Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 11 R 1033/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 12 R 1237/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 515,- Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Säumniszuschlägen für Nachversicherungsbei-träge.
Frau F. K. (im Folgenden: Referendarin) stand als Rechtsreferendarin beim Kläger im Beam-tenverhältnis auf Widerruf. Am 8. August 2002 schied sie aus dem Vorbereitungsdienst aus. Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 9. September 2002 einen Fragebogen hinsichtlich der Nachversicherung; hierauf antwortete die Referendarin nicht. Die Möglichkeit einer Nachversicherung bei einer Versorgungseinrichtung nahm die Referendarin nicht innerhalb eines Jahres wahr. Mit Wirkung vom 18. November 2002 ist die Referendarin zur Notarassessorin im ernannt worden.
Der Kläger leitete im September 2003 die Nachversicherung der Referendarin ein und zahlte am 5. September 2003 die Beiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im Folgenden: Beklagte). Mit Bescheid vom 11. Oktober 2004 setzte die Beklagte Säumniszuschläge für einen Betrag von 5.162,40 Euro für zehn Monate über insgesamt 515,- Euro fest. Der Bescheid enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass innerhalb eines Monats Klage erhoben werden könne, alternativ könne Widerspruch erhoben werden. Der Kläger erhob am 3. November 2004 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2005 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat am 13. April 2005 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2009 abgewiesen. Die Nachversicherungsbeiträge seien am 9. November 2002 fällig gewesen.
Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, woraufhin die Berufung mit Beschluss vom 29. September 2010 zugelassen worden ist.
Der Kläger ist der Ansicht, die durch § 186 SGB VI den Rechtsreferendaren eingeräumte Möglichkeit, innerhalb eines Jahres die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge an eine be-rufsständische Versorgungseinrichtung zu beantragen, stelle einen Aufschubgrund im Sinne des § 184 Abs. 2 SGB VI dar.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Mai 2010 sowie den Bescheid vom 11. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2010 hat der Kläger auf die Anhörung nach § 24 SGB X verzichtet.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden; die Beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage vom 13. April 2005 war zulässig. Zwar hat der Kläger die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes versäumt, denn gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2004 war nicht der Widerspruch, sondern die Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach Satz 2 Nr. 3 bedarf es eines Vorverfahrens nicht, wenn ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will. Da der Kläger ein Land ist, war ein Vorverfahren somit nicht erforderlich. Im Fall des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG ist ein Vorverfahren jedoch nicht nur entbehrlich, der Rechtsbehelf des Widerspruchs ist schlechthin nicht gegeben (BSG, Urteil v. 23. Juni 1994 - 4 RK 3/93 m.w.N.). Es wird - im Gegensatz zur früheren Regelung in § 78 Abs. 2 SGG - gerade kein Wahlrecht eingeräumt, welcher Rechtsbehelf eingelegt werden kann. Statthaft ist vielmehr allein die Anfechtungsklage.
Allerdings hat die Beklagte in dem Bescheid vom 11. Oktober 2004 eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung gegeben, weil angegeben wurde, es könne alternativ zur Anfech-tungsklage auch Widerspruch erhoben werden. Nach § 66 Abs. 2 SGG ist bei einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres zulässig. Diese Frist hat der Kläger durch die Klageerhebung am 13. April 2005 gewahrt.
Dass die Klägerin vor Erlass des angefochtenen Bescheides nicht nach § 24 SGB X angehört wurde, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, weil die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2010 auf die Anhörung verzichtet hat. Ein solcher Verzicht ist wirksam (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R).
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 11. Oktober 2004 ist § 24 Abs.1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fällig-keitstages gezahlt hat, für jeden Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unter gerundeten Betrages zu zahlen.
Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren am 9. August 2002 fällig. Die Fälligkeit dieser Beiträge richtet sich nach § 184 Abs. 1 SGB VI. Hiernach sind die Beiträge zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Nachversicherungsschuld entsteht somit grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens des Nachzuversichernden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R). Der hiervon abweichend festgesetzte Beginn der Säumnis am 9. November 2002 durch die Beklagte begünstigt den Kläger und ist daher nicht zu beanstanden. Die Regelung des § 184 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, wonach die Säumnis erst drei Monate nach Fälligkeit beginnt, ist erst mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingefügt worden und wäre somit nicht anzuwenden gewesen.
Einer der in § 184 Abs. 2 Satz 1 SGB VI genannten Gründe für einen Aufschub ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch der Umstand, dass die Referendarin nach § 186 SGB VI noch die Möglichkeit hatte, einen Antrag auf Zahlung der Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen, bewirkte keinen Aufschub der Beitragszahlung.
§ 186 Abs. 3 SGB VI räumt dem Nachzuversichernden die Möglichkeit ein, innerhalb eines Jahres nach dem Eintritt der Voraussetzungen den Antrag auf Zahlung der Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Dennoch hat der Gesetzgeber davon ab-gesehen, diesen Umstand als Aufschubgrund im Sinne des § 184 Abs. 2 SGB VI aufzunehmen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass auch in dem Fall, in welchem § 186 SGB VI greift, regelmäßig die Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge sofort eintritt.
Etwas anderes kann nur beim Vorliegen besonderer Umstände gelten, nämlich beispielsweise dann, wenn der Nachzuversichernde mitteilt, er plane die Aufnahme einer Tätigkeit, aus welcher die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung folgt (BSG, Urteil vom 29. November 2007 - B 13 R 48/06 R). In diesem Fall ist absehbar, dass ein Antrag nach § 186 Abs. 1 SGB VI erfolgen wird, so dass bei einer Zahlung an den Rentenversicherungsträger es wahrscheinlich zu einer Rückabwicklung kommen würde. In diesem Fall muss das Interesse des Rentenversicherungsträgers an einer zügigen Zahlung auch der Nachversicherungsbeiträge zurückstehen, da mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass diese alsbald zurückerstattet werden müssten. Hiervon kann jedoch nicht in jedem Fall ausgegangen werden, in welchem der Nachzuversichernde einer Berufsgruppe angehört, bei welcher die Möglichkeit besteht, dass eine Tätigkeit, welche zu einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, aufgenommen wird. Dies würde der gesetzlichen Wertung, wonach die Möglichkeit des § 186 SGB VI eben gera-de keinen generellen Aufschubgrund darstellt, widersprechen. Dementsprechend ist auch das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 1. Juli 2010 (B 13 R 67/09 R) davon ausgegangen, dass die Nachversicherungsbeiträge am Tage nach dem unversorgten Ausscheiden fällig werden, obwohl in dem entschiedenen Fall für die Nachzuversichernde ebenfalls grundsätzlich die Möglichkeit eines Antrags nach § 186 SGB VI bestanden hätte. Wäre das BSG davon ausgegangen, dass allein die Möglichkeit eines solchen Antrags immer einen Aufschubgrund darstellte, so hätte es den Zeitpunkt der Fälligkeit auf ein Jahr nach dem unversorgten Ausscheiden festgelegt und den Bescheid insoweit aufgehoben, als darin Säumniszuschläge auch für frühere Zeiträume verlangt wurden. Auch hat das BSG in diesem Verfahren ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin, da ihr keine Aufschubgründe bekannt waren, die Nachversicherung innerhalb der ohnehin von der Beklagten bei der Säumnis nicht berücksichtigten drei Monate hätte abschließen können. Auch dies zeigt, dass das BSG gerade nicht davon ausging, dass die Klägerin wegen der Möglichkeit des Antrags nach § 186 SGB VI erst nach einem Jahr tätig werden musste. Vielmehr wird ausdrücklich ausgeführt, dass gerade kein Aufschubgrund bekannt war.
Es liegt auch keine unverschuldete Unkenntnis des Klägers von der Zahlungspflicht vor, welche nach § 24 Abs. 2 SGB IV der Erhebung von Säumniszuschlägen entgegenstünde (zur analogen Anwendbarkeit auf Nachentrichtungsbeiträge: BSGE 92, 150). Der Kläger hat zwar die Referendarin unter dem 9. September 2002 angeschrieben, nachdem er keine Antwort erhielt, jedoch nichts weiter unternommen. Dies entsprach auch der üblichen Praxis des Klägers. Ausgeschiedene Referendare wurden lediglich einmal angeschrieben, bei Nichtbeantwortung des Schreibens wurde nicht vor Ablauf eines Jahres die Nachversicherung durchgeführt. Dies stellt ein fahrlässiges Organisationsverschulden dar.
Da dem Kläger jedoch keine Aufschubgründe bekannt waren, hätte er die Nachversicherung durchführen können. Durch geeignete Maßnahmen hätte er die Nachversicherungsbearbeitung innerhalb der ohnehin von der Beklagten bei der Säumnis nicht berücksichtigten drei Monate abschließen können (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R). Mangels ausreichender organisatorischer Vorkehrungen zur Klärung der Sachlage handelt es sich hier um ein fahrlässiges Organisationsverschulden des Beklagten. Eine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht liegt daher nicht vor.
Die Beklagte hat auch die Höhe des Säumniszuschlags zutreffend berechnet.
Da weder die Klägerin noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, werden gemäß § 197a Abs. 1 SGG Gerichtskosten erhoben und die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts, das versehentlich die Kosten dem obsiegenden Beklagten auferlegt hat, war entsprechend abzuändern. Das Verbot der reformatio in peius gilt hinsichtlich der Kostenentscheidung nicht (BSG, Urteil vom 10. September 1987 - 10 RAr 10/86 m.w.N.).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Der Streitwert ist nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzen. Nach § 52 Abs. 3 ist, betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, deren Höhe maßgebend. Demnach war der Streitwert auf 515,- Euro festzusetzen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Säumniszuschlägen für Nachversicherungsbei-träge.
Frau F. K. (im Folgenden: Referendarin) stand als Rechtsreferendarin beim Kläger im Beam-tenverhältnis auf Widerruf. Am 8. August 2002 schied sie aus dem Vorbereitungsdienst aus. Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 9. September 2002 einen Fragebogen hinsichtlich der Nachversicherung; hierauf antwortete die Referendarin nicht. Die Möglichkeit einer Nachversicherung bei einer Versorgungseinrichtung nahm die Referendarin nicht innerhalb eines Jahres wahr. Mit Wirkung vom 18. November 2002 ist die Referendarin zur Notarassessorin im ernannt worden.
Der Kläger leitete im September 2003 die Nachversicherung der Referendarin ein und zahlte am 5. September 2003 die Beiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im Folgenden: Beklagte). Mit Bescheid vom 11. Oktober 2004 setzte die Beklagte Säumniszuschläge für einen Betrag von 5.162,40 Euro für zehn Monate über insgesamt 515,- Euro fest. Der Bescheid enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung, dass innerhalb eines Monats Klage erhoben werden könne, alternativ könne Widerspruch erhoben werden. Der Kläger erhob am 3. November 2004 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2005 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat am 13. April 2005 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2009 abgewiesen. Die Nachversicherungsbeiträge seien am 9. November 2002 fällig gewesen.
Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, woraufhin die Berufung mit Beschluss vom 29. September 2010 zugelassen worden ist.
Der Kläger ist der Ansicht, die durch § 186 SGB VI den Rechtsreferendaren eingeräumte Möglichkeit, innerhalb eines Jahres die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge an eine be-rufsständische Versorgungseinrichtung zu beantragen, stelle einen Aufschubgrund im Sinne des § 184 Abs. 2 SGB VI dar.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Mai 2010 sowie den Bescheid vom 11. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2010 hat der Kläger auf die Anhörung nach § 24 SGB X verzichtet.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden; die Beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage vom 13. April 2005 war zulässig. Zwar hat der Kläger die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes versäumt, denn gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2004 war nicht der Widerspruch, sondern die Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach Satz 2 Nr. 3 bedarf es eines Vorverfahrens nicht, wenn ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will. Da der Kläger ein Land ist, war ein Vorverfahren somit nicht erforderlich. Im Fall des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG ist ein Vorverfahren jedoch nicht nur entbehrlich, der Rechtsbehelf des Widerspruchs ist schlechthin nicht gegeben (BSG, Urteil v. 23. Juni 1994 - 4 RK 3/93 m.w.N.). Es wird - im Gegensatz zur früheren Regelung in § 78 Abs. 2 SGG - gerade kein Wahlrecht eingeräumt, welcher Rechtsbehelf eingelegt werden kann. Statthaft ist vielmehr allein die Anfechtungsklage.
Allerdings hat die Beklagte in dem Bescheid vom 11. Oktober 2004 eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung gegeben, weil angegeben wurde, es könne alternativ zur Anfech-tungsklage auch Widerspruch erhoben werden. Nach § 66 Abs. 2 SGG ist bei einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres zulässig. Diese Frist hat der Kläger durch die Klageerhebung am 13. April 2005 gewahrt.
Dass die Klägerin vor Erlass des angefochtenen Bescheides nicht nach § 24 SGB X angehört wurde, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, weil die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2010 auf die Anhörung verzichtet hat. Ein solcher Verzicht ist wirksam (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R).
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 11. Oktober 2004 ist § 24 Abs.1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fällig-keitstages gezahlt hat, für jeden Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unter gerundeten Betrages zu zahlen.
Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren am 9. August 2002 fällig. Die Fälligkeit dieser Beiträge richtet sich nach § 184 Abs. 1 SGB VI. Hiernach sind die Beiträge zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Nachversicherungsschuld entsteht somit grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens des Nachzuversichernden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R). Der hiervon abweichend festgesetzte Beginn der Säumnis am 9. November 2002 durch die Beklagte begünstigt den Kläger und ist daher nicht zu beanstanden. Die Regelung des § 184 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, wonach die Säumnis erst drei Monate nach Fälligkeit beginnt, ist erst mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingefügt worden und wäre somit nicht anzuwenden gewesen.
Einer der in § 184 Abs. 2 Satz 1 SGB VI genannten Gründe für einen Aufschub ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch der Umstand, dass die Referendarin nach § 186 SGB VI noch die Möglichkeit hatte, einen Antrag auf Zahlung der Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen, bewirkte keinen Aufschub der Beitragszahlung.
§ 186 Abs. 3 SGB VI räumt dem Nachzuversichernden die Möglichkeit ein, innerhalb eines Jahres nach dem Eintritt der Voraussetzungen den Antrag auf Zahlung der Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Dennoch hat der Gesetzgeber davon ab-gesehen, diesen Umstand als Aufschubgrund im Sinne des § 184 Abs. 2 SGB VI aufzunehmen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass auch in dem Fall, in welchem § 186 SGB VI greift, regelmäßig die Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge sofort eintritt.
Etwas anderes kann nur beim Vorliegen besonderer Umstände gelten, nämlich beispielsweise dann, wenn der Nachzuversichernde mitteilt, er plane die Aufnahme einer Tätigkeit, aus welcher die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung folgt (BSG, Urteil vom 29. November 2007 - B 13 R 48/06 R). In diesem Fall ist absehbar, dass ein Antrag nach § 186 Abs. 1 SGB VI erfolgen wird, so dass bei einer Zahlung an den Rentenversicherungsträger es wahrscheinlich zu einer Rückabwicklung kommen würde. In diesem Fall muss das Interesse des Rentenversicherungsträgers an einer zügigen Zahlung auch der Nachversicherungsbeiträge zurückstehen, da mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass diese alsbald zurückerstattet werden müssten. Hiervon kann jedoch nicht in jedem Fall ausgegangen werden, in welchem der Nachzuversichernde einer Berufsgruppe angehört, bei welcher die Möglichkeit besteht, dass eine Tätigkeit, welche zu einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, aufgenommen wird. Dies würde der gesetzlichen Wertung, wonach die Möglichkeit des § 186 SGB VI eben gera-de keinen generellen Aufschubgrund darstellt, widersprechen. Dementsprechend ist auch das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 1. Juli 2010 (B 13 R 67/09 R) davon ausgegangen, dass die Nachversicherungsbeiträge am Tage nach dem unversorgten Ausscheiden fällig werden, obwohl in dem entschiedenen Fall für die Nachzuversichernde ebenfalls grundsätzlich die Möglichkeit eines Antrags nach § 186 SGB VI bestanden hätte. Wäre das BSG davon ausgegangen, dass allein die Möglichkeit eines solchen Antrags immer einen Aufschubgrund darstellte, so hätte es den Zeitpunkt der Fälligkeit auf ein Jahr nach dem unversorgten Ausscheiden festgelegt und den Bescheid insoweit aufgehoben, als darin Säumniszuschläge auch für frühere Zeiträume verlangt wurden. Auch hat das BSG in diesem Verfahren ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin, da ihr keine Aufschubgründe bekannt waren, die Nachversicherung innerhalb der ohnehin von der Beklagten bei der Säumnis nicht berücksichtigten drei Monate hätte abschließen können. Auch dies zeigt, dass das BSG gerade nicht davon ausging, dass die Klägerin wegen der Möglichkeit des Antrags nach § 186 SGB VI erst nach einem Jahr tätig werden musste. Vielmehr wird ausdrücklich ausgeführt, dass gerade kein Aufschubgrund bekannt war.
Es liegt auch keine unverschuldete Unkenntnis des Klägers von der Zahlungspflicht vor, welche nach § 24 Abs. 2 SGB IV der Erhebung von Säumniszuschlägen entgegenstünde (zur analogen Anwendbarkeit auf Nachentrichtungsbeiträge: BSGE 92, 150). Der Kläger hat zwar die Referendarin unter dem 9. September 2002 angeschrieben, nachdem er keine Antwort erhielt, jedoch nichts weiter unternommen. Dies entsprach auch der üblichen Praxis des Klägers. Ausgeschiedene Referendare wurden lediglich einmal angeschrieben, bei Nichtbeantwortung des Schreibens wurde nicht vor Ablauf eines Jahres die Nachversicherung durchgeführt. Dies stellt ein fahrlässiges Organisationsverschulden dar.
Da dem Kläger jedoch keine Aufschubgründe bekannt waren, hätte er die Nachversicherung durchführen können. Durch geeignete Maßnahmen hätte er die Nachversicherungsbearbeitung innerhalb der ohnehin von der Beklagten bei der Säumnis nicht berücksichtigten drei Monate abschließen können (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R). Mangels ausreichender organisatorischer Vorkehrungen zur Klärung der Sachlage handelt es sich hier um ein fahrlässiges Organisationsverschulden des Beklagten. Eine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht liegt daher nicht vor.
Die Beklagte hat auch die Höhe des Säumniszuschlags zutreffend berechnet.
Da weder die Klägerin noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, werden gemäß § 197a Abs. 1 SGG Gerichtskosten erhoben und die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts, das versehentlich die Kosten dem obsiegenden Beklagten auferlegt hat, war entsprechend abzuändern. Das Verbot der reformatio in peius gilt hinsichtlich der Kostenentscheidung nicht (BSG, Urteil vom 10. September 1987 - 10 RAr 10/86 m.w.N.).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Der Streitwert ist nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzen. Nach § 52 Abs. 3 ist, betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, deren Höhe maßgebend. Demnach war der Streitwert auf 515,- Euro festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved