Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 6495/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 2852/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Mietspiegel der Landeshauptstadt Stuttgart 2007/2008 liefert ein schlüssiges Konzept für die Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft. Die angemessene Miete für einen Ein-Personen-Haushalt in Stuttgart ergibt sich aus dem Produkt der angemessenen Wohnfläche von 45 qm und dem im Mietspiegel angegebenen Spannenoberwert für Wohnungen aus den Baujahren vor 1975 mit Wohnflächen von 40 bis 49,9 qm mit einfacher Ausstattung in durchschnittlicher Lage.
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 31.07.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 07.08.2008 und des Widerspruchbescheids vom 02.09.2008 verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Betrags für die Kaltmiete in Höhe von 337,50 EUR zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/5.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der anzuerkennenden Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit von 01.08.2008 bis 31.12.2008.
Nachdem vom Gerichtsvollzieher für die vom Kläger in W. bewohnte Wohnung für Anfang August 2008 die zwangsweise Räumung angekündigt worden war, schloss der Kläger am 18.07.2008 einen Mietvertrag über eine 60 Quadratmeter große 3-Zimmer-Wohnung in S.
Das Mietverhältnis begann am 01.08.2008. Der Kläger schuldet monatlich eine Miete von 400,00 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 68,00 EUR. Die Beheizung der Wohnung und die Warmwasserbereitung erfolgt mittels Gas.
Der Kläger sprach erstmals am 24.07.2008 beim Beklagten vor und beantragte am 25.07.2008 bei diesem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Dabei wurde er vom Beklagten darauf hingewiesen, dass für ihn eine Mietobergrenze von 301,50 EUR gelte.
Der Beklagte bewilligte zunächst mit Bescheid vom 31.07.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate August bis Dezember 2008 in Höhe von 351,00 EUR für die Regelleistung und 369,50 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung, insgesamt somit 720,50 EUR monatlich. Nach Vorlage eines Schreibens der E.-GmbH, wonach ab September 2008 monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 59,00 EUR für Strom und 25,00 EUR für Gas fällig seien, änderte der Beklagte den Bescheid ab und setzte durch Änderungsbescheid vom 07.08.2009 für die Monate September bis Dezember 2008 unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung von 387,87 EUR Leistungen in Höhe von 738,87 EUR monatlich fest; der zuvor bereits für den Monat August 2008 festgesetzte Betrag wurde in dem Änderungsbescheid nochmals bestätigt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11.08.2008 Widerspruch ein. Er beantrage die Übernahme der vollen Miete einschließlich Nebenkosten sowie der monatlichen Abschlagszahlungen an die E. für Gas und Strom in Höhe von 85,00 EUR. Es sei für ihn unvorhersehbar gewesen, dass er seine zuletzt bewohnte Wohnung so schnell habe räumen müssen. Da es gegolten habe, Obdachlosigkeit zu verhindern und von ihm eine schnelle Entscheidung verlangt worden sei, habe er nicht erst den Mietvertrag beim Beklagten vorlegen können.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2008 zurück. Von der Grundmiete von 400,00 EUR könne nur die Mietobergrenze in Höhe von 301,50 EUR berücksichtigt werden. Hinzu kämen Neben- und Betriebskosten in Höhe von 68,00 EUR und Heizungskosten in Höhe von monatlich 25,00 EUR abzüglich der in der Regelleistung enthaltenen Energiepauschale von monatlich 6,63 EUR für die Warmwasserbereitung. Die Stromabschlagsrate von 59,00 EUR könne nicht übernommen werden, da diese nicht zu den Kosten der Unterkunft zähle.
Dagegen erhob der Kläger am 29.09.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, er sei vom Vermieter wegen Eigenbedarf gekündigt worden und habe einen Räumungstermin einzuhalten gehabt. Um Obdachlosigkeit zu verhindern, habe er einen Mietvertrag eine Woche vor dem Räumungstermin an einem Besichtigungstermin, der an einem Wochenende stattgefunden habe, unterschrieben. Es sei in S.-W. kaum eine Wohnung zu bekommen, die billiger wäre.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 31.07.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.08.2008 und des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2008 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von einer Grundmiete von 400,00 EUR, den Gaskosten von 25,00 EUR ohne Abzug und den Stromkosten in Höhe von 59,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die im angefochtenen Widerspruchsbescheid aufgeführten Gründe.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 07.08.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2008. Streitig ist somit die Leistungsgewährung im Zeitraum vom 01.08.2008 bis 31.12.2008. Im zuvor benannten Bescheid wird die Leistungsbewilligung auf diesen Zeitraum begrenzt. Soweit mit Folgebescheiden für anschließende Zeiträume weitere Leistungen bewilligt worden sind, sind diese nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Ausdehnung des Klagegegenstandes auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume kommt beim Arbeitslosengeld II regelmäßig nicht in Betracht (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R und vom 29.03.2007 - B 7b AS 4/06 R).
Der genannte Bescheid ist nur hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung mit der Klage angefochten. Insoweit liegt eine eigenständiger Streitgegenstand vor (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R).
Die Klage ist zulässig und insoweit begründet, als der Kläger Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von 01.08.2008 bis 31.08.2008 in Höhe von 405,50 EUR sowie für die Zeit von 01.09.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von 423,87 EUR monatlich hat.
Soweit der Kläger darüber hinaus gehende Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt, ist die Klage unbegründet und war abzuweisen.
Für die Kaltmiete ist monatlich ein Betrag in Höhe von 337,50 EUR, nicht jedoch in Höhe der vollen Kosten von 400,00 EUR zu berücksichtigen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Für den Haushalt des Klägers ist im streitgegenständlichen Zeitraum eine Miete von 337,50 EUR angemessen.
Die vom Kläger für seine Unterkunft aufzubringenden Kosten der Kaltmiete in Höhe von monatlich 400 EUR stellen keine angemessenen Kosten im Sinn von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II dar.
Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist in mehreren Schritten zu prüfen:
Für die Angemessenheit einer Unterkunft ist zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R). In Baden-Württemberg ist in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht für Ein-Personen-Haushalte eine Wohnfläche von 45 qm als angemessen anzusehen [Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo - vom 12.02.2002 (GABl S. 240) i.d.F. der VwV vom 22.01.2004 (GABl S. 248)].
Nach Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc. isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird (sog. Produkttheorie). Es ist somit letztlich abzustellen auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R).
Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R)
Schließlich ist zu prüfen, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort der Kläger tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können. Besteht eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R). Daher kann als angemessen nur die Miete derjenigen Wohnungen herangezogen werden, für welche der Hilfebedürftige wirklich einen Mietvertrag abschließen könnte. Je unattraktiver ein Hilfebedürftiger als potentieller Mieter für Vermieter ist, desto schwieriger wird die konkrete Wohnungssuche sein bzw. um so unattraktiver (z. B. preislich) wird die konkret anmietbare Wohnung sein (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 04.04.2008, L 32 B 458/08 AS ER).
Nach den genannten Maßstäben ergibt sich, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Kaltmiete der von ihm bewohnten Wohnung keine angemessenen Kosten der Unterkunft darstellen. Als angemessene Unterkunftskosten ist jedoch nicht eine monatliche Kaltmiete von 301,50 EUR - wie vom Beklagten veranschlagt -, sondern in Höhe von 337,50 EUR anzusetzen.
Als Erkenntnisquelle für die Ermittlung des maßgeblichen Mietniveaus kommen insbesondere qualifizierte Mietspiegel nach § 558d BGB in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R).
Für die Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten stellt das Gericht daher auf den im streitgegenständlichen Zeitraum gültigen qualifizierten Mietspiegel 2007/2008 der Landeshauptstadt S. ab. Der Mietspiegel ist eine Übersicht über die üblichen Entgelte für Wohnraum, die in der Landeshauptstadt vereinbart wurden. Er umfasst somit das gesamte Stadtgebiet. Der Vergleichsmaßstab ist mithin für das ganze Stadtgebiet einheitlich. Dahinstehen kann vorliegend letztendlich, ob dem Kläger ein Umzug nur innerhalb der inneren Stadtbezirke (West, Nord, Mitte, Ost und Süd) und der an den vom Kläger bewohnten Stadtbezirk West weiteren angrenzenden Stadtbezirke Weilimdorf, Botnang und Vaihingen zumutbar wäre oder ob ein Umzug auch in die vom aktuell bewohnten Stadtbezirk weiter entfernt liegende Stadtbezirke nicht mit einer Aufgabe des sozialen Umfelds verbunden wäre.
Der Mietspiegel stellt für Wohnungen mit einem Baujahr vor 1975 (die ältesten von diesem Mietspiegel erfassten Wohnungen) auf fünf Ausstattungskategorien ab, mit einer weiteren Unterteilung in jeweils drei Lagekategorien.
Die angegebenen Ausstattungskategorien für Wohnungen mit einem Baujahr vor 1975 reichen von "sehr einfach", "einfach", "durchschnittlich" und "gut" bis "sehr gut". Nach den Erläuterungen zum Mietspiegel ist eine "sehr einfache" Ausstattung nur im Altbau anzutreffen, wobei es sich dabei um einen seltenen Wohnungstyp handelt. Wohnungen mit einfacher Ausstattung stellen dagegen einen relativ häufigen Wohnungstyp im Altbau dar.
Der Mietspiegel unterscheidet weiterhin nach den Wohnlagen "mit Nachteilen", "durchschnittlich" und "mit Vorteilen", in denen jeweils der "einfach" ausgestattete Wohnraum verfügbar ist. Nach den Erläuterungen zum Mietspiegel handelt es sich bei der "durchschnittlichen Lage" um den häufigsten Fall. Das Vorhandensein auf- und/oder abwertender Faktoren kann zur Annahme einer Wohnlage mit Nachteilen oder mit Vorteilen führen. Auf- und abwertende Merkmale können sich in ihrer Wirkung ausgleichen. Eine Wohnlage mit Nachteilen soll anzunehmen sein, wenn die Zahl der Lagenachteile [(sehr) dicht bebautes Gebiet, niedriger Erholungswert des Gebiets (keine Nähe zu Grünanlagen, Wald), Hochhaussiedlung, starke Verkehrsbelastung/Lärm, Belastung durch Industrie/Gewerbe] die der Lagevorteile [City-nahe Lage der Wohnung, hoher Erholungswert des Gebiets (Nähe zu Grünanlagen/Wald), offene (durchgrünte) Bebauung des Gebiets, keine Verkehrsbelastung] um mindestens zwei übertrifft.
Da gewährleistet sein muss, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes die Hilfeempfänger tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte und menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 23.07.2007 - L 9 AS 91/06 ER), ist bei Heranziehung des Mietspiegels die Ausstattungskategorie "einfach" in der Wohnlage "durchschnittlich" heranzuziehen. Die Ausstattungskategorie "sehr einfach" scheidet als Anknüpfungsmaßstab aus. Insoweit liegt nur ein seltener Wohnungstyp vor, was bedeutet, dass derartige Wohnungen auch nur selten zur Vermietung anstehen und sie infolgedessen - ebenfalls - nur selten auf dem Mietwohnungsmarkt zur Vermietung angeboten werden (SG Reutlingen, Urteil vom 17.07.2008, S 3 AS 3417/07). Demgegenüber findet sich relativ häufig im Altbau der Wohnungstyp mit der Ausstattungskategorie "einfach". Hierbei handelt es sich um "einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad", welcher für einen Hilfebedürftigen grundsätzlich angemessen ist. Gleiches gilt für die Wohnlage "mit Nachteilen". Im Stadtgebiet von S. sind hauptsächlich durchschnittliche Wohnlage vorzufinden. Dagegen ist die Lagekategorie "mit Nachteilen" erst erfüllt, wenn eine Wohnlage mindestens zwei Lagennachteile mehr aufweist als Lagevorteile. Aufgrund des durch zahlreiche Park- und Grünanlagen geprägten Stadtbildes verfügen viele Wohnlagen schon über mindestens einen Lagevorteil. Eine Wohnlage mit Nachteilen erfordert somit das Vorliegen von mindestens drei Lagenachteilen. Derartige Wohnlagen sind daher nur wenig vorhanden. Dementsprechend selten werden einfach ausgestattete Altbauwohnungen in nachteiliger Lage auf dem Mietwohnungsmarkt angeboten.
Die Mietpreisspanne für derartige Wohnungen beträgt bei einer Wohnflächengröße von 40 bis unter 50 m² ( d.h. auch für hier maßgebliche Wohnungen bis 45 m²) 5,90 EUR bis 7,50 EUR.
Bei der Berechnung der abstrakten Unterkunftskosten ist der Spannenoberwert von 7,50 EUR pro m² und nicht der Mittelwert - wie vom Beklagten angenommen - zugrunde zu legen.
Zwar werden Wohnungen auch zu dem vom Beklagten angenommenen Quadratmeterpreis zur Vermietung angeboten. Um allerdings sicher genug davon ausgehen zu können, dass einem alleinstehenden Hilfebedürftigen die Anmietung einer angemessenen Wohnung gelingt, muss einem Hilfebedürftigen nach der Überzeugung des Gerichts die Anmietung aller nach Baujahr, Ausstattungsgrad und Wohnlage in Betracht kommenden Wohnungen zugestanden werden.
Dies ergibt sich schon daraus, dass der alleinstehende Wohnungssuchende in Konkurrenz zu einer Vielzahl anderer Wohnungssuchender steht. Die insgesamt in S. bestehenden Haushalte (304.361) sind zu 50,3 % Ein-Personen-Haushalte (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt, Datenkompass Stadtbezirke Stuttgart, verkürzte Neuauflage 2008/2009, Seite 26). Entsprechend viele der Wohnungssuchenden sind Ein-Personen-Haushalte. Die Vermieter der angebotenen Wohnungen werden sich angesichts der Vielzahl der Interessenten für die attraktivsten Mieter, was in der Regel jene mit einem soliden Erwerbseinkommen sind, entscheiden. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl der angebotenen Wohnungen durch Immobilienmakler vermittelt wird. Diese prüfen die Zuverlässigkeit potentieller Mieter bezüglich der ordnungsgemäßen Mietzahlung üblicher Weise besonders gründlich.
Zudem ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil von 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R) bei einem Rückgriff auf Tabellen bzw. Fördervorschriften zu erwägen, ob zugunsten des Leistungsempfängers ein mögliche Unbilligkeiten der Pauschalierung ausgleichender Zuschlag in Betracht kommt. Letztendlich stellt die Heranziehung des Spannenoberwertes statt des Mittelwertes auch einen "Sicherheitszuschlag" zum Ausgleich für die mit einem Rückgriff auf den Mietspiegel wie bei jeder Pauschalierung verbundenen möglichen Unbilligkeiten dar.
Aus dem Produkt der angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² und des aus dem Mietspiegel abgeleiteten Preises von 7,50 EUR pro m² ergibt sich somit eine angemessenen Miete von 337,50 EUR für den Ein-Personen-Haushalt des Klägers.
Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der tatsächlichen Miete von 400,00 EUR ergibt sich nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind grundsätzlich nur die angemessenen Kosten zur übernehmen. § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II enthält lediglich eine Zumutbarkeitsregelung, die es verhindern soll, dass der Leistungsberechtigte sofort (bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit) gezwungen wird, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Schutzbedürftig sind danach insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung leben bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - z. B. durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R). Wenn der Leistungsbezieher allerdings während des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umzieht, bedarf er dieses Schutzes nicht, da er von vornherein in eine angemessene Wohnung ziehen kann. Dies ergibt sich auch aus § 22 Abs. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift soll ein Hilfebedürftiger vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Die - vorliegend unterbliebene - Einholung der vorherigen Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 S 1 SGB II ist grundsätzlich keine Anspruchsvoraussetzung, sondern hat die Bedeutung einer Obliegenheitspflicht, deren Verletzung keine Auswirkungen hat, wenn der Umzug gem. § 22 Abs 2 S 2 SGB II erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (LSG Berlin - Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2007 - L 10 B 854/07 AS ER). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ohne vorherige Zusicherung seitens des kommunalen Trägers zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Wohnung ein Anspruch auf volle Übernahme der Kosten der Unterkunft nur dann in Betracht kommt, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen sind (LSG Baden - Württemberg, Beschluss vom 27.09.2006 - L 7 AS 4739/06 ER-B).
Neben der Kaltmiete in Höhe von 337,50 EUR sind die monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 68,00 EUR zu übernehmen.
Für die Heizkosten ist für die Zeit von 01.09.2008 bis 31.12.2008 ein Betrag von monatlich 18,37 EUR zu berücksichtigen. Dieser Betrag ergibt sich aus den vom Kläger zu zahlenden Abschlägen für Gas von 25,00 EUR abzüglich einer Pauschale von 6,63 EUR. Die Kosten für Gas können nicht in voller Höhe berücksichtigt werden, da ein nicht exakt messbarer Teil der Energie für die Warmwasserbereitung verwendet wird. Die Aufwendungen dafür sind gemäß § 20 Abs. 1 SGB II bereits mit der Regelleistung abgegolten. Da diese nicht zweifach gedeckt werden können - im Rahmen der Regelleistung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II und im Rahmen der Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II -, sind die Gaskosten um den in der Regelleistung enthaltenen Anteil für die Warmwasserbereitung zu kürzen (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R). Ist der genaue Betrag für die Warmwasserbereitung - wie hier - nicht zu ermitteln, ist für die Warmwasserbereitung gemäß den "Ersten Empfehlungen zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung im SGB II" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. in der Fassung vom 08.07.2008, die sich an der Aus- und Bewertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahr 2003 orientieren, der Warmwasseranteil an der Regelleistung mit 1,8905 % anzunehmen. Dementsprechend ist eine Pauschale von 6,63 EUR von den Gaskosten abzusetzen.
Die Kosten für den Haushaltsstrom, für den der Kläger in der Zeit von 01.09.2008 bis 31.12.2008 monatlich 59,00 EUR aufzuwenden hat, sind bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht zu berücksichtigen. Ebenso wie die Kosten für Warmwasserbereitung Bestandteil der Regelleistung sind, müssen auch die Kosten für Strom, sofern er nicht zur Erzeugung von Heizenergie genutzt wird, aus der maßgeblichen Regelleistung gedeckt werden (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer lässt die Berufung aufgrund abweichender Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 7 AS 2274/08 ER-B, L 12 AS 4013/07 ER-B) gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zu.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der anzuerkennenden Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit von 01.08.2008 bis 31.12.2008.
Nachdem vom Gerichtsvollzieher für die vom Kläger in W. bewohnte Wohnung für Anfang August 2008 die zwangsweise Räumung angekündigt worden war, schloss der Kläger am 18.07.2008 einen Mietvertrag über eine 60 Quadratmeter große 3-Zimmer-Wohnung in S.
Das Mietverhältnis begann am 01.08.2008. Der Kläger schuldet monatlich eine Miete von 400,00 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 68,00 EUR. Die Beheizung der Wohnung und die Warmwasserbereitung erfolgt mittels Gas.
Der Kläger sprach erstmals am 24.07.2008 beim Beklagten vor und beantragte am 25.07.2008 bei diesem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Dabei wurde er vom Beklagten darauf hingewiesen, dass für ihn eine Mietobergrenze von 301,50 EUR gelte.
Der Beklagte bewilligte zunächst mit Bescheid vom 31.07.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate August bis Dezember 2008 in Höhe von 351,00 EUR für die Regelleistung und 369,50 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung, insgesamt somit 720,50 EUR monatlich. Nach Vorlage eines Schreibens der E.-GmbH, wonach ab September 2008 monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 59,00 EUR für Strom und 25,00 EUR für Gas fällig seien, änderte der Beklagte den Bescheid ab und setzte durch Änderungsbescheid vom 07.08.2009 für die Monate September bis Dezember 2008 unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung von 387,87 EUR Leistungen in Höhe von 738,87 EUR monatlich fest; der zuvor bereits für den Monat August 2008 festgesetzte Betrag wurde in dem Änderungsbescheid nochmals bestätigt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11.08.2008 Widerspruch ein. Er beantrage die Übernahme der vollen Miete einschließlich Nebenkosten sowie der monatlichen Abschlagszahlungen an die E. für Gas und Strom in Höhe von 85,00 EUR. Es sei für ihn unvorhersehbar gewesen, dass er seine zuletzt bewohnte Wohnung so schnell habe räumen müssen. Da es gegolten habe, Obdachlosigkeit zu verhindern und von ihm eine schnelle Entscheidung verlangt worden sei, habe er nicht erst den Mietvertrag beim Beklagten vorlegen können.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2008 zurück. Von der Grundmiete von 400,00 EUR könne nur die Mietobergrenze in Höhe von 301,50 EUR berücksichtigt werden. Hinzu kämen Neben- und Betriebskosten in Höhe von 68,00 EUR und Heizungskosten in Höhe von monatlich 25,00 EUR abzüglich der in der Regelleistung enthaltenen Energiepauschale von monatlich 6,63 EUR für die Warmwasserbereitung. Die Stromabschlagsrate von 59,00 EUR könne nicht übernommen werden, da diese nicht zu den Kosten der Unterkunft zähle.
Dagegen erhob der Kläger am 29.09.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, er sei vom Vermieter wegen Eigenbedarf gekündigt worden und habe einen Räumungstermin einzuhalten gehabt. Um Obdachlosigkeit zu verhindern, habe er einen Mietvertrag eine Woche vor dem Räumungstermin an einem Besichtigungstermin, der an einem Wochenende stattgefunden habe, unterschrieben. Es sei in S.-W. kaum eine Wohnung zu bekommen, die billiger wäre.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 31.07.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.08.2008 und des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2008 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von einer Grundmiete von 400,00 EUR, den Gaskosten von 25,00 EUR ohne Abzug und den Stromkosten in Höhe von 59,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die im angefochtenen Widerspruchsbescheid aufgeführten Gründe.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 07.08.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2008. Streitig ist somit die Leistungsgewährung im Zeitraum vom 01.08.2008 bis 31.12.2008. Im zuvor benannten Bescheid wird die Leistungsbewilligung auf diesen Zeitraum begrenzt. Soweit mit Folgebescheiden für anschließende Zeiträume weitere Leistungen bewilligt worden sind, sind diese nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Ausdehnung des Klagegegenstandes auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume kommt beim Arbeitslosengeld II regelmäßig nicht in Betracht (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R und vom 29.03.2007 - B 7b AS 4/06 R).
Der genannte Bescheid ist nur hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung mit der Klage angefochten. Insoweit liegt eine eigenständiger Streitgegenstand vor (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R).
Die Klage ist zulässig und insoweit begründet, als der Kläger Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von 01.08.2008 bis 31.08.2008 in Höhe von 405,50 EUR sowie für die Zeit von 01.09.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von 423,87 EUR monatlich hat.
Soweit der Kläger darüber hinaus gehende Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt, ist die Klage unbegründet und war abzuweisen.
Für die Kaltmiete ist monatlich ein Betrag in Höhe von 337,50 EUR, nicht jedoch in Höhe der vollen Kosten von 400,00 EUR zu berücksichtigen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Für den Haushalt des Klägers ist im streitgegenständlichen Zeitraum eine Miete von 337,50 EUR angemessen.
Die vom Kläger für seine Unterkunft aufzubringenden Kosten der Kaltmiete in Höhe von monatlich 400 EUR stellen keine angemessenen Kosten im Sinn von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II dar.
Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist in mehreren Schritten zu prüfen:
Für die Angemessenheit einer Unterkunft ist zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R). In Baden-Württemberg ist in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht für Ein-Personen-Haushalte eine Wohnfläche von 45 qm als angemessen anzusehen [Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo - vom 12.02.2002 (GABl S. 240) i.d.F. der VwV vom 22.01.2004 (GABl S. 248)].
Nach Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc. isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird (sog. Produkttheorie). Es ist somit letztlich abzustellen auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R).
Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R)
Schließlich ist zu prüfen, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort der Kläger tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können. Besteht eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R). Daher kann als angemessen nur die Miete derjenigen Wohnungen herangezogen werden, für welche der Hilfebedürftige wirklich einen Mietvertrag abschließen könnte. Je unattraktiver ein Hilfebedürftiger als potentieller Mieter für Vermieter ist, desto schwieriger wird die konkrete Wohnungssuche sein bzw. um so unattraktiver (z. B. preislich) wird die konkret anmietbare Wohnung sein (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 04.04.2008, L 32 B 458/08 AS ER).
Nach den genannten Maßstäben ergibt sich, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Kaltmiete der von ihm bewohnten Wohnung keine angemessenen Kosten der Unterkunft darstellen. Als angemessene Unterkunftskosten ist jedoch nicht eine monatliche Kaltmiete von 301,50 EUR - wie vom Beklagten veranschlagt -, sondern in Höhe von 337,50 EUR anzusetzen.
Als Erkenntnisquelle für die Ermittlung des maßgeblichen Mietniveaus kommen insbesondere qualifizierte Mietspiegel nach § 558d BGB in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R).
Für die Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten stellt das Gericht daher auf den im streitgegenständlichen Zeitraum gültigen qualifizierten Mietspiegel 2007/2008 der Landeshauptstadt S. ab. Der Mietspiegel ist eine Übersicht über die üblichen Entgelte für Wohnraum, die in der Landeshauptstadt vereinbart wurden. Er umfasst somit das gesamte Stadtgebiet. Der Vergleichsmaßstab ist mithin für das ganze Stadtgebiet einheitlich. Dahinstehen kann vorliegend letztendlich, ob dem Kläger ein Umzug nur innerhalb der inneren Stadtbezirke (West, Nord, Mitte, Ost und Süd) und der an den vom Kläger bewohnten Stadtbezirk West weiteren angrenzenden Stadtbezirke Weilimdorf, Botnang und Vaihingen zumutbar wäre oder ob ein Umzug auch in die vom aktuell bewohnten Stadtbezirk weiter entfernt liegende Stadtbezirke nicht mit einer Aufgabe des sozialen Umfelds verbunden wäre.
Der Mietspiegel stellt für Wohnungen mit einem Baujahr vor 1975 (die ältesten von diesem Mietspiegel erfassten Wohnungen) auf fünf Ausstattungskategorien ab, mit einer weiteren Unterteilung in jeweils drei Lagekategorien.
Die angegebenen Ausstattungskategorien für Wohnungen mit einem Baujahr vor 1975 reichen von "sehr einfach", "einfach", "durchschnittlich" und "gut" bis "sehr gut". Nach den Erläuterungen zum Mietspiegel ist eine "sehr einfache" Ausstattung nur im Altbau anzutreffen, wobei es sich dabei um einen seltenen Wohnungstyp handelt. Wohnungen mit einfacher Ausstattung stellen dagegen einen relativ häufigen Wohnungstyp im Altbau dar.
Der Mietspiegel unterscheidet weiterhin nach den Wohnlagen "mit Nachteilen", "durchschnittlich" und "mit Vorteilen", in denen jeweils der "einfach" ausgestattete Wohnraum verfügbar ist. Nach den Erläuterungen zum Mietspiegel handelt es sich bei der "durchschnittlichen Lage" um den häufigsten Fall. Das Vorhandensein auf- und/oder abwertender Faktoren kann zur Annahme einer Wohnlage mit Nachteilen oder mit Vorteilen führen. Auf- und abwertende Merkmale können sich in ihrer Wirkung ausgleichen. Eine Wohnlage mit Nachteilen soll anzunehmen sein, wenn die Zahl der Lagenachteile [(sehr) dicht bebautes Gebiet, niedriger Erholungswert des Gebiets (keine Nähe zu Grünanlagen, Wald), Hochhaussiedlung, starke Verkehrsbelastung/Lärm, Belastung durch Industrie/Gewerbe] die der Lagevorteile [City-nahe Lage der Wohnung, hoher Erholungswert des Gebiets (Nähe zu Grünanlagen/Wald), offene (durchgrünte) Bebauung des Gebiets, keine Verkehrsbelastung] um mindestens zwei übertrifft.
Da gewährleistet sein muss, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes die Hilfeempfänger tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte und menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 23.07.2007 - L 9 AS 91/06 ER), ist bei Heranziehung des Mietspiegels die Ausstattungskategorie "einfach" in der Wohnlage "durchschnittlich" heranzuziehen. Die Ausstattungskategorie "sehr einfach" scheidet als Anknüpfungsmaßstab aus. Insoweit liegt nur ein seltener Wohnungstyp vor, was bedeutet, dass derartige Wohnungen auch nur selten zur Vermietung anstehen und sie infolgedessen - ebenfalls - nur selten auf dem Mietwohnungsmarkt zur Vermietung angeboten werden (SG Reutlingen, Urteil vom 17.07.2008, S 3 AS 3417/07). Demgegenüber findet sich relativ häufig im Altbau der Wohnungstyp mit der Ausstattungskategorie "einfach". Hierbei handelt es sich um "einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad", welcher für einen Hilfebedürftigen grundsätzlich angemessen ist. Gleiches gilt für die Wohnlage "mit Nachteilen". Im Stadtgebiet von S. sind hauptsächlich durchschnittliche Wohnlage vorzufinden. Dagegen ist die Lagekategorie "mit Nachteilen" erst erfüllt, wenn eine Wohnlage mindestens zwei Lagennachteile mehr aufweist als Lagevorteile. Aufgrund des durch zahlreiche Park- und Grünanlagen geprägten Stadtbildes verfügen viele Wohnlagen schon über mindestens einen Lagevorteil. Eine Wohnlage mit Nachteilen erfordert somit das Vorliegen von mindestens drei Lagenachteilen. Derartige Wohnlagen sind daher nur wenig vorhanden. Dementsprechend selten werden einfach ausgestattete Altbauwohnungen in nachteiliger Lage auf dem Mietwohnungsmarkt angeboten.
Die Mietpreisspanne für derartige Wohnungen beträgt bei einer Wohnflächengröße von 40 bis unter 50 m² ( d.h. auch für hier maßgebliche Wohnungen bis 45 m²) 5,90 EUR bis 7,50 EUR.
Bei der Berechnung der abstrakten Unterkunftskosten ist der Spannenoberwert von 7,50 EUR pro m² und nicht der Mittelwert - wie vom Beklagten angenommen - zugrunde zu legen.
Zwar werden Wohnungen auch zu dem vom Beklagten angenommenen Quadratmeterpreis zur Vermietung angeboten. Um allerdings sicher genug davon ausgehen zu können, dass einem alleinstehenden Hilfebedürftigen die Anmietung einer angemessenen Wohnung gelingt, muss einem Hilfebedürftigen nach der Überzeugung des Gerichts die Anmietung aller nach Baujahr, Ausstattungsgrad und Wohnlage in Betracht kommenden Wohnungen zugestanden werden.
Dies ergibt sich schon daraus, dass der alleinstehende Wohnungssuchende in Konkurrenz zu einer Vielzahl anderer Wohnungssuchender steht. Die insgesamt in S. bestehenden Haushalte (304.361) sind zu 50,3 % Ein-Personen-Haushalte (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt, Datenkompass Stadtbezirke Stuttgart, verkürzte Neuauflage 2008/2009, Seite 26). Entsprechend viele der Wohnungssuchenden sind Ein-Personen-Haushalte. Die Vermieter der angebotenen Wohnungen werden sich angesichts der Vielzahl der Interessenten für die attraktivsten Mieter, was in der Regel jene mit einem soliden Erwerbseinkommen sind, entscheiden. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl der angebotenen Wohnungen durch Immobilienmakler vermittelt wird. Diese prüfen die Zuverlässigkeit potentieller Mieter bezüglich der ordnungsgemäßen Mietzahlung üblicher Weise besonders gründlich.
Zudem ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil von 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R) bei einem Rückgriff auf Tabellen bzw. Fördervorschriften zu erwägen, ob zugunsten des Leistungsempfängers ein mögliche Unbilligkeiten der Pauschalierung ausgleichender Zuschlag in Betracht kommt. Letztendlich stellt die Heranziehung des Spannenoberwertes statt des Mittelwertes auch einen "Sicherheitszuschlag" zum Ausgleich für die mit einem Rückgriff auf den Mietspiegel wie bei jeder Pauschalierung verbundenen möglichen Unbilligkeiten dar.
Aus dem Produkt der angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² und des aus dem Mietspiegel abgeleiteten Preises von 7,50 EUR pro m² ergibt sich somit eine angemessenen Miete von 337,50 EUR für den Ein-Personen-Haushalt des Klägers.
Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der tatsächlichen Miete von 400,00 EUR ergibt sich nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind grundsätzlich nur die angemessenen Kosten zur übernehmen. § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II enthält lediglich eine Zumutbarkeitsregelung, die es verhindern soll, dass der Leistungsberechtigte sofort (bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit) gezwungen wird, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Schutzbedürftig sind danach insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung leben bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - z. B. durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R). Wenn der Leistungsbezieher allerdings während des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umzieht, bedarf er dieses Schutzes nicht, da er von vornherein in eine angemessene Wohnung ziehen kann. Dies ergibt sich auch aus § 22 Abs. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift soll ein Hilfebedürftiger vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Die - vorliegend unterbliebene - Einholung der vorherigen Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 S 1 SGB II ist grundsätzlich keine Anspruchsvoraussetzung, sondern hat die Bedeutung einer Obliegenheitspflicht, deren Verletzung keine Auswirkungen hat, wenn der Umzug gem. § 22 Abs 2 S 2 SGB II erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (LSG Berlin - Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2007 - L 10 B 854/07 AS ER). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ohne vorherige Zusicherung seitens des kommunalen Trägers zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Wohnung ein Anspruch auf volle Übernahme der Kosten der Unterkunft nur dann in Betracht kommt, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen sind (LSG Baden - Württemberg, Beschluss vom 27.09.2006 - L 7 AS 4739/06 ER-B).
Neben der Kaltmiete in Höhe von 337,50 EUR sind die monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 68,00 EUR zu übernehmen.
Für die Heizkosten ist für die Zeit von 01.09.2008 bis 31.12.2008 ein Betrag von monatlich 18,37 EUR zu berücksichtigen. Dieser Betrag ergibt sich aus den vom Kläger zu zahlenden Abschlägen für Gas von 25,00 EUR abzüglich einer Pauschale von 6,63 EUR. Die Kosten für Gas können nicht in voller Höhe berücksichtigt werden, da ein nicht exakt messbarer Teil der Energie für die Warmwasserbereitung verwendet wird. Die Aufwendungen dafür sind gemäß § 20 Abs. 1 SGB II bereits mit der Regelleistung abgegolten. Da diese nicht zweifach gedeckt werden können - im Rahmen der Regelleistung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II und im Rahmen der Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II -, sind die Gaskosten um den in der Regelleistung enthaltenen Anteil für die Warmwasserbereitung zu kürzen (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R). Ist der genaue Betrag für die Warmwasserbereitung - wie hier - nicht zu ermitteln, ist für die Warmwasserbereitung gemäß den "Ersten Empfehlungen zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung im SGB II" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. in der Fassung vom 08.07.2008, die sich an der Aus- und Bewertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahr 2003 orientieren, der Warmwasseranteil an der Regelleistung mit 1,8905 % anzunehmen. Dementsprechend ist eine Pauschale von 6,63 EUR von den Gaskosten abzusetzen.
Die Kosten für den Haushaltsstrom, für den der Kläger in der Zeit von 01.09.2008 bis 31.12.2008 monatlich 59,00 EUR aufzuwenden hat, sind bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht zu berücksichtigen. Ebenso wie die Kosten für Warmwasserbereitung Bestandteil der Regelleistung sind, müssen auch die Kosten für Strom, sofern er nicht zur Erzeugung von Heizenergie genutzt wird, aus der maßgeblichen Regelleistung gedeckt werden (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer lässt die Berufung aufgrund abweichender Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 7 AS 2274/08 ER-B, L 12 AS 4013/07 ER-B) gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zu.
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