L 3 R 135/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 7 LW 90007/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 135/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 19. April 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 7. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2001 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. März 2014 werden abgeändert und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 von der Versicherungspflicht zu befreien.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Klägerin in der Alterssicherung für Landwirte im Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2006 bzw. ihre Befreiung hiervon in den Zeiträumen vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 2001 und vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006.

Die am ... 1947 geborene Klägerin war seit dem 1. Oktober 1991 Gesellschafterin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "Landwirtschaftliche Betriebe S. GbR" (S. GbR). Laut Gesellschaftsvertrag vom 2. Juni 1992 stand der Klägerin neben einem Vorabgewinn in Höhe von 16.000,00 DM ein Gewinnanteil an der S. GbR in Höhe von 1,5 Prozent, mindestens jedoch in Höhe einer Verzinsung von 15 Prozent ihrer Einlage, zu (§ 10 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages). Am Verlust war die Klägerin bis zur Höhe ihrer Einlage beteiligt (§ 10 Abs. 3). Ihre Bareinlage betrug 10.000,00 DM (§ 4 Abs. 1), darüber hinaus überließ die Klägerin die in ihrem und im Eigentum ihres Ehemannes stehenden Nutzflächen der Gesellschaft zur Nutzung (rd. 80 ha; § 5 Abs. 2). Von der Geschäftsführung und Vertretung war sie ausgeschlossen (§ 6 Abs. 1).

Seit dem 1. Juni 1996 war die Klägerin ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde S. Sie erhielt eine Aufwandsentschädigung im Jahr 1996 in Höhe von 4.550,00 DM, in den Jahren 1997 und 1998 jeweils in Höhe von 7.800,00 DM zuzüglich von Fahrtkosten in 1997 in Höhe von 273,60 DM und in 1998 in Höhe von 392,16 DM. In den Jahren 1999 bis 2001 wurde der Klägerin eine Aufwandsentschädigung jeweils in Höhe von 10.800,00 DM gewährt. Ab 1. Januar 2002 betrug die Aufwandsentschädigung sodann monatlich 460,00 EUR. Ausweislich der Bestätigung der Verwaltungsgemeinschaft A.-G. vom 1. März 2007 erhielt die Klägerin im Jahr 2006 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 5.040,00 EUR.

Laut Übernahmevertrag vom 15. Dezember 2006 trat die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 2007 ihre Gesellschafterstellung an der S. GbR an J. W. ab. Die Klägerin verblieb mit einem Anteil von 10.000,00 EUR als "Stille Gesellschafterin" an der S. GbR beteiligt, wobei ihre Einlage mit jährlich 10 Prozent zu verzinsen war. Ihre Eigentumsflächen verblieben gegen Pachtzahlungen von 200,00 EUR in der Gesellschaft.

Mit Bescheid vom 29. September 1999 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin in der Alterssicherung für Landwirte nach § 1 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) rückwirkend ab dem 1. Januar 1995 fest, da sie ein landwirtschaftliches Unternehmen mit der erforderlichen Mindestgröße von 4,0 ha bewirtschafte. Eine Befreiung sei auf Antrag möglich, solange die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Klägerin legte hiergegen am 1. November 1999 Widerspruch ein. Sie erziele regelmäßig außerlandwirtschaftliche Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde S. und erfülle die Wartezeit von 15 Jahren nicht mehr.

Am 8. Dezember 1999 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht, da sie nicht hauptberuflich im Unternehmen tätig sei und die Wartezeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr erfüllen könne.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2000 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab, da die Klägerin die Wartezeit von 15 Jahren (= 180 Kalendermonate) für eine Altersrente durch Beiträge für 208 Kalendermonate noch erfüllen könne. Nach Einreichung einer Bestätigung der Verwaltungsgemeinschaft A.-K. über das Einkommen aus der Bürgermeistertätigkeit forderte die Beklagte mit Schreiben vom 29. August 2000 die Klägerin auf, die geänderten Einkommensteuerbescheide zu übersenden.

Mit Bescheid vom 7. März 2001 lehnte die Beklagte erneut die Befreiung von der Versicherungspflicht ab, da die Klägerin keine Nachweise eingereicht habe, die einen Befreiungstatbestand belegten. Hiergegen legte die Klägerin am 9. April 2001 Widerspruch ein und übersandte am 16. Juli 2001 die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1995 bis 1998. Aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 vom 1. März 2001 ergeben sich Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 21.603,00 DM, für das Jahr 1996 vom 2. Februar 2000 solche in Höhe von 22.114,00 DM, für das Jahr 1997 vom gleichen Tag solche in Höhe von 25.717,00 DM und für das Jahr 1998 vom 1. März 2001 Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 27.894,00 DM, aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 1.500,00 DM und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -733,00 DM. Andere Mitteilungen des Finanzamtes lägen ihr noch nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2001 wies die Beklagte den Widerspruch vom 1. November 1999 gegen den Bescheid vom 29. September 1999 sowie den Widerspruch vom 9. April 2001 gegen den Bescheid vom 7. März 2001 als unbegründet zurück, da die Klägerin Unternehmerin eines landwirtschaftlichen Unternehmens sei, welches die erforderliche Mindestgröße erreiche, und dieses mit Gewinnerzielungsabsicht betreibe. Die Klägerin könne auch nicht von der Versicherungspflicht befreit werden, da gemäß § 14 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) nur der Teil der Aufwandsentschädigung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Bürgermeisterin als Arbeitsentgelt gelte, der der Besteuerung unterliege, und sie ausweislich der Einkommensteuerbescheide der Jahre 1995 bis 1997 kein steuerpflichtiges Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt habe. Geänderte Steuerbescheide seien nicht vorgelegt worden.

Die Klägerin hat am 21. November 2001 Klage vor dem Sozialgericht Stendal erhoben. Sie sei nicht versicherungspflichtig, da sie kein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe. Unternehmer sei nur, wer seine berufliche Tätigkeit selbstständig und mit Gewinnerzielungsabsicht ausübe. Dies sei aufgrund des geringen Anteils am Gewinn des Unternehmens in Höhe von lediglich 1,5 Prozent nicht der Fall. Vielmehr sei sie neben ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin Hausfrau und ihrem Ehemann gegenüber unterhaltsberechtigt. An die S. GbR habe sie lediglich Grundstücke verpachtet und erziele hieraus Pachteinnahmen. Zumindest sei sie aber von der Versicherungspflicht zu befreien, da sie eine monatliche Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin in Höhe von 900,00 DM erhalte. Sie erhebe die Einrede der Verjährung und der Verwirkung.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. April 2004 abgewiesen. Die Klägerin sei versicherungspflichtig, da es ohne Bedeutung sei, ob sie ihre Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausübe. Selbstständiger Landwirt sei vielmehr auch ein Nebenerwerbslandwirt, solange sein Handeln auf eigene Rechnung erfolge. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Sie hafte unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der S. GbR und sei mit ihrer Einlage persönlich am Gewinn und am Verlustrisiko beteiligt. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht käme nicht in Betracht, da die monatliche Aufwandsentschädigung der Klägerin nicht der Steuerpflicht unterlegen habe. Die Forderung sei auch weder verjährt noch verwirkt.

Am 9. Juni 2004 hat die Klägerin gegen das ihr am 11. Mai 2004 zugestellte Urteil Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) eingelegt. Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und führt weiter aus, dass sie lediglich stille Gesellschafterin sei. Zwar sei sie aufgrund der Vorgaben der Treuhandanstalt persönliche haftende Gesellschafterin an der S. GbR. Sie hafte jedoch nicht für die Verbindlichkeiten der S. GbR, da sie ausweislich des Gesellschaftsvertrages von der Geschäftsführung ausgeschlossen sei. Sie hafte für Verbindlichkeiten des Unternehmens vielmehr nur mit ihrer Einlage. Auch liege keine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht vor. Die erzielten Einnahmen seien Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. aufgrund der Beteiligung als stille Gesellschafterin solche aus Kapitalvermögen und keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Außerdem betreibe sie seit 2003 die Pension "Gutshaus K.". Darüber hinaus sei sie von einer etwaigen Versicherungspflicht zu befreien. Sie erhalte eine grundsätzlich zu versteuernde Aufwandsentschädigung in Höhe von nunmehr monatlich 460,00 EUR. Aufgrund einer durch die Klägerin beim Finanzamt S. beantragten Änderung der noch nicht festsetzungsverjährten Feststellungsbescheide der S. GbR hat das LSG mit Beschluss vom 4. September 2007 den Rechtstreit mit dem Aktenzeichen L 3 LW 4/04 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits der Klägerin gegen das Finanzamt S. über die als Einspruch behandelte Klage (Az. 4 K 690/05) ausgesetzt.

Aufgrund des Übernahmevertrages vom 15. Dezember 2006, mit dem die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 2007 ihre Gesellschafterstellung an der S. GbR an J. W. abgetreten hat, hat die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2007 die Beendigung der Versicherungspflicht der Klägerin zum 31. Dezember 2006 wegen Unterschreitung der festgesetzten Mindestgröße festgestellt.

Am 6. November 2013 hat die Klägerin die geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2006, jeweils vom 4. November 2013, vorgelegt. Für das Jahr 2002 ergeben sich Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 3.776,00 EUR, aus Kapitalvermögen in Höhe von 11.279,00 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -250,00 EUR. Für das Jahr 2003 ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -12.263,00 EUR, aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 3.672,00 EUR, aus Kapitalvermögen in Höhe von 6.599,00 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -392,00 EUR. Für das Jahr 2004 ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -10.964,00 EUR, aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 3.672,00 EUR, aus Kapitalvermögen in Höhe von 7.325,00 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -431,00 EUR. Für das Jahr 2004 ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -10.964,00 EUR, aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 3.672,00 EUR, aus Kapitalvermögen in Höhe von 7.325,00 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -431,00 EUR. Für das Jahr 2005 ergeben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -34.300,00 EUR, aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 3.672,00 EUR, aus Kapitalvermögen in Höhe von 9.088,00 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -328,00 EUR und für das Jahr 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -17.572,00 EUR, aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 3.192,00 EUR, aus Kapitalvermögen in Höhe von 48.527,00 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -403,00 EUR.

Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, dass die ihr - der Klägerin - gezahlten Aufwandsentschädigungen als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und die Einnahmen aus der GbR als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst seien. Eine Änderung der Steuerbescheide der Jahr 1995 bis 2001 erfolge aufgrund der bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht mehr.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 5. März 2014 die Klägerin von der Versicherungspflicht für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2005 befreit, da in diesem Zeitraum ihre Einnahmen aus der Aufwandsentschädigung, die ausweislich der Steuerbescheide als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit versteuert wurden, ein Siebtel der Bezugsgröße überschritten hätten.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 19. April 2004 und die Bescheide der Beklagten vom 29. September 1999 und vom 7. März 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2001 aufzuheben,

hilfsweise

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 19. April 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2001 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. März 2014 abzuändern und

die Beklagte zu verpflichten, sie - die Klägerin - im Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 2001 sowie vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend. Ausweislich § 10 des Gesellschaftsvertrages erhalte die Klägerin einen Gewinnanteil, der einer Verzinsung von 15 Prozent ihrer Einlage entspreche, und trage einen ebensolchen Verlustanteil. Aus den Einkommensteuerbescheiden ergebe sich zudem, dass die Einnahmen aus der S. GbR die Haupteinnahmequelle der Klägerin seien. Eine Befreiung scheide aus, da trotz der grundsätzlichen Steuerpflicht der Aufwandsentschädigung diese vorliegend nicht versteuert worden sei und insoweit eine Parallelität zwischen Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht bestehe.

Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages wird auf deren Inhalt ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und zum Teil begründet.

1. Soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 29. September 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2001 begehrt, handelt es sich um eine Anfechtungsklage. Eine Aufhebung kommt jedoch nicht in Betracht. Der Bescheid vom 29. September 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Oktober 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Versicherungspflicht der Klägerin in der Alterssicherung für Landwirte nach § 1 ALG angenommen.

Die Klägerin war in dem streitbefangenen Zeitraum als Landwirtin im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ALG versicherungspflichtig.

Landwirt ist nach § 1 Abs. 2 ALG, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße im Sinne von § 1 Abs. 5 ALG von 4 ha erreicht.

Die von der S. GbR bewirtschaftete Fläche mit mindestens 800 ha überschreitet die erforderliche Mindestgröße. Auch wenn an der S. GbR mehrere Personen beteiligt sind, kommt es für die Versicherungspflicht nur darauf an, dass das ungeteilte Unternehmen die Mindestgröße erreicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Februar 1971 - 11 RLw 6/69 -, juris). Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 ALG, die auf das "Unternehmen der Landwirtschaft" abstellt und nicht auf den Unternehmer.

Die Klägerin betreibt als Mitgesellschafterin der S. GbR ein landwirtschaftliches Unternehmen. Unternehmer ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 ALG, wer seine berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Dies ist bei der Klägerin der Fall. Für die Einordnung als Unternehmerin ist ausweislich der Gesetzesbegründung ausreichend, dass die Klägerin Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind selbstständig tätige Unternehmer und damit bereits von Satz 2 erfasst (vgl. hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf, Bundestags-Drucksache 12/5700, S. 69; Bericht des 11. Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 19. Mai 1994, Bundestags-Drucksache 12/7599, S. 7). Insoweit unterscheidet sich die Klägerin nicht von einer Landwirtin, die als Einzelunternehmerin die Landwirtschaft betreibt. Sie haftet als Gesellschafterin der GbR unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Unternehmens und ist an dem Risiko von Gewinn und Verlust persönlich beteiligt (§§ 705 ff., 722 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); vgl. dazu BSG SozR 5850 § 41 Nr. 5; BSG SozR 5850 § 41 Nr. 6 = BSGE 41, 250, 251; Hessisches LSG, Urteil vom 22. Februar 2013 - L 5 R 311/11 -, Rn. 26, juris).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag eine von der gesetzlichen Regelung abweichende interne Verlustbeteiligung geregelt haben. Diese hat keine Außenwirkung, da eine entsprechende Eintragung ins Handelsregister nicht erfolgte.

Entscheidend ist auch nicht, ob die Klägerin von der Finanzbehörde als stille Gesellschafterin der S. GbR angesehen worden ist. Maßgebend ist vielmehr, ob sich ihre Unternehmerstellung aus den vorliegenden Gegebenheiten ergibt. Dabei wird zunächst darauf verwiesen, dass die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung der Finanzbehörden zu treffen ist (so bereits BSG, Urteil vom 5. April 1956 - 3 RK 65/55 - juris, Rn. 32; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Mai 2010 - L 22 LW 1/08 -, Rn. 79, juris). Darüber hinaus lässt sich eine solche Einordnung auch nicht der Einschätzung des Berichterstatters in der Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin am Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Dezember 2012 entnehmen. Er hat ausgeführt, die Klägerin habe im Wesentlichen nur über Kontrollrechte in der GbR verfügt. Ein Mitunternehmerrisiko sei zwar vorhanden, die Mitunternehmerinitiative jedoch nur schwach ausgeprägt.

Die Unternehmerstellung der Klägerin ergibt sich bereits aus dem Gesellschaftsvertrag der S. GbR. Sie - die Klägerin - wird aus den geschlossenen Geschäften der GbR berechtigt und verpflichtet. Im Außenverhältnis haftet sie persönlich mit ihrem gesamten Vermögen. Lediglich intern haftet die Klägerin nur in Höhe ihrer Einlage. Ihr Gewinnanteil beträgt 1,5 Prozent des Gesamtgewinns, den sie durch die ihr eingeräumten Kontrollrechte zumindest in einem gewissen Maße auch beeinflussen kann. Sie trägt damit - wie auch vom Berichterstatter im finanzgerichtlichen Verfahren festgestellt - ein Mitunternehmerrisiko und auch eine Mitunternehmerinitiative.

Nicht entscheidend ist dabei, dass es sich lediglich um einen Unternehmensanteil in Höhe von 1,5 Prozent handelt, und die Klägerin neben dieser Beteiligung Hausfrau und ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde S. war sowie ab 2003 die Pension "Gutshaus K." betrieben hat. Selbstständiger Landwirt ist - vorbehaltlich der Regelung des § 1 Abs. 7 ALG - auch der Nebenerwerbslandwirt, solange sein Handeln auf eigene Rechnung erfolgt, also das wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens sowie die in dem Unternehmen verrichtete Arbeit ihm unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereichen (BSG, Urteil vom 17. Juli 2003 - B 10 LW 9/02 R -, juris, Rn. 10). Diese Voraussetzung war bei der Klägerin gegeben. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. § 1 Abs. 2 Satz 3 ALG, der auf eine hauptberufliche Tätigkeit im Unternehmen abstellt, greift hier nicht ein, da die Klägerin weder beschränkt haftende Gesellschafterin einer Personenhandelsgesellschaft noch Mitglied einer juristischen Person war.

Der Auffassung der Klägerin, sie betreibe kein landwirtschaftliches Unternehmen, da sie lediglich Grundstücke an die S. GbR verpachtet habe, kann nicht gefolgt werden. Die Verpachtung der Grundstücke bewirkt, dass sich der Verpächter - hier die Klägerin - verpflichtet, dem Pächter - hier der S. GbR - den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist im Gegenzug verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten (§ 581 Abs. 1 iVm § 585 Abs. 1 BGB). Dies führt jedoch nicht dazu, dass von einer fehlenden Unternehmerstellung der Klägerin auszugehen ist. Die Klägerin ist als Gesellschafterin der S. GbR nicht ausschließlich Verpächterin, sondern bewirtschaftet durch ihre Stellung in der Gesellschaft gleichzeitig die gepachteten Flächen. Dass sie neben den Einkünften aus der GbR noch Einkünfte aus Verpachtung erzielt, steht der Berücksichtigung einer landwirtschaftlichen Betätigung nicht entgegen.

Die Einordnung der Klägerin als Landwirtin wird auch nicht durch § 1 Abs. 7 ALG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist Landwirt nicht, wer ein Unternehmen der Landwirtschaft ohne die Absicht nachhaltiger Gewinnerzielung betreibt. Die Klägerin betreibt als Mitgesellschafterin das Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht. In der Begründung zu der mit dem ALG neu eingeführten Regelung wird ausgeführt: "Mit dieser Vorschrift sollen sog. Liebhabereibetriebe von der Alterssicherung der Landwirte ausgeschlossen werden; nur solche Personen sollen durch dieses berufsstandspezifische System mit hoher Bundesbeteiligung begünstigt werden, die das landwirtschaftliche Unternehmen zur nachhaltigen Gewinnerzielung betreiben". Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 24. Juli 1986 (Az.: IV R 137/84) ausgeführt, die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht erfordere eine in die Zukunft gerichtete langfristige Beurteilung. Gewinnerzielungsabsicht sei zu verneinen, wenn andauernde Verluste auf das Fehlen der Gewinnabsicht hindeuten würden und wenn aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sei, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt. Die Klägerin hat mit ihrem Gewinnanteil von 1,5 Prozent bereits entsprechende Gewinne realisieren können. Der geringe Gewinnanteil steht einer Gewinnerzielungsabsicht nicht entgegen, er bestimmt nur die Höhe des Gewinns. Ausweislich der Steuerbescheide der Jahre 1995 bis 1998 hat die Klägerin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 21.603,00 DM, 22.114,00 DM, 25.717,00 DM bzw. in Höhe von 27.894,00 DM erzielt. Unerheblich ist, dass es sich nach Angabe der Klägerin hierbei teilweise um Einkünfte aus dem Unternehmen selbst und teilweise aus der Verpachtung gehandelt hat. Im Ergebnis ist erkennbar, dass die Klägerin mit ihrer Beteiligung an der Gesellschaft, die trotz dieser Einordnung durch die Finanzbehörde in den Jahren 2002 bis 2006 keine bloße Kapitalbeteiligung darstellt, Gewinne erzielt hat und auch erzielen wollte. Es handelt sich nicht um das Betreiben einer verlustbringenden Beteiligung aufgrund einer persönlichen Neigung.

Die Feststellung der Versicherungspflicht und die daraus folgende Beitragsforderung mit Bescheid vom 29. September 1999 sind auch weder verjährt oder verwirkt gewesen.

Die Klägerin war in dem streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2006 versicherungspflichtig und damit gemäß § 70 Abs. 1 ALG auch grundsätzlich beitragspflichtig. Die von der Beklagten mit Bescheid vom 29. September 1999 für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 geltend gemachten Beiträge sind auch nicht gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 ALG i.V.m. § 25 SGB IV verjährt. Die Verjährungsfrist beginnt am 1. Januar des Jahres, das dem Jahr folgt, in dem der Beitrag fällig geworden ist (Zieglmeier in Kasseler Kommentar, SGB IV § 25 Rn. 30, beck-online). Die Verjährungsfrist begann damit für den Beitrag für Januar 1995 am 1. Januar 1996. Die Verjährung endet nach Ablauf von vier Kalenderjahren, mithin am 31. Dezember 1999. Bei Geltendmachung mit Bescheid vom 29. September 1999 waren die Beiträge für 1995 bis 1998 noch nicht verjährt.

Die Voraussetzungen einer Verwirkung der Beitragsschuld sind ebenfalls nicht erfüllt. Verwirkung liegt vor, wenn der Berechtigte - die Beklagte - mit der Anforderung längere Zeit gewartet hat und besondere Umstände hinzugetreten sind, welche die nunmehrige Erhebung des Anspruchs dem anderen gegenüber als unzulässig erscheinen lassen (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 4. Auflage, § 52 Rn. 7). Verwirkung erfordert dabei mehr als ein bloßes Nichtstun des Anspruchsinhabers. Erforderlich ist vielmehr ein Verhalten, aus welchem der Anspruchsverpflichtete - die Klägerin - schließen kann, der Anspruch werde nicht geltend gemacht werden. Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben.

2. Der hilfsweise Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 und vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 ist zulässig. Es handelt sich hierbei um eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.

Der angefochtene Bescheid vom 7. März 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. März 2014 ist teilweise rechtswidrig, denn der Antrag auf Befreiung ist über die im Änderungsbescheid getroffenen Regelung einer Befreiung für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2005 hinaus teilweise begründet.

Die Klägerin hat auch vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG wegen des Bezugs von Arbeitsentgelt, welches ein Siebtel der jeweiligen Bezugsgröße übersteigt. Im Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 sowie vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 besteht dagegen kein Anspruch auf Befreiung.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in der Fassung vom 29. Juli 1994, gültig ab 1. Januar 1995, werden Landwirte auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft ein Siebtel der Bezugsgröße überschreitet (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 85 Abs. 9 ALG). Diese Einkommensgrenze gilt trotz Änderung von § 3 Abs. 1 ALG zum 1. April 2003 auch im Jahr 2006 für die Klägerin. Nach § 85 Abs. 9 Satz 1 ALG bleiben Personen, die am 31. März 2003 nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in der bis zum 31. März 2003 geltenden Fassung von der Versicherungspflicht befreit waren, von der Versicherungspflicht befreit, solange das für die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG maßgebende Einkommen jährlich ein Siebtel der Bezugsgröße oder 4.800 EUR überschreitet (§ 85 ALG in der Fassung vom 23. Dezember 2002). Die Klägerin war am 31. März 2003 aufgrund des Bescheides vom 5. März 2014 von der Versicherungspflicht befreit, weil ihre Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin als nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG maßgebendes Einkommen ein Siebtel der Bezugsgröße überschritten hat. Für die Klägerin ist dabei die Bezugsgröße (Ost) maßgebend (§ 18 Abs. 2, 3 SGB IV).

Die nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt (GO LSA in der Fassung vom 5. Oktober 1993, gültig ab 1. Juli 1994, bzw. in der Fassung vom 31. Juli 1997, gültig ab 6. August 1997, bzw. in der Fassung vom 18. November 2005, gültig ab 31. Dezember 2005) der Klägerin für ihre Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin im Zeitraum vom 1. Juni 1996 bis zum 31. Dezember 2006 gezahlten Aufwandsentschädigungen sind mit ihrem steuerpflichtigen Anteil als Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV anzusehen.

Ausweislich der vorliegenden Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1998 sind diese Arbeitsentgelte der Klägerin zwar steuerlich nicht berücksichtigt worden. Dies ist jedoch nicht maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung erzielt hat (Alterssicherung der Landwirte - Kommentar, § 3 ALG 2.1). Arbeitsentgelt sind gemäß § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei ist in der beitragsrechtlichen Behandlung des Arbeitsentgelts eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV), so dass Einnahmen aus einer Beschäftigung nur unberücksichtigt zu lassen sind, soweit die auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV erlassene Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung vom 6. Juli 1977 (ArEV), einschließlich ihrer Änderungen, dies bestimmt.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung, ob es sich bei der Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit von ehrenamtlichen Bürgermeistern um Arbeitsentgelt handelt, zwischen der Wahrnehmung von Repräsentationsfunktionen und Verwaltungsaufgaben zu unterscheiden (seit BSG, Urteil vom 21. Januar 1969 - 3 RK 81/67 -, juris). Handelt es sich um Repräsentationsaufgaben, stellt deren Ausübung weder eine sozialrechtlich relevante Beschäftigung noch eine selbstständige Tätigkeit dar. Bei Verwaltungsaufgaben hingegen, die dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich sind, ist das dafür gezahlte Geld als Arbeitsentgelt insoweit anzusehen, als diese Zahlung den durch das Ehrenamt bedingten tatsächlichen Aufwand übersteigt (BSG, Urteil vom 22. September 1996 - 12 RK 6/95 - BSGE 78, 34; Urteil des erkennenden Senats vom 16. Dezember 2015 - L 3 R 130/12 -, Rn. 39, juris). Soweit die Entschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit einen tatsächlich entstehenden Aufwand abgilt, ist sie steuerfrei. In der GO LSA ist geregelt, dass ein ehrenamtlicher Bürgermeister nicht ausschließlich der Gemeindevertretung als Organ der Selbstverwaltung vorsitzt, sondern er gemäß § 35 der GO in der Fassung vom 5. Oktober 1993 selbst ein Organ der Gemeinde ist. Die Klägerin war als ehrenamtliche Bürgermeisterin dabei zur Wahrnehmung zahlreicher Verwaltungsaufgaben, wie sie sich aus der GO LSA ergeben, verpflichtet (im Einzelnen zu den sich aus der GO LSA ergebenden Aufgaben: Urteil des erkennenden Senats vom 16. Dezember 2015 - L 3 R 130/12 -, juris, Rn. 34) und in die kommunale Verwaltung eingegliedert, so dass in der Aufwandsentschädigung kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV für eine selbstständige Tätigkeit zu erkennen ist.

Die monatlichen Einkünfte aus der Tätigkeit der Klägerin als ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde S. sind vielmehr teilweise als Arbeitsentgelt zu bewerten. Unter Berücksichtigung der - jeweils gültigen - Lohnsteuerrichtlinien 1996, 1999, 2001 sowie 2005 (13. Aufwandentschädigung aus öffentlichen Kassen (§ 3 Nr. 12 EStG) Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 LStR 1996 bzw. 1999 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 LStR 2001 bzw. 2005) ist davon auszugehen, dass grundsätzlich ein Drittel der vom ehrenamtlichen Bürgermeister bezogenen Aufwandentschädigung steuerfrei ist. Darüber hinaus erzielt der Bürgermeister - hier: die Klägerin - in Höhe von zwei Dritteln Arbeitsentgelt und unterliegt insoweit der Steuerpflicht und auch der Beitragspflicht in der Sozialversicherung (betreffend LStR 2005: Beschluss des erkennenden Senats vom 17. Mai 2010 - L 3 R 18/10 B ER -, juris).

Die Klägerin erzielte im Jahr 1996 eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 4.550,00 DM, mithin ein zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt in Höhe von 3.033,33 DM. In den Jahren 1997 und 1998 erhielt sie eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von jeweils 7.800,00 DM. Hiervon sind 5.200,00 DM als Arbeitsentgelt anzusehen. Das Arbeitsentgelt der Klägerin übersteigt dabei die maßgebliche Grenze von einem Siebtel der Bezugsgröße in den Jahren 1996 bis 1998 nicht. Die jährlichen Bezugsgrößen betrugen im Jahr 1996 42.000,00 DM, ein Siebtel hiervon sind 6.000,00 DM, und in den Jahren 1997 und 1998 jeweils 43.680,00 DM, ein Siebtel hiervon sind 6.240,00 DM.

Etwaige monatliche Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung bleiben unberücksichtigt. Sie stellen weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 Abs. 1 SGB IV noch ein dem vergleichbares Einkommen dar, weil sie nicht aus einer auf Einkommenserwerb gerichteten Tätigkeit als Einkommensquelle stammen (vgl. BSG, Beschluss vom 5. September 2001 - B 10 LW 8/01 B -, juris).

In den Jahren 1999 bis 2001 erhielt die Klägerin eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von jeweils 10.800,00 DM. Ihr berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt in Höhe von 7.200,00 DM überstieg damit ein Siebtel der Bezugsgröße. Die jährlichen Bezugsgrößen betrugen in den Jahren 1999 bis 2001 44.520,00 DM, 43.680,00 DM sowie 45.360,00 DM. Ein Siebtel hiervon sind 6.360,00 DM, 6.240,00 DM sowie 6.480,00 DM.

Im Jahr 2006 erzielte die Klägerin keine ausreichenden Einkünfte. Für ihre Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin erhielt sie insgesamt eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 5.040,00 EUR. Positive Einkünfte aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit der Pensionsbewirtschaftung sind aus dem Einkommensteuerbescheid für 2006 nicht zu entnehmen. Zwei Drittel ihrer Aufwandsentschädigung, mithin 3.360,00 EUR, übersteigen nicht ein Siebtel der Bezugsgröße für 2006 (24.780,00 EUR) in Höhe von 3.540,00 EUR.

Die Klägerin hat den für eine Befreiung für die Jahre 1999 bis 2001 erforderlichen Antrag fristgerecht gestellt. Gemäß § 3 Abs. 2 ALG wirkt die Befreiung vom Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Nach §§ 3 Abs. 2 Satz 4, 34 Abs. 2 Satz 3 ALG beginnt die Frist mit Bekanntgabe des Bescheides über die Feststellung der Versicherungspflicht, hier am 2. Oktober 1999. Die Klägerin hat den Antrag auf Befreiung am 8. Dezember 1999, mithin innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides vom 29. September 1999, gestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Die Klägerin unterliegt mit ihrem Hauptantrag vollumfänglich und mit ihrem Hilfsantrag teilweise, nämlich in vier der noch streitigen sieben Jahre.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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