Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 SO 32/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 19/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 28. April 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Beschwerdeverfahren eine Leistungspflicht des Antragsgegners (im Folgenden: Ag.) zur Zahlung existenzsichernder Leistungen streitig.
Der am ... 1960 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ast.) ist Staatsangehöriger der Republik Kroatien. Er reiste nach seinen Angaben am ... 2013 in das Bundesgebiet ein und meldete am 18. Juli 2013 ein Gewerbe an, das er zum 17. Dezember 2013 wieder abmeldete.
Die Ausländerbehörde des Ag. stellte mit Bescheid vom 20. Mai 2015 (in der Gestalt des dem Senat nicht vorliegenden und nach Angaben des Ast. am 25. April 2016 zugestellten Widerspruchsbescheides vom 13. April 2016) fest, dass die Voraussetzungen für den Aufenthalt des Ast. gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) nicht vorlägen. Der Ast. sei verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Zustellung der Verfügung zu verlassen. Vorsorglich werde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Seit der Einreise des Ast. in das Bundesgebiet seien keine fünf Jahre vergangen. Der Ast. sei ledig. Verwandtschaftliche Beziehungen im Bundesgebiet und Bemühungen der Arbeitsuche habe er nicht nachgewiesen. Er beziehe seit dem 1. Dezember 2013 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II), sodass nicht davon auszugehen sei, dass er über ausreichende Existenzmittel im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 verfüge, um seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Im Rahmen der nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU gebotenen Ermessensentscheidung spreche der Schutz der deutschen Sozialsysteme vor unangemessenem und unberechtigtem Leistungsbezug gegen den weiteren Aufenthalt des Ast. Umstände, die für seinen Verbleib im Bundesgebiet sprächen, seien nicht ersichtlich.
Die Ausländerbehörde des Ag. stellte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 17. März 2015 fest, dass die Voraussetzungen für den Aufenthalt der H. S. gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU nicht vorlägen. Insoweit läuft die Prüfung über die gesundheitlichen Voraussetzungen einer Abschiebung.
Der Ast. lebt nach seinen Angaben in einer von ihm und H. S. zum 1. März 2014 angemieteten Wohnung in Q. Die nach dem Mietvertrag zu zahlende Gesamtmiete in Höhe von 367,01 EUR monatlich ist auf Grund eines Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2014 ab dem 1. Januar 2016 auf 351,01 EUR herabgesetzt worden.
Der Träger der Grundsicherung bewilligte zuletzt dem Ast., der im ... geborenen H. S. und dem im ... geborenen J. S. (Letztere ebenfalls Staatsbürger der Republik Kroatien) mit vorläufigem Bescheid vom 21. Januar 2015 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) für die Monate Februar bis Juli 2015 und dem Ast. und J. S. mit vorläufigem Bescheid vom 6. Juli 2015 Leistungen für die Monate August 2015 bis Januar 2016. Die Mietzahlung in Höhe von 367,01 EUR wurde jeweils monatlich an die Vermieterin überwiesen. Dieser Sozialleistungsträger lehnte eine Weitergewährung von Leistungen für den Ast. und J. S. nach dem SGB II unter Hinweis auf die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab (Bescheid vom 28. Januar 2016).
Am 9. Februar 2016 beantragten der Ast., H. und J. S. bei dem Ag. Leistungen der Sozialhilfe und gaben an, sämtlich ledig zu sein und in einer Wohnung von 59,74 m² (Kaltmiete 207,01 EUR, Nebenkosten 72,00 EUR, Heizungskosten 88,00 EUR) zusammenzuleben. J. S. sei als Sohn der einzige unterhaltspflichtige Angehörige des Ast. J. S. gab bei einer persönlichen Vorsprache bei der Ag. am 11. Februar 2016 an, keine Angaben zu seinen vier Geschwistern machen zu wollen, da diese nicht unterhaltspflichtig seien. Denn nur er wohne in dem gemeinsamen Haushalt. Hierbei räumte er einen vorausgegangen Besuch bei einer in der Nähe der Dienststelle wohnenden Schwester ein. Der Ast. sei vom 18. Juli bis zum 17. Dezember 2013 gemeinsam mit J. S. im Schrotthandel selbstständig erwerbstätig gewesen. Seit Januar 2016 bezögen sie lediglich Kindergeld für den arbeitsuchenden J. S., der einen Beruf erlernen und dann auch den Ast. unterstützen wolle. Er, der Ast., sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Der Ast. gab als Vermögen für sich sowie H. und J. S. einen Pkw ... an.
Den vorgelegten Kontoauszügen für ein Konto von J. S. sind Buchungen für eine Kfz-Versicherung für den Pkw mit dem Kennzeichen ... zu entnehmen, für das auf einer Abbuchung nebst Storno vom 27. Oktober 2014 eine Zuordnung zu dem Ast. angegeben ist. Aus den Unterlagen ergeben sich auch unter dem 1. Juni, 1. Juli und 3. August 2015 erfolgte Bestätigungen über die Nichtausführung eines Dauerauftrages über eine Kfz-Versicherung bei einer anderen Versicherungsgesellschaft, unter dem 1. Juli und dem 1. Oktober 2015 die Bestätigung über die Nichtausführung eines Dauerauftrages über die Kfz-Versicherung für den Pkw ... und eine Rücklastschrift für die Kfz-Steuer für den Pkw ... mit einer Überweisung vom 4. Januar 2016.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens legte der Ast. ein ärztliches Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 26. Januar 2016 vor, nach welchem der Ast. auf Grund einer schweren, chronisch-progredienten Erkrankung aus hausärztlicher Sicht langfristig erwerbsunfähig sei und ihm auch leichte körperliche Arbeiten nicht zugemutet werden könnten.
Nach Anhörung des Ast. und der H. S. (bezeichnet als Eheleute) lehnte der Ag. den Antrag vom 9. Februar 2016 auf Leistungen zur Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII mit einem an den Ast. und H. S. adressierten Bescheid vom 8. März 2016 ab. Die Voraussetzungen von Leistungen nach dem SGB XII lägen nicht vor. Es sei davon auszugehen, dass für den Ast. und H. S. keine Freizügigkeit mehr bestehe. Für Letztere sei die entsprechende Feststellung bestandskräftig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bestehe kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Andere, diese öffentlichen Interessen überwiegende private Interessen seien nicht geltend gemacht worden und aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Hiergegen legten beide Bescheidadressaten am 18. März 2016 Widerspruch mit der Begründung ein, sie seien nicht zu dem Zweck eingereist, Sozialleistungen zu erhalten. Ihr Aufenthaltsrecht habe sich in der Weise verfestigt, dass ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII bestehe. Sie verfügten seit dem 1. Februar 2016 über keinerlei Einkommen, weshalb sie nicht mehr in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Unter dem 22. März 2016 teilte der Ag. dem Ast. mit, dass beabsichtigt sei, den Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen.
Am 29. März 2016 haben der Ast. und H. S. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Halle gestellt, mit welchem sie die Verpflichtung des Ag. zur Zahlung von Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe erstrebt haben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für H. S. ist am 12. April 2016 zurückgenommen worden. Zu Begründung des Antrags hat der noch im Verfahren beteiligte Ast. zunächst das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Grundlage des Anspruchs sei unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. Dezember 2015 (- B 4 AS 44/15 -, juris) § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Er habe zunächst beabsichtigt, seinen Lebensunterhalt durch ein selbstständiges Gewerbe zu sichern. Dass er dieses nach einem halben Jahr beendet habe, beruhe auf seinen gesundheitlichen Problemen, auf Grund derer die Versorgung mit einem Herzkatheter und stationäre Behandlungen notwendig gewesen seien. Er befinde sich wegen seiner Mittellosigkeit in einer Notlage und könne weder die notwendigen Kosten für Nahrungsmittel noch für seine Miete decken. Es bestünden außerdem Mietrückstände, die bereits mehrfach angemahnt worden seien. Er hat in einer eidesstattlichen Versicherung vom 11. April 2016 angegeben, derzeit keinerlei finanzielle Mittel zu haben, um sich zu ernähren oder Miete zu bezahlen. Er könne sich auch kein Geld leihen und sei dringend auf Sozialleistungen angewiesen. Eines vollständigen Nachweises seiner Bedürftigkeit bedürfe es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht. Entsprechende Nachweise seien nur unter erheblichem Zeitaufwand zu beschaffen. Er hat auf eine an ihn gerichtete Mahnung des Energieversorgers vom 13. März 2016 über ausstehende Zahlungen in Höhe von 194,59 EUR und die Abmahnung der Vermieterin vom 6. April 2016 auf Grund von offenen Zahlungsverpflichtungen für Februar und März 2016 in Höhe von insgesamt 511,09 EUR nebst Gerichtskosten und Bearbeitungsgebühren verwiesen. Zu seiner Erkrankung hat er insbesondere einen Arztbericht des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Dr. S. vom 22. Juni 2015 vorgelegt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 46 bis 47 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 28. April 2016 abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht zu erkennen. Der Ast. habe weder einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII noch einen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) glaubhaft gemacht. Einem Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII stehe hier bereits § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, da der Ast. dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sei. Für den Ast. sei eine dauerhafte volle Erwerbsminderung im Sinne des § 41 Abs. 3 SGB XII nicht belegt. Die bei dem Ast. vorliegenden Erkrankungen führten nicht dazu, dass dieser nicht mehr in der Lage sei, leichte Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes drei Stunden täglich auszuüben. Auch nach den Regelungen des Europäischen Fürsorgeabkommens könne der Ast. nur verlangen, im Hinblick auf das SGB XII genauso behandelt zu werden wie ein deutscher Staatsbürger. Es seien im Hinblick auf die Vorgaben des Grundgesetzes (GG) zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass es dem Ast. unzumutbar sei, das Bundesgebiet zu verlassen und in sein Heimatland zurückzukehren. Es seien weder intensive Bewerbungsbemühungen noch konkrete Aussichten auf eine baldige Arbeitsaufnahme ersichtlich. Der Aufenthalt des Ast. sei insoweit nicht als "gefestigt" anzusehen. Der Ast. habe auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG glaubhaft gemacht. Aus den Akten sei weder ein Asylantrag noch ein Antrag auf Leistungen nach dem AsylbLG ersichtlich.
Der Ast. hat gegen den ihm am 2. Mai 2016 zugestellten Beschluss am 6. Mai 2016 Beschwerde bei dem Sozialgericht eingelegt, welches diese an das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Er hat zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Der angefochtene Beschluss sei verfahrensfehlerhaft ergangen, weil ihm keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Er habe sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. In Bezug auf seinen Gesundheitszustand sei im Rahmen der Folgenabwägung von seinem Vorbringen auszugehen. Er habe alle maßgeblichen Umstände schlüssig und widerspruchsfrei vorgetragen und damit die maßgeblichen Tatsachen glaubhaft gemacht. Bei einem Leistungsausschluss nach dem SGB II seien Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Die Verlustfeststellung für sein Freizügigkeitsrecht sei bisher nicht bestandskräftig, da er nach Zurückweisung des Widerspruchs fristgerecht Klage erheben werde. Auf Grund des zumindest berechtigten Aufenthalts sei ihm ein Minimum an existenzsichernden Leistungen zu gewähren. Er verfüge über keinerlei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und keine Einkünfte. Hierdurch seien erhebliche Zahlungsrückstände entstanden, auf Grund derer ihm eine fristlose Kündigung seiner Mietwohnung drohe und er nicht länger in der Lage sei, sich Lebensmittel oder andere Bedarfsgegenstände zu beschaffen. Insbesondere vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Belastung wären die Folgen einer Ablehnung des Antrags für ihn weitaus schwerwiegender als die Folgen einer antragsgemäßen Entscheidung, welche sich im Hauptsacheverfahren als unrichtig erweisen könnte.
Der Ast. beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Halle vom 28. April 2016 und des Bescheides vom 8. März 2016 den Ag. zu verpflichten, ihm vorläufig laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe seit dem 1. Februar 2016 zu bewilligen und auszuzahlen,
ihm Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Krassa, H., zu bewilligen.
Der Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Ag. hält eine eigene Leistungspflicht nicht für gegeben. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für einen Leistungsanspruch des Ast. Auch sei dessen aufgehobene Erwerbsfähigkeit nicht glaubhaft gemacht. Weder genügten die vorgelegten ärztlichen Schreiben, entsprechende gesundheitliche Einschränkungen zu belegen, noch sei eine aufgehobene Erwerbsfähigkeit durch die zuständige Agentur für Arbeit nach § 44a SGB II festgestellt worden. Damit ergebe sich der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB XII bereits aus § 21 Satz 1 SGB XII. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Ast. aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, in sein Heimatland zurückzukehren. Auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsgewährung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sei das Ermessen nicht auf Null reduziert. Denn H. S. als Lebensgefährtin des Ast. sei zur Ausreise verpflichtet. Auch dem Sohn sei die Freizügigkeit, allerdings noch nicht bestandskräftig, versagt worden. Zu anderen Verwandten seien keine Angaben gemacht worden, sodass nicht von einer Verwurzelung im Bundesgebiet auszugehen sei. In Bezug auf einen Leistungsanspruch nach dem AsylbLG fehle es u.a. an einer Ausreisepflicht nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auf Grund einer vollziehbaren Ausreiseanordnung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Im Übrigen habe der Ast. seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht, da keine vollständigen Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ast. und zu den Mitteln, aus denen er seinen Lebensunterhalt bestreite, vorlägen.
Dem Ast. ist mit Richterbrief vom 20. Juni 2016 aufgegeben worden, eine vollständig ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Nachweisen zur Glaubhaftmachung vorzulegen. Die Angaben auf den schließlich am 28. Juni 2016 eingegangenen Vordrucken stimmen u.a. in Bezug auf die Angabe eines Kfz als Vermögenswert mit den Angaben in der bei dem Sozialgericht am 12. April 2016 abgegebenen Erklärung im Rahmen des Prozesskostenhilfeantrages nicht überein. Auf die gerichtliche Aufforderung vom 30. Juni 2016, Kopien von Fahrzeugschein, Versicherungsschein und Kfz-Steuer-Bescheid zu übersenden, ist keine Reaktion erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Ag. Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
II.
Die Beschwerde des Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gegeben, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die von dem Ast. vor dem Sozialgericht begehrten Leistungen auf der Grundlage eines monatlichen Bedarfs in Höhe der Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, die auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, überschreiten die maßgebende Grenze für eine zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).
Soweit hier eine Aufhebung bzw. Änderung des ablehnenden Bescheides des Ag. begehrt wird, fehlt es an einem Anordnungsgrund, weil die Gewährung vorläufiger Leistungen keinen Eingriff in die Wirksamkeit der in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsakte erfordert.
Im Übrigen fehlt es hier an einem Anordnungsanspruch für die begehrte Regelungsanordnung.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Nach § 920 Abs. 2 ZPO sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Der Ast. hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG. Denn er gehört nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 AsylbLG. Leistungsberechtigt nach dem AsylbLG sind insbesondere Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG), und Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in der Nummer 5 genannten Personen sind, ohne dass sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG).
In Bezug auf eine Anspruchsberechtigung aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG fehlt es an einer vollziehbaren Ausreisepflicht des Ast. Zwar kann grundsätzlich auch ein illegaler Aufenthalt eines Bürgers der Europäischen Union die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG begründen (wie hier z.B. Fasselt in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zum SGB XII - Sozialhilfe, 4. Aufl. 2009, § 1 RdNr. 10). Widerspruch und Klage haben indes im Bereich des FreizügG/EU aufschiebende Wirkung (vgl. Geyer in: Hofmann (Hrsg.), Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 5 FreizügG/EU RdNr. 16). Soweit für H. S. eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht, ist eine rechtsgültige Ehe des Ast. mit Frau S. nicht nachgewiesen, sodass eine Leistungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG hier nicht festgestellt werden kann.
In Bezug auf die von dem Ast. verfolgten Leistungen nach dem SGB XII gelten sowohl für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII die besonderen Regelungen über die Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, sowie ihre Familienangehörige keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Soweit im Geltungsbereich des Europäischen Fürsorgeabkommen die Anwendung dieser Regelung des SGB XII ausgeschlossen wird (vgl. hierzu Birk in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie (Hrsg.), SGB XII Lehr- und Praxiskommentar, 10. Aufl. 2015, § 23 RdNr. 21), ist eine solche Beschränkung hier nicht zu berücksichtigen, weil die Republik Kroatien nicht zu den Unterzeichnerstaaten des Abkommens gehört.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Verlust des Rechtsanspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII sind bei dem Ast. erfüllt. Nach dem aktuellen Sachstand beschränkte sich die selbstständige Erwerbstätigkeit des Ast. in dem formalen Akt der Anmeldung eines Schrotthandels als Gewerbe. Geschäftliche Aktivitäten hat der Ast. weder behauptet noch nachgewiesen. Es ist auch fernliegend, dass der Ast. davon ausgegangen sein könnte, seinen Lebensunterhalt in Deutschland durch einen im Rahmen der geltenden Gesetze betriebenen Schrotthandel sichern zu können. Nicht abschließend entscheiden muss der Senat, ob hier der Schwerpunkt der Motivation des von verschiedenen gesundheitlichen Einschränkungen betroffenen Ast. auch in der Erlangung der Behandlung seiner Erkrankungen im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB XII gelegen haben kann.
Auch unter Berücksichtigung einer verfassungskonformen Auslegung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nach Maßgabe insbesondere der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2, 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG verbleibt ein grundsätzlicher Spielraum für eine Abwägung der Interessen des Ast., seinen Lebensunterhalt in Deutschland durch Sozialleistungen zu sichern, und den Interessen der Allgemeinheit, die der Gesetzgeber in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII niedergelegt hat. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bisher nicht festgestellt worden. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 23 Abs. 3 SGB XII, die im Ausnahmefall den Senat berechtigen könnte, von deren Anwendung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes abzusehen (vgl. zum Verhältnis von Art. 100 GG und § 123 VwGO: BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 - BVerfGE 86, 382, 389), bestehen hier bei der gebotenen restriktiven Anwendung nicht. In Bezug auf die Einreise mit dem Ziel des Sozialleistungsbezuges lässt sich der gesetzgeberische Wille § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in hinreichender Klarheit entnehmen. Der Senat berücksichtigt, dass das BSG einen Leistungsanspruch für nichtfreizügigkeitsberechtigte Unionsbürger im Einzelfall aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII abgeleitet hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, a.a.O.). Gleichzeitig lässt die Entscheidung des BSG Raum für eine besondere Betrachtung des Einzelfalls. Der Senat schließt sich insoweit dem 15. Senat des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 13. April 2016 - L 15 SO 53/16 B ER -, juris) an, dass die vom BSG angenommene Ermessensreduzierung auf Null nur in Fällen eines abschließend geklärten Aufenthaltsrechts eines Unionsbürgers anzunehmen sein kann. Im vorliegenden Fall ist der Verlust der Freizügigkeit des Ast. mit Bescheid der Ausländerbehörde vom 20. Mai 2015 festgestellt worden. Die Ast. haben auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Gelegenheit nicht genutzt, im Einzelnen vorzutragen, unter welchem Gesichtspunkt hier von einem fortbestehenden Freizügigkeitsrecht auszugehen sein könnte. Allein die Anfechtung des Bescheides vom 20. Mai 2015 lässt nicht erkennen, dass von einer offenkundigen Verkennung der Rechtslage durch die Ausländerbehörde auszugehen sein könnte. Da eine Ermessensreduzierung auf Null hier nicht gegeben ist, kann der Senat selbst nicht eine Ermessensausübung dahin gehend treffen, dass dem Ast. hier Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren sind.
Die von dem Ast. begehrte Folgenabwägung führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierfür müsste der Senat insbesondere davon überzeugt sein, dass der Ast. weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt und er auch nicht durch Unterhalt von Familienangehörigen seinen Bedarf decken kann. Bereits die Angaben auf dem Antrag für Leistungen nach dem SGB XII sind in Bezug auf das Vermögen des Ast. sowie seiner Lebensgefährtin und des gemeinsamen Sohnes unvollständig bzw. unzutreffend. Nach den vorgelegten Kontoauszügen ist davon auszugehen, dass in dem Haushalt des Ast. mehr als ein Pkw vorhanden ist. Gegenüber dem Sozialgericht ist jegliches Vermögen (auch in Form nur eines Pkw) verneint worden, während die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Beschwerdeverfahren insoweit andere Angaben enthält. Es ist auch überwiegend wahrscheinlich, dass der Ast. neben J. S. weitere Kinder hat, die zumindest in Bezug auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ggf. Unterhalt leisten, der nach § 2 Abs. 1 SGB XII einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII ausschließt. Anders als der Ast. meint, kommen bei einer summarischen Prüfung unvollständigen bzw. unzutreffenden Angaben eine besondere Bedeutung zu, da das Eilverfahren zeitaufwändige Nachprüfungen nicht zulässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Der Ast. hat keinen Anspruch auf die beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit den §§ 114 ff. ZPO.
Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der Prozesskostenhilfe erfolgt lediglich eine summarische Prüfung vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rahmens der Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG). Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Ast. auf Grund seiner Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 73a RdNr. 7a m.w.N.). Aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2000 - 1 BvR 81/00 -, NJW 2000, S. 1936). Prozesskostenhilfe kommt jedoch nicht in Betracht, wenn ein Erfolg im Verfahren zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1989 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 1500, § 72 Nr. 19).
Der Senat ist hier nicht von einer hinreichenden Glaubhaftmachung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ast. im Sinne des § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO überzeugt. Der Ast. hat gegenüber dem Sozialgericht und dem LSG auf seinen Erklärungen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständige bzw. unzutreffende Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht. Vor dem Hintergrund, dass auch gegenüber dem Ag. Angaben zu den persönlichen Verhältnissen verweigerte und unzutreffende Angaben zu den Vermögensverhältnissen gemacht wurden, konnte der Senat sich die notwendigen Informationen auch nicht aus anderen Quellen verschaffen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Beschwerdeverfahren eine Leistungspflicht des Antragsgegners (im Folgenden: Ag.) zur Zahlung existenzsichernder Leistungen streitig.
Der am ... 1960 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ast.) ist Staatsangehöriger der Republik Kroatien. Er reiste nach seinen Angaben am ... 2013 in das Bundesgebiet ein und meldete am 18. Juli 2013 ein Gewerbe an, das er zum 17. Dezember 2013 wieder abmeldete.
Die Ausländerbehörde des Ag. stellte mit Bescheid vom 20. Mai 2015 (in der Gestalt des dem Senat nicht vorliegenden und nach Angaben des Ast. am 25. April 2016 zugestellten Widerspruchsbescheides vom 13. April 2016) fest, dass die Voraussetzungen für den Aufenthalt des Ast. gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) nicht vorlägen. Der Ast. sei verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Zustellung der Verfügung zu verlassen. Vorsorglich werde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Seit der Einreise des Ast. in das Bundesgebiet seien keine fünf Jahre vergangen. Der Ast. sei ledig. Verwandtschaftliche Beziehungen im Bundesgebiet und Bemühungen der Arbeitsuche habe er nicht nachgewiesen. Er beziehe seit dem 1. Dezember 2013 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II), sodass nicht davon auszugehen sei, dass er über ausreichende Existenzmittel im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 verfüge, um seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Im Rahmen der nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU gebotenen Ermessensentscheidung spreche der Schutz der deutschen Sozialsysteme vor unangemessenem und unberechtigtem Leistungsbezug gegen den weiteren Aufenthalt des Ast. Umstände, die für seinen Verbleib im Bundesgebiet sprächen, seien nicht ersichtlich.
Die Ausländerbehörde des Ag. stellte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 17. März 2015 fest, dass die Voraussetzungen für den Aufenthalt der H. S. gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU nicht vorlägen. Insoweit läuft die Prüfung über die gesundheitlichen Voraussetzungen einer Abschiebung.
Der Ast. lebt nach seinen Angaben in einer von ihm und H. S. zum 1. März 2014 angemieteten Wohnung in Q. Die nach dem Mietvertrag zu zahlende Gesamtmiete in Höhe von 367,01 EUR monatlich ist auf Grund eines Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2014 ab dem 1. Januar 2016 auf 351,01 EUR herabgesetzt worden.
Der Träger der Grundsicherung bewilligte zuletzt dem Ast., der im ... geborenen H. S. und dem im ... geborenen J. S. (Letztere ebenfalls Staatsbürger der Republik Kroatien) mit vorläufigem Bescheid vom 21. Januar 2015 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) für die Monate Februar bis Juli 2015 und dem Ast. und J. S. mit vorläufigem Bescheid vom 6. Juli 2015 Leistungen für die Monate August 2015 bis Januar 2016. Die Mietzahlung in Höhe von 367,01 EUR wurde jeweils monatlich an die Vermieterin überwiesen. Dieser Sozialleistungsträger lehnte eine Weitergewährung von Leistungen für den Ast. und J. S. nach dem SGB II unter Hinweis auf die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab (Bescheid vom 28. Januar 2016).
Am 9. Februar 2016 beantragten der Ast., H. und J. S. bei dem Ag. Leistungen der Sozialhilfe und gaben an, sämtlich ledig zu sein und in einer Wohnung von 59,74 m² (Kaltmiete 207,01 EUR, Nebenkosten 72,00 EUR, Heizungskosten 88,00 EUR) zusammenzuleben. J. S. sei als Sohn der einzige unterhaltspflichtige Angehörige des Ast. J. S. gab bei einer persönlichen Vorsprache bei der Ag. am 11. Februar 2016 an, keine Angaben zu seinen vier Geschwistern machen zu wollen, da diese nicht unterhaltspflichtig seien. Denn nur er wohne in dem gemeinsamen Haushalt. Hierbei räumte er einen vorausgegangen Besuch bei einer in der Nähe der Dienststelle wohnenden Schwester ein. Der Ast. sei vom 18. Juli bis zum 17. Dezember 2013 gemeinsam mit J. S. im Schrotthandel selbstständig erwerbstätig gewesen. Seit Januar 2016 bezögen sie lediglich Kindergeld für den arbeitsuchenden J. S., der einen Beruf erlernen und dann auch den Ast. unterstützen wolle. Er, der Ast., sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Der Ast. gab als Vermögen für sich sowie H. und J. S. einen Pkw ... an.
Den vorgelegten Kontoauszügen für ein Konto von J. S. sind Buchungen für eine Kfz-Versicherung für den Pkw mit dem Kennzeichen ... zu entnehmen, für das auf einer Abbuchung nebst Storno vom 27. Oktober 2014 eine Zuordnung zu dem Ast. angegeben ist. Aus den Unterlagen ergeben sich auch unter dem 1. Juni, 1. Juli und 3. August 2015 erfolgte Bestätigungen über die Nichtausführung eines Dauerauftrages über eine Kfz-Versicherung bei einer anderen Versicherungsgesellschaft, unter dem 1. Juli und dem 1. Oktober 2015 die Bestätigung über die Nichtausführung eines Dauerauftrages über die Kfz-Versicherung für den Pkw ... und eine Rücklastschrift für die Kfz-Steuer für den Pkw ... mit einer Überweisung vom 4. Januar 2016.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens legte der Ast. ein ärztliches Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 26. Januar 2016 vor, nach welchem der Ast. auf Grund einer schweren, chronisch-progredienten Erkrankung aus hausärztlicher Sicht langfristig erwerbsunfähig sei und ihm auch leichte körperliche Arbeiten nicht zugemutet werden könnten.
Nach Anhörung des Ast. und der H. S. (bezeichnet als Eheleute) lehnte der Ag. den Antrag vom 9. Februar 2016 auf Leistungen zur Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII mit einem an den Ast. und H. S. adressierten Bescheid vom 8. März 2016 ab. Die Voraussetzungen von Leistungen nach dem SGB XII lägen nicht vor. Es sei davon auszugehen, dass für den Ast. und H. S. keine Freizügigkeit mehr bestehe. Für Letztere sei die entsprechende Feststellung bestandskräftig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bestehe kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Andere, diese öffentlichen Interessen überwiegende private Interessen seien nicht geltend gemacht worden und aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Hiergegen legten beide Bescheidadressaten am 18. März 2016 Widerspruch mit der Begründung ein, sie seien nicht zu dem Zweck eingereist, Sozialleistungen zu erhalten. Ihr Aufenthaltsrecht habe sich in der Weise verfestigt, dass ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII bestehe. Sie verfügten seit dem 1. Februar 2016 über keinerlei Einkommen, weshalb sie nicht mehr in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Unter dem 22. März 2016 teilte der Ag. dem Ast. mit, dass beabsichtigt sei, den Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen.
Am 29. März 2016 haben der Ast. und H. S. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Halle gestellt, mit welchem sie die Verpflichtung des Ag. zur Zahlung von Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe erstrebt haben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für H. S. ist am 12. April 2016 zurückgenommen worden. Zu Begründung des Antrags hat der noch im Verfahren beteiligte Ast. zunächst das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Grundlage des Anspruchs sei unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. Dezember 2015 (- B 4 AS 44/15 -, juris) § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Er habe zunächst beabsichtigt, seinen Lebensunterhalt durch ein selbstständiges Gewerbe zu sichern. Dass er dieses nach einem halben Jahr beendet habe, beruhe auf seinen gesundheitlichen Problemen, auf Grund derer die Versorgung mit einem Herzkatheter und stationäre Behandlungen notwendig gewesen seien. Er befinde sich wegen seiner Mittellosigkeit in einer Notlage und könne weder die notwendigen Kosten für Nahrungsmittel noch für seine Miete decken. Es bestünden außerdem Mietrückstände, die bereits mehrfach angemahnt worden seien. Er hat in einer eidesstattlichen Versicherung vom 11. April 2016 angegeben, derzeit keinerlei finanzielle Mittel zu haben, um sich zu ernähren oder Miete zu bezahlen. Er könne sich auch kein Geld leihen und sei dringend auf Sozialleistungen angewiesen. Eines vollständigen Nachweises seiner Bedürftigkeit bedürfe es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht. Entsprechende Nachweise seien nur unter erheblichem Zeitaufwand zu beschaffen. Er hat auf eine an ihn gerichtete Mahnung des Energieversorgers vom 13. März 2016 über ausstehende Zahlungen in Höhe von 194,59 EUR und die Abmahnung der Vermieterin vom 6. April 2016 auf Grund von offenen Zahlungsverpflichtungen für Februar und März 2016 in Höhe von insgesamt 511,09 EUR nebst Gerichtskosten und Bearbeitungsgebühren verwiesen. Zu seiner Erkrankung hat er insbesondere einen Arztbericht des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Dr. S. vom 22. Juni 2015 vorgelegt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 46 bis 47 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 28. April 2016 abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht zu erkennen. Der Ast. habe weder einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII noch einen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) glaubhaft gemacht. Einem Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII stehe hier bereits § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, da der Ast. dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sei. Für den Ast. sei eine dauerhafte volle Erwerbsminderung im Sinne des § 41 Abs. 3 SGB XII nicht belegt. Die bei dem Ast. vorliegenden Erkrankungen führten nicht dazu, dass dieser nicht mehr in der Lage sei, leichte Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes drei Stunden täglich auszuüben. Auch nach den Regelungen des Europäischen Fürsorgeabkommens könne der Ast. nur verlangen, im Hinblick auf das SGB XII genauso behandelt zu werden wie ein deutscher Staatsbürger. Es seien im Hinblick auf die Vorgaben des Grundgesetzes (GG) zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass es dem Ast. unzumutbar sei, das Bundesgebiet zu verlassen und in sein Heimatland zurückzukehren. Es seien weder intensive Bewerbungsbemühungen noch konkrete Aussichten auf eine baldige Arbeitsaufnahme ersichtlich. Der Aufenthalt des Ast. sei insoweit nicht als "gefestigt" anzusehen. Der Ast. habe auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG glaubhaft gemacht. Aus den Akten sei weder ein Asylantrag noch ein Antrag auf Leistungen nach dem AsylbLG ersichtlich.
Der Ast. hat gegen den ihm am 2. Mai 2016 zugestellten Beschluss am 6. Mai 2016 Beschwerde bei dem Sozialgericht eingelegt, welches diese an das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Er hat zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Der angefochtene Beschluss sei verfahrensfehlerhaft ergangen, weil ihm keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Er habe sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. In Bezug auf seinen Gesundheitszustand sei im Rahmen der Folgenabwägung von seinem Vorbringen auszugehen. Er habe alle maßgeblichen Umstände schlüssig und widerspruchsfrei vorgetragen und damit die maßgeblichen Tatsachen glaubhaft gemacht. Bei einem Leistungsausschluss nach dem SGB II seien Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Die Verlustfeststellung für sein Freizügigkeitsrecht sei bisher nicht bestandskräftig, da er nach Zurückweisung des Widerspruchs fristgerecht Klage erheben werde. Auf Grund des zumindest berechtigten Aufenthalts sei ihm ein Minimum an existenzsichernden Leistungen zu gewähren. Er verfüge über keinerlei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und keine Einkünfte. Hierdurch seien erhebliche Zahlungsrückstände entstanden, auf Grund derer ihm eine fristlose Kündigung seiner Mietwohnung drohe und er nicht länger in der Lage sei, sich Lebensmittel oder andere Bedarfsgegenstände zu beschaffen. Insbesondere vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Belastung wären die Folgen einer Ablehnung des Antrags für ihn weitaus schwerwiegender als die Folgen einer antragsgemäßen Entscheidung, welche sich im Hauptsacheverfahren als unrichtig erweisen könnte.
Der Ast. beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Halle vom 28. April 2016 und des Bescheides vom 8. März 2016 den Ag. zu verpflichten, ihm vorläufig laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe seit dem 1. Februar 2016 zu bewilligen und auszuzahlen,
ihm Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Krassa, H., zu bewilligen.
Der Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Ag. hält eine eigene Leistungspflicht nicht für gegeben. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für einen Leistungsanspruch des Ast. Auch sei dessen aufgehobene Erwerbsfähigkeit nicht glaubhaft gemacht. Weder genügten die vorgelegten ärztlichen Schreiben, entsprechende gesundheitliche Einschränkungen zu belegen, noch sei eine aufgehobene Erwerbsfähigkeit durch die zuständige Agentur für Arbeit nach § 44a SGB II festgestellt worden. Damit ergebe sich der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB XII bereits aus § 21 Satz 1 SGB XII. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Ast. aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, in sein Heimatland zurückzukehren. Auch im Rahmen der Prüfung einer Leistungsgewährung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sei das Ermessen nicht auf Null reduziert. Denn H. S. als Lebensgefährtin des Ast. sei zur Ausreise verpflichtet. Auch dem Sohn sei die Freizügigkeit, allerdings noch nicht bestandskräftig, versagt worden. Zu anderen Verwandten seien keine Angaben gemacht worden, sodass nicht von einer Verwurzelung im Bundesgebiet auszugehen sei. In Bezug auf einen Leistungsanspruch nach dem AsylbLG fehle es u.a. an einer Ausreisepflicht nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auf Grund einer vollziehbaren Ausreiseanordnung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Im Übrigen habe der Ast. seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht, da keine vollständigen Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ast. und zu den Mitteln, aus denen er seinen Lebensunterhalt bestreite, vorlägen.
Dem Ast. ist mit Richterbrief vom 20. Juni 2016 aufgegeben worden, eine vollständig ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Nachweisen zur Glaubhaftmachung vorzulegen. Die Angaben auf den schließlich am 28. Juni 2016 eingegangenen Vordrucken stimmen u.a. in Bezug auf die Angabe eines Kfz als Vermögenswert mit den Angaben in der bei dem Sozialgericht am 12. April 2016 abgegebenen Erklärung im Rahmen des Prozesskostenhilfeantrages nicht überein. Auf die gerichtliche Aufforderung vom 30. Juni 2016, Kopien von Fahrzeugschein, Versicherungsschein und Kfz-Steuer-Bescheid zu übersenden, ist keine Reaktion erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Ag. Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
II.
Die Beschwerde des Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gegeben, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die von dem Ast. vor dem Sozialgericht begehrten Leistungen auf der Grundlage eines monatlichen Bedarfs in Höhe der Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, die auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, überschreiten die maßgebende Grenze für eine zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).
Soweit hier eine Aufhebung bzw. Änderung des ablehnenden Bescheides des Ag. begehrt wird, fehlt es an einem Anordnungsgrund, weil die Gewährung vorläufiger Leistungen keinen Eingriff in die Wirksamkeit der in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsakte erfordert.
Im Übrigen fehlt es hier an einem Anordnungsanspruch für die begehrte Regelungsanordnung.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Nach § 920 Abs. 2 ZPO sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Der Ast. hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG. Denn er gehört nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 AsylbLG. Leistungsberechtigt nach dem AsylbLG sind insbesondere Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG), und Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in der Nummer 5 genannten Personen sind, ohne dass sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG).
In Bezug auf eine Anspruchsberechtigung aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG fehlt es an einer vollziehbaren Ausreisepflicht des Ast. Zwar kann grundsätzlich auch ein illegaler Aufenthalt eines Bürgers der Europäischen Union die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG begründen (wie hier z.B. Fasselt in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zum SGB XII - Sozialhilfe, 4. Aufl. 2009, § 1 RdNr. 10). Widerspruch und Klage haben indes im Bereich des FreizügG/EU aufschiebende Wirkung (vgl. Geyer in: Hofmann (Hrsg.), Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 5 FreizügG/EU RdNr. 16). Soweit für H. S. eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht, ist eine rechtsgültige Ehe des Ast. mit Frau S. nicht nachgewiesen, sodass eine Leistungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG hier nicht festgestellt werden kann.
In Bezug auf die von dem Ast. verfolgten Leistungen nach dem SGB XII gelten sowohl für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII die besonderen Regelungen über die Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, sowie ihre Familienangehörige keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Soweit im Geltungsbereich des Europäischen Fürsorgeabkommen die Anwendung dieser Regelung des SGB XII ausgeschlossen wird (vgl. hierzu Birk in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie (Hrsg.), SGB XII Lehr- und Praxiskommentar, 10. Aufl. 2015, § 23 RdNr. 21), ist eine solche Beschränkung hier nicht zu berücksichtigen, weil die Republik Kroatien nicht zu den Unterzeichnerstaaten des Abkommens gehört.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Verlust des Rechtsanspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII sind bei dem Ast. erfüllt. Nach dem aktuellen Sachstand beschränkte sich die selbstständige Erwerbstätigkeit des Ast. in dem formalen Akt der Anmeldung eines Schrotthandels als Gewerbe. Geschäftliche Aktivitäten hat der Ast. weder behauptet noch nachgewiesen. Es ist auch fernliegend, dass der Ast. davon ausgegangen sein könnte, seinen Lebensunterhalt in Deutschland durch einen im Rahmen der geltenden Gesetze betriebenen Schrotthandel sichern zu können. Nicht abschließend entscheiden muss der Senat, ob hier der Schwerpunkt der Motivation des von verschiedenen gesundheitlichen Einschränkungen betroffenen Ast. auch in der Erlangung der Behandlung seiner Erkrankungen im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB XII gelegen haben kann.
Auch unter Berücksichtigung einer verfassungskonformen Auslegung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nach Maßgabe insbesondere der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2, 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG verbleibt ein grundsätzlicher Spielraum für eine Abwägung der Interessen des Ast., seinen Lebensunterhalt in Deutschland durch Sozialleistungen zu sichern, und den Interessen der Allgemeinheit, die der Gesetzgeber in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII niedergelegt hat. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bisher nicht festgestellt worden. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 23 Abs. 3 SGB XII, die im Ausnahmefall den Senat berechtigen könnte, von deren Anwendung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes abzusehen (vgl. zum Verhältnis von Art. 100 GG und § 123 VwGO: BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 - BVerfGE 86, 382, 389), bestehen hier bei der gebotenen restriktiven Anwendung nicht. In Bezug auf die Einreise mit dem Ziel des Sozialleistungsbezuges lässt sich der gesetzgeberische Wille § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in hinreichender Klarheit entnehmen. Der Senat berücksichtigt, dass das BSG einen Leistungsanspruch für nichtfreizügigkeitsberechtigte Unionsbürger im Einzelfall aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII abgeleitet hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, a.a.O.). Gleichzeitig lässt die Entscheidung des BSG Raum für eine besondere Betrachtung des Einzelfalls. Der Senat schließt sich insoweit dem 15. Senat des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 13. April 2016 - L 15 SO 53/16 B ER -, juris) an, dass die vom BSG angenommene Ermessensreduzierung auf Null nur in Fällen eines abschließend geklärten Aufenthaltsrechts eines Unionsbürgers anzunehmen sein kann. Im vorliegenden Fall ist der Verlust der Freizügigkeit des Ast. mit Bescheid der Ausländerbehörde vom 20. Mai 2015 festgestellt worden. Die Ast. haben auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Gelegenheit nicht genutzt, im Einzelnen vorzutragen, unter welchem Gesichtspunkt hier von einem fortbestehenden Freizügigkeitsrecht auszugehen sein könnte. Allein die Anfechtung des Bescheides vom 20. Mai 2015 lässt nicht erkennen, dass von einer offenkundigen Verkennung der Rechtslage durch die Ausländerbehörde auszugehen sein könnte. Da eine Ermessensreduzierung auf Null hier nicht gegeben ist, kann der Senat selbst nicht eine Ermessensausübung dahin gehend treffen, dass dem Ast. hier Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren sind.
Die von dem Ast. begehrte Folgenabwägung führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierfür müsste der Senat insbesondere davon überzeugt sein, dass der Ast. weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt und er auch nicht durch Unterhalt von Familienangehörigen seinen Bedarf decken kann. Bereits die Angaben auf dem Antrag für Leistungen nach dem SGB XII sind in Bezug auf das Vermögen des Ast. sowie seiner Lebensgefährtin und des gemeinsamen Sohnes unvollständig bzw. unzutreffend. Nach den vorgelegten Kontoauszügen ist davon auszugehen, dass in dem Haushalt des Ast. mehr als ein Pkw vorhanden ist. Gegenüber dem Sozialgericht ist jegliches Vermögen (auch in Form nur eines Pkw) verneint worden, während die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Beschwerdeverfahren insoweit andere Angaben enthält. Es ist auch überwiegend wahrscheinlich, dass der Ast. neben J. S. weitere Kinder hat, die zumindest in Bezug auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ggf. Unterhalt leisten, der nach § 2 Abs. 1 SGB XII einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII ausschließt. Anders als der Ast. meint, kommen bei einer summarischen Prüfung unvollständigen bzw. unzutreffenden Angaben eine besondere Bedeutung zu, da das Eilverfahren zeitaufwändige Nachprüfungen nicht zulässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Der Ast. hat keinen Anspruch auf die beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit den §§ 114 ff. ZPO.
Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der Prozesskostenhilfe erfolgt lediglich eine summarische Prüfung vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rahmens der Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG). Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Ast. auf Grund seiner Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 73a RdNr. 7a m.w.N.). Aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2000 - 1 BvR 81/00 -, NJW 2000, S. 1936). Prozesskostenhilfe kommt jedoch nicht in Betracht, wenn ein Erfolg im Verfahren zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1989 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 1500, § 72 Nr. 19).
Der Senat ist hier nicht von einer hinreichenden Glaubhaftmachung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ast. im Sinne des § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO überzeugt. Der Ast. hat gegenüber dem Sozialgericht und dem LSG auf seinen Erklärungen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständige bzw. unzutreffende Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht. Vor dem Hintergrund, dass auch gegenüber dem Ag. Angaben zu den persönlichen Verhältnissen verweigerte und unzutreffende Angaben zu den Vermögensverhältnissen gemacht wurden, konnte der Senat sich die notwendigen Informationen auch nicht aus anderen Quellen verschaffen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 SGG.
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