L 4 R 4041/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 R 3548/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4041/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht der Klägerin auf Grund ihrer Tätigkeit im zu 1) beigeladenen Betrieb ihres Ehemannes.

Letzterer ist gelernter Friseurmeister und betreibt seit 1980 einen Friseursalon unter dem Namen M. S. Frisuren in H ... Die Klägerin ist ausgebildete Friseurin sowie Farb- und Typenberaterin und Visagistin. Seit 10. Juni 1980 ist die Klägerin im Friseursalon beschäftigt und seitdem mit Ausnahme der Zeit vom 3. April bis 4. August 1981 bei der Beigeladenen zu 2) als zuständige Einzugsstelle als versicherungspflichtig Beschäftigte zur Sozialversicherung angemeldet. Zwischenzeitlich befindet sich der Friseursalon in im Eigentum der Klägerin stehenden Betriebsräumen, die sie an den Inhaber der Beigeladenen zu 1) vermietet hat. Grundlage für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) ist der folgende, am 1. Juni 1980 geschlossene Ehegattenarbeitsvertrag.

§ 1 Beginn und Art der Beschäftigung Der Ehegatte [die Klägerin] verpflichtet sich, ab 1. Juni 1980 im Betrieb des Ehegatten [dem Inhaber der Beigeladenen zu 1)] entgeltlich mitzuarbeiten und zwar als Friseuse.

§ 2 Arbeitszeit Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden in der Woche. Sie richtet sich nach dem Tarifvertrag und den betrieblichen Regelungen. Der Ehegatte [die Klägerin] ist im Rahmen des gesetzlich zulässigen Umfangs auch verpflichtet, Überstunden zu leisten, soweit es die Verhältnisse des Betriebs erfordern.

§ 3 Arbeitsvergütung Der Ehegatte [die Klägerin] erhält ein monatliches Bruttogehalt von DM 1.600,00 + vermögenswirksame Leistungen gegenwärtig DM 52,00, zahlbar am letzten Werktag jedes Kalendermonats. Das Gehalt wird bar ausgezahlt (auf das Konto des Ehegatten [der Klägerin] bei der ...überwiesen).

Die Vergütung der Überstunden erfolgt auf Grund der jeweiligen betrieblichen Bestimmungen.

§ 4 Lohn-/Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder wegen eines ärztlich angeordneten und vom zuständigen Sozialversicherungsträger genehmigten Heilverfahrens oder Kuraufenthalts erhält der Ehegatte [die Klägerin] vom Tag der Arbeitsunfähigkeit an bis zu sechs Wochen das vereinbarte Bruttogehalt.

§ 5 Nebenleistungen Wie jeder andere Angestellte hat der Ehegatte Anspruch auf zusätzliche soziale Leistungen, die die Firma freiwillig oder auf Grund vereinbarter Verpflichtungen gewährt. Für Reisen, die im Interesse der Firma notwendig werden, erhält der Ehegatte [die Klägerin] Kostenerstattung nach den betrieblich festgelegten Sätzen. Bei Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs auf Dienstreisen erfolgt der Ersatz der Unkosten in Höhe der steuerlich zugelassenen Kilometergeldsätze.

§ 6 Weihnachtsgratifikation Soweit die Firma allgemein eine Weihnachtsgratifikation gewährt, erhält der Ehegatte [die Klägerin] diese ebenfalls.

§ 7 Urlaub Der Ehegatte [die Klägerin] erhält einen Erholungsurlaub im Kalenderjahr n.d. tarifrechtlichen Bestimmungen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes vom 8. Januar 1963.

§ 8 Kündigung Dieser Arbeitsvertrag kann von beiden Seiten zum Ende jedes Kalendervierteljahres mit einer Frist von sechs Wochen gekündigt werden. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder in beiderseitigem Einvernehmen kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit sofortiger Wirkung gelöst werden.

§ 9 Änderung des Vertrages Die Vertragsschließenden ...behalten sich vor, einzelne Bestimmungen dieses Vertrags zu ändern, wenn besondere Gründe dies erfordern. Derartige Änderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

§ 10 Güterstand Der Inhaber der Firma [ ...] und sein Ehegatte [die Klägerin] leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Am 29. Dezember 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten formlos die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Zugleich beantragte sie zu Unrecht entrichtete Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, als sie und der Inhaber der Beigeladenen zu 1) den Friseursalon eröffnet hätten, seien beide davon ausgegangen, einen Ehegattenarbeitsvertrag abschließen zu müssen. Es habe sich jedoch schnell gezeigt, dass dessen Inhalte für die Zusammenarbeit keine Bedeutung entfaltet hätten. Weder vereinbarte "Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche" hätten eine Rolle gespielt. Auch sei die Vergütungsregelung schnell überholt gewesen, da sich diese mit dem Erfolg des Familienbetriebes geändert habe, ohne dass dies schriftlich festgehalten worden sei. Tatsächlich betrachteten sie den Betrieb als gemeinsames Gut, in dem sie ihre gemeinsame Lebensgrundlage erwirtschafteten. Sie sei Eigentümerin der Betriebsräume, die sie dem Unternehmen zur Verfügung stelle. Von Anfang an trage sie das gesamte Risiko des Friseurbetriebes mit. Dies zeige sich in der Aufnahme von Darlehensverträgen, Grundschuldzweckerklärungen und Bürgschaftserklärungen. Zugleich dokumentiere ein Schreiben aus dem Jahr 1996 das vorherige Bestehen einer Bürgschaftserklärung in Höhe von damals insgesamt DM 209.000,00. Sie agiere als Geschäftsführerin gleichberechtigt zu ihrem Ehemann auch nach außen. Dabei sei sie alleinvertretungsberechtigt und befreit von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie nehme alle Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers wahr. Sie bestimme den Umfang genauso wie den Inhalt und den Ort ihrer Tätigkeit selbst und unterliege keinerlei Weisungen des Inhabers der Beigeladenen zu 1). Obwohl der Betrieb nach außen hin auf den Namen ihres Ehemannes laufe, könnten die geschäftlichen Beziehungen der Eheleute wenigstens im Innenverhältnis als gesellschaftliche aufgefasst werden.

Im Formularantrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab die Klägerin an, die Gesellschaft Blockheizkraftwerk [Klägerin und ihr Ehemann] GbR gegründet zu haben. Ihr Arbeitseinkommen übersteige regelmäßig EUR 400,00, insgesamt jedoch nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze des Fünften Buch Sozialgesetzbuchs (SGB V). In der Anlage zum Statusfeststellungsantrag für mitarbeitende Familienangehörige legte sie dar, die Arbeitszeit werde nach Belieben festgelegt und ihr regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt betrage EUR 2.450,00 brutto. Vom Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht. Das Arbeitsentgelt entspreche nicht dem tariflichen bzw. dem ortsüblichen Lohn; es sei zu gering im Vergleich zur Verantwortung/Tätigkeitsumfang. Auf Nachfrage der Beklagte gab sie ferner an, zu ihren Tätigkeiten gehörten sämtliche Bankgeschäfte, Warenbestellungen, Mitarbeitergespräche, Einstellungsgespräche, die Ausbildung, Organisation des Geschäfts sowie die übrigen Geschäfte ohne schriftliche Verträge. Die Mitarbeiterverträge würden unter den Eheleuten ab- und besprochen und vom Inhaber der Beigeladenen zu 1) unterschrieben. Vorgelegt wurde in diesem Zusammenhang u.a. ein Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) vom 24. November 2003 über ein Darlehen der Klägerin an diesen in Höhe von EUR 15.000,00, ein Schreiben der Vereinigten Volksbank AG Sindelfingen vom 8. Juli 2010 über die Abgabe einer Zweckerklärung zur Eintragung einer Grundschuld zur Sicherung diverser Darlehen, der an den Inhaber der Beigeladenen zu 1) gerichtete Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 wegen der Betriebsprüfung im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006, der Mietvertrag über Geschäftsräume zwischen der Klägerin und dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) vom 15. Dezember 1992 einschließlich Nachträgen sowie die Einkommenssteuerbescheide der Klägerin für die Jahre 2000 bis 2009 und des Inhabers der Beigeladenen zu 1) für die Jahre 2007, 2008 und 2009.

Mit Schreiben vom 13. September 2011 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung an. Anschließend legte die Klägerin dar, das Vorliegen eines Arbeitsvertrages sei noch kein Merkmal einer abhängigen Beschäftigung. Dies ergebe sich bereits aus dem in der Anhörung dargelegten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich seien die rechtlichen Verhältnisse, wie sie praktiziert seien und die praktizierten Verhältnisse, wie sie rechtlich zulässig seien. Damit seien die Inhalte des Vertrages allenfalls der Ausgangspunkt einer Beurteilung, jedoch vorliegend nicht geeignet eine Statusentscheidung zu begründen. Schuldig geblieben sei die Beklagte eine Erklärung dafür, ob die arbeitnehmertypischen Regelungen des Vertrages zwischen den Eheleuten Umsetzung gefunden hätten. Falsch sei die Annahme, nur der Inhaber der Beigeladene zu 1) hafte für die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Auch sie treffe ein unternehmerisches Risiko, da sie mit Darlehen und Bürgschaften sowie Grundschulden auf ihre Immobilien für betriebliche Darlehen einstehe. So agiere lediglich ein Selbstständiger, nicht hingegen ein Arbeitsnehmer. Dieser finanzielle und wirtschaftliche Einsatz habe auch Einfluss auf die Zusammenarbeit. Es sei nicht vorstellbar, dass sie sich einem Weisungsrecht unterordne. Ihre Weisungsfreiheit werde bei der Beurteilung durch die Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt.

Mit Bescheiden vom 19. Oktober 2011 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Geschäftsleiterin (Friseurin) bei der Beigeladenen zu 1) seit 10. Juni 1980 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe entsprechend der Anmeldung. Zur Begründung führte die Beklagte aus, es existiere ein schriftlicher Arbeitsvertrag über eine abhängige Beschäftigung. Dieser schriftliche Vertrag enthalte arbeitnehmertypische Regelungen zum Urlaubsanspruch und zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Klägerin erhalte ein regelmäßiges monatlich gleichbleibendes Arbeitsentgelt. Hiervon werde Lohnsteuer entrichtet. Die Klägerin sei nicht an der Beigeladenen zu 1) beteiligt. Alleiniger Inhaber der Firma sei der Ehemann. Im Hinblick darauf trage sie kein unternehmerisches Risiko. Auch werde das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht. Die gewählte Gesellschaftsform als Einzelfirma spreche für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin. Bei einem entsprechenden Willen der Beteiligten an einer selbstständigen Tätigkeit (Mitunternehmerschaft) der Klägerin hätte dies beispielsweise durch die Gründung einer Gesellschaft (GbR, OHG [haftungsbeschränkt], GmbH etc.) dokumentiert werden können. Es handelte sich bei der Tätigkeit nicht um eine im Voraus zeitlich begrenzte und nicht nur vorübergehende Tätigkeit. Die Modalitäten des geschlossenen Arbeitsvertrages seien zwischen den Vertragsparteien vereinbart und von Anfang an von beiden Seiten akzeptiert worden. Dieser Wille sei danach auf das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung gerichtet gewesen. Dem gelebten Vertragswillen komme eine maßgebliche Bedeutung zu. Das Vertragsverhältnis sei über 30 Jahre lang als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gelebt worden. Es seien Meldungen zur Sozialversicherung erfolgt. In Anbetracht der Tatsache, dass über einen langen Zeitraum ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gelebt worden sei, sei die bloße Behauptung einer selbstständigen Tätigkeit nicht ausreichend. Nachweise und Tatsachen, die das langjährig gelebte Beschäftigungsverhältnis widerlegen könnten, seien nicht dargelegt worden. Auch seien bei Betriebs- und Lohnsteueraußerprüfungen, bei denen sehr wohl auch die Versicherungs- bzw. Lohnsteuerpflicht geprüft worden sei, keine Zweifel geäußert bzw. mitgeteilt worden, dass der geschlossene Vertrag nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche, was ebenfalls zu den Pflichten des Arbeitgebers gehört hätte. Im Gegensatz zu einem Unternehmer, der eigenes Kapital einsetze, das sich akkumuliere, trage die Klägerin Entgeltrisiko. Echtes Unternehmerrisiko bedeute den Einsatz eigenen Vermögens mit der Aussicht auf Vermögenszuwachs oder Vermögensverlust. Dies sei bei der Klägerin nicht gegeben. Auch sei die Klägerin als Geschäftsleiterin tätig. Sie arbeite mit anderen Mitarbeitern der Firma zusammen. Sie überwache die Betriebsorganisation, arbeite andere beschäftigte Mitarbeiter ein, leite sie an und überwache diese. Somit gliedere sich die Klägerin in die Arbeitsorganisation und die betrieblichen Abläufe der Firma ein. Die im Rahmen des Anhörungsverfahrens vorgebrachten Aspekte seien berücksichtigt worden, hätten jedoch zu keiner anderen Entscheidung geführt.

Hiergegen legte die Klägerin am 13. Dezember 2011 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie allein bestimme ihre Tätigkeit und unterliege keinen Weisungen. Ohne sie sei der Betrieb weder entstanden noch fortentwickelt worden. Jegliches denkbares Weisungsgefüge sei wirksam ausgeschlossen, da sie und der Inhaber der Beigeladenen zu 1) faktisch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts agierten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Tätigkeit in hohem Maße durch eigene Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Auch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis könne durch Eigenverantwortlichkeit oder Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sein. Der Auftraggeber setze dann nur noch den äußeren Rahmen, in dem die Tätigkeit ausgeübt werde. Die Klägerin habe für den Betrieb mehrere Darlehen übernommen. Dies sei zwar arbeitnehmeruntypisch, schließe jedoch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus.

Die Klägerin erhob am 25. Juni 2012 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Unter Wiederholung ihrer Begründung im Antrag vertrat sie die Auffassung, sie genieße die gleichen Freiheiten wie der Inhaber der Beigeladenen zu 1) und trage dieselben Risiken. Hieraus werde deutlich, dass sie sich von einem Arbeitnehmer deutlich unterscheide. Trotz der im Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1980 enthaltenen Schriftformklausel hätten Änderungen zwischen den Beteiligten des Arbeitsvertrages auch mündlich vereinbart werden können. Dies entspreche der Rechtsprechung sowohl des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) als auch des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesgerichtshofs (BGH). Vereinbarungen zwischen den Eheleuten könnten immer nur einstimmig getroffen werden bezüglich der Entscheidungen, die den Friseursalon beträfen. Diesbezüglich sei jedoch nichts schriftliches vereinbart worden. Ferner rügte sie, vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß angehört worden zu sein. Der Bescheid sei bereits deswegen rechtswidrig und aufzuheben, weil die Beklagte ihre (der Klägerin) Äußerungen im Anhörungsverfahren nicht erwogen habe, weder im Bescheid vom 19. Oktober 2011 noch im Widerspruchsbescheid. Zudem sei der Bescheid deswegen rechtwidrig, weil die Beklagte eine Feststellung zur Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung nicht getroffen habe, sondern "Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit" festgestellt habe. Zudem sei im Bescheid vom 19. Oktober 2011 lediglich eine Elementenfeststellung getroffen worden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden sowie auf ein Urteil des BSG vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R, in juris) hinsichtlich einer Familien-GmbH hin und die insofern maßgebliche Rechtsmacht, die hier nur der Inhaber der Beigeladenen zu 1) habe. Ergänzend führte sie aus, nachdem die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) über mehr als 30 Jahre zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei, Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien und auch Lohnsteuer sowie das Entgelt als Betriebsausgabe verbucht worden sei, seien die Angaben der Klägerin, es sei von Beginn an eine Mitunternehmerschaft gegeben gewesen als zweckdienliche, individualnützige Behauptung anzusehen, mit denen im Nachhinein die Verhältnisse so erscheinen sollten, als hätte keine abhängige Beschäftigung vorgelegen. Die Beigeladene zu 1) sei offensichtlich zu Beginn des Auftragsverhältnisses am 1. Juni 1980 und in den darauffolgenden Jahren selbst davon ausgegangen, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe und auch gewollt worden sei, denn ansonsten habe es keines Arbeitsvertrages bedurft. Die Minderung der Steuerlast durch die Verbuchung des Arbeitsentgeltes als Betriebsausgabe sei gewollt gewesen und von der Beigeladenen zu 1) auch als zutreffend gesehen worden. Maßgeblich sei letztlich der von dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin geschlossene Arbeitsvertrag. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, die eine Beurteilung abweichend von diesen vertraglichen Regelungen rechtfertigen würden. Es fehle an tatsächlichen Anhaltspunkten, dass die entsprechenden Willenserklärungen rechtlich nicht ernst gemeint gewesen seien. Auch sei nicht erkennbar, dass die Willenserklärung unter der rechtlichen Voraussetzung eines Scheingeschäfts abgegeben worden seien. Nach § 9 des Vertrags vom 1. Juni 1980 hätten die Änderungen oder Ergänzungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurft. Schriftliche Änderungen oder Ergänzungen des Anstellungsvertrages seien jedoch offenbar nicht erfolgt. Auch unter Berücksichtigung der Argumente im Anhörungsverfahren habe sich kein anderer Sachverhalt ergeben, sodass aus ihrer Sicht nicht erforderlich gewesen sei, im Bescheid jedes Argument der Beteiligten einzeln zu bewerten. Im Ergebnis sei damit die Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt worden. Im Übrigen sei im angefochtenen Bescheid formuliert worden, dass die Versicherungspflicht bzw. die Versicherungsfreiheit ab Beginn der Tätigkeit entsprechend der Anmeldung bestehe. Hieraus ergebe sich für sie, dass die Beteiligten zu keinem Zeitpunkt Zweifel über den Umfang der Versicherungspflicht gehabt hätten. In den Fällen der Elementenfeststellung werde üblicherweise ein Ergänzungsbescheid erlassen, dies sei hier jedoch nicht als notwendig erachtet worden, da bereits eine Meldung gemacht worden sei zu allen Zweigen der Sozialversicherung.

Der Inhaber der mit Beschluss des SG vom 13. September 2012 Beigeladenen zu 1) führte aus, der Arbeitsvertrag sei nie Gegenstand ihrer gemeinsamen Tätigkeit gewesen. Er mache auch Büroarbeit, sei aber auch im Salon anwesend. Die Bankgeschäfte würden die Ehepartner teilweise gemeinsam erledigen, z.B. als es damals um das Haus gegangen sei. Die Verträge unterschreibe er jedoch sonst mit der Bank, wenn sie ihn als Geschäftsinhaber beträfen. Das Gehalt der Klägerin werde auf ihr privates Konto überwiesen. Es handele sich um eine gleichbleibende Höhe ohne Umsatzbeteiligung. Niemals sei es vorgekommen, dass bei Mitarbeitereinstellungen sie sich nicht einig gewesen seien.

Die mit Beschluss des SG vom 31. Mai 2013 Beigeladene zu 2) legte unter dem 17. Juli 2013 eine Auflistung der Meldezeiten für die Klägerin (seit 10. Juni 1980 mit Ausnahme der Zeit vom 3. April bis 4. August 1981) vor. Die mit demselben Beschluss des SG Beigeladenen zu 3) und 4) äußerten sich nicht

Mit Urteil vom 18. Juli 2013 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2012 auf. Es stellte fest, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Friseurin bei der Beigeladenen zu 1) nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterliege. Es könne letztlich dahingestellt bleiben, ob die angefochtenen Bescheide der Beklagten bereits deswegen rechtswidrig seien, weil die Beklagte im Bescheid vom 19. Oktober 2011 festgestellt habe, dass die Klägerin ihre Tätigkeit "i.R.e. abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt" und "Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung entsprechend der Anmeldung" bestehe. Zweifel bestünden auch, ob der Bescheid hinreichend bestimmt gewesen sei, denn es sei unklar, für welchen Zeitraum die Beklagte Versicherungspflicht oder aber Versicherungsfreiheit festgestellt habe. Die Verwendung des Wortes "beziehungsweise" lasse letztlich nicht hinreichend deutlich erkennen, welche der beiden Statusalternativen gegebenenfalls zeitweise oder durchgehend festgestellt worden seien. Letztlich sei die Klägerin jedoch bei der Beigeladenen zu 1) nicht abhängig beschäftigt gewesen. Bei einer Gesamtbetrachtung überwögen vorliegend die Merkmale einer nicht-abhängigen Beschäftigung. Weisungen und Weisungsrechte seitens des Inhabers der Beigeladenen zu 1) gegenüber der Klägerin hätten nicht festgestellt werden können. Insoweit habe der Inhaber der Beigeladenen zu 1) die Klägerin als "Mitchefin" angesehen. Auch habe er eine durch die Klägerin erklärte "fristlose Kündigung" eines Mitarbeiters hingenommen. Dass hinsichtlich der Arbeitszeit Weisung seitens des Inhabers der Beigeladenen zu 1) erteilt worden seien, etwa durch Anordnung von Überstunden, oder hinsichtlich der regelmäßigen Arbeitszeit, sei nicht ersichtlich. Ebenfalls seien Weisungen des Inhabers der Beigeladenen zu 1) zur Ausführung der Tätigkeit der Klägerin oder auch ein nur abgeschwächtes Weisungsrecht nicht festzustellen gewesen. Zwar stehe der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen und in sehr abgeschwächter Form ausgeübt werde. Dies sei auch bei sogenannten Diensten höherer Art der Fall, wenn das Weisungsrecht stark eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilnahme am Arbeitsprozess" verfeinert sei. Die Klägerin und der Inhaber der Beigeladenen zu 1) hätten übereinstimmend und glaubhaft vorgetragen, dass überhaupt kein Weisungsrecht des Inhabers der Beigeladenen zu 1) gegenüber der Klägerin, insbesondere auch nicht aus dem schriftlich geschlossenen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1980 bestehe. Dieser sei nie tatsächlich Grundlage für die Tätigkeit der Klägerin gewesen. Weder regele er die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin noch deren Urlaubsansprüche. Die mündliche bzw. konkludente Abbedingung von Bestimmungen des Arbeitsvertrags sei rechtlich auch zulässig bei vorliegend vereinbarter einfacher Schriftformklausel, die mündlich und konkludent abgeändert werden könne.

Gegen das der Beklagten am 23. August 2013 zugegangene Urteil hat diese am 16. September 2013 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Den Feststellungen des SG könne nicht gefolgt werden. Dies folge aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), das in seinen Beschlüssen auf die in Beschäftigungsverhältnissen zwischen Familienunternehmen möglichen Manipulationsmöglichkeiten hingewiesen und daher ausgeführt habe, dass die Undurchsichtigkeit der familiären Beziehungen ein sachgerechter Grund dafür sei, dass an den Nachweis eines Beschäftigungsverhältnisses strengere Anforderung als üblicherweise gestellt werden sollten (Beschluss vom 26. November 1964 - 1 BvL 14/62 - und Beschluss vom 16. Februar 1965 - 1 BvL 20/64 -, beide in juris). Unter Vorlage diverser sozialgerichtlicher Entscheidungen führte sie aus, die Klägerin sei im Einzelunternehmen der Beigeladenen zu 1) seit 10. Juni 1980 abhängig beschäftigt. In einem Einzelunternehmen hafte ausschließlich der Einzelunternehmer. Ihm obliege allein die Geschäftsführung. Die Klägerin habe nicht die Rechtsmacht, weisungsfrei im Unternehmen der Beigeladenen zu 1) tätig zu sein. Bei entsprechendem Willen hätte eine Beteiligung der Klägerin am Unternehmen erfolgen können. Aus dem Urteil des LSG Berlin-Brandenburg (19. Juli 2010 - L 1 KR 241/09 -, nicht veröffentlicht) ergebe sich, dass die Ehefrau eines Einzelunternehmers keine rechtliche Möglichkeit habe, Entscheidungen des Betriebsinhabers über die Führung der Geschäfte zu verhindern. Dieser könne seine Geschäfts- und Firmenpolitik durchsetzen. Ob er dies tatsächlich tue, sei zunächst nicht entscheidend. Es komme auf die rechtlich nicht beseitigte Möglichkeit auf Seiten des Ehemanns bzw. die fehlende Rechtsmacht der Ehefrau an. Die Nichtausübung eines Rechts sei unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen sei. Auch könne nicht vom Vorliegen einer Innengesellschaft ausgegangen werden. Zwar seien die Ehegatten unter beiderseitigem Arbeitseinsatz in dem Betrieb tätig und bestritten aus den wirtschaftlichen Erträgen den Familienunterhalt. Es könne aber keine weisungsfreie Tätigkeit der Klägerin angenommen werden, wenn nach außen hin nur ein Ehegatte als Unternehmer auftrete (vgl. Sozialgericht Dresden, Urteil vom 28. April 2010 - S 18 KR 602/07 -, in juris). Ausgangspunkt der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit sei der Vertrag vom 1. Juni 1980. Die festgelegten Regelungen entsprächen einem typischen Ehegattenarbeitsvertrag. Auf der Internetseite der Beigeladenen zu 2) werde die Klägerin als Mitglied des Teams ohne hervorgehobene Stellung vorgestellt, während der Inhaber der Beigeladenen zu 2) neben der Bezeichnung Topstylist auch als Inhaber benannt sei. Sofern über Jahre hinweg Beschäftigten-Pflichtbeiträge unbeanstandet gezahlt worden seien, sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung schon die Behauptung, erst nach Jahren oder Jahrzehnten Zweifel am Besehen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgekommen seien, wenig glaubhaft. Mit dem Bayerischen LSG (Urteil vom 18. Oktober 2007 - L 4 KR 79/06 -, in juris) gehe sie davon aus, dass keine rechtlich vernünftigen Gründen bestünden, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung aller Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Aus den heutigen Ausführungen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin könne nicht die Fehlerhaftigkeit des damals als richtig angesehenen Versicherungsstatus folgen. Letztendlich sei nämlich auf das seinerzeit Gewollte abzustellen. In der tatsächlichen jahrelangen Ausgestaltung sei deutlich der Wille zur abhängigen Beschäftigung zu Tage getreten. Letztlich müssten klare Beweise vorliegen, um ein Sozialversicherungsverhältnis rückabzuwickeln (vgl. Bayerisches LSG vom 11. Dezember 2008 - L 4 KR 55/07 und L 4 KR 97/08 -, beide in juris). Im Übrigen trage die Klägerin auch kein Unternehmerrisiko, denn ein solches trage nur derjenige, der eigenes Kapital zur Erzielung eines im Zeitpunkt des Einsatzes ungewissen Unternehmererfolges einsetze oder bei dem Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft ungewiss sei. Diese Voraussetzungen würden von der Klägerin nicht erfüllt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Beklagte verkenne bereits, dass die Abbedingung des Vertrages zwischen den Eheleuten rechtlich zulässig gewesen sei. Auch habe das SG zutreffend festgestellt, dass sie betreffende Weisungen und Weisungsrechte des Inhabers der Beigeladenen zu 1) nicht bestünden. Beide hätten das Friseurgeschäft gemeinsam aufgebaut und betrieben und würden das hieraus erzielte Einkommen zum Bestreiten des Lebensunterhalts verwenden. Dies stelle ihrer beider Existenzgrundlage dar. Die so gegebene (Innen) Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen ihr und dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) bilde die eigentliche vertragliche Grundlage der Zusammenarbeit. Sei eine Ehegatteninnengesellschaft gegeben, sei eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen. Weder eine Weisungsunterworfenheit noch eine Eingliederung in eine fremdbestimmte Betriebsstruktur könnten dann gegeben sein. Hieran ändere insbesondere nichts, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgefasst worden sei (BSG, Urteil vom 26. August 1975 - RA 93/73 -, in juris).

Die Beigeladenen haben sich nicht zur Sache geäußert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des SG im Verfahren S 25 R 3548/12, des LSG im Verfahren L 4 R 4041/13 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

2. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 SGG) zu Unrecht stattgegeben.

Der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 ist rechtmäßig. Die Bescheide sind hinreichend bestimmt (dazu unter a). Die Beklagte hat zudem zu Recht festgestellt, dass die von der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) seit 1. Juni 1980 ausgeübte Tätigkeit in einem abhängigen und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erfolgte (dazu unter b).

a) Die streitgegenständlichen Bescheide sind hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 11 RAr 43/96 - in juris; Mutschler, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 33 SGB X Rn. 4 [Dezember 2013]). Er ist hingegen nicht hinreichend bestimmt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R - in juris; BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 25/01 R - in juris, m.w.N.; Pattar in: jurisPK-SGB X, § 33 Rn. 20 m.w.N).

Der Verfügungssatz des Bescheides vom 19. Oktober 2011 genügt bei isolierter Betrachtung diesen Anforderungen an die Bestimmtheit nicht. Denn die Beklagte hat darin festgestellt, dass "Versicherungspflicht beziehungsweise Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung [ ] entsprechend der Anmeldung" bestehe. Dieser Verfügungssatz ist, weil er gleichzeitig Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit feststellt, in sich widersprüchlich (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 3. September 2014 - L 8 R 55/13 - in juris).

Allerdings ist der Verfügungssatz unter Berücksichtigung der Begründung des Bescheides und des Widerspruchsbescheides noch hinreichend bestimmt ist. Die Auslegung eines Verwaltungsakts hat ausgehend von seinem Verfügungssatz und der Heranziehung des in § 133 BGB ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedankens zu erfolgen, dass es nicht auf den buchstäblichen Ausdruck des Willens, sondern auf den wirklichen Willen der Behörde bzw. des Verwaltungsträgers ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat (BSG, Urteil vom 8. Februar 2012 - B 5 R 38/11 R - in juris - auch zum Folgenden). Für die Ermittlung des erklärten Willens sind dabei auch die Umstände und Gesichtspunkte heranzuziehen, die zur Aufhellung des Inhalts der Verfügung beitragen können und die dem Beteiligten bekannt sind, wenn der Verwaltungsakt sich erkennbar auf sie bezieht. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte. Namentlich kann zum Zwecke der Auslegung auf die Begründung des Verwaltungsaktes oder auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 6. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R - in juris; Mutschler, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 33 SGB X Rn. 4 [Dezember 2013]; Beschluss des Senats vom 6. Juli 2015 - L 4 R 4641/14 - nicht veröffentlicht).

Der Senat lässt dahingestellt, ob es bereits ausreicht, dass der Verfügungssatz auf die erfolgte (siehe die von der Beigeladenen zu 2) dem SG vorgelegte Aufstellung über die Mitgliedszeiten der Klägerin) "Anmeldung" Bezug nimmt. Jedenfalls erlangt der Bescheid auch hinreichende Bestimmtheit durch seinen Begründungsteil. Denn die Bescheidbegründung enthält die unmissverständliche Ausführung, dass in der von der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit (seit dem 1. Juni 1980) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Diese Feststellung wird zudem in der Begründung des Widerspruchsbescheides ausdrücklich bestätigt. Die Klägerin hat dies auch so verstanden und hat sich im gerichtlichen Verfahren dagegen mit den entsprechenden Feststellungsantrag gewandt.

b) aa) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I, S. 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (Bundestags-Drucksache 14/1855, S. 6).

Die Beklagte war für die von der Klägerin beantragte Feststellung zuständig, weil für die streitige Zeit ab 1. Juni 1980 zum Zeitpunkt der Antragstellung am 29. Dezember 2010 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war.

bb) In den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] sowie § 25 Abs.1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 30. Dezember 2013 - B 12 KR 17/11 R -, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R -, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R-, alle in juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -, in juris).

Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris; ebenso Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R -, alle in juris): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, in juris).

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen eines Ehegatten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt (BSG, Urteile vom 21. April 1993 - 11 RAr 67/92 - und 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, beide in juris). Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung aufgrund eines Gesellschaftsverhältnisses oder der familienhaften Zusammengehörigkeit ist nicht immer leicht zu ziehen und kann nur nach Lage der jeweiligen Umstände entschieden werden. Hierbei sind insbesondere die Eingliederung des Ehegatten in den Betrieb, die vertragliche Regelung auch der Höhe der Geld- und Sachbezüge und ihr Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit sowie zu der Bezahlung vergleichbarer fremder Arbeitskräfte und die steuerliche Behandlung wesentlich. Dabei kommt es nicht nur auf die Vereinbarung eines Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt an, sondern grundsätzlich auch auf die tatsächliche Auszahlung eines angemessenen Arbeitsentgelts. Werden dagegen dem in der Familiengemeinschaft lebenden Angehörigen im Rahmen seines freien Unterhalts neben Kost, Wohnung und Kleidung nur geringfügige Barbeträge - Taschengeld - gewährt, so wird im Allgemeinen kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vorliegen (BSG, Urteil vom 21. April 1993 - 11 RAr 67/92 -, in juris, Rn. 21 m.w.N.).

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) seit 10. Juni 1980 abhängig beschäftigt. Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine Qualifikation als selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.

(1) Rechtlicher Ausgangspunkt der Prüfung ist der ursprünglich zwischen der Klägerin und dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) geschlossene Ehegattenarbeitsvertrag vom 1. Juni 1980. Dieser besteht bis heute fort. Schriftliche Vertragsänderungen wurden nicht vorgenommen. Eine Kündigung des Vertrages ist von keiner Seite zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Von seinem Inhalt her ist der Ehegattenarbeitsvertrag eindeutig auf eine abhängige Beschäftigung gerichtet. Die Klägerin verpflichtet sich darin im Betrieb des Inhabers der Beigeladenen zu 1) entgeltlich mitzuarbeiten (§ 1), der Vertrag wird ausdrücklich als Arbeitsvertrag bezeichnet. Sie ist zu einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und zu den gesetzlich zulässigen und betrieblich erforderlichen Überstunden verpflichtet (§ 2). Als Gegenleistung ist die Zahlung eines monatlichen Gehalts (in Höhe von zunächst DM 1.600,00 zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen i.H.v. DM 52,00) sowie einer Überstundenvergütung vereinbart (§ 3). Der Jahresurlaub richtet sich nach den gültigen tariflichen Bestimmungen (§ 7). Im Krankheitsfall hat sie Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bis zur Dauer von sechs Wochen, wobei ansonsten die gesetzlichen Bestimmungen gelten (§ 4). Die Vereinbarungen über zusätzliche soziale Leistungen und private Nutzung eines betriebseigenen Pkws sind Bestandteile dieses Vertrages (§ 5).

(2) Die tatsächliche Umsetzung der vorgenannten vertraglichen Grundlagen erfolgte entsprechend einer abhängigen Beschäftigung:

Die Beigeladene zu 1) meldete der Beigeladenen zu 2) als zuständige Einzugsstelle ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit bestehender Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und zahlte entsprechende Beiträge. Demgemäß wurden auch regelmäßig Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt, insbesondere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (siehe S. 4 des Versicherungsverlaufs der Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, Bl. 41 Verwaltungsakte).

Die Klägerin erhält erfolgsunabhängig ein festes monatliches Gehalt, das zunächst i.H.v. DM 1.600,00, das im Laufe der Jahre weiter stieg. Nach den genannten Versicherungsverlauf war für das Jahr 2010 ein jährliches Arbeitsentgelt von EUR 27.709,00 (= durchschnittlich monat¬lich EUR 2.309,00) gemeldet. Die der Klägerin zugewendeten Entgelte wurden der Einkommen¬steuer unterworfen und von der Beigeladenen zu 1) als Betriebsausgaben berücksichtigt, was starke Indizien für eine abhängige Beschäftigung sind (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 18. April 2012 - L 11 KR 312/10 -, in juris).

Der Vortrag der Klägerin und des Inhabers der Beigeladenen zu 1), die äußere Abwicklung sei von ihnen nicht bewusst so vorgenommen worden, sondern vom damaligen Betriebswirt des Landesinnungsverbandes veranlasst worden, auf dessen korrekte Sachbehandlung sie vertraut hätten, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn die jahrelange Handhabung bestätigt vielmehr, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) keine Zweifel an der Richtigkeit der äußeren Abwicklung gehabt haben. Durch die Zahlung des Arbeitsentgelts mit den bei Arbeitnehmern üblichen Abzügen vom Arbeitsentgelt haben die Klägerin und die Beigeladene zu 1) deutlich gemacht, dass ein (sozialversicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis von Anfang an gewollt war.

(3) In der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit war die Klägerin in einen fremden Betrieb, nämlich den der Beigeladenen zu 1) eingegliedert und diesem gegenüber weisungsgebunden:

Alleiniger Unternehmensinhaber bzw. Träger des Unternehmens war und ist der Inhaber der Beigeladenen zu 1). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu irgend einem Zeitpunkt Mitinhaberin des Betriebes geworden ist, d.h. es sich um einen (auch) eigenen Betrieb handelt. Vielmehr vermietet die Klägerin seit 1987 sogar die Betriebsräume an den Inhaber der Beigeladenen zu 1). Mieter des Ladenlokals war ebenfalls nur der Inhaber der Beigeladenen zu 1) (Mietvertrag vom 15. Dezember 1992).

Im späteren Verlauf haben die Klägerin und der Inhaber der Beigeladenen zu 1) keinen ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer sog. Ehegatteninnengesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff. BGB geschlossen. Für einen konkludenten Vertragsschluss, der grundsätzlich möglich wäre (vgl. BGH, Urteil v. 30. Juni 1999 - XII ZR 230/96 -, in juris), fehlt es - entgegen der Auffassung der Klägerin - an darauf gerichteten schlüssigem Verhalten der Eheleute. Vielmehr steht bereits der zwischen der Klägerin und dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) aufrecht erhaltene Arbeitsvertrag einer Ehegatteninnengesellschaft entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1995 - XII ZR 132/93 -, in juris). Darüber hinaus ist von den Eheleuten eine Mitunternehmerschaft der Klägerin in der Form einer Ehegatteninnengesellschaft nie dokumentiert bzw. verlautbart worden, obwohl im Übrigen andere zur Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehungen maßgeblichen Verträge schriftlich fixiert wurden. So vereinbarten sie den zwischen dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) als Mieter und der Klägerin als Vermieterin geschlossener Geschäftsraummietvertrag vom 15. Dezember 1992 und schlossen unter dem 24. November 2003 einen schriftlichen Darlehensvertrag über EUR 15.000,00 mit der Klägerin als Darlehensgeberin und dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) als Darlehensnehmer. Zudem tritt eine Innengesellschaft nicht nach außen auf (zur Versicherungspflicht eines stillen Gesellschafters vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, in juris). Dies deutet darauf hin, dass die Klägerin nach außen nicht einem Haftungsrisiko für Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 1) ausgesetzt werden sollte.

Die Klägerin war vollständig in einen fremden Betrieb, den der Beigeladenen zu 1) eingegliedert und unterlag einem entsprechenden Weisungsrecht. Ort, Zeit, Dauer und Art ihrer Tätigkeit bestimmten sich ausschließlich nach der Ordnung dieses Betriebes. Unerheblich ist, ob der Inhaber der Beigeladenen zu 1) in seiner Rolle als Betriebsinhaber in der täglichen Arbeitsroutine von seinem Weisungsrecht tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat und ob die Klägerin ihren Bereich alleinverantwortlich und regelmäßig ohne Weisungen ausgeführt hat bzw. die Ausübung des Weisungsrechts aufgrund familiärer Rücksichtnahme abgeschwächt war. Maßgeblich ist, dass der Inhaber der Beigeladenen zu 1) insoweit die alleinige Rechtsmacht hatte. an den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens Änderungen vorzunehmen oder die Klägerin von ihren Aufgaben wieder zu entbinden (BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, in juris). Diese entfiel nicht dadurch, dass "in guten Zeiten" Arbeitgeberrechte (u.a. das Weisungsrecht) gegenüber der Klägerin als Ehefrau faktisch nicht ausgeübt wurden. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung bzw. einem Zerwürfnis kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, konnte auf die vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder zurückgegriffen werden, so etwa auch auf ein Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wurde (Hessisches LSG, Urteil vom 27. Oktober 2011.- L 8 KR 338/09-, in juris m.w.N; vgl. auch BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Andernfalls hinge die versicherungsrechtliche Beurteilung wesentlich davon ab, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Januar 2014 - L 8 R 42/09 -, in juris). Zurückhaltende Weisungen sind zudem unter Familienangehörigen typisch und stehen als typische Begleiterscheinungen der Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ehepartner nicht entgegen. Ansonsten würde die Entscheidung des Gesetzgebers, Ehegatten-Arbeitsverhältnisse zuzulassen, faktisch unterlaufen. Derartige Umstände bei Ehepartnern und engen Verwandten sind nämlich so gut wie immer anzutreffen (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Januar 2014 - L 8 R 42/09 -, in juris).

(4) Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, liegen nicht vor.

Die Klägerin verfügt nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Beigeladenen zu 1) bestehende Betriebsstätte. Zwar hat sie die Geschäftsräume an den Inhaber der Beigeladenen zu 1) vermietet; dieser kann jedoch - im Falle einer Trennung seinen Friseursalon auch in anderen Räumlichkeiten, als denen der Klägerin ausüben.

Sie trägt auch kein für eine selbstständige Tätigkeit maßgeblich sprechendes Unternehmerrisiko.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R -, in juris) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft nur dann für Selbstständigkeit spricht, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 11. Mai 2009 - B 12 KR 21/07 R -, Urteil vom 25. Januar 2001- B 12 KR 17/00 R -; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R -; alle in juris).

Danach besteht ein Unternehmerrisiko der Klägerin nicht in erheblichem Maße. Sie hat Kapital mit der Gefahr des Verlustes lediglich in geringem Umfang eingesetzt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Darlehensvergabe von EUR 15.000,00 eine größere Freiheit bei der Gestaltung der Bestimmung des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft oder unternehmerischer Chancen beispielsweise in Form einer Gewinnbeteiligung gegenüber stand.

Die Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung als Darlehensnehmerin ist nicht Ausdruck eines von der Klägerin eingegangenen unternehmerischen Risikos. Die Mitverpflichtung der Klägerin bei den Darlehensaufnahmen 2000, 2009 und 2010 beruht nicht auf ihrer Mitunternehmerschaft, sondern war der üblichen Vergabepraxis der Banken geschuldet (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 23. April 2009 - L 4 KR 80/08 -, in juris), in der Regel von Angehörigen von Unternehmern die Bestellung von Kreditsicherheiten unabhängig davon zu verlangen, ob sie in dem Unternehmen beschäftigt sind oder nicht (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Januar 2014 - L 8 R 42/09 -, in juris). die Gewährung von Darlehen - und damit das Haftungsrisiko - unter Eheleuten ist nicht mit der Gewährung eines Darlehens durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, zu vergleichen (vgl. Urteil des Senats vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 -, in juris). Eheleute haben in der Regel ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Gleiches gilt für die Übernahme einer Bürgschaftsverpflichtung über DM 209.000,00, aus der die Klägerin unter dem 13. Juni 1996 entlassen wurde. Sie begründet auch deshalb kein Unternehmerrisiko, sondern ein bloßes Haftungsrisiko, da die Klägerin kein eigenes Kapital eingesetzt hat. Auch ist nicht erkennbar, dass hiermit unternehmerische Freiheiten oder Chancen z.B. in Form einer Gewinnbeteiligung der Klägerin verbunden gewesen wären.

Die Klägerin setzt auch ihre Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg ein. Sie erhält ein monatliches Festgehalt ohne erfolgsabhängige Bestandteile. Dieses wurde - soweit ersichtlich - auch zu keinem Zeitpunkt reduziert.

Über nennenswerte Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Tätigkeit und Bestimmung der Arbeitszeit verfügte die Klägerin nicht. Sie konnte nur in dem ihr zugewiesenen Aufgabenbereich und in zeitlicher und örtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der Belange eines fremden Betriebes tätig werden. Die Möglichkeit, nachmittags die Arbeitszeit zu verkürzen, trat insoweit in den Hintergrund.

(5) Die Tätigkeit der Klägerin ist auch nicht deshalb als nicht dem Grunde nach versicherungspflichtig zu qualifizieren, weil sie lediglich im Rahmen einer familienhaften Mithilfe erfolgt wäre. Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einer familienhaften Mithilfe des Ehegatten hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgebend ist dabei das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (vgl. BSG, Urteil v. 23. Juni 1994 - 12 RK 50/93 -, in juris). Von einer familienhaften Mithilfe kann hier schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Klägerin eine - die bloße Mithilfe ausschließende - herausgehobene Position bei der Beigeladenen zu 1) bekleidet und sich daher im vorliegenden Zusammenhang eher die (hier allerdings zu verneinende) Frage der Mitunternehmerschaft stellt. Zudem erhält die Klägerin tatsächlich laufende monatliche Bezüge, die über bloße Unterhaltsleistungen hinausgehen und als Betriebsausgaben verbucht werden.

Die Tatsache, dass der Inhaber der Beigeladenen zu 1) davon ausging, dass die Klägerin als "Mitchefin" anzusehen sei, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Klägerin - im Übrigen mit anschließender Genehmigung durch den Inhaber der Beigeladenen zu 1) - eine fristlose Kündigung eines Mitarbeiters ausgesprochen hatte. Denn dies gehört auch zu den Aufgaben eines leitenden Angestellten.

dd) Aus dem Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 wegen der Betriebsprüfung im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 kann die Klägerin keine für sie günstigen Rechtsfolgen für das vorliegende Verfahren daraus herleiten, dass anlässlich dieser Betriebsprüfung keine Aussagen hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin erfolgten. Unabhängig davon, dass dieser Bescheid nicht gegenüber der Klägerin, sondern gegenüber dem Inhaber der Beigeladenen zu 1) erging, erwächst hieraus kein Vertrauensschutz für den geprüften Arbeitgeber. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R -, in juris)

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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