen teil, wird aber vom Einrichtungsleiter über deren Ergebnisse in Kenntnis gesetzt. Zugleich fungiert der Beigeladene zu 1) auch als Vertreter, wenn Stammpersonal ausfällt. Er hat sich an dem schriftlich ausgearbeiteten Konzept der Einrichtung zu orientieren und lebt unmittelbares kollegiales Miteinander im Team, als dessen gleichberechtigter Teil er im Internetauftritt der Einrichtung dargestellt wird. Zudem hat der Kläger dem Beigeladenen zu 1) eine Erfüllung der den Kindern und Jugendlichen gegenüber bestehenden Aufsichtspflicht auferlegt. Auch dieser Aspekt zeigt, wie sehr der Beigeladene zu 1) in den Betrieb der JFE eingebunden ist. Zugleich ist er an die JFE als Arbeitsort gebunden und kann auch nur bedingt über seine Arbeitszeit verfügen, denn diese liegt naturgemäß in den Nachmittagsstunden. Der Beigeladene zu 1) nutzt bei der hier in Rede stehenden Tätigkeit "Computerkurs und Werken mit Holz" ausschließlich Räumlichkeiten und Materialien, die ihm vom Kläger zur Verfügung gestellt werden. Im Hinblick auf den Inhalt der geschuldeten Arbeit ist zu berücksichtigen, dass die vom Beigeladenen zu 1) zu erbringenden pädagogischen und kreativen Leistungen zu den so genannten Diensten höherer Art zählen, für die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schon seit langem ein eingeschränktes Weisungsrecht, welches sich zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, als kennzeichnend angesehen wurde; höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Juni 2001, B 12 KR 44/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Solange jemand – wie der Beigeladene zu 1) – in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 18. November 1980, 12 RK 76/79 –, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19).
Ein ins Gewicht fallendes unternehmerisches Risiko bestand für den Beigeladenen zu 1) dabei nicht. Maßgebliches Kriterium ist insoweit, ob eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft mit dem Risiko auch eines Verlustes "aufs Spiel gesetzt" wird, der Erfolg des Einsatzes von sächlichen oder persönlichen Mitteln also ungewiss ist (st. Rspr., vgl. nur Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 22). Der Beigeladene zu 1) setzt weder eigenes Kapital ein, noch fließt ihm durch seine Tätigkeit ein Unternehmergewinn zu. Die Höhe seiner Vergütung hängt ausschließlich von den Regelungen ab, die der Kläger in den AV Hon-KJH fast nach Art eines Tarifvertrages mit nach Qualifikation und Aufgaben abgestaffelten Stundensätzen trifft. Nicht zum Unternehmerrisiko gehört eine Haftung für Verschulden bei der fehlerhaften Ausführung einer übertragenen Tätigkeit; eine solche Haftung kann ihre Grundlage und Grenze auch in dem einer abhängigen Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsvertrag haben. Die vom Kläger angeführte fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist kein Indiz für ein unternehmerisches Risiko, sondern nur Auswirkung der vom Kläger schematisch und flächendeckend beabsichtigten Vermeidung spezifischer Arbeitnehmerrechte.
Weitere gegen eine Selbständigkeit sprechende Umstände, wie z.B. vom Beigeladenen zu 1) vertraglich übernommene Nebenpflichten, treten hinzu. So wird sich ein Selbständiger typischerweise nicht verpflichten, weitere Verträge seinem Vertragspartner mitzuteilen oder gar seine Tätigkeit für diesen Vertragspartner auf eine bestimmtes wöchentliches Zeitkontingent (hier: 18 Stunden) zu beschränken. Schon zur Erwirtschaftung seiner finanziellen Lebensgrundlagen und zur Absicherung für Phasen mit geringeren Einkünften wird das Interesse eines Selbständigen in der Regel dahin gehen, seine Erwerbsmöglichkeiten bis zum zeitlichen Umfang einer Vollzeittätigkeit, d.h. bis ca. 40 Stunden wöchentlich, auszudehnen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht zu erstatten, weil sie keine Anträge gestellt und somit kein Kostenrisiko übernommen haben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) in seiner seit dem 5. Januar 2009 für den Kläger ausgeübten Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz".
Der im Jahre 1968 geborene Beigeladene zu 1) ist Diplom-Meteorologe und Fitnesstrainer.
Der Kläger ist mit dem Jugendamt T- Träger des Kinder- und Jugendclubs "h " in Berlin-, einer Jugendfreizeiteinrichtung (JFE) mit verschiedenen Freizeitangeboten.
Erstmalig am 15. Dezember 2008 schloss der Kläger ("Auftraggeber") mit dem Beigeladenen zu 1) ("Auftragnehmer") einen als "Honorarvertrag" bezeichneten Vertrag, der mit dem h als Einsatzort die "Anleitung einer Computergruppe und Werken mit Holz für Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren" zum Gegenstand hatte. Der Vertrag umfasste den Zeitraum 5. Januar 2009 bis 30. Juni 2009, montags 15 bis 19 Uhr, dienstags 14 bis 19 Uhr und mittwochs 14 bis 19 Uhr, mithin 351 Arbeitsstunden insgesamt zu einem Stundenhonorar in Höhe von 10,75 Euro.
Entsprechende Verträge schlossen Kläger und Beigeladener zu 1) für die Zeiträume
1. Juli 2009 bis 16. Dezember 2009, 20. Januar bis 30. Juni 2010, 23. August bis 15. Dezember 2010, 12. Januar bis 29. Juni 2011, 15. August bis 14. Dezember 2011, 11. Januar bis 20. Juni 2012, 6. August bis 12. Dezember 2012, 9. Januar bis 19. Juni 2013, 5. August bis 18. Dezember 2013 und 3. Februar bis 7. Juli 2014.
Wegen der Einzelheiten [Stundenumfang, sonstige Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) für den Kläger, jahresbezogenes Gesamthonorar] wird auf die vom Kläger am 7. Juli 2014 erstellte Übersicht, Bl. 122 und 123 der Gerichtsakte, Bezug genommen.
Das jeweils vereinbarte Honorar in Höhe von 10,75 Euro beruhte auf den "Ausführungsvorschriften für Honorare im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe" (AV Hon-KJH) der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport vom 17. Oktober 2001. Diese enthielten u.a. folgende Regelungen:
3 – Verträge ( ) Der Vertragstext muss sicherstellen, dass die Honorarkräfte ihre Arbeit selbstbestimmt lediglich zur Erfüllung eines vertraglichen Auftrages erbringen, ohne hierbei dem Direktionsrecht des Landes Berlin unterworfen zu sein. Hierfür ist zum Ausdruck zu bringen, dass die Honorarkraft ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann und über die Art und Weise der Auftragserfüllung im Rahmen des durch den Vertrag festgelegten Inhalts allein entscheidet. Unbedingt erforderliche zeitliche Vorgaben und örtliche Bindungen bei der Erbringung der Leistung dürfen nicht auf Weisungsrecht beruhen, sondern auf vertraglichen Abreden. ( )
11 – Honorarkräfte als arbeitnehmerähnliche Personen (1) Honorarkräfte, die sozial schutzbedürftig vergleichbar einem Arbeitnehmer und im Rahmen der freien Mitarbeiterverhältnisse zum Land Berlin von diesen wirtschaftlich abhängig sind (arbeitnehmerähnliche Personen) erhalten auf Antrag zu den Kosten ihrer Kranken- und Rentenversicherung einen Zuschuss ( ).
Die zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1) geschlossenen Verträge enthielten auf dieser Grundlage folgende Regelungen:
Der Auftragnehmer erhält ein Honorar gemäß der Anlage zur AV Hon KJH in der jeweils geltenden Fassung für jede vereinbarte Stunde a 60 min in Höhe von 10,75 Euro. Mit diesem Honorar sind alle entstehenden Kosten und Aufwendungen, einschließlich Wege-, Vor- sowie Nachbereitungszeiten abgegolten. Pausenzeiten werden nicht vergütet und sind in der Honorarabrechnung auszuweisen (vgl. Nr. 12 AV HonKJH). Das Honorar wird monatlich nachträglich, nur für tatsächlich erbrachte Leistungen gezahlt. Die Rechnung muss spätestens bis zum folgenden Monatsende vorliegen. ( ). Die Honorare sind Bruttobeträge. Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Finanzbehörden geleistete Honorarzahlungen nach der Mitteilungsverordnung (MV) – in der jeweils gültigen Fassung – mitzuteilen. Der Vertrag kann jederzeit beendet werden. Gründe für eine Kündigung sind unter anderem wenn:
• die Zielgruppe der vereinbarten Leistung nicht mehr existiert, • der Vertragsgegenstand nicht mehr existiert, • der Erfüllungsort (die Einrichtung) geschlossen wird, • der Auftragnehmer den Vertrag nicht erfüllt, • die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht mehr möglich ist, • gegen die Verpflichtung in der "Schutzerklärung" verstoßen bzw. die Unwahrheit nachgewiesen wird.
Der Auftragnehmer:
• unterliegt keinem Direktionsrecht des Landes Berlin, • begründet durch seine Leistung kein Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber, • hat durch seine Leistung keinen Anspruch auf regelmäßigen Einsatz oder Übernahme in ein Arbeitsverhältnis, • verpflichtet sich, jede geschlossene Vereinbarung über eine Tätigkeit mit dem Land Berlin dem Auftraggeber mitzuteilen und nicht mehr als 18 Stunden wöchentlich als freie/r Mitarbeiter/in für das Land Berlin tätig zu sein, • erfüllt die Aufsichtspflicht in den Vertragszeiten, • informiert den/die Leiter/in der Einrichtung, ggf. den Fachbereich unverzüglich, wenn die Erfüllung des Vertrages gefährdet ist (z. B. wegen Krankheit), • haftet für schuldhaft verursachte Schäden, • erhält durch die Abt. Familie, Jugend und Sport keinen Ersatz für Sach- und Körperschäden, die ihm auf dem Weg zum oder am Leistungsort entstehen, • verpflichtet sich zur Verschwiegenheit über alle dienstlichen Vorgänge, die durch die Tätigkeit bekannte werden, auch für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, • erhält eine Ausfertigung dieses Vertrages.
Bestandteil des Vertrages sind die "Ausführungsvorschriften für Honorare im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe (AV Hon-KJH)" in der jeweils geltenden Fassung. Im Übrigen sind die entsprechenden Bestimmungen des BGB bindend.
Der/Die Auftragnehmer/in hat die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des SGB VIII zu beachten und die entsprechenden Voraussetzungen, die sich aus dem Jugendrundschreiben Nr. 34/2006 zur Umsetzung des § 72 a SGB und § 8 a SGB VIII ergeben, zu erfüllen. Dazu gehört auch die Vorlage eines aktuell gültigen Führungszeugnisses.
Der Beigeladene zu 1) nutzt bei seiner Arbeit die Computer sowie Werkzeug und Holzmaterialien der Einrichtung als Arbeitsmittel. Er übt seine Tätigkeit ausschließlich in den Räumen bzw. auf dem Gelände der Einrichtung aus. In dem "h " sind 3,5 feste pädagogische Mitarbeiter tätig sowie "freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter". Auf der Internetseite der Einrichtung (http://www.h-berlin.de/Mitarbeiter.html) ist der Beigeladene zu 1) als Mitglied des Teams mit Vornamen und mit Foto genannt. Die Arbeit des "h " beruht auf einem vom Kläger erstellten schriftlichen Konzept, das u.a. die Notwendigkeit der Teamarbeit betont. Auf Bl. 10 bis 14 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten wird insoweit Bezug genommen. Dem "h " steht der Sozialoberinspektor K als Einrichtungsleiter vor, der sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. Juli 2014 als Vorgesetzter des Beigeladenen zu 1) vorstellte. Nach den Bekundungen des Einrichtungsleiters nimmt der Beigeladene zu 1) aus Zeitgründen nicht an den abgehaltenen Teambesprechungen teil, steht aber in ständiger Kommunikation mit dem Einrichtungsleiter und springt ein, wenn Stammpersonal ausfällt. Die Arbeitszeiten des Beigeladenen zu 1) variieren nach Bedarf. Der Einrichtungsleiter verwaltet das Budget der JFE und ist in der Lage, die vereinbarten Arbeitszeiten des Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe vorhandener Mittel im Einzelfall zu verlängern, wozu es auch tatsächlich kam. Zusätzlich zu den vertraglich festgelegten Aufgaben betreute der Beigeladene zu 1) in der Einrichtung so bei Bedarf eine Fahrradwerkstatt und einen Fitnessraum und pflegte das Computernetzwerk und den Internetauftritt. Die Beachtung der pädagogischen Konzeption der JFE durch den Beigeladenen zu 1) wird durch den Einrichtungsleiter überwacht.
Auf Veranlassung des Landesrechnungshofes, die sich auf alle "freien Mitarbeiter" der kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen bezog, stellten der Kläger und der Beigeladene zu 1) bei dem Beklagten am 29. April 2009 einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1). Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren u.a. vorgebracht, der Beigeladene zu 1) sei einem Volkshochschuldozenten vergleichbar und unterliege keinen Weisungen.
Mit Bescheiden vom 29. September 2009 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass dessen Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" bei dem Kläger seit dem 5. Januar 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Mit Änderungsbescheiden vom 1. März 2010 korrigierte die Beklagte den Verfügungssatz dahingehend, dass für den Beigeladenen zu 1) in der seit dem 5. Januar 2009 ausgeübten Beschäftigung als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" bei dem Bezirksamt T/ Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Eine Vielzahl von Merkmalen belege das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. So besitze der Kläger ein einseitiges Direktionsrecht. Die Tätigkeit werde in den Räumen des Auftraggebers und mit dessen Arbeitsmitteln ausgeführt. Der Beigeladene zu 1) unterliege bei seiner Tätigkeit klaren Vorgaben und sei in die vom Kläger vorgegebene Organisation eingegliedert, der der Leiter der Einrichtung vorstehe, zu dessen Aufgaben auch der Einsatz der Honorarkräfte gehöre. Zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1) gehöre auch die vertraglich vereinbarte Aufsichtspflicht über die die Einrichtung besuchenden Kinder und Jugendlichen. Auch dadurch sei er Teil des Teams, zu dem er auch nach dem Internetauftritt der Einrichtung zähle. Einem Unternehmerrisiko unterliege er nicht. Einem Dozenten sei er nicht vergleichbar, vielmehr obliege ihm die Betreuung von Kindern und Jugendlichen.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch, den der Kläger mit dem ausdrücklich vereinbarten Status eines freien Mitarbeiters und der fehlenden Weisungsabhängigkeit des Beigeladenen zu 1) begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2010 zurück.
Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen angeführt, Weisungen unterliege der Beigeladene zu 1) nicht, vielmehr sei er völlig frei in der inhaltlichen, didaktischen und methodischen Gestaltung seiner Arbeit. Vertraglich sei ein Direktionsrecht ausdrücklich ausgeschlossen. Die dem Beigeladenen zu 1) während seines Unterrichts obliegende Aufsichtspflicht sei für die Beurteilung eines Beschäftigungs-verhältnisses unerheblich. Die geringe wöchentliche Arbeitszeit habe es dem Beigeladenen zu 1) ermöglicht, zusätzlich als Fitnesstrainer zu arbeiten. Sein unternehmerisches Risiko habe in dem Umstand bestanden, im Krankheitsfall keine Vergütung zu erhalten sowie in der Abhängigkeit seiner Tätigkeit von ausreichender Nachfrage seitens der Kinder und Jugendlichen. Bezahlten Urlaub habe er nicht erhalten.
Mit Urteil vom 16. November 2012 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger handele es sich um eine abhängige Beschäftigung, weil nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung die hierfür sprechenden Merkmale überwögen. Zu festgelegten Zeiten betreue der Beigeladene zu 1) Kinder und Jugendliche im "h ". In der mündlichen Verhandlung habe er erklärt, dies nicht auf Computerkurse und Holzwerken zu beschränken, sondern je nach Nachfrage auch andere Angebote zu machen, wie etwa Fahrradwerkstatt und Fitnessraum. Dabei unterliege er keinerlei unternehmerischem Risiko.
Gegen das ihm am 10. Dezember 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Dezember 2012 erhobene Berufung des Klägers. Im Gesamtbild aller Umstände liege gerade keine abhängige Beschäftigung vor. Das unternehmerische Risiko habe in der Notwendigkeit ausreichender Nachfrage seitens der Besucher der Einrichtung bestanden sowie in fehlender Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Weisungen habe der Beigeladene zu 1) nicht erhalten; er sei frei darin gewesen, welche Angebote er den Kindern und Jugendlichen machte.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. Juli 2014 hat die Beklagte die streitigen Bescheide geändert und Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" für folgende Zeiträume festgestellt:
5. Januar bis 30. Juni 2009, 1. Juli bis 16. Dezember 2009 , 20. Januar bis 30. Juni 2010, 23. August bis 15. Dezember 2010, 12. Januar bis 29. Juni 2011, 15. August bis 14. Dezember 2011, 11. Januar bis 20. Juni 2012, 6. August bis 12. Dezember 2012, 9. Januar bis 19. Juni 2013, 5. August bis 18. Dezember 2013, 3. Februar bis 7. Juli 2014.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. September 2009 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 sowie des Bescheides vom 9. Juli 2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für den Kläger als Leiter einer Computergruppe sowie des Kurses "Werken mit Holz" nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers unterliege der Beigeladene zu 1) gerade keinem unternehmerischen Risiko. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes einsetze, der Erfolg des Einsatzes von sächlichen oder persönlichen Mitteln also ungewiss sei. Hier habe der Beigeladene zu 1) eine feste Vergütung nach Stunden erhalten, die nicht an einen bestimmten Erfolg gekoppelt gewesen sei. Fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall allein stelle kein Unternehmerrisiko dar.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge von Kläger und Beklagter Bezug genommen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beigeladene zu 1) unterliegt in seiner seit dem 5. Januar 2009 ausgeübten Tätigkeit für den Kläger als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" der Versicherungspflicht in allen den Sparten der Sozialversicherung.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an den Kläger gerichtete Bescheid vom 9. Juli 2014. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die Feststellung zum Vorliegen von Versicherungspflicht um die relevanten Zeiträume, für die Versicherungspflicht besteht, ergänzt. Darin liegt eine konkretisierende Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 9. Juli 2014 die unvollständige vorangegangene Regelung im Sinne von § 96 Abs. 1 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ersetzt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2013, B 12 KR 17/11 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20).
II. Versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) u.a. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (st. Rspr., vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16f.).
III. Hieran gemessen übt der Beigeladene zu 1) auch zur Überzeugung des Senats seine seit dem 5. Januar 2009 ausgeübte Tätigkeit als Leiter eines Computerkurses sowie des Kurses "Werken mit Holz" im Rahmen einer Sozialversicherungspflicht begründenden Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV aus.
1. Das grundsätzlich als Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung fungierende Vertragsverhältnis der Beteiligten gibt hier allerdings keinen näheren Aufschluss über das (Nicht-)Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Aus dem Wortlaut des zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1) geschlossenen und in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Formularvertrages und der ihm zugrunde liegenden AV Hon-KJH spricht das Bemühen des klagenden Landes Berlin, um jeden Preis und unabhängig von der im Einzelfall tatsächlich verrichteten Arbeit die Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zu vermeiden. Der Senat wertet dies als (versuchte) Umgehung der einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, um sicherzustellen, dass auch im Falle einer abhängigen Beschäftigung der Eindruck von Weisungsfreiheit entstehen soll. Nr. 3 Sätze 3 und 4 der AV Hon-KJH lässt keine andere Schlussfolgerung zu: Danach "muss" der Vertragstext sicherstellen, dass "die Honorarkräfte ihre Arbeit selbstbestimmt lediglich zur Erfüllung eines vertraglichen Auftrages erbringen, ohne hierbei dem Direktionsrecht des Landes Berlin unterworfen zu sein. Hierfür ist zum Ausdruck zu bringen, dass die Honorarkraft ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann und über die Art und Weise der Auftragserfüllung im Rahmen des durch den Vertrag festgelegten Inhaltes allein entscheidet." Diese für alle "Honorarkräfte" im Geschäftsbereich der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch/Achtes Buch (SGB VIII) geltenden Vorgaben lassen nicht erkennen, dass der Vertragstext davon abhängen soll, ob nach dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien eine selbständige oder eine abhängige Arbeit Vertragsgegenstand werden soll. Vielmehr soll der Vertragstext schematisch auf alle denkbaren Arbeitsleistungen angewendet werden, um möglichst schon vom Wortlaut des Vertrages her die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses auszuschließen. Dementsprechend enthielt auch der mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag etwa die Formulierung, dass er keinem Direktionsrecht des Landes Berlin unterliege und ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde. Der Senat hält fest: Die für die Ausführung der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII in Berlin zuständige Sozialverwaltung – die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport im Zusammenwirken mit den Jugendämtern der Bezirke – hat sich aktiv um eine Umgehung der Sozialversicherungspflicht begründenden Rechtsvorschriften bemüht, indem sämtliche "Honorarkräfte" unabhängig von den näheren Umständen ihrer Arbeit in das Rechtsverhältnis eines "freien Mitarbeiters" gedrängt werden sollten. Wegen des erkennbar fehlenden Einzelfallbezuges kommt den vertraglichen Regelungen, die im vorliegenden Fall eher die Qualität eines Scheingeschäfts haben (vgl. § 117 BGB), daher keine rechtliche Bedeutung zu. Für die rechtliche Bewertung Ausschlag gebend können vor diesem Hintergrund nur die tatsächlichen Verhältnisse der jeweiligen Arbeitsleistung sein.
2. Diese tatsächlichen Verhältnisse gebieten in dem hier zu beurteilenden Fall zwingend die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses. Der Fall des Beigeladenen zu 1) macht dabei besonders deutlich, zu welchen Auswirkungen die beschriebenen Bemühungen des Landes Berlin um eine Umgehung des Sozialversicherungsrechts führen: Der Beigeladene zu 1) ist seit Anfang 2009 Teil des die JFE "h " betreibenden Teams, wird als Teil des Teams auch nach außen hin präsentiert, ist nach innen aber Teil einer in zwei Klassen geteilten Belegschaft, von denen der eine Teil aus "festen" und sozialversicherungsrechtlich wie üblich abgesicherten Mitarbeitern besteht, während der andere Teil "frei" tätig werden soll, ohne dass für den Kläger etwa die Last von Sozialversicherungsabgaben oder anderer Leistungen wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall anfällt.
Für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spricht eine Fülle relevanter Anhaltspunkte: Der Beigeladene zu 1) arbeitet in der JFE nicht weisungsfrei. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Leiter der Einrichtung, der Sozialoberinspektor K, stellte sich dem Senat zu Beginn der Sitzung unbefangen als "Vorgesetzter" des Beigeladenen zu 1) vor. Er achtet darauf, dass der Beigeladene zu 1) in seinen Kursen die pädagogische Konzeption der JFE beachtet und setzt ihn je nach vorhandenen Mitteln auch spontan zusätzlich zu den vertraglich festgelegten Aufgaben in anderen Bereichen ein. Damit ist der Beigeladene zu 1) direkt in den Betrieb der JFE eingebunden. Zwar nimmt er aufgrund seines begrenzten Zeitbudgets nicht an den Teambesprechungen teil, wird aber vom Einrichtungsleiter über deren Ergebnisse in Kenntnis gesetzt. Zugleich fungiert der Beigeladene zu 1) auch als Vertreter, wenn Stammpersonal ausfällt. Er hat sich an dem schriftlich ausgearbeiteten Konzept der Einrichtung zu orientieren und lebt unmittelbares kollegiales Miteinander im Team, als dessen gleichberechtigter Teil er im Internetauftritt der Einrichtung dargestellt wird. Zudem hat der Kläger dem Beigeladenen zu 1) eine Erfüllung der den Kindern und Jugendlichen gegenüber bestehenden Aufsichtspflicht auferlegt. Auch dieser Aspekt zeigt, wie sehr der Beigeladene zu 1) in den Betrieb der JFE eingebunden ist. Zugleich ist er an die JFE als Arbeitsort gebunden und kann auch nur bedingt über seine Arbeitszeit verfügen, denn diese liegt naturgemäß in den Nachmittagsstunden. Der Beigeladene zu 1) nutzt bei der hier in Rede stehenden Tätigkeit "Computerkurs und Werken mit Holz" ausschließlich Räumlichkeiten und Materialien, die ihm vom Kläger zur Verfügung gestellt werden. Im Hinblick auf den Inhalt der geschuldeten Arbeit ist zu berücksichtigen, dass die vom Beigeladenen zu 1) zu erbringenden pädagogischen und kreativen Leistungen zu den so genannten Diensten höherer Art zählen, für die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schon seit langem ein eingeschränktes Weisungsrecht, welches sich zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, als kennzeichnend angesehen wurde; höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Juni 2001, B 12 KR 44/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Solange jemand – wie der Beigeladene zu 1) – in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 18. November 1980, 12 RK 76/79 –, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19).
Ein ins Gewicht fallendes unternehmerisches Risiko bestand für den Beigeladenen zu 1) dabei nicht. Maßgebliches Kriterium ist insoweit, ob eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft mit dem Risiko auch eines Verlustes "aufs Spiel gesetzt" wird, der Erfolg des Einsatzes von sächlichen oder persönlichen Mitteln also ungewiss ist (st. Rspr., vgl. nur Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 22). Der Beigeladene zu 1) setzt weder eigenes Kapital ein, noch fließt ihm durch seine Tätigkeit ein Unternehmergewinn zu. Die Höhe seiner Vergütung hängt ausschließlich von den Regelungen ab, die der Kläger in den AV Hon-KJH fast nach Art eines Tarifvertrages mit nach Qualifikation und Aufgaben abgestaffelten Stundensätzen trifft. Nicht zum Unternehmerrisiko gehört eine Haftung für Verschulden bei der fehlerhaften Ausführung einer übertragenen Tätigkeit; eine solche Haftung kann ihre Grundlage und Grenze auch in dem einer abhängigen Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsvertrag haben. Die vom Kläger angeführte fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist kein Indiz für ein unternehmerisches Risiko, sondern nur Auswirkung der vom Kläger schematisch und flächendeckend beabsichtigten Vermeidung spezifischer Arbeitnehmerrechte.
Weitere gegen eine Selbständigkeit sprechende Umstände, wie z.B. vom Beigeladenen zu 1) vertraglich übernommene Nebenpflichten, treten hinzu. So wird sich ein Selbständiger typischerweise nicht verpflichten, weitere Verträge seinem Vertragspartner mitzuteilen oder gar seine Tätigkeit für diesen Vertragspartner auf eine bestimmtes wöchentliches Zeitkontingent (hier: 18 Stunden) zu beschränken. Schon zur Erwirtschaftung seiner finanziellen Lebensgrundlagen und zur Absicherung für Phasen mit geringeren Einkünften wird das Interesse eines Selbständigen in der Regel dahin gehen, seine Erwerbsmöglichkeiten bis zum zeitlichen Umfang einer Vollzeittätigkeit, d.h. bis ca. 40 Stunden wöchentlich, auszudehnen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht zu erstatten, weil sie keine Anträge gestellt und somit kein Kostenrisiko übernommen haben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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