L 2 U 2203/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3307/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 2203/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 -Lärmschwerhörigkeit- (im Folgenden BK 2301) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) im Streit.

Am 15. Juni 2007 zeigte die HNO-Ärztin Dr. Gü. bei der Beklagten den Verdacht auf eine Lärmschwerhörigkeit bei lärminduziertem Tinnitus des 1960 geborenen Klägers an.

Der Kläger gab in dem ihm von der Beklagten zugesandten Fragebogen zur Feststellung der Berufskrankheit (vgl. Bl. 23 f. Verwaltungsakte - VA -) an, dass sich bei ihm bereits seit vielen Jahren Ohrgeräusche bemerkbar machen würden und diese sich stetig verschlechtert hätten. Infolge der Ohrgeräusche neige er zu Depressionen und Schlafstörungen. Er sei auch in psychiatrischer Behandlung. In der Zeit vom 16. August 1975 bis zum jetzigen Tag sei er mit Ausnahme der Zeit vom 1. August 1982 bis 5. Mai 1985 stets als Maschinenschlosser und Elektriker und in der Zeit vom 16. Mai 1980 bis 15. August 1981 als Grenadiermusiksoldat Lärm ausgesetzt gewesen.

Seit dem 16. Juni 2008 geht der Kläger keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.

Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten war der Kläger in der Zeit vom 16. August 1975 bis 15. Februar 1979, in der er sich in der Ausbildung zum Maschinenschlosser befand und an Zerspanungsmaschinen tätig war, einem Dauerschallpegel von 87 dB(A) und in der Zeit vom 16. Februar 1979 bis 31. Juli 1982 einem äquivalenten Dauerschallpegel in der Montagehalle von 85 dB(A) ausgesetzt. Während der Zeit seiner Beschäftigung bei der Firma N. GmbH & Co. KG als Maschinenschlosser vom 16. Mai 1985 bis 31. Dezember 1986 wirkte auf ihn angesichts des Bohrens, Drehens, Fräsens, Hämmerns usw. ein Dauerschallpegel von 90 dB(A) ein. Ab dem 7. Januar 1987 war der Kläger als Werkmontierer bei der Firma S. Feinmechanik GmbH tätig. Hierbei war er nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten in der Zeit vom 7. Januar 1987 bis zum 30. Juni 2002 einem Dauerschallpegel von 81 dB(A) und in der Zeit vom 1. Juli 2002 bis 23. Oktober 2007 einem Dauerschallpegel von 75 dB(A) ausgesetzt. Insgesamt sei der Kläger damit 5,7 Jahre einem äquivalenten Dauerschallpegel von ) 85 ( 90 dB(A) und insgesamt 1,7 Jahre einem äquivalenten Dauerschallpegel von ) 90 dB(A) exponiert gewesen. Die gesamtberufliche Lärmbelastung entspreche einer Lärmbelastung mit einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von 90 dB(A) über einem Zeitraum von 4,1 Jahren. Seit Januar 1987 liege kein für die Berufskrankheit maßgeblicher äquivalenter Dauerschallpegel mehr vor (Bl. 72 ff. VA).

Mit Bescheid vom 28. Mai 2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung der BK 2301 der Anlage zur BKV sowie daraus resultierende Leistungen ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass eine Lärmschwerhörigkeit erst entstehen könne, wenn ein Versicherter längere Zeit unter Lärmbedingungen tätig sei oder gewesen sei. Gehörschädigend sei in der Regel ein Dauerlärm ab 90 dB(A) während des überwiegenden Teils der Arbeitszeit. Liege der Beurteilungspegel unter 90 dB(A), habe er aber den Wert von 85 dB(A) erreicht, so könne erst nach langjähriger Exposition eine Lärmschwerhörigkeit verursacht werden. Nach den Ergebnissen der arbeitstechnischen Ermittlungen sei der Kläger in der Gesamtschau für etwa 1,7 Jahre einer Lärmeinwirkung von 90 dB(A) und 5,7 Jahre nur grenzwertig einer gefährdungsrelevanten Lärmeinwirkung im oben beschriebenen Sinne ausgesetzt gewesen. Es fehle daher an einer von dem zeitlichen Umfang her ausreichenden Lärmbelastung, die geeignet sei, eine relevante Abnahme des Hörvermögens hervorzurufen. Erst bei einer weitaus länger andauernden Lärmexposition von mindestens 85 dB(A) werde die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit wahrscheinlich. Zudem spreche die Tatsache, dass nach den eingeholten ärztlichen Berichten Ohrgeräusche erstmals im Jahr 2004 aufgetreten seien, obwohl eine berufliche Lärmbelastung seit Ende 1986 nicht mehr bestünde, dafür, dass lärmunabhängige Faktoren für das Auftreten der Hörstörungen verantwortlich seien.

Hiergegen erhob der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch mit der Begründung, dass der Kläger während der gesamten Zeit seiner Erwerbstätigkeit gehörschädigendem Lärm ausgesetzt gewesen sei und insoweit die Berufskrankheit anerkannt werden müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach wie vor die aufgeführten Beschäftigungszeiten mit der Lärmgefährdung nicht ausreichend seien, um eine durch Lärm entstandene Schwerhörigkeit zu verursachen. Es werde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass bei Lärmeinwirkungen von 85 dB(A) bis 90 dB(A) eine langjährige Exposition erforderlich sei, um eine Lärmgefährdung annehmen zu können. Weiterhin seien die Ohrgeräusche erst nach dem Ende der Lärmarbeit aufgetreten, sodass auch diesbezüglich kein Zusammenhang angenommen werden könne. Daher sei der Nachweis der beruflich schädigenden Einwirkung nicht erbracht.

Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. September 2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Kläger während der gesamten Zeit seiner Erwerbstätigkeit gehörschädigendem Lärm (in den Anfangsjahren größtenteils ohne ausreichende Gehörschutzmaßnahmen) ausgesetzt gewesen sei, sodass die nun vorliegende Schwerhörigkeit und die Ohrgeräusche auf diese Tätigkeit zurückzuführen seien. Auch die vorliegenden Audiogramme würden den typischen Verlauf einer Hochtonschwerhörigkeit aufgrund von jahrelanger Lärmbelastung zeigen. Da außerhalb des Berufs des Klägers keine Lärmexposition bestanden habe, sei eine berufliche Herkunft der Gesundheitsstörungen indiziert.

Das SG hat daraufhin Prof. Dr. Ze., Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik T. mit der Erstellung eines Fachgutachtens beauftragt. Prof. Dr. Ze. hat in seinem Gutachten vom 9. Februar 2009 ausgeführt, dass die beim Kläger im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen am 19. November 2008 erhobenen Befunde auf beiden Seiten eine überwiegend im Hochtonbereich gelegene Innenohrschwerhörigkeit mit Schrägabfall der Hörschwellenkurve jenseits 0,5 kHz auf einer maximalen Hörminderung bei 10 kHz und 70 dB links und 80 dB rechts ergeben hätte. Dies sei im Kurvenverlauf prinzipiell mit einer Lärmgenese, einem Tinnitus aurium IV. Grades sowie einer Überempfindlichkeit (Hyperakusis) vereinbar. Rechts bestünde tonaudiometrisch ein Hörverlust von 5% und links von 15%. Laut dem Königsteiner Merkblatt zur Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit (4. Auflage 1996) spreche für die Annahme einer Lärmschädigung, wenn sich die Hörstörung während der Lärmexposition entwickelt habe. Diese Bedingung sei nicht erfüllt, da eine adäquate Lärmexposition in Intensität und zeitlicher Einwirkung am Arbeitsplatz des Klägers nicht belegt sei. Angesichts der beruflichen Tätigkeit von insgesamt 5,7 Jahren bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von )= 85 ( 90 dB(A) und einem äquivalenten Dauerschallpegel von 1,7 Jahren bei einem dB(A) von )= 90 sowie einer nicht gehörschädigenden Lärmeinwirkung in der Zeit ab 7. Januar 1987 könne nicht von einer adäquaten lärmbelastenden Tätigkeit ausgegangen werden. Für die Annahme einer Lärmschwerhörigkeit spreche hingegen das vorliegende Bestehen einer reinen Innenohrschwerhörigkeit mit Betonung der hohen Frequenzen. Typisch für einen lärmbedingten Gehörschaden sei der Verlauf der Hörschwelle im Tonaudiogramm mit einer im Hochtonbereich deutlich stärker als im Tieftonbereich ausgeprägten Innenohrschwerhörigkeit. Die Annahme einer Lärmschädigung sei auch dann zu bejahen, wenn durch den Nachweis eines Rekruitments wahrscheinlich gemacht werde, dass die Hörstörung in den Sinneszellen des Innenohres lokalisiert sei. Bei den durchgeführten Untersuchungen hätte lediglich im Békésy Audiogramm ein Recruitment nachgewiesen werden können. Ein weiterer Nachweis sei die Stapediusreflexmessung, welche jedoch aus Unbehaglichkeitsgründen hätte abgebrochen werden müssen. Der SISI-Test sei auf beiden Ohren negativ gewesen, sodass kein Recruitmentnachweis vorliege. Durch die Emissionsmessungen hätte jedoch gezeigt werden können, dass auf beiden Ohren eine Schädigung der äußeren Haarzellen bestünde. Die MdE werde üblicherweise aus den Hörverlusten im Sprachaudiogramm bestimmt, danach lasse sich hier eine MdE von weniger als 10 v.H. ermitteln. Weiterhin hätte der Kläger auf beiden Ohren ein pfeifendes und/oder rauschendes Ohrgeräusch seit 2004 bestehend angegeben, was bei der Messung beidseits bei einer Frequenz von sechs kHz bestimmbar und über der Hörschwelle suprimierbar gewesen sei. Von einer lärmbedingten Ursache des Tinnitus sei jedoch nicht auszugehen, da in der Beschäftigungszeit vom 1. Juli 2002 bis 23. Oktober 2007 und damit zum Zeitpunkt des Auftretens des Tinnitus nach der Ermittlung der beruflichen Lärmeinwirkung durch die Beklagte lediglich eine berufliche Lärmbelastung von 75 dB(A) nachgewiesen worden sei, die als nicht lärmschädigend angesehen werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Tinnitus als auch die Hyperakusis ursächlich psychogen bedingt seien. Insgesamt seien die beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf von seiner beruflichen Tätigkeit unabhängige Umstände zurückzuführen. Die BK 2301 der Anlage zur BKV liege mangels Intensität und zeitlich ausreichender Einwirkung der Lärmbelastung nicht vor.

Der Bevollmächtigte des Klägers ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass das Gutachten von Prof. Dr. Ze. nicht repräsentativ sei, da die Hörmessungen kurz nach der Beendigung der Rehamaßnahme durchgeführt worden seien und sich der Zustand zwischenzeitlich wieder verschlechtert hätte. Auch habe der Kläger bereits vor dem Jahr 2004 Beschwerden in ansteigender Form gehabt, erstmals im Jahr 2004 sei jedoch der Zustand unerträglich geworden. Bedingt hierdurch ändere sich auch die Einschätzung der Genese des Tinnitus, die eindeutig begleitend zu der sich entwickelnden Hochtonschwerhörigkeit zu sehen sei. Auch sei Prof. Dr. Ze. von einer Lärmbelastung von etwa 75 dB(A) ausgegangen, wobei sich in der Akte Messungen mit einem dB(A) von 83 und Lärmspitzen von 90,1 dB(A) fänden.

Im Weiteren hat das SG die HNO-Ärztin des Klägers Dr. Gü. als sachverständige Zeugin befragt. In ihrer Auskunft vom 30. März 2009 teilte sie mit, dass der Kläger in einem typisch lärmintensiven Berufsfeld tätig sei und angesichts eines Tageslärmexpositionspegels von mehr als 90 dB(A) mit langandauernder Einwirkung für einen beträchtlichen Teil der Betroffenen die Gefahr einer Gehörschädigung bestünde. Sie gehe auch davon aus, dass sich, nachdem die Lärmexposition weniger geworden sei, das Hörvermögen auch nicht mehr verschlechtert habe. Auch dies spreche für eine lärminduzierte Schwerhörigkeit, da sich die Hörstörung offensichtlich während der Lärmexposition zwischen Mitte der 70er- und Mitte der 80er-Jahre entwickelt habe. Für eine Lärmschwerhörigkeit spreche auch, dass es sich um eine nahezu symmetrische reine Innenohrschwerhörigkeit mit Betonung des Hörverlustes in hohen Frequenzen handle. Auch sei nach den Untersuchungen von Prof. Dr. Ze. eine cochleäre Hörstörung festzustellen, was für einen Hörschaden spreche. Insgesamt halte sie die Situation des Klägers für sehr schwierig, da dieser bereits Anfang der 80er-Jahre ein Knalltrauma bei der Bundeswehr erlitten habe. Der Kläger sei auch über Jahre als Orchesterleiter tätig gewesen. Dieser Bereich sei bislang völlig ausgeklammert worden. Hier wäre möglicherweise die Abgrenzung eines Vorschadens in Betracht zu ziehen. Sie halte ebenfalls ein psychiatrisches Zusatzgutachten wie Prof. Dr. Ze. für sinnvoll.

Prof. Dr. Ze. hat sich daraufhin zu den Einwendungen des Klägerbevollmächtigten wie auch der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Gü. in seiner Stellungnahme vom 13. Mai 2009 ergänzend geäußert und ausgeführt, dass der Kläger richtigerweise angegeben hätte, dass seit August 2008 ein seit zehn Jahren bestehendes Ohrgeräusch beidseits bestünde. Insoweit müsste das Jahr 1999 als Beginn der Tinnituserkrankung angesehen werden. Allerdings sei nach Angaben des Präventionsdienstes in der Zeit vom 7. Januar 1987 bis 30. Juni 2002 von einem personenbedingten Beurteilungspegel von 81 dB(A) und ab dem 1. Juli 2002 bis zum 23. Oktober 2007 von einem Beurteilungspegel von 75 dB(A) auszugehen. Insoweit sei auch in dieser Zeit keine lärmbedingte Ursache des Tinnitus erkennbar. Ferner seien zwischenzeitlich konkurrierende Faktoren für den Tinnitus genannt worden. So sei dem Arztbericht des Dr. Mer. der Psychosomatischen Klinik Bad A. vom 25. Mai 2007 zu entnehmen, dass der Kläger bereits seit gut zwei Jahrzehnten unter Ohrgeräuschen leide, wobei er diese auf ein im Jahr 1983 erlittenes Knalltrauma während der Bundeswehrzeit zurückführe. Dies stünde im Widerspruch zu den bei der gutachterlichen Untersuchung am 19. November 2008 getätigten Angaben des Klägers. Prinzipiell sei ein Knalltrauma geeignet, einen chronischen Tinnitus auszubilden, der auch über Jahrzehnte fortbestehen könne. Auch habe Dr. Gü. an ihrer Zeugenauskunft eine langjährige Tätigkeit des Klägers als Orchesterleiter aufgeführt. Dem ärztlichen Entlassbericht der Medizinischen Psychosomatischen Klinik Bad A. vom 20. November 2008 sei zu entnehmen, dass der Kläger Trompete gespielt habe. Beide Tätigkeiten seien jedoch nicht berufsmäßig ausgeführt worden, sodass von einem über der gehörschädigenden Grenze von 85 dB(A) Wochenbeurteilungspegel, wie er bei Berufsmusikern von Symphonieorchestern erreicht werde, nicht auszugehen sei. Damit könne dieser Umstand gegebenenfalls nur als verstärkender Mechanismus in Betracht gezogen werden. Weiter hat Prof. Dr. Ze. darauf verwiesen, dass die von ihm aufgeführte Lärmexposition auf der Stellungnahme des Präventionsdienstes beruhe und so von ihm übernommen worden sei. Für die Annahme von Dr. Gü., dass sich die Hörstörung während der Lärmexposition Mitte der Siebziger und Mitte der Achtziger entwickelt habe, würden sich aus der Akte keine Hinweise ergeben. Zu der Annahme von Dr. Gü., dass sich das Hörvermögen nach reduzierter Lärmexposition nicht weiter verschlechtert habe, bleibe anzumerken, dass seit 7. Januar 1987 nicht mehr von einer gehörschädigenden Lärmexposition auszugehen gewesen sei und das Audiogramm vom 19. Februar 2002 ein nahezu normales Hörvermögen (was in seinen Messergebnissen sogar besser als die Voraudiogramme gewesen sei) gezeigt hätte. Die Audiogramme ab 2007 würden dann den zunehmenden Hörverlust mit Betonung des Hochtonbereichs aufweisen. Die Hörverschlechterung sei also in einem Zeitraum eingetreten, in dem keine schädigende Lärmexposition mehr bestanden habe. Es sei nicht auszuschließen, dass die beruflich bedingte Lärmexposition die Entwicklung der Hörstörung sowie den Tinnitus unterstützt hätte.

Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin ausgeführt, der Kläger habe sich unmittelbar nach dem Knalltrauma in ärztliche Behandlung bei Prof. Dr. Ste. begeben, nach welchem keine Folgen verblieben seien.

Im Weiteren hat das SG sodann den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. May. als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner Auskunft vom 26. Oktober 2009 hat er mitgeteilt, dass er Prof. Dr. Ze. insoweit nicht folgen könne, als dieser einerseits eine Hörminderung diagnostiziere, andererseits berufsunabhängigen Umständen eine überragende Bedeutung beimesse. Zusammengefasst sei es ihm jedoch nicht möglich, Ausführungen dazu zu machen, ob der Tinnitus und die Hyperakusis auf die Lärmeinwirkung zurückzuführen seien. Er teile bereits zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht die Ansicht von Prof. Dr. Ze., dass die Hörminderung psychogen bedingt sei.

Im Weiteren hat das SG sodann Dr. Stä. mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 2. Juli 2010 hat er ausgeführt, dass beim Kläger nach Durchsicht der Unterlagen ein Tinnitus und eine Schwerhörigkeit beidseits vorwiegend im Hochtonbereich festzustellen seien. Beim Kläger bestünde bereits seit vielen Jahren ein Tinnitus. Wirklich problematisch sei dieser Tinnitus erst im Jahr 2006 geworden. Nervenärztlich falle auf, dass sich die Wahrnehmung und das subjektive Leiden am Tinnitus und der Schwerhörigkeit in Wechselwirkung mit einem wohl immer deutlicher werdenden Arbeitsplatzkonflikt nach Wechsel auf der Meisterebene des Betriebs entwickelt habe und der Kläger mit einer bereits seit Kind und Jugend zwanghaft akzentuierten Persönlichkeit auch aufgrund seiner Wesensart und seiner besonderen Exaktheit und des damit bei der Arbeit verbundenen Zeitaufwands in zunehmenden Konflikt mit dem Vorgesetzten geraten sei. Zur Persönlichkeit des Klägers gehöre auch, dass er in erheblichem Umfang Bestätigung und Selbstwertgefühl aus dem Lob für seine besonders exakte Arhbeit und seine hohe Einsatzbereitschaft gezogen habe, er habe auch eine besondere Wertschätzung für seine Leistungen erwartet. Als sich der Kläger dann noch von den Vorgesetzten gegenüber anderen im Betrieb mit ähnlichen Problemen wie dem Tinnitus zurückgesetzt gefühlt habe, hätte sich auf der Grundlage der Persönlichkeitsstörung eine zunehmende psychische Störung entwickelt. Vor dem Hintergrund der immer deutlicher werdenden affektiven Störung mit Angst, Zwang und Depression seien dann die körperlichen Erkrankungen, die bereits Jahre zuvor bestanden hätten (Tinnitus, Schwerhörigkeit), als immer schwerwiegender empfunden worden. Wie man es von Zwangsstörungen her kenne, beschäftige sich der Kläger zunehmend in einer ihn durchaus belastenden und auch quälenden Art den ganzen Tag über mit seiner Hörstörung und seinem Tinnitus, da sich den ganzen Tag über zwanghafte Störungen aufdrängen würden. Nachdem sich die psychische Störung zunehmend manifestiert hätte, seien die bereits bestehenden Beeinträchtigungen in Form von Tinnitus und Schwerhörigkeit als weit belastender empfunden worden, als sie zuvor wahrgenommen worden seien. Ein Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit und der psychischen Störung bestünde insoweit nicht.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist sodann die HNO-Ärztin Dr. Gü. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden. In ihrem Gutachten vom 15. November 2010 hat sie ausgeführt, dass aus ihrer Sicht die beim Kläger vorliegende Hörstörung mit höchster Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Lärmexposition zurückzuführen sei. Einerseits spreche die Form der Hörkurve und die zeitliche Entwicklung für eine Entstehung der Schwerhörigkeit vor 1989. So hätte der Kläger in der Zeit vor 1975 bis 1986 mit Ausnahme der Wehrdienstzeit von Mai 1980 bis August 1981 und der Tätigkeit als Stuckateur von August 1982 bis Mai 1985 entsprechend lärmexponiert gearbeitet. Problematisch sei natürlich, dass aus dieser Zeit keinerlei Audiogramme vorliegen würden. Außerdem gehe man heute davon aus, dass eine Lärmeinwirkung bereits ab einem Beurteilungspegel von 85 dB(A) als äquivalenter Dauerschallpegel bei einem Achtstundentag über viele Arbeitsjahre geeignet sei, eine Hörschädigung zu verursachen. Dies sei vorliegend gegeben, zumal bei einer Messung im Jahr 1991 auch Lärmspitzen bis zu 90,1 dB(A) festgestellt worden seien. Bei einer Lärmschwerhörigkeit handele es sich um eine reine Innenohrschwerhörigkeit, welche beim Kläger vorliege. Auch die Entwicklung der Schwerhörigkeit zeige insofern den typischen Verlauf auf, als sich eine Hochtonsenke bei ca. 4 kHz zeige. Ferner hätte ein Recruitment nachgewiesen werden können. Ein lärminduzierter Tinnitus liege auf der Hand. Insgesamt spreche mehr für als gegen eine beruflich bedingte Lärmschwerhörigkeit. Die durch die Schwerhörigkeit hervorgerufene MdE schätze sie mit 20 v.H. ein.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass entgegen den Ausführungen von Dr. Gü. keine langjährige Lärmbelastung von mindestens 85 dB(A) beim Kläger vorliegen würde. Ferner hätte sich der Hörverlust nach den vorliegenden Audiogrammen und der Aussage von Dr. Gü. zumindest bis 2009 verschlechtert, was gegen eine stattgehabte berufliche Belastung spreche, da der Kläger nachweislich ab 1987 keinem Lärm von mindestens 85 dB(A) mehr ausgesetzt gewesen sei. Auch würden die von Dr. Gü. erhobenen Befunde gegen eine berufliche Verursachung der Schwerhörigkeit sprechen. So sei der Hörverlust auf dem linken Ohr stärker ausgeprägt als auf dem rechten, was nach dem derzeitigen medizinischen Kenntnisstand der Verursachung durch beruflichen Lärm entgegenstünde. Dies spreche insoweit gegen eine Berufskrankheit, als beim Kläger weder eine asymmetrische Schallbeaufschlagung noch eine erhöhte Vulnerabilität bewiesen worden sei. Die bloße Möglichkeit des Vorliegens einer Tatsache sei kein Vollbeweis. Ferner seien beim SISI-Test auf dem rechten Ohr nur 50% der angebotenen Signale erkannt worden, dennoch werte dies die Gutachterin nicht als Zeichen gegen eine Innenohrschwerhörigkeit, sondern sehe vielmehr den Recruitmentnachweis als erbracht. Auch seien weder die Hirnstammaudiometrie noch die evozierten otoakustischen Emissionen mit einer Lärmschwerhörigkeit zu vereinbaren.

Prof. Dr. Ze. hat in einer weiteren ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 31. Januar 2011 hierzu noch ausgeführt, dass das Auftreten einer berufsbedingten Schwerhörigkeit ohne in Zeit und Intensität hinreichender Lärmexposition am Arbeitsplatz nicht möglich sei und sich nach Ende der Lärmexposition nicht verschlechtern könne. Da seit 1987 keine als gehörschädigend anzusehende Lärmexposition am Arbeitsplatz mehr vorliege, könnten aktuelle Audiogramme nicht für die Bewertung der berufsbedingten MdE herangezogen werden.

Das SG hat mit Urteil vom 23. März 2011 die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 2301 der Anlage zur BKV nicht gegeben seien. Es fehle nämlich bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen. Auf der Grundlage der Ausführungen des Präventionsdienstes der Beklagten sei davon auszugehen, dass der Kläger in der Zeit vom 16. August 1975 bis 15. Februar 1979 einer beruflichen Lärmeinwirkung von 87 dB(A), in der Zeit vom 16. Februar 1979 bis 31. Juli 1982 einer beruflichen Lärmeinwirkung von 85 dB(A) und in der Zeit vom 6. Mai 1985 bis 31. Dezember 1986 einer beruflichen Lärmeinwirkung von 90 dB(A) ausgesetzt gewesen sei. Ab Januar 1987 habe durchgehend eine Lärmexposition von weniger als 85 dB(A) vorgelegen. In Anbetracht dessen, dass der Kläger lediglich 5,7 Jahre einer allenfalls gering gehörschädigenden Lärmeinwirkung von 85 bis 90 dB(A) und nur 1,7 Jahre einer Lärmeinwirkung von 90 dB(A) ausgesetzt gewesen sei, fehle es bereits an der erforderlichen Jahrzehnte andauernden beruflichen Lärmbelastung, welche die Entstehung einer beruflich bedingten Lärmschwerhörigkeit im vorliegenden Fall denkbar machen würde. Darüber hinaus habe auch die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die geringe berufliche Lärmeinwirkung für die beim Kläger festgestellte Schwerhörigkeit ursächlich gewesen sei. Die Lärmschwerhörigkeit sei eine Schallempfindungsschwerhörigkeit vom Haarzelltyp, das bedeute eine Innenohrschwerhörigkeit und keine Schalleitungsstörung. Die chronische Schwerhörigkeit durch Lärm trete immer doppelseitig auf, müsse aber nicht streng symmetrisch ausgebildet sein. Prof. Dr. Ze. folgend sei die auf beiden Seiten überwiegend im Hochtonbereich gelegene Innenohrschwerhörigkeit mit Schrägabfall der Hörschwellenkurve jenseits 0,5 kHz auf einer maximalen Hörminderung bei 10 kHz und 70 dB links und 80 dB rechts prinzipiell mit einer Lärmgenese, einem Tinnitus Aurium IV. Grades sowie einer Überempfindlichkeit (Hyperakusis) vereinbar, jedoch ließen der fehlende Nachweis eines positiven Recruitments (Lautausgleich) und der nicht symmetrisch ausgebildete Hörverlust von 5% rechts und 15% links sowie der Hörverlust im Sprachaudiogramm auf dem rechten Ohr von 0% und auf dem linken von 10% eine berufliche Verursachung zweifelhaft erscheinen. Jedenfalls spreche gegen den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Schwerhörigkeit des Klägers und der Lärmexposition, dass sich die Lärmschwerhörigkeit nicht während der Lärmarbeit entwickelt habe. Sei die relevante Lärmexposition beendet, dürfe die Schwerhörigkeit nur altersentsprechend fortschreiten. Die Lärmplatzanalyse habe ergeben, dass seit dem 7. Januar 1987 keine adäquate Lärmbelastung mehr vorgelegen habe. Während Dr. Gü. lediglich auf Vermutungen gegründet dargelegt habe, dass sich die Schwerhörigkeit in den 70er- und 80er-Jahren entwickelt habe, zeigten den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Ze. folgend die Audiogramme aus dem Jahr 2002 ein nahezu normales Hörvermögen. Erst die Audiogramme ab 2007 wiesen einen zunehmenden Hörverlust mit Betonung des Hochtonbereichs auf. Die Hörverschlechterung sei also in einem Zeitraum eingetreten, in dem keine schädigende Lärmexposition mehr bestanden habe, was mit einer beruflich verursachten Lärmschwerhörigkeit nicht in Einklang zu bringen sei. Ebenso wenig sei der beim Kläger festgestellte Tinnitus und seine Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ursächlich auf eine berufliche Lärmbelastung zurückzuführen. Abgesehen davon, dass für die Entstehung des Tinnitus auch konkurrierende Ursachen wie das im Jahr 1983 bei der Bundeswehr erlittene Knalltrauma in Betracht kämen, habe sich auch dieser erst entwickelt, nachdem der Kläger bereits nicht mehr im Sinne der BK 2301 der Anlage zur BKV gehörschädigend tätig gewesen sei, sodass ein ursächlicher Zusammenhang insoweit nicht wahrscheinlich sei. Die Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet seien nach den Ausführungen von Dr. Stä. auf die vorbestehende Persönlichkeitsstruktur in Wechselwirkung mit personellen Veränderungen auf der Vorgesetztenebene und nicht auf die Schwerhörigkeit oder einen Tinnitus zurückzuführen.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 13. Mai 2011 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 30. Mai 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Klägerbevollmächtigte u.a. ausgeführt, der Kläger habe im bisherigen Verfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Werte die bei den einzelnen Lärmmessungen im Betrieb ermittelt worden seien, "geschönt" gewesen seien. Da die Messungen angekündigt worden seien, sei von Seiten der Betriebsleitung so verfahren worden, dass durch die gezielte Auswahl von ungewöhnlich geringen lärmerzeugenden Materialien der normale Lärmpegel bei den Lärmmessungen nicht habe erreicht werden können. Der Kläger sei sich zwar durchaus darüber im Klaren, dass er diese Behauptung nicht beweisen könne. Eine plausible Erklärung, weshalb bei relativ geringem Dauerschallpegel Lärmschwerhörigkeit entstanden sei, könnte sie dennoch erbringen. Der Beweis der Kausalität wäre darüber hinaus durch den Nachweis eines Recruitments zu führen. Entscheidend für die Einschätzung von Prof. Dr. Ze. sei gewesen, dass er keinen Nachweis eines Recruitments gesehen habe. Unglücklicherweise enthalte das Gutachten genau in diesem Punkt eine entscheidende Schwachstelle. In der Békésy-Audiometrie sei ein Recruitment beobachtet worden. Die entscheidende Stapediusreflexschwellenbestimmung sei aber angeblich aufgrund zu hoher Lärmbelastung abgebrochen worden, so jedenfalls die Aussage im Gutachten. Dies spiegele sich jedoch nicht in dem wider, wie der Kläger die Untersuchung erlebt habe. Nach Angaben von Prof. Dr. Ze. wäre der Recruitmentnachweis eben durch diese Stapediusreflexmessung möglich gewesen. Dass der Test unterblieben sei, aus welchen Gründen auch immer, sei daher unverständlich. Im Weiteren legt der Kläger im Nachgang zum Erörterungstermin vom 9. Januar 2013 noch die Daten bestimmter Werkstücke, die er während seiner Tätigkeit bei der Firma S. auf einer Maschine bestimmten Typs bearbeitet habe, vor.

Eine Nachfrage bei der Firma S. ergab, dass nur eines der benannten Werkstücke noch aktuell an einer Maschine bestimmten Typs bearbeitet wird. Ferner hat die Firma S. eine im Jahr 2007 aufgrund einer Anfrage der BG im Falle des Klägers durchgeführte Lärmschutzmessung vom 12. September 2007 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 12. September 2014 wurde die für die Firma S. zuständige Berufsgenossenschaft ETEM beigeladen.

Am 4. Dezember 2014 konnte schließlich in den Räumen der Firma S. unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers die ursprüngliche, zwischenzeitlich nicht mehr bestehende, Situation hinsichtlich der Maschinen und des Arbeitsplatzes des Klägers zumindest teilweise rekonstruiert werden und eine Arbeitsplatzmessung durch die Beigeladene als für die Firma S. zuständige Berufsgenossenschaft durchgeführt werden. Im Ergebnis konnte dabei nur ein personenbezogener Tages-Lärmexpositionspegel von 79,6 dB(A) für die Zeit von 1987 bis Ende 2001 und 75,3 dB(A) für die Zeit ab 2002 festgestellt werden (Bl. 111/132 Senatsakte).

Der Klägerbevollmächtigte ist dem entgegengetreten und hat unter Bezugnahme einer telefonischen Äußerung von Dr. Gü. geltend gemacht, dass insbesondere die regelmäßige Lärmbelastung des Klägers durch die gemessenen Peaks, die dauerhaft über Jahre hinweg auf den Kläger eingewirkt hätten, eine Lärmschädigung indiziert sei. Im Weiteren wurde noch geltend gemacht, dass teilweise die Verhältnisse unter den nunmehr im Dezember 2014 Messungen durchgeführt wurden, nicht vollständig den damaligen Verhältnissen während der Beschäftigung des Klägers bei der Firma S. entsprochen hätten.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2015 hat der für die Messung am 22. Dezember 2014 verantwortliche Messtechniker der Präventionsabteilung der Beigeladenen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zwar bei den Messungen Peak-Werte im Regelbereich von 95 bis 113 dB (LpCpeak) festgestellt worden seien. Im Merkblatt zur BK 2301 werde hierzu jedoch auf einen Schädigungsverdacht bei Einwirkungen von Peak-Werten erst oberhalb von 137 dB(C) hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die beim Kläger vorliegende Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anzuerkennen und entsprechend zu entschädigen, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, die beim Kläger vorliegende Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anzuerkennen und entsprechend zu entschädigen, höchsthilfsweise ein technisches Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass die bei der am 4. Dezember 2014 vorgenommene Messung erzielten Messwerte in ihrer Gesamtinterpretation geeignet seien, die beim Kläger dokumentierte Hörschädigung herbeizuführen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung bzw. Feststellung einer BK 2301 liegen nicht vor. Denn es fehlt schon an den arbeitstechnischen Voraussetzungen.

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII).

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII). Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. In der Anlage 1 zur BKV ist die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als BK 2301 enthalten.

Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis erwiesen sein, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 9/08 R - Juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt jeweils das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße - nicht auszuschließende - Möglichkeit. Danach muss bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999 - B 2 U 47/98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

In Anwendung dieser Grundsätze fehlt es auch zur Überzeugung des Senats bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2301. Als gehörschädigend wird eine Lärmeinwirkung von mehr als 85 dB(A) als äquivalenter Dauerschallpegel bei einem 8-Stunden-Tag über viele Arbeitsjahre angesehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit 8. Aufl. 2010, S. 328). Der Versicherungsfall einer BK 2301 ist bereits dann eingetreten, wenn eine lärmbedingte Hörstörung messbar ist, auch ohne dass eine MdE vorliegt (vgl. Merkblatt zur Lärmschwerhörigkeit, Bekanntmachung des BMAS vom 1. Juli 2008, GMBl. 798 ff.).

Es kann jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger - wie von ihm behauptet - auch während seiner Tätigkeit bei der Fa. S. von 1987 bis 2008 in relevantem Maße lärmexponiert war. Dies ist zur Überzeugung des Senats vielmehr eher unwahrscheinlich. Der Senat entnimmt das den Ermittlungen des Präventionsdienstes (PD) am 23. Oktober 2007 und der nochmaligen Messung am 4. Dezember 2014, denen die Angaben des Klägers und die seines Arbeitgebers zu seinen Einsatzgebieten zugrunde gelegen haben. Danach lag in den Jahren von 1987 bis 2008 der Lärmpegel zu keinem Zeitpunkt über dem Schwellenwert von 85 dB(A), sondern vielmehr deutlich darunter. Als gehörschädigend ist aber nur ein dauernder Lärmpegel von 90 dB(A) oder mehr anzusehen, bei einem Wert zwischen 85 dB(A) und unter 90 dB(A) kommt eine Lärmschädigung in seltenen Fällen, bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Empfindlichkeit in Betracht (vgl. Römer in: Hauck/Noftz, SGB VII, Anhang zu K § 9, BK 2301 RdNr. 8). Bei einer Exposition unter 85 dB(A) ist eine Lärmschwerhörigkeit in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, der Geräuschpegel enthält stark hochfrequente Anteile (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 329), oder es liegt eine außergewöhnlich große individuelle Empfindlichkeit vor, was aber vorliegend nach den gutachterlichen Feststellungen nicht der Fall ist.

Auch die jetzt nochmals am 4. Dezember 2014 erfolgte Lärmmessung bei der Firma S. im Rahmen einer - soweit möglich - vorgenommenen Rekonstruktion der während der Beschäftigung des Klägers in den Jahren 1987 bis 2008 bestehenden Verhältnisse am Arbeitsplatz hat zu keinem anderen, für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt.

Vielmehr hat sich auch nach dieser Messung beim Kläger für die Zeit von 1987 bis Ende 2001 nur ein personenbezogener Tages-Lärmexpositionspegel in Höhe von 79,6 dB(A) bzw. für die Zeit ab Anfang 2002 bis 2007 in Höhe von 75,3 dB(A) ergeben (siehe zu den Zahlen im Detail die tabellarische Übersicht der Expositionspegel sowie der Messwerte Bl. 120 f. der Senatsakte). Daneben wurden sogenannte Peaks festgestellt und zwar im Arbeitsbereich bis Ende 2001 in Höhe von maximal 113,4 dB und im Arbeitsbereich ab Anfang 2002 in Höhe von maximal 109,9 dB. Im Einzelnen wurde hierbei von folgenden Voraussetzungen ausgegangen: Der Kläger war in der Zeit von Januar 1987 bis Ende 2007 bzw. Januar 2008 als Mechaniker im Arbeitsbereich Werkzeugausgabe/Werkzeugeinstellung beschäftigt. Der Arbeitsbereich wurde während dieser Zeit zweimal innerhalb der Halle (ca. 1995 sowie ca. Ende 2001) verlagert. Von Januar 1987 bis Ende 2001 befand sich der Arbeitsbereich etwa mittig zwischen den parallel stehenden CNC-Bearbeitungsautomaten Heller BEA 05 und Heller MCS-C 250 (Abstand hierzu jeweils ca. 5 m). Dem Bedienplatz der MCS-C 250 spiegelverkehrt gegenüber lag der Bedienplatz des CNC-Bearbeitungsautomaten Heller MCS-U 250 (ca. 2 bis 3 m Abstand). Hauptlärmquellen an dem Bearbeitungsautomaten waren der manuelle Drucklufteinsatz beim Reinigen von Werkstücken, Werkzeugaufnahmen und Werkzeugen. Das Bearbeiten der Werkzeuge und Aufnahmen (mit Reinigung, Kontrolle, Austausch von Schneiden und anderem) erfolgte durch insgesamt drei Mitarbeiter, wobei einer der Mitarbeiter schichtübergreifend zu jeweils ca. 50% in der Früh- und Spätschicht tätig war. Die Werkzeuge und Werkzeugaufnahmen wurden an einem sechseckigen Arbeitstisch (Durchmesser 2,2 m) mit jeweils vier Haltevorrichtungen und Druckluftanschlüssen (mit Druckluftpistolen) bearbeitet. Mittig des Tisches befand sich ein Aufsatz für die benötigten Montagewerkzeuge. Nach Angaben des Klägers während dieser Messung durch den Präventionsdienst des Beigeladenen führten pro Schicht ca. drei Maschinenbediener am Einstelltisch selbst Arbeiten an ihren Werkzeugen durch. Der Kläger hielt sich darüber hinaus nach den dort gemachten Angaben ca. dreimal pro Schicht für jeweils ca. fünf Minuten an den Bearbeitungsmaschinen auf, um u.a. Probleme mit Werkzeugen mit den Maschinenbedienern zu klären. Hierbei befand sich die betroffene Maschine in der Regel im Stillstand. Eine Lärmexposition ergab sich hierbei zu ca. zwei Drittel der Aufenthaltsdauer durch Betriebsgeräusche von Nachbarmaschinen sowie zu ca. einem Drittel durch den Lärm, der sich beim Teilewechseln u.a. durch Abblasen der Teile an diesen Maschinen ergab. Weiter befanden sich nach den Feststellungen des Präventionsdienstes (PD) der Beigeladenen in der ca. 7500 Quadratmeter großen Fertigungshalle früher wie heute zwölf Bearbeitungsmaschinen, die von den drei Mitarbeitern der Werkzeugausgabe/Werkzeugeinstellung betreut wurden. Am Besuchstag (4. Dezember 2014) wurde vom PD ermittelt, dass im Schnitt jeder WZ-Mechaniker pro Schicht fünf bis sechs Hartmetall bestückte Werkzeuge sowie ca. 40 Werkzeugaufnahmen mit Spannfutteraufnahme bearbeitete (mit u.a. Reinigen, Kontrollieren, Einsätze wechseln oder neu bestücken). Ca. Ende 2001 wurde der Arbeitsbereich Werkzeugausgabe/Werkzeugeinstellung zu einer Stirnwand der Halle hin in den Bereich eines nicht mehr vorhandenen Paternosters verlegt (hier befinden sich aktuell - 2014 - Reservekompressoren für die Drucklufterzeugung). Der Abstand zu der nächsten Bearbeitungsmaschine betrug ehemals mehr als 10 m. Die Tätigkeiten sowie der Umfang der Arbeiten blieben weitgehend gleich. Ab ca. 2002 wurden am Einstelltisch (gleicher Arbeitstisch wie vorher) die alten Druckluftpistolen gegen neue, schallgeminderte Druckluftpistolen ausgetauscht sowie der Arbeitsdruck ab ca. 2004 auf 4 bar reduziert. Die im Einzelnen in der Messung in den dort aufgeführten Tabellen genannten Werte zur Dauer und Häufigkeit der Druckluftverwendung durch den Kläger, seinen Kollegen sowie durch weitere Mitarbeiter ergaben sich aufgrund der Befragung des Klägers sowie den Angaben des Meisters Mechanische Fertigung (Herr Streicher) und des Werkzeugmechanikers und Betriebsratsmitglieds (Herr Natalello). Hierbei wurde (im Messbericht in einer worst-case-Betrachtung) unterstellt, dass bei jedem Vorgang Druckluft zur Reinigung eingesetzt wurde. Dies wurde allerdings sowohl durch den Werkzeugmechaniker N. als auch weitere Mitarbeiter des Bereiches nach den Angaben des PD in Abrede gestellt. Auch eine weitere anfängliche Angabe des Klägers, dass er nämlich die Teile ohne z.B. mit einem Lappen abzudecken abgeblasen habe, wurde von N. ebenfalls in Abrede gestellt, was auch nach Einschätzung des Messingenieurs allgemein nachvollziehbar war, nämlich wegen der Gefahr von herumfliegenden Spänen sowie der möglichen Verschmutzung des Arbeitsumfeldes. Letztlich hat danach auch der Kläger selbst im Laufe der Messungen eingeräumt, auch ein Tuch zum Abdecken des Werkstückes verwandt zu haben. Aufgrund dessen erfolgten die Messungen mit Abdecktuch. Als Ergebnis dieser Messungen ist festzuhalten, dass der Kläger zu keiner Zeit während seiner Tätigkeit bei der Firma S. einem gehörschädigenden Lärm ausgesetzt war, vielmehr die Werte mit 79,6 dB(A) für die Zeit von 1987 bis 2001 und 75,3 dB(A) für die Zeit von 2002 bis 2008 deutlich unter dem Schwellenwert von 85 dB(A) lagen.

Zwar hat Prof. Ze. in seinem Gutachten auch unter Beachtung der Kriterien im Königsteiner Merkblatt zur Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit zu den Voraussetzungen der Annahme einer Lärmschädigung darauf verwiesen, dass die Bedingung einer entsprechenden lärmadäquaten Lärmexposition in Intensität und zeitlicher Einwirkung am Arbeitsplatz nach den vorliegenden Messprotokollen nicht belegt ist, wohl aber eine reine Innenohrschwerhörigkeit mit Betonung der hohen Frequenzen beim Kläger vorliegt. Typisch für einen lärmbedingten Gehörschaden ist der Verlauf der Hörschwelle im Tonaudiogramm mit einer im Hochtonbereich deutlich stärker als im Tieftonbereich ausgeprägten Innenohrschwerhörigkeit, wie sie sich im Tonaudiogramm anlässlich der Begutachtung auch zeigt. Letztlich konnte zwar lediglich im Békésy-Audiogramm ein Recruitment (das die Hörstörung in den Sinneszellen des Innenohres belegt) nachgewiesen werden, die Stapediusreflexmessung musste hingegen abgebrochen und der SISI-Test war auf beiden Ohren negativ gewesen, insoweit also kein Recruitmentnachweis. Aber Prof. Dr. Ze. hat auch darauf verwiesen, dass durch die Emissionsmessungen gezeigt werden konnte, dass tatsächlich auf beiden Ohren des Klägers eine Schädigung der äußeren Haarzellen vorliegt. Da allerdings wie bereits oben ausgeführt für die Zeit ab 1987 während der Tätigkeit bei der Firma S. keine gehörschädigende Lärmexposition mehr festgestellt werden kann, kann die beim Kläger bestehende Schwerhörigkeit auch nicht als Lärmschwerhörigkeit im Sinne der BK 2301 anerkannt werden.

Soweit der Kläger nunmehr noch geltend macht, dass jedenfalls aber im Hinblick auf die gemessenen Peaks und aufgrund der Einschätzung von Dr. Gü. diese sehr wohl geeignet seien, eine Lärmschwerhörigkeit zu verursachen, folgt der Senat dem nicht. Denn Lärm im Sinne der BK 2301 ist jeder Schall (Geräusch), der das Gehör schädigen kann und der gleichmäßig als Dauerlärm oder stark schwankend oder als Impulslärm auf den Versicherten eingewirkt hat (siehe Merkblatt zur Lärmschwerhörigkeit a.a.O.). Sehr kurze Spitzenschalldruckpegel (Dauer weniger als zehn Millisekunden) hoher Intensität (mehr als 137 dB(C), die u.a. beim Schießen und bei Explosionen oder beim Richten von Metallen mit Hammerschlägen entstehen können, sind danach gesondert zu betrachten, weil sich deren Schädigungsmechanismus von dem einer chronischen Lärmeinwirkung niedrigerer Intensität unterscheidet. Das heißt aber umgekehrt, erst bei Peaks von mehr als 137 dB(C) kommt eine gehörschädigende Wirkung in Betracht. Die bei der noch am 4. Dezember 2014 vorgenommenen Lärmmessung festgestellten Peaks liegen jedoch mit maximal 113,4 dB(C) bis Ende 2001 bzw. maximal 109,9 dB(C) ab 2002 deutlich unter dem maßgeblichen Schwellenwert. Damit ist auch unter diesem Gesichtspunkt nicht ansatzweise das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer durch gehörschädigenden berufsbedingten Lärm verursachte Schwerhörigkeit zu bejahen.

Damit bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass auch zur Überzeugung des Senates der Kläger lediglich in der Zeit bis Ende 1986 insgesamt einem äquivalenten Dauerschallpegel von mehr als 85 dB(A) bzw. weniger als 90 dB(A) für einen Zeitraum von 5,7 Jahren und für einen Zeitraum von 1,7 Jahren einem äquivalenten Dauerschallpegel von mehr als 90 dB(A) exponiert gewesen ist und eine gesamtberufliche Lärmbelastung mit einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von 90 dB(A) für einen Zeitraum von 4,1 Jahren angenommen werden kann. Da darüber hinaus die Audiogramme von 1989 und 1998, insbesondere aber das Audiogramm von 2002 ein nahezu normales Hörvermögen aufweisen (besser als auch die Voraudiogramme - siehe Tabelle Bl. 111 der SG-Akte) und sich erst in den Audiogrammen ab 2007 ein zunehmender Hörverlust mit Betonung des Hochtonbereiches zeigt, also zu einer Zeit, in der nach den obigen Feststellungen keine schädigende Lärmexposition mehr bestand, bestehen auch insoweit für den Senat keine Zweifel, dass die beim Kläger bestehende Schwerhörigkeit nicht als beruflich bedingte Lärmschwerhörigkeit festgestellt werden kann. Nichts anderes gilt auch hinsichtlich des vom Kläger geklagten Tinnitus, der letztlich entgegen der ursprünglichen Annahme von Prof. Dr. Ze. in seinem Gutachten nicht erstmals seit 2004, sondern seit 1999 geltend gemacht wird. Denn hierzu ist festzustellen, dass auch bei Zugrundelegung des Jahres 1999 ausgehend von den vorliegenden Messergebnissen schon zu diesem Zeitpunkt seit über zehn Jahren der Kläger keinem gehörschädigenden Lärm mehr am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen ist. Aus diesen Gründen kann auch der abweichenden Einschätzung von Dr. Gü. unter keinem Aspekt gefolgt werden. Dr. Gü. unterstellt nämlich bei ihrer Einschätzung und Befürwortung der Anerkennung einer BK 2301, dass der Kläger auch in der Zeit bei der Firma S., also von 1987 bis 2007/2008 durchgehend gehörschädigendem Lärm von 85 dB(A) ausgesetzt war, obwohl ihr die anders lautenden Ergebnisse der Messprotokolle aus der ihr bei der Gutachtenserstellung zur Verfügung stehenden Verwaltungsakte auch bekannt gewesen sein müssten.

Soweit der Klägerbevollmächtigte noch beantragt hat, ein technisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die bei der am 4. Dezember 2014 vorgenommenen Messung erzielten Messwerte in ihrer Gesamtinterpretation geeignet seien, die beim Kläger dokumentierte Hörschädigung herbeizuführen, war dem nicht nachzugehen. Es ist nämlich vielmehr Sache des Senates, auf der Grundlage der vorliegenden Beweisergebnisse, als das sind die Messprotokolle der jeweiligen Lärmmessungen bei der Firma S. in den Jahren 1987 bis 2007 sowie der am 4. Dezember 2014 nochmal, im Rahmen einer Rekonstruktion durchgeführten Messungen und festgestellten Lärmbelastungen festzustellen, ob überhaupt die arbeitstechnischen Voraussetzungen, wie sie nach dem Merkblatt zur BK 2301 gefordert werden, vorliegen. Nachdem ausweislich der am 4. Dezember 2014 durchgeführten Messung bezüglich der Tätigkeit des Klägers bei der Firma S. weder ein gehörschädigender Dauerlärm festgestellt werden kann, noch gehörschädigende Peaks festgestellt werden können, ist für den Senat unter keinem Gesichtspunkt erkennbar, inwieweit hier noch eine sogenannte "Gesamtinterpretation", insbesondere durch eine Techniker, vorzunehmen wäre.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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