L 6 R 866/14

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 11 R 2995/13
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 866/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin A. R., , für das Berufungsverfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht wird abgelehnt. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1964 geborene Kläger absolvierte von September 1979 bis August 1982 erfolgreich eine Ausbildung zum Facharbeiter für Rinderproduktion. Von Juli 1991 bis Juli 1993 machte er eine Umschulung zum Gärtner. Danach war er als Gärtner und Lagerarbeiter unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit tätig. Er bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Im Juli 2012 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene medizinische Unterlagen aus vorangegangenen Rehabilitati-onsverfahren bei und holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. M. vom 21. September 2012 (Diagnosen: Alkoholabhängigkeit (derzeit abstinent), Verdacht auf leichte intellektuelle Minderbegabung, Nikotinabhängigkeit, leichte sensible Polyneuropathie, Adipositas, Hypertonie; Leistungsbild: Tätigkeit als Gärtner weiterhin mindestens sechs Stunden täglich möglich) ein. Mit Bescheid vom 30. November 2012 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren reichte der Kläger ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der E. - Dr. Ch. - vom 7. Mai 2012 ein, wonach er weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Dr. Ch. stellte nach Aktenlage fest, aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung sei die psychische Belastbarkeit des Klägers, insbesondere im Bereich der sozialen Interaktions- und Integrationsfähigkeit erheblich gemindert. Die Beklagte zog den Sozialbericht der SIT - Suchthilfe in Th. gGmbh vom 14. Januar 2013 bei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 zurück.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) den Rehabilitationsentlassungsbericht der Fachklinik vom 25. Oktober 2013 beigezogen, wonach der Kläger in der Lage ist sechs Stunden und mehr mittelschwere Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen auszuüben und Prof. Dr. M. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 8. April 2014 diagnostiziert er einen chronischen Alkoholmissbrauch - derzeit abstinent -, intermittierende Rückenschmerzen, eine intellektuell knapp durchschnittliche Befähigung, Nikotinmissbrauch, kombinierte Persönlichkeitsstörung mit Störung des Sozialverhaltens, episodischer Spannungskopfschmerz, zervikales Pseudoradikulärsyndrom und einen Zustand nach operiertem Karpaltunnelsyndrom beidseits. Der Kläger könne mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Mit Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen nicht vor. Nach dem Gutachten des Prof. Dr. M. könne der Kläger mittelschwere bis schwere Arbeiten vollschichtig ausüben. Insoweit werde die Einschätzung des Restleistungsvermögens aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht der Fachklinik 25. Oktober 2013 bestätigt.

Hiergegen hat der Kläger am 7. Juli 2014 Berufung eingelegt und die Bewilligung von Pro-zesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwältin A. R. beantragt. Seine Erwerbs-fähigkeit sei vor allem durch die Persönlichkeitsstörung beeinträchtigt. Derartige Störungen könnten unter Umständen zu einer Erwerbsminderung führen. Soweit der Prof. Dr. M. ausführe, dass er sich trotzdem in den Arbeitsprozess habe integrieren lassen, weise er darauf hin, dass er seit 2002 durchgängig arbeitslos sei. Er halte die Leistungseinschätzung des Dr. Ch. in dem Gutachten vom 7. Mai 2012 für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Nach § 73 a Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung zum Erfolg führen kann. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbs-minderung nach § 43 SGB VI liegen nach summarischer Prüfung nicht vor. Nach dem Ergebnis der bereits erstinstanzlich erfolgten Ermittlungen, insbesondere dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. M. und dem Rehabilitationsentlassungsbericht der Fachklinik K ist der Kläger durch die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, eine Arbeitsleistung von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu erbringen. Es bestehen lediglich qualitative (keine Tätigkeiten mit anhaltender schwerer körperlicher Belastung, mit längerer Zwangshaltung in Rumpfbeugehaltung, mit gehobener Verantwortung und Kontakt zu Suchtmitteln) nicht aber quantitative Einschränkungen. Das Gutachten des Dr. Ch. vom 7. Mai 2012 ist demgegenüber nicht überzeugend. Prof. Dr. M. führt in seinem Gutachten aus, dass der Kläger sich trotz der jahrzehntelang bestehenden leichten Persönlichkeitsstörung in den Arbeitsprozess hat integrieren lassen und sich in verschiedenen Bereichen - trotz der intellektuellen Grenzbefähigung - qualifiziert hat. Schwerwiegende psychische Störungen mit Krankheitswertigkeit liegen derzeit nicht vor, auch nicht sekundär durch den intermittierenden Alkoholmissbrauch. Soweit der Kläger vorträgt, er sei seit 2002 arbeitslos, hat er nach dem zur Akte gereichten Lebenslauf jedoch bis 2011 immer wieder in verschiedenen Maßnahmen als Gärtner gearbeitet und auch an Bildungsmaßnahmen teilgenommen.

Schließlich ergibt sich eine hinreichende Erfolgsaussicht auch nicht aus der Einholung des Befundberichtes des Dr. S. vom 2. Januar 2015 im Berufungsverfahren. Zwar wird in der Regel eine Erfolgsaussicht angenommen, wenn das Gericht ein Sachverständigengutachten einholt oder eine andere Beweiserhebung von Amts wegen für notwendig ansieht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73a Rn. 7a). Die Einholung eines ärztlichen Befundberichts ist jedoch jedenfalls dann keine Beweisaufnahme in diesem Sinn, wenn das Gericht mit den erbetenen Befundangaben - wie im vorliegenden Fall - keine weitergehende Beurteilung des ihm konkret vorliegenden Sachverhalts erfragt, wie etwa die sich aus der gesundheitlichen Situation ergebenden Leistungseinschränkungen oder ob eine bestimmte Tätigkeit noch verrichtet werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2014 - L 6 R 315/14 unter Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2011 - L 11 SB 287/09 B, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. Juni 2010 - L 5 AS 330/09 B, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. Juni 2008 - L 12 B 2/08 SB, Bayerisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 - L 6 B 22/07 R PKH; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Juni 1986 - L 14 S 3/86, diese jeweils nach juris). Die Anforderung von Befundberichten gehört vielmehr noch zu den Erhebungen und Auskunftsersuchen, die dem Gericht nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 2 ZPO zur Prüfung des PKH-Gesuchs eingeräumt sind (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).

Im Übrigen nimmt der Senat entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozi-algerichts Bezug.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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