Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 86/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 386/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 3/17 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2013 aufgehoben und festgestellt, dass für die Tätigkeit des Klägers als Opernchoraushilfe für die Beigeladene zu 1) am 23. Dezember 2011 und 30. Dezember 2011 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Klägers im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) bezüglich einer Tätigkeit als Opernchoraushilfe für die Beigeladene zu 1) am 23. Dezember 2011 und 30. Dezember 2011.
Der 1969 geborene Kläger ist Opernchorsänger und übte diese Tätigkeit seit 2006 zum Teil mehrwöchig, zum Teil tageweise im Rahmen von Engagements an unterschiedlichen Theatern und Opern aus. Hierfür wurde er jeweils als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter angemeldet. Soweit der Kläger in den Zeiträumen zwischen Engagements keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachging, war er bei der Debeka Krankenversicherung a.G. privat krankenversichert. Im Rahmen einer jeweils 1-tägigen Tätigkeit als Krankheitsaushilfe im Opernchor war er am 23. und 30. Dezember 2011 für die Beigeladene zu 1) in C-Stadt tätig, wobei der Kläger in beiden Fällen ein Brutto-Entgelt von jeweils 344,- EUR erzielte. Diese Tätigkeiten wurden von der Beigeladenen zu 1) als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen abgerechnet und entsprechende Beiträge an die Beigeladene zu 2) als gesetzliche Krankenkasse des Klägers und zuständige Einzugsstelle entrichtet.
Am 23. März 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) am 23. und 30. Dezember 2011, wobei er die Auffassung vertrat, dass eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorgelegen habe. In einer Anlage zum Statusfeststellungsantrag führte der Kläger zur Beschreibung seiner Tätigkeit aus, während der Tätigkeit der Kontrolle und Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise seiner Tätigkeit nur insoweit unterlegen zu haben, als dies für eine Gemeinschaftsproduktion wie die Aufführung einer Oper erforderlich gewesen sei, was bedeute, dass er Regieanweisungen und musikalische Absprachen zu befolgen gehabt habe. Darüber hinaus sei es naturgemäß erforderlich gewesen, rechtzeitig vor dem Auftritt u.a. zur Klärung der musikalischen Absprachen, zur szenischen Einweisung sowie für die Maske und das Kostüm anwesend zu sein. Auch habe keine Verpflichtung zur Probenteilnahme bestanden. Durch das Abliefern einer einwandfreien Arbeit habe er Werbung für weitere Engagements auch an anderen Theatern bzw. bei anderen Veranstaltern betrieben und sei insoweit unternehmerisch tätig gewesen. Ein eigenes Unternehmerrisiko habe darin bestanden, dass kein Versicherungsschutz bei der An- und Abreise zum bzw. vom Veranstaltungsort, keine Verpflichtung zur Zahlung von Honorar und Reisekosten bei nicht rechtzeitigem Erscheinen bzw. bei Nichtbeherrschen der Chorpartie und auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestanden habe. Das Entgelt sei nicht zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) ausgehandelt worden, sondern habe einem tariflich festgelegten Entgelt für entsprechende Tätigkeiten entsprochen.
Nach Anhörung stellte die Beklagte jeweils mit wortgleichem Bescheid vom 21. September 2012 an den Kläger sowie die Beigeladenen zu 1) das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bezüglich der Tätigkeiten des Klägers als Opernchoraushilfe für die Beigeladene zu 1) am 23. und 30. Dezember 2011 sowie die hieraus resultierende Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Der Kläger habe zwar frei entscheiden können, ob er als Choraushilfe einspringe; bei Annahme des Auftrages seien ihm jedoch bezüglich Ort und Zeit Vorgaben gemacht worden. Die Arbeits- und Anwesenheitszeiten des Klägers seien an die entsprechenden Dienstzeiten gebunden gewesen und hätten von ihm nicht frei bestimmt werden können. Hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung seiner Tätigkeit sei der Kläger an Weisungen des Arbeitgebers gebunden gewesen, da ihm vorgegeben worden sei, was er mit welchem künstlerischen Ausdruck wiederzugeben habe. Des Weiteren hätte sich der Kläger anderen, im Dienste des Arbeitsgebers stehenden Personen unterzuordnen gehabt. Es seien auch keine Tatbestände erfüllt, welche die Versicherungspflicht ausschließen oder Versicherungsfreiheit begründen könnten. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 10. Oktober 2012 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 21. März 2013 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben.
Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Beigeladene zu 1) vorgetragen, die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Klägers als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter sei von ihr allein nach dem Abgrenzungskatalog der Sozialversicherungsträger für die im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätigen Personen vom 5. Juli 2005 vorgenommen worden, der für Chorsänger, die als Aushilfen tätig würden, grundsätzlich eine abhängige Beschäftigung vorsehe. Demgegenüber würden Orchesteraushilfen als selbstständig angesehen, wenn sie ohne Verpflichtung für den allgemeinen Dienst (z. B. keine regelmäßigen Probenverpflichtungen) bestimmte musikalische Aufgaben übernähmen und sich dadurch von den festangestellten Orchestermitgliedern erheblich unterscheiden würden. Inhaltlich überzeuge diese Unterscheidung nicht. Choraushilfen seien genauso wie Orchesteraushilfen nicht in den Theaterbetrieb eingegliedert und unterlägen keinen arbeitsrechtlichen Weisungen. Zwar hätten sie die Chorpartien ihrer Stimmgruppe zu singen und müssten, soweit dies in der Kürze der Zeit möglich sei, die konkrete Inszenierung darstellerisch umsetzen. Diese Verpflichtung ergebe sich jedoch aus der einvernehmlich mit der Choraushilfe abgeschlossenen Honorarvereinbarung und nicht aus darüber hinausgehenden Weisungen des Theaters. Gleiches gelte für Arbeitszeit und Arbeitsort. Denn auch diese ergäben sich aus der Vereinbarung. Einen für Weisungen notwendigen Spielraum habe das Theater dann jedoch weder vertragsrechtlich noch regelmäßig faktisch aufgrund der Kürze des zeitlichen Verlaufs.
Das Sozialgericht Kassel hat die Klage mit Urteil vom 17. September 2014 abgewiesen. Bei der allein streitigen Tätigkeit des Klägers am 23. und 30. Dezember 2011 habe es sich um eine abhängige Beschäftigung gehandelt. Diese sei auf der Grundlage der abgerechneten aktenkundigen Entgelte mit der Beklagten in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig. Weder für Bühnenkünstler geltende tarifvertragliche Vereinbarungen noch der vorliegende Abgrenzungskatalog könnten von vornherein zwingend darüber bestimmen, ob eine Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich dem Typus der Beschäftigung oder dem Typus der selbstständigen Tätigkeit zuzuordnen sei (Verweis auf Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 25. Juni 2010, L 5 R 140/08 und folgend Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 20. März 2013, B 12 R 13/10 R). Folglich sei auch die Unterscheidung zwischen Choraushilfen und Orchesteraushilfen im Abgrenzungskatalog nicht maßgeblich. Entscheidend sei demgegenüber, ob der Kläger während der streitigen Tätigkeit nach der Gestaltung seiner - hier mündlich zustande gekommenen - vertraglichen Beziehungen zur Beigeladenen zu 1) und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit wie ein sogenannter freier Mitarbeiter im Wesentlichen weisungsfrei und insoweit selbstständig gewesen sei. Diesbezüglich habe der Kläger im Rahmen der Tätigkeit als Opernchoraushilfe zwar eigene - künstlerische - Entscheidungsspielräume gehabt. Dies vermöge für sich jedoch noch keine selbstständige Tätigkeit zu begründen, da ein selbstständiges Arbeiten allein noch keine selbstständige, sozialversicherungsfreie Tätigkeit zur Folge habe. Es sei zu berücksichtigen, dass die Vergütung des Klägers nicht von ihm ausgehandelt, sondern tarifvertraglich festgelegt und insgesamt auch nicht erfolgsbezogen gewesen sei und der Kläger bei der von ihm zu erbringenden konkreten Tätigkeit an den beiden o.a. Tagen auch kein eigenes Kapital einzusetzen hatte. Der Kläger habe mit seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in erster Linie deren wirtschaftlichen Interessen gedient und damit seine Tätigkeit nicht wie für ein eigenes, sondern wie für ein fremdes Unternehmen ausgeübt. Für eine Einbindung in den Betrieb spreche die Tatsache, dass die Verfügungsmöglichkeit des Klägers über seine eigene Arbeitskraft im Rahmen der Aufführungen am 23. und 30. Dezember 2011 deutlich eingeschränkt gewesen sei. Die Möglichkeit, "Aufträge" anzunehmen oder abzulehnen, gelte zwar grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Doch seien auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überließen, ob er im Anforderungsfall tätig werden wolle oder ob er ein konkretes Angebot ablehne. Auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen werde, könne dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen. Nehme der Betroffene das Angebot jedoch an, dann übe er die Tätigkeit mit der Beklagten in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und werde nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen. Insoweit sei der Kläger insgesamt während beider Vorstellungen nicht nur als einer von "Vielen" wie diese in den Opernchor, sondern wie jeder andere Angestellte insgesamt in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Dass er nicht verpflichtet gewesen sei, an Proben teilzunehmen, ändere hieran nichts. Dies sei bereits zwangsläufig Folge dessen gewesen, dass es sich an beiden o.a. Tagen um jeweils kurzfristige Aushilfstätigkeiten gehandelt habe. Selbst unter Berücksichtigung ggf. vorhandener künstlerischer Freiheiten sei der Kläger durch diese institutionelle Einbindung in den Theateralltag der Beigeladenen zu 1), dessen Organisation und der hier fremdbestimmten Inszenierung der Opernaufführungen somit Erfüllungsgehilfe der Beigeladenen zu 1) und insoweit deren "Weisungen" unterlegen und habe sich während der von ihm wahrgenommenen Tätigkeiten am 23. und 30. Dezember 2011 rechtlich erheblich in nichts von den festangestellten, ständigen Mitgliedern des Opernchors der Beigeladenen zu 1) unterschieden.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 30. Oktober 2014 zugestellte Urteil wendet sich die Berufung des Klägers vom 26. November 2014.
Der Kläger hat geltend gemacht, als freier Opernchorsänger obliege es einzig seiner eigenen Verantwortung, seine Stimme regelmäßig zu trainieren und die studierten Partien immer wieder aufzufrischen, um jederzeit in der Lage zu sein, bei Vorstellungen eine einwandfreie Leistung erbringen zu können. Das Training bzw. das Üben und Proben finde bei festangestellten Opernchorsängern in Form von regelmäßigen Chorsaalproben unter Anleitung des Chordirektors während der Arbeitszeit statt, im Falle eines freien Opernchorsänger hingegen ausschließlich völlig eigenverantwortlich zuhause oder in Form von Gesangsunterricht. Der Unterschied eines Abendgastes zu einem fest angestellten Opernchorsänger sei die eigenständige, selbstverantwortliche Vorbereitung, da dieser weder an szenischen noch musikalischen Proben teilnehme. Die eigenständige künstlerische Leistung finde dabei in nicht unerheblichem Maße nicht während, sondern vielmehr vor der Vorstellung statt und sei entsprechend zu bewerten. Die kurze notwendige szenische (Sicherheits-)Einweisung und die Klärung der musikalischen (Strich-)Fassung seien hingegen nicht als Proben zu bewerten, vielmehr ergebe sich dies aus der Natur der Sache. Für alle fest an der Produktion beteiligten Künstler gebe es ein eigens angepasstes persönliches Kostüm, wofür diese vorab zu Kostümanproben bestellt würden. Im Gegensatz dazu müssten "Einspringer" mit einem irgendwie improvisierten Kostüm klarkommen, da für die Anfertigung eines persönlich angepassten Kostüms die Vorlaufzeit zu kurz sei und der "Einspringer" auch nicht für die dazu vorab notwendigen Kostümanproben zur Verfügung stehe. Vom Sozialgericht sei auch die Frage des Kostenrisikos falsch dargestellt worden. Werde die angefragte Aushilfstätigkeit vor der Vorstellung seitens des Theaters abgesagt, bestehe gerade kein Anspruch auf Bezahlung. Seine Bezahlung sei auch nicht tarifvertraglich geregelt gewesen, sondern ergebe sich aus der sogenannten VdO-Liste, einer für die Theaterbetriebe unverbindliche Richtlinie für die Honorierung von Choraushilfen. Er sei freischaffender Opern- bzw. Chorsänger in dem Sinne, dass er sich selbst vermarkte, für mehrere Auftraggeber tätig sei und eigenständig für seine Person Werbung bzw. Akquise betreibe. Ein festes Engagement im Sinne einer Stammbühne habe er nicht. Dies habe er bewusst so für sich gewählt, um eine weitgehende Abhängigkeit von einem Arbeitgeber zu vermeiden und sein Privat- und Arbeitsleben frei gestalten zu können. Am 21. Dezember 2011 sei er telefonisch von einer Künstlervermittlung kontaktiert worden. Diese sei mit der Frage an ihn herangetreten, ob er am 23. Dezember 2011 in der C. C Stadt GmbH im "Tannhäuser" als Choraushilfe einzuspringen bereit wäre. Am Vormittag des 30. Dezember 2011 sei er telefonisch von der Chorinspizientin der Beigeladenen zu 1) gebeten worden, am Abend erneut im "Tannhäuser" als Choraushilfe einzuspringen. Schriftliche Verträge dazu gebe es keine. Zeitliche Vorgaben und die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übernommenen Aufgaben einzuhalten, seien allein kein ausreichendes Merkmal für ein abhängiges Arbeitsverhältnis. Das Versprechen, eine Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen, mache den Leistenden im arbeitsrechtlichen Sinn nicht weisungsabhängig. Dies gelte auch für Musiker. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe in einem Urteil vom 7. Februar 2007, Az. 5 AZR 270/06 einen Künstler, für den keine Probenpflicht bestand, als grundsätzlich weisungsfrei und damit selbständig eingeordnet, da die Aufführung selbst keine Weisungsgebundenheit begründe. Auch er sei nicht wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert und nicht weisungsgebunden gewesen. Dass er die Tätigkeit im Rahmen einer Aufführung zu verrichten hatte, der Ort und die Zeit also feststanden, liege in der Natur der Sache und begründe keine Weisungsgebundenheit. Ohne die Pflicht aller Mitglieder eines Opernensembles, feste Zeiten einzuhalten und sich zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Ort zu treffen, könne eine Opernaufführung nicht stattfinden. Verpflichtungen dieser Art seien kein Beleg für eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung in den Opernbetrieb, sie seien für diesen vielmehr üblich und unerlässlich (LSG Niedersachsen, Urteil vom 16. März 2005, Az.: L 4 KR 156/01). Aufgrund der absoluten Kurzfristigkeit der Engagements sei ihm auch nicht vorgegeben worden, mit welchem künstlerischen Ausdruck er zu singen habe. Dies sei ohne Proben aufgrund der Kurzfristigkeit überhaupt nicht möglich. Dass er nicht in deren Organisation eingebunden gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass keine Teilnahmepflicht, weder an den Proben, noch an der Aufführung selbst bestanden habe. Vielmehr habe er sich selbstständig und ohne Vorgaben auf das Stück vorbereitet. Insoweit sei er in der Lage gewesen, über seine Arbeitskraft und Zeit selbst zu verfügen. Weiterhin habe ihm gegenüber der Beigeladenen zu 1) keine Entgeltfortzahlung im Krankheits- oder Urlaubsfall zugestanden. Dass er die Aushilfe in Persona zu erbringen gehabt habe, liege in der Natur der Sache, ebenso wie die Tatsache, dass es eines gewissen Maßes an Rücksichtnahme auf andere Künstler bedurft habe. Der streitigen Tätigkeit fehle auch das Moment der Dauer, das viele Beschäftigungsverhältnisse kennzeichne. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Chorsänger am 23. und 30. Dezember 2011 bei der C. C-Stadt GmbH nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei während seiner Einsätze als Chorsänger für die Beigeladene abhängig beschäftigt gewesen. Er sei während seiner Engagements in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingegliedert und hinsichtlich des Ortes und der Zeit an die Weisungen des Auftraggebers gebunden gewesen. Der Kläger vertrete als Choraushilfe projektbezogen abhängig beschäftigte Chormitglieder und erfülle damit bezogen auf das jeweilige Projekt identische Arbeitsaufgaben wie die weisungsgebunden in den Konzertbetrieb eingegliederte "Stammbelegschaft". Somit könne auch die Aushilfstätigkeit nur eine abhängige Beschäftigung sein. Als Mitglied eines Chores trage der Kläger - wie alle Chorsänger auch - zu einer künstlerischen Gesamtleistung bei. Im Gegensatz zu einem Solisten erbringe der Kläger keine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung, sondern sei Mitglied einer Gruppe, die eine Gesamtleistung erbringe, was notwendig seine Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation bedeute. Dies bedinge eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers, denn der Auftraggeber habe dann die Funktion, die Leistung der einzelnen Gruppenmitglieder zu steuern.
Die Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und auch in der Sache begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht die Versicherungspflicht des Klägers in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung für die Beigeladene zu 1) festgestellt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), der Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gem. § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 3. Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist dabei jeweils § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 –, BSGE 45, 199-206, SozR 2200 § 1227 Nr. 8; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R, USK 2008 45 und Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Diese Beurteilungsgrundsätze sind auch auf Bühnenkünstler anzuwenden. Die Tätigkeit eines Bühnenkünstlers kann grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Der von den Spitzenverbänden der Versicherungsträger erarbeitete Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen (künstlerisch und publizistisch) tätige Personen bietet insoweit eine Beurteilungshilfe, ohne die Gerichte hieran bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall zu binden (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 19).
Der Kläger stand unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze im streitgegenständlichen Zeitraum in keinem Beschäftigungsverhältnis zu der Beigeladenen zu 1), da in dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit im Rahmen eines Auftragsverhältnisses überwiegen. Keine maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) kein wesentliches unternehmerisches Risiko zu tragen hatte. Soweit nach der Absprache mit der Beigeladenen zu 1) kein Honoraranspruch des Klägers bestanden hätte, falls dieser nicht dazu in der Lage gewesen wäre, die Aushilfstätigkeiten am 23. und 30. Dezember 2011 auszuüben, begründet dies allein noch kein wesentliches unternehmerisches Risiko. Hierbei trägt der Kläger lediglich das - Arbeitnehmer in derartigen Fällen gleichermaßen treffende - (allgemeine) Risiko, die eigene Arbeitskraft infolge unterbleibenden Dienstantritts zeitweise nicht verwerten zu können. Ein unternehmerisches Risiko ist demgegenüber nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Auch aus dem Umstand, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden (BSG, Urteil vom 20. März 2013, a.a.O., m.w.N.). Im Übrigen stellt das wesentliche "Betriebskapital" eines Sängers dessen Stimme dar. Ein Risiko besteht diesbezüglich insoweit, als ein Verlust oder die Beschädigung der Stimme durch Erkrankungen oder Überbeanspruchung eintreten können. Dieses Risiko trägt allein der Kläger, dem es obliegt durch Stimmtraining, eine gesunde Lebensweise und die dosierte Anzahl von Auftritten seine Stimme zu erhalten und zu pflegen. Insoweit unterscheidet sich ein fest angestellter Chorsänger allerdings nicht von einem freiberuflichen Solisten, so dass der Senat insgesamt dem Kriterium des unternehmerischen Risikos in diesem Bereich keine entscheidungserhebliche Bedeutung beimisst.
Das wesentliche Kriterium für das Vorliegen eines selbstständigen Auftragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) besteht demgegenüber vorliegend in dem Umstand, dass der Kläger lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung von der Beigeladenen zu 1) engagiert worden ist. Der Kläger war insoweit nicht in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1) eingebunden, als er nicht Teil des Ensembles war und an keinen Proben teilgenommen hat. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den Angaben der Beigeladenen zu 1) sowie den Einlassungen des Klägers und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Eine Gebundenheit des Klägers im Hinblick auf Zeit, Ort und Art der zu erbringenden Dienstleistung ergab sich vorliegend allein aus dem Umstand, dass dieser als (temporäres) Mitglied eines Chores jeweils während einer einzigen Aufführung in diesen eingebunden war. Allein aufgrund der vorherigen Abrede mit der Beigeladenen zu 1) bestand die Verpflichtung, an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit "den Tannhäuser" einmalig im Rahmen eines Chores zu singen. Darüber hinaus bestand zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) kein Dauerschuldverhältnis, innerhalb dessen der Kläger weiteren Weisungen unterlag. Der Kläger hat insoweit nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Unterschied eines "Abendgastes" zu einem fest angestellten Opernchorsänger in der eigenständigen, selbstverantwortlichen Vorbereitung besteht. Das Training bzw. das Üben und Proben findet bei festangestellten Opernchorsängern in Form von regelmäßigen Chorsaalproben unter Anleitung des Chordirektors während der Arbeitszeit statt, während dies sich im Falle des Klägers ausschließlich eigenverantwortlich zuhause oder in Form von Gesangsunterricht vollzieht. Aufgrund dessen findet die wesentliche eigenständige künstlerische Leistung nicht während, sondern vielmehr bereits vor der Vorstellung statt. Der Kläger war folglich nur zu einem geringen Teil seiner Tätigkeit in Bezug auf Zeit und Ort an Vorgaben der Beigeladenen zu 1) gebunden. Ein erheblicher Teil seiner Arbeit bestand in der Vorbereitung der Gesangspartie. Diese Vorbereitungsarbeiten leistete der Kläger selbständig und ohne fremde Vorgaben. Wann, wo, in welcher Weise und mit welchem künstlerischen Inhalt der Kläger die Gesangspartie einstudierte, bestimmte allein er selbst. Den künstlerischen Vorgaben der Chorleitung in Form von szenischen Sicherheitseinweisung und der Klärung der musikalischen Strichfassung kommt demgegenüber lediglich untergeordnete Bedeutung zu. Bei den eigentlichen Aufführungen bestand keine ins Gewicht fallende Weisungsgebundenheit des Klägers. Der Kläger war hier zwar nicht fachlich weisungsfrei, sondern hatte sich in die von anderen bestimmte Gesamtkonzeption des Werkes einzuordnen. Das stellt aber nur eine schwache Weisungsbindung dar, die alleine ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht zu begründen vermag (vgl. BAG, Urteil vom 7. Februar 2007 – 5 AZR 270/06 – juris, Rn. 18; Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 AZR 405/01 – juris).
Soweit das BSG in seinem Urteil vom 20. März 2013 (B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 19) die für eine abhängige Beschäftigung maßgebliche Weisungsgebundenheit allein schon durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble begründet sieht, vermag der Senat dem für die vorliegende Fallkonstellation nicht zu folgen. Insoweit wurde von der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger übereinstimmend und nachvollziehbar dargelegt, dass für Choraushilfen, die für einzelne Vorstellungen engagiert werden, keine Verpflichtung für den allgemeinen Dienst besteht, sondern allenfalls eine kurze szenische (Sicherheits-)Einweisung und die Klärung der musikalischen Strichfassung unmittelbar vor dem Auftritt stattfindet. Die Verpflichtung zur Darbietung der Chorpartie in der jeweiligen Stimmgruppe sowie die Gestaltung der konkreten darstellerischen Inszenierung ergeben sich bei dem nur einmalig auftretenden Abendgast hingegen jeweils bereits unmittelbar aus der abgeschlossenen Honorarvereinbarung. Darüber hinausgehenden Weisungen des Theaters bzw. dessen künstlerischer Leitung sind nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) bereits aufgrund der Kürze der Zeit zwischen dem Engagement und dem Auftritt nicht möglich.
Der Senat vermag dem Kläger auch insoweit zu folgen, als der maßgebliche Unterschied zwischen einem abhängig beschäftigten Chorsänger und der für einen Auftritt kurzfristig engagierten Choraushilfe darin besteht, dass die eigenständige künstlerische Leistung bei Letzterem in erheblichem Maße nicht während, sondern vielmehr vor der Vorstellung stattfindet. Das Training bzw. das Üben und Proben findet bei festangestellten Opernchorsängern in Form von regelmäßigen Chorsaalproben unter der Weisungsgebundenheit der künstlerischen Leitung statt, während es dem als Aushilfe einmalig einspringenden Chorsänger obliegt, sich eigenverantwortlich zuhause oder in Form von Gesangsunterricht die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, um den von ihm geschuldeten Beitrag zur künstlerischen Gesamtleistung des Chores eigenständig erbringen zu können.
Im Übrigen war auch die Zeit der Dienstleistung hinsichtlich der Aufführungen im Wesentlichen bereits durch die Absprache zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) festgelegt. Ein darüber hinausgehendes zeitliches Weisungsrecht ergibt sich weder aus den Einlassungen des Klägers noch aus den Ausführungen der Beigeladenen zu 1). Entsprechendes gilt für Inhalt, Dauer und Ort der Tätigkeit. Diese ergaben sich schon aus dem Engagement des Klägers als solchem und bedurften keiner weiteren Weisungen durch die Beigeladene zu 1).
Von der Beigeladenen zu 1) wurde diesbezüglich darauf hingewiesen, dass die Meldung des Klägers als abhängig Beschäftigter allein aufgrund der Vorgabe unter Ziffer 2.2 des Abgrenzungskataloges für die im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen erfolgt ist. Danach sind gastspielverpflichtete Künstler einschließlich der Instrumentalsolisten selbständig, wenn sie an einer nur gelegentlich aufgeführten konzertanten Opernaufführung, einem Oratorium, Liederabend oder dergleichen mitwirken. Orchesteraushilfen sind ausnahmsweise selbständig tätig, wenn sie ohne Verpflichtung für den allgemeinen Dienst (z.B. keine regelmäßige Probenverpflichtung) bestimmte musikalische Aufgaben übernehmen und sich dadurch von den fest angestellten Orchestermitgliedern erheblich unterscheiden. Schauspieler, (Chor-) Sänger und Tänzer, die als Aushilfen tätig werden, sind grundsätzlich als abhängig Beschäftigte anzusehen. Diese Differenzierung vermag der Senat in Übereinstimmung mit der Beigeladenen zu 1) nicht nachzuvollziehen. Danach haben auch Choraushilfen, die für einzelne Vorstellungen engagiert würden, keine Verpflichtung für den allgemeinen Dienst und damit insbesondere keine regelmäßige Probenverpflichtung. Die hier allein erforderliche kurze Einweisung kann sowohl bezüglich des zeitlichen Umfangs als auch bezüglich der Intensität aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen der Beigeladenen zu 1) nicht mit einer regulären Probe gleichgestellt werden. Zwischen Choraushilfen und Orchesteraushilfen bestehen folglich keine wesentlichen Unterschiede, die geeignet sein könnten, eine unterschiedliche statusrechtliche Behandlung zu rechtfertigen. Choraushilfen sind danach genauso wie Orchesteraushilfen nicht in den Theaterbetrieb eingegliedert. Sie unterliegen keinen arbeitsrechtlichen Weisungen. Sie haben die Chorpartien ihrer Stimmgruppe zu singen und müssen - soweit dies in der Kürze der Zeit möglich ist - die konkrete Inszenierung darstellerisch umsetzen. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus der Honorarvereinbarung und bedarf keiner drüber hinausgehenden Weisungen des Theaters. Gleiches gilt für Arbeitszeit und Arbeitsort.
Im Ergebnis überwiegen damit bezüglich der Auftritte des Klägers für die Beigeladene zu 1) am 23. und 30. Dezember 2011 die Merkmale einer nicht sozialversicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit, so dass die Entscheidung des Sozialgerichts Kassel vom 17. Dezember 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21 September 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2013 keinen Bestand haben konnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgte der Entscheidung in der Hauptsache. Gründe für einen Kostenanspruch der Beigeladenen vermochte der Senat nicht zu erkennen, da diese sich weder zur Sache geäußert noch eigene Anträge gestellt haben.
Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Klägers im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) bezüglich einer Tätigkeit als Opernchoraushilfe für die Beigeladene zu 1) am 23. Dezember 2011 und 30. Dezember 2011.
Der 1969 geborene Kläger ist Opernchorsänger und übte diese Tätigkeit seit 2006 zum Teil mehrwöchig, zum Teil tageweise im Rahmen von Engagements an unterschiedlichen Theatern und Opern aus. Hierfür wurde er jeweils als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter angemeldet. Soweit der Kläger in den Zeiträumen zwischen Engagements keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachging, war er bei der Debeka Krankenversicherung a.G. privat krankenversichert. Im Rahmen einer jeweils 1-tägigen Tätigkeit als Krankheitsaushilfe im Opernchor war er am 23. und 30. Dezember 2011 für die Beigeladene zu 1) in C-Stadt tätig, wobei der Kläger in beiden Fällen ein Brutto-Entgelt von jeweils 344,- EUR erzielte. Diese Tätigkeiten wurden von der Beigeladenen zu 1) als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen abgerechnet und entsprechende Beiträge an die Beigeladene zu 2) als gesetzliche Krankenkasse des Klägers und zuständige Einzugsstelle entrichtet.
Am 23. März 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) am 23. und 30. Dezember 2011, wobei er die Auffassung vertrat, dass eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorgelegen habe. In einer Anlage zum Statusfeststellungsantrag führte der Kläger zur Beschreibung seiner Tätigkeit aus, während der Tätigkeit der Kontrolle und Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise seiner Tätigkeit nur insoweit unterlegen zu haben, als dies für eine Gemeinschaftsproduktion wie die Aufführung einer Oper erforderlich gewesen sei, was bedeute, dass er Regieanweisungen und musikalische Absprachen zu befolgen gehabt habe. Darüber hinaus sei es naturgemäß erforderlich gewesen, rechtzeitig vor dem Auftritt u.a. zur Klärung der musikalischen Absprachen, zur szenischen Einweisung sowie für die Maske und das Kostüm anwesend zu sein. Auch habe keine Verpflichtung zur Probenteilnahme bestanden. Durch das Abliefern einer einwandfreien Arbeit habe er Werbung für weitere Engagements auch an anderen Theatern bzw. bei anderen Veranstaltern betrieben und sei insoweit unternehmerisch tätig gewesen. Ein eigenes Unternehmerrisiko habe darin bestanden, dass kein Versicherungsschutz bei der An- und Abreise zum bzw. vom Veranstaltungsort, keine Verpflichtung zur Zahlung von Honorar und Reisekosten bei nicht rechtzeitigem Erscheinen bzw. bei Nichtbeherrschen der Chorpartie und auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestanden habe. Das Entgelt sei nicht zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) ausgehandelt worden, sondern habe einem tariflich festgelegten Entgelt für entsprechende Tätigkeiten entsprochen.
Nach Anhörung stellte die Beklagte jeweils mit wortgleichem Bescheid vom 21. September 2012 an den Kläger sowie die Beigeladenen zu 1) das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bezüglich der Tätigkeiten des Klägers als Opernchoraushilfe für die Beigeladene zu 1) am 23. und 30. Dezember 2011 sowie die hieraus resultierende Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Der Kläger habe zwar frei entscheiden können, ob er als Choraushilfe einspringe; bei Annahme des Auftrages seien ihm jedoch bezüglich Ort und Zeit Vorgaben gemacht worden. Die Arbeits- und Anwesenheitszeiten des Klägers seien an die entsprechenden Dienstzeiten gebunden gewesen und hätten von ihm nicht frei bestimmt werden können. Hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung seiner Tätigkeit sei der Kläger an Weisungen des Arbeitgebers gebunden gewesen, da ihm vorgegeben worden sei, was er mit welchem künstlerischen Ausdruck wiederzugeben habe. Des Weiteren hätte sich der Kläger anderen, im Dienste des Arbeitsgebers stehenden Personen unterzuordnen gehabt. Es seien auch keine Tatbestände erfüllt, welche die Versicherungspflicht ausschließen oder Versicherungsfreiheit begründen könnten. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 10. Oktober 2012 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 21. März 2013 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben.
Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Beigeladene zu 1) vorgetragen, die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Klägers als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter sei von ihr allein nach dem Abgrenzungskatalog der Sozialversicherungsträger für die im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätigen Personen vom 5. Juli 2005 vorgenommen worden, der für Chorsänger, die als Aushilfen tätig würden, grundsätzlich eine abhängige Beschäftigung vorsehe. Demgegenüber würden Orchesteraushilfen als selbstständig angesehen, wenn sie ohne Verpflichtung für den allgemeinen Dienst (z. B. keine regelmäßigen Probenverpflichtungen) bestimmte musikalische Aufgaben übernähmen und sich dadurch von den festangestellten Orchestermitgliedern erheblich unterscheiden würden. Inhaltlich überzeuge diese Unterscheidung nicht. Choraushilfen seien genauso wie Orchesteraushilfen nicht in den Theaterbetrieb eingegliedert und unterlägen keinen arbeitsrechtlichen Weisungen. Zwar hätten sie die Chorpartien ihrer Stimmgruppe zu singen und müssten, soweit dies in der Kürze der Zeit möglich sei, die konkrete Inszenierung darstellerisch umsetzen. Diese Verpflichtung ergebe sich jedoch aus der einvernehmlich mit der Choraushilfe abgeschlossenen Honorarvereinbarung und nicht aus darüber hinausgehenden Weisungen des Theaters. Gleiches gelte für Arbeitszeit und Arbeitsort. Denn auch diese ergäben sich aus der Vereinbarung. Einen für Weisungen notwendigen Spielraum habe das Theater dann jedoch weder vertragsrechtlich noch regelmäßig faktisch aufgrund der Kürze des zeitlichen Verlaufs.
Das Sozialgericht Kassel hat die Klage mit Urteil vom 17. September 2014 abgewiesen. Bei der allein streitigen Tätigkeit des Klägers am 23. und 30. Dezember 2011 habe es sich um eine abhängige Beschäftigung gehandelt. Diese sei auf der Grundlage der abgerechneten aktenkundigen Entgelte mit der Beklagten in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig. Weder für Bühnenkünstler geltende tarifvertragliche Vereinbarungen noch der vorliegende Abgrenzungskatalog könnten von vornherein zwingend darüber bestimmen, ob eine Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich dem Typus der Beschäftigung oder dem Typus der selbstständigen Tätigkeit zuzuordnen sei (Verweis auf Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Urteil vom 25. Juni 2010, L 5 R 140/08 und folgend Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 20. März 2013, B 12 R 13/10 R). Folglich sei auch die Unterscheidung zwischen Choraushilfen und Orchesteraushilfen im Abgrenzungskatalog nicht maßgeblich. Entscheidend sei demgegenüber, ob der Kläger während der streitigen Tätigkeit nach der Gestaltung seiner - hier mündlich zustande gekommenen - vertraglichen Beziehungen zur Beigeladenen zu 1) und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit wie ein sogenannter freier Mitarbeiter im Wesentlichen weisungsfrei und insoweit selbstständig gewesen sei. Diesbezüglich habe der Kläger im Rahmen der Tätigkeit als Opernchoraushilfe zwar eigene - künstlerische - Entscheidungsspielräume gehabt. Dies vermöge für sich jedoch noch keine selbstständige Tätigkeit zu begründen, da ein selbstständiges Arbeiten allein noch keine selbstständige, sozialversicherungsfreie Tätigkeit zur Folge habe. Es sei zu berücksichtigen, dass die Vergütung des Klägers nicht von ihm ausgehandelt, sondern tarifvertraglich festgelegt und insgesamt auch nicht erfolgsbezogen gewesen sei und der Kläger bei der von ihm zu erbringenden konkreten Tätigkeit an den beiden o.a. Tagen auch kein eigenes Kapital einzusetzen hatte. Der Kläger habe mit seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in erster Linie deren wirtschaftlichen Interessen gedient und damit seine Tätigkeit nicht wie für ein eigenes, sondern wie für ein fremdes Unternehmen ausgeübt. Für eine Einbindung in den Betrieb spreche die Tatsache, dass die Verfügungsmöglichkeit des Klägers über seine eigene Arbeitskraft im Rahmen der Aufführungen am 23. und 30. Dezember 2011 deutlich eingeschränkt gewesen sei. Die Möglichkeit, "Aufträge" anzunehmen oder abzulehnen, gelte zwar grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Doch seien auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überließen, ob er im Anforderungsfall tätig werden wolle oder ob er ein konkretes Angebot ablehne. Auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen werde, könne dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen. Nehme der Betroffene das Angebot jedoch an, dann übe er die Tätigkeit mit der Beklagten in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und werde nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen. Insoweit sei der Kläger insgesamt während beider Vorstellungen nicht nur als einer von "Vielen" wie diese in den Opernchor, sondern wie jeder andere Angestellte insgesamt in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Dass er nicht verpflichtet gewesen sei, an Proben teilzunehmen, ändere hieran nichts. Dies sei bereits zwangsläufig Folge dessen gewesen, dass es sich an beiden o.a. Tagen um jeweils kurzfristige Aushilfstätigkeiten gehandelt habe. Selbst unter Berücksichtigung ggf. vorhandener künstlerischer Freiheiten sei der Kläger durch diese institutionelle Einbindung in den Theateralltag der Beigeladenen zu 1), dessen Organisation und der hier fremdbestimmten Inszenierung der Opernaufführungen somit Erfüllungsgehilfe der Beigeladenen zu 1) und insoweit deren "Weisungen" unterlegen und habe sich während der von ihm wahrgenommenen Tätigkeiten am 23. und 30. Dezember 2011 rechtlich erheblich in nichts von den festangestellten, ständigen Mitgliedern des Opernchors der Beigeladenen zu 1) unterschieden.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 30. Oktober 2014 zugestellte Urteil wendet sich die Berufung des Klägers vom 26. November 2014.
Der Kläger hat geltend gemacht, als freier Opernchorsänger obliege es einzig seiner eigenen Verantwortung, seine Stimme regelmäßig zu trainieren und die studierten Partien immer wieder aufzufrischen, um jederzeit in der Lage zu sein, bei Vorstellungen eine einwandfreie Leistung erbringen zu können. Das Training bzw. das Üben und Proben finde bei festangestellten Opernchorsängern in Form von regelmäßigen Chorsaalproben unter Anleitung des Chordirektors während der Arbeitszeit statt, im Falle eines freien Opernchorsänger hingegen ausschließlich völlig eigenverantwortlich zuhause oder in Form von Gesangsunterricht. Der Unterschied eines Abendgastes zu einem fest angestellten Opernchorsänger sei die eigenständige, selbstverantwortliche Vorbereitung, da dieser weder an szenischen noch musikalischen Proben teilnehme. Die eigenständige künstlerische Leistung finde dabei in nicht unerheblichem Maße nicht während, sondern vielmehr vor der Vorstellung statt und sei entsprechend zu bewerten. Die kurze notwendige szenische (Sicherheits-)Einweisung und die Klärung der musikalischen (Strich-)Fassung seien hingegen nicht als Proben zu bewerten, vielmehr ergebe sich dies aus der Natur der Sache. Für alle fest an der Produktion beteiligten Künstler gebe es ein eigens angepasstes persönliches Kostüm, wofür diese vorab zu Kostümanproben bestellt würden. Im Gegensatz dazu müssten "Einspringer" mit einem irgendwie improvisierten Kostüm klarkommen, da für die Anfertigung eines persönlich angepassten Kostüms die Vorlaufzeit zu kurz sei und der "Einspringer" auch nicht für die dazu vorab notwendigen Kostümanproben zur Verfügung stehe. Vom Sozialgericht sei auch die Frage des Kostenrisikos falsch dargestellt worden. Werde die angefragte Aushilfstätigkeit vor der Vorstellung seitens des Theaters abgesagt, bestehe gerade kein Anspruch auf Bezahlung. Seine Bezahlung sei auch nicht tarifvertraglich geregelt gewesen, sondern ergebe sich aus der sogenannten VdO-Liste, einer für die Theaterbetriebe unverbindliche Richtlinie für die Honorierung von Choraushilfen. Er sei freischaffender Opern- bzw. Chorsänger in dem Sinne, dass er sich selbst vermarkte, für mehrere Auftraggeber tätig sei und eigenständig für seine Person Werbung bzw. Akquise betreibe. Ein festes Engagement im Sinne einer Stammbühne habe er nicht. Dies habe er bewusst so für sich gewählt, um eine weitgehende Abhängigkeit von einem Arbeitgeber zu vermeiden und sein Privat- und Arbeitsleben frei gestalten zu können. Am 21. Dezember 2011 sei er telefonisch von einer Künstlervermittlung kontaktiert worden. Diese sei mit der Frage an ihn herangetreten, ob er am 23. Dezember 2011 in der C. C Stadt GmbH im "Tannhäuser" als Choraushilfe einzuspringen bereit wäre. Am Vormittag des 30. Dezember 2011 sei er telefonisch von der Chorinspizientin der Beigeladenen zu 1) gebeten worden, am Abend erneut im "Tannhäuser" als Choraushilfe einzuspringen. Schriftliche Verträge dazu gebe es keine. Zeitliche Vorgaben und die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übernommenen Aufgaben einzuhalten, seien allein kein ausreichendes Merkmal für ein abhängiges Arbeitsverhältnis. Das Versprechen, eine Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen, mache den Leistenden im arbeitsrechtlichen Sinn nicht weisungsabhängig. Dies gelte auch für Musiker. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe in einem Urteil vom 7. Februar 2007, Az. 5 AZR 270/06 einen Künstler, für den keine Probenpflicht bestand, als grundsätzlich weisungsfrei und damit selbständig eingeordnet, da die Aufführung selbst keine Weisungsgebundenheit begründe. Auch er sei nicht wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert und nicht weisungsgebunden gewesen. Dass er die Tätigkeit im Rahmen einer Aufführung zu verrichten hatte, der Ort und die Zeit also feststanden, liege in der Natur der Sache und begründe keine Weisungsgebundenheit. Ohne die Pflicht aller Mitglieder eines Opernensembles, feste Zeiten einzuhalten und sich zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Ort zu treffen, könne eine Opernaufführung nicht stattfinden. Verpflichtungen dieser Art seien kein Beleg für eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung in den Opernbetrieb, sie seien für diesen vielmehr üblich und unerlässlich (LSG Niedersachsen, Urteil vom 16. März 2005, Az.: L 4 KR 156/01). Aufgrund der absoluten Kurzfristigkeit der Engagements sei ihm auch nicht vorgegeben worden, mit welchem künstlerischen Ausdruck er zu singen habe. Dies sei ohne Proben aufgrund der Kurzfristigkeit überhaupt nicht möglich. Dass er nicht in deren Organisation eingebunden gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass keine Teilnahmepflicht, weder an den Proben, noch an der Aufführung selbst bestanden habe. Vielmehr habe er sich selbstständig und ohne Vorgaben auf das Stück vorbereitet. Insoweit sei er in der Lage gewesen, über seine Arbeitskraft und Zeit selbst zu verfügen. Weiterhin habe ihm gegenüber der Beigeladenen zu 1) keine Entgeltfortzahlung im Krankheits- oder Urlaubsfall zugestanden. Dass er die Aushilfe in Persona zu erbringen gehabt habe, liege in der Natur der Sache, ebenso wie die Tatsache, dass es eines gewissen Maßes an Rücksichtnahme auf andere Künstler bedurft habe. Der streitigen Tätigkeit fehle auch das Moment der Dauer, das viele Beschäftigungsverhältnisse kennzeichne. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Chorsänger am 23. und 30. Dezember 2011 bei der C. C-Stadt GmbH nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei während seiner Einsätze als Chorsänger für die Beigeladene abhängig beschäftigt gewesen. Er sei während seiner Engagements in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingegliedert und hinsichtlich des Ortes und der Zeit an die Weisungen des Auftraggebers gebunden gewesen. Der Kläger vertrete als Choraushilfe projektbezogen abhängig beschäftigte Chormitglieder und erfülle damit bezogen auf das jeweilige Projekt identische Arbeitsaufgaben wie die weisungsgebunden in den Konzertbetrieb eingegliederte "Stammbelegschaft". Somit könne auch die Aushilfstätigkeit nur eine abhängige Beschäftigung sein. Als Mitglied eines Chores trage der Kläger - wie alle Chorsänger auch - zu einer künstlerischen Gesamtleistung bei. Im Gegensatz zu einem Solisten erbringe der Kläger keine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung, sondern sei Mitglied einer Gruppe, die eine Gesamtleistung erbringe, was notwendig seine Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation bedeute. Dies bedinge eine Weisungsbefugnis des Auftraggebers, denn der Auftraggeber habe dann die Funktion, die Leistung der einzelnen Gruppenmitglieder zu steuern.
Die Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und auch in der Sache begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht die Versicherungspflicht des Klägers in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung für die Beigeladene zu 1) festgestellt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), der Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gem. § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 3. Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist dabei jeweils § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 –, BSGE 45, 199-206, SozR 2200 § 1227 Nr. 8; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R, USK 2008 45 und Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Diese Beurteilungsgrundsätze sind auch auf Bühnenkünstler anzuwenden. Die Tätigkeit eines Bühnenkünstlers kann grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Der von den Spitzenverbänden der Versicherungsträger erarbeitete Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen (künstlerisch und publizistisch) tätige Personen bietet insoweit eine Beurteilungshilfe, ohne die Gerichte hieran bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall zu binden (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 19).
Der Kläger stand unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze im streitgegenständlichen Zeitraum in keinem Beschäftigungsverhältnis zu der Beigeladenen zu 1), da in dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit im Rahmen eines Auftragsverhältnisses überwiegen. Keine maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) kein wesentliches unternehmerisches Risiko zu tragen hatte. Soweit nach der Absprache mit der Beigeladenen zu 1) kein Honoraranspruch des Klägers bestanden hätte, falls dieser nicht dazu in der Lage gewesen wäre, die Aushilfstätigkeiten am 23. und 30. Dezember 2011 auszuüben, begründet dies allein noch kein wesentliches unternehmerisches Risiko. Hierbei trägt der Kläger lediglich das - Arbeitnehmer in derartigen Fällen gleichermaßen treffende - (allgemeine) Risiko, die eigene Arbeitskraft infolge unterbleibenden Dienstantritts zeitweise nicht verwerten zu können. Ein unternehmerisches Risiko ist demgegenüber nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Auch aus dem Umstand, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden (BSG, Urteil vom 20. März 2013, a.a.O., m.w.N.). Im Übrigen stellt das wesentliche "Betriebskapital" eines Sängers dessen Stimme dar. Ein Risiko besteht diesbezüglich insoweit, als ein Verlust oder die Beschädigung der Stimme durch Erkrankungen oder Überbeanspruchung eintreten können. Dieses Risiko trägt allein der Kläger, dem es obliegt durch Stimmtraining, eine gesunde Lebensweise und die dosierte Anzahl von Auftritten seine Stimme zu erhalten und zu pflegen. Insoweit unterscheidet sich ein fest angestellter Chorsänger allerdings nicht von einem freiberuflichen Solisten, so dass der Senat insgesamt dem Kriterium des unternehmerischen Risikos in diesem Bereich keine entscheidungserhebliche Bedeutung beimisst.
Das wesentliche Kriterium für das Vorliegen eines selbstständigen Auftragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) besteht demgegenüber vorliegend in dem Umstand, dass der Kläger lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung von der Beigeladenen zu 1) engagiert worden ist. Der Kläger war insoweit nicht in den Betriebsablauf der Beigeladenen zu 1) eingebunden, als er nicht Teil des Ensembles war und an keinen Proben teilgenommen hat. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den Angaben der Beigeladenen zu 1) sowie den Einlassungen des Klägers und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Eine Gebundenheit des Klägers im Hinblick auf Zeit, Ort und Art der zu erbringenden Dienstleistung ergab sich vorliegend allein aus dem Umstand, dass dieser als (temporäres) Mitglied eines Chores jeweils während einer einzigen Aufführung in diesen eingebunden war. Allein aufgrund der vorherigen Abrede mit der Beigeladenen zu 1) bestand die Verpflichtung, an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit "den Tannhäuser" einmalig im Rahmen eines Chores zu singen. Darüber hinaus bestand zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) kein Dauerschuldverhältnis, innerhalb dessen der Kläger weiteren Weisungen unterlag. Der Kläger hat insoweit nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Unterschied eines "Abendgastes" zu einem fest angestellten Opernchorsänger in der eigenständigen, selbstverantwortlichen Vorbereitung besteht. Das Training bzw. das Üben und Proben findet bei festangestellten Opernchorsängern in Form von regelmäßigen Chorsaalproben unter Anleitung des Chordirektors während der Arbeitszeit statt, während dies sich im Falle des Klägers ausschließlich eigenverantwortlich zuhause oder in Form von Gesangsunterricht vollzieht. Aufgrund dessen findet die wesentliche eigenständige künstlerische Leistung nicht während, sondern vielmehr bereits vor der Vorstellung statt. Der Kläger war folglich nur zu einem geringen Teil seiner Tätigkeit in Bezug auf Zeit und Ort an Vorgaben der Beigeladenen zu 1) gebunden. Ein erheblicher Teil seiner Arbeit bestand in der Vorbereitung der Gesangspartie. Diese Vorbereitungsarbeiten leistete der Kläger selbständig und ohne fremde Vorgaben. Wann, wo, in welcher Weise und mit welchem künstlerischen Inhalt der Kläger die Gesangspartie einstudierte, bestimmte allein er selbst. Den künstlerischen Vorgaben der Chorleitung in Form von szenischen Sicherheitseinweisung und der Klärung der musikalischen Strichfassung kommt demgegenüber lediglich untergeordnete Bedeutung zu. Bei den eigentlichen Aufführungen bestand keine ins Gewicht fallende Weisungsgebundenheit des Klägers. Der Kläger war hier zwar nicht fachlich weisungsfrei, sondern hatte sich in die von anderen bestimmte Gesamtkonzeption des Werkes einzuordnen. Das stellt aber nur eine schwache Weisungsbindung dar, die alleine ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht zu begründen vermag (vgl. BAG, Urteil vom 7. Februar 2007 – 5 AZR 270/06 – juris, Rn. 18; Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 AZR 405/01 – juris).
Soweit das BSG in seinem Urteil vom 20. März 2013 (B 12 R 13/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 19) die für eine abhängige Beschäftigung maßgebliche Weisungsgebundenheit allein schon durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble begründet sieht, vermag der Senat dem für die vorliegende Fallkonstellation nicht zu folgen. Insoweit wurde von der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger übereinstimmend und nachvollziehbar dargelegt, dass für Choraushilfen, die für einzelne Vorstellungen engagiert werden, keine Verpflichtung für den allgemeinen Dienst besteht, sondern allenfalls eine kurze szenische (Sicherheits-)Einweisung und die Klärung der musikalischen Strichfassung unmittelbar vor dem Auftritt stattfindet. Die Verpflichtung zur Darbietung der Chorpartie in der jeweiligen Stimmgruppe sowie die Gestaltung der konkreten darstellerischen Inszenierung ergeben sich bei dem nur einmalig auftretenden Abendgast hingegen jeweils bereits unmittelbar aus der abgeschlossenen Honorarvereinbarung. Darüber hinausgehenden Weisungen des Theaters bzw. dessen künstlerischer Leitung sind nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) bereits aufgrund der Kürze der Zeit zwischen dem Engagement und dem Auftritt nicht möglich.
Der Senat vermag dem Kläger auch insoweit zu folgen, als der maßgebliche Unterschied zwischen einem abhängig beschäftigten Chorsänger und der für einen Auftritt kurzfristig engagierten Choraushilfe darin besteht, dass die eigenständige künstlerische Leistung bei Letzterem in erheblichem Maße nicht während, sondern vielmehr vor der Vorstellung stattfindet. Das Training bzw. das Üben und Proben findet bei festangestellten Opernchorsängern in Form von regelmäßigen Chorsaalproben unter der Weisungsgebundenheit der künstlerischen Leitung statt, während es dem als Aushilfe einmalig einspringenden Chorsänger obliegt, sich eigenverantwortlich zuhause oder in Form von Gesangsunterricht die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, um den von ihm geschuldeten Beitrag zur künstlerischen Gesamtleistung des Chores eigenständig erbringen zu können.
Im Übrigen war auch die Zeit der Dienstleistung hinsichtlich der Aufführungen im Wesentlichen bereits durch die Absprache zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) festgelegt. Ein darüber hinausgehendes zeitliches Weisungsrecht ergibt sich weder aus den Einlassungen des Klägers noch aus den Ausführungen der Beigeladenen zu 1). Entsprechendes gilt für Inhalt, Dauer und Ort der Tätigkeit. Diese ergaben sich schon aus dem Engagement des Klägers als solchem und bedurften keiner weiteren Weisungen durch die Beigeladene zu 1).
Von der Beigeladenen zu 1) wurde diesbezüglich darauf hingewiesen, dass die Meldung des Klägers als abhängig Beschäftigter allein aufgrund der Vorgabe unter Ziffer 2.2 des Abgrenzungskataloges für die im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen erfolgt ist. Danach sind gastspielverpflichtete Künstler einschließlich der Instrumentalsolisten selbständig, wenn sie an einer nur gelegentlich aufgeführten konzertanten Opernaufführung, einem Oratorium, Liederabend oder dergleichen mitwirken. Orchesteraushilfen sind ausnahmsweise selbständig tätig, wenn sie ohne Verpflichtung für den allgemeinen Dienst (z.B. keine regelmäßige Probenverpflichtung) bestimmte musikalische Aufgaben übernehmen und sich dadurch von den fest angestellten Orchestermitgliedern erheblich unterscheiden. Schauspieler, (Chor-) Sänger und Tänzer, die als Aushilfen tätig werden, sind grundsätzlich als abhängig Beschäftigte anzusehen. Diese Differenzierung vermag der Senat in Übereinstimmung mit der Beigeladenen zu 1) nicht nachzuvollziehen. Danach haben auch Choraushilfen, die für einzelne Vorstellungen engagiert würden, keine Verpflichtung für den allgemeinen Dienst und damit insbesondere keine regelmäßige Probenverpflichtung. Die hier allein erforderliche kurze Einweisung kann sowohl bezüglich des zeitlichen Umfangs als auch bezüglich der Intensität aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen der Beigeladenen zu 1) nicht mit einer regulären Probe gleichgestellt werden. Zwischen Choraushilfen und Orchesteraushilfen bestehen folglich keine wesentlichen Unterschiede, die geeignet sein könnten, eine unterschiedliche statusrechtliche Behandlung zu rechtfertigen. Choraushilfen sind danach genauso wie Orchesteraushilfen nicht in den Theaterbetrieb eingegliedert. Sie unterliegen keinen arbeitsrechtlichen Weisungen. Sie haben die Chorpartien ihrer Stimmgruppe zu singen und müssen - soweit dies in der Kürze der Zeit möglich ist - die konkrete Inszenierung darstellerisch umsetzen. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus der Honorarvereinbarung und bedarf keiner drüber hinausgehenden Weisungen des Theaters. Gleiches gilt für Arbeitszeit und Arbeitsort.
Im Ergebnis überwiegen damit bezüglich der Auftritte des Klägers für die Beigeladene zu 1) am 23. und 30. Dezember 2011 die Merkmale einer nicht sozialversicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit, so dass die Entscheidung des Sozialgerichts Kassel vom 17. Dezember 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21 September 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2013 keinen Bestand haben konnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgte der Entscheidung in der Hauptsache. Gründe für einen Kostenanspruch der Beigeladenen vermochte der Senat nicht zu erkennen, da diese sich weder zur Sache geäußert noch eigene Anträge gestellt haben.
Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen.
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