Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 6120/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 663/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1958 in Italien geborene Klägerin hat dort die Schule besucht und nach ihren Angaben anschließend eine Lehre als Näherin begonnen, die sie nicht abgeschlossen habe. Seit dem Jahr 1979 ist sie in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft und war hier von 1979 bis zum Jahre 2010, mit Unterbrechung wegen Kindererziehung, als Fließbandarbeiterin (Produktionshelferin) tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag (mit Abfindung) zum 1. Dezember 2010 beendet. In der Zeit vom 9. Juli 2011 bis 8. Oktober 2012 bezog sie Arbeitslosengeld. Für die Zeit danach sind keine Zeiten der Rentenversicherung festgestellt (vgl. Versicherungsverlauf vom 1. Juli 2016).
Den Rentenantrag der Klägerin vom 25. September 2012, den sie mit dem Vorliegen von u.a. Fibromyalgie, Autoimmundermatose, starken Schmerzen, Medikamentenunverträglichkeit, Halswirbelsäulenbeschwerden und dermatologischen Schmerzen begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2013 ab, da die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den üblichen Bedingungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.
Grundlage der Entscheidung der Beklagten waren ein Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin G. und der ärztliche Entlassungsbericht des Zentrums für ambulante Rehabilitation S. über die vom 17. Mai 2013 bis 10. Juni 2013 durchgeführten ganztägigen ambulanten Behandlungen. Der Gutachter G. hat in seinem Gutachten vom 27. November 2012 ein chronisches Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ, eine Borreliose Stadium II-III sowie ein chronisches HWS-Syndrom bei bekanntem Bandscheibenvorfall in Höhe C4/5 ohne radikuläre Symptomatik diagnostiziert. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr auszuüben; Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Stress und in Nachtschicht seien zu vermeiden. Die Ärzte des Heilverfahrens diagnostizierten chronische Schmerzen bei muskulären Dysbalancen und eine chronische Borreliose Stadium II-III. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Die Wegefähigkeit sei erhalten.
Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat die Klägerin am 29. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und u.a. vorgetragen, sie leide unter einer Fibromyalgie sowie zudem unter Angst- und Panikattacken. Ferner leide sie unter ständigen und zunehmend quälenden Dauerschmerzen, die eine Beeinträchtigung des Alltags darstellten. Sie sei deshalb nicht mehr in der Lage, auch nur drei Stunden täglich eine Arbeitsleistung zu erbringen.
Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Der Internist Dr. Sc. hat u.a. ausgeführt, aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes und der schlechten Prognose des psychosomatischen Leidens (das maßgebliche Leiden liege auf dem Feld der Psychosomatik) sei die Klägerin nicht in der Lage, selbst leichte Tätigkeiten auch unter 3 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben (Aussage vom 11. März 2014). Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. hat in seiner Aussage vom 3. März 2014 dargelegt, von ihm sei eine Angst- und Panikstörung sowie eine somatoforme Störung diagnostiziert worden. Er stimme mit der Leistungseinschätzung des Verwaltungsgutachtens überein. Der Hautarzt Dr. K. hat in seiner Auskunft mitgeteilt, er empfehle die Vorstellung beim Rheumatologen. Die berufliche Leistungsfähigkeit könne er nicht beurteilen, er stimme jedoch im Wesentlichen mit dem Verwaltungsgutachten überein. Der behandelnde Facharzt für Orthopädie Dr. Ah. hat ausgeführt, er stimme dem Gutachten bezüglich der vorhandenen Gesundheitsstörungen zu.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fr. auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In dem Sachverständigengutachten vom 3. Januar 2015 hat dieser eine somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Körperliche Einbußen lägen bei der Klägerin nur in ganz geringem Maße vor. Die Klägerin sei in der Lage, noch leichte bis sehr leichte körperliche Arbeiten, ohne überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen, nicht in gleichförmiger Körperhaltung, ohne häufiges Bücken noch mindestens drei bis unter sechs Stunden täglich auszuführen.
Das SG hat ferner ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie Prof. Dr. T. eingeholt. In seinem Gutachten vom 4. Mai 2015 hat Prof. Dr. T. u.a. ausgeführt, die Beschwerden der Klägerin seien einer definierten Krankheit nicht zuzurechnen. Der Klägerin sei eine vollschichtige Tätigkeit zumutbar. Er schließe sich dem Gutachter G. an.
Das SG hat anschließend weiter Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren nervenfachärztlichen Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. F ... Dieser hat in seinem Sachverständigengutachten vom 11. April 2016 ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein vordiagnostiziertes chronisches Schmerzsyndrom. Die Kriterien eines Fibromyalgiesyndroms seien nicht ausreichend erfüllt. Vordiagnostiziert seien eine generalisierte Angststörung bzw. Panikattacken sowie eine depressive Störung. Eine depressive Störung habe er nicht feststellen können. Angststörungen oder Panikattacken seien bei der Begutachtung nicht aufgetreten. Panikattacken seien nicht auszuschließen. Diese Gesundheitsstörungen wirkten sich nicht auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin aus. Die Klägerin sei in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin hat dem SG u.a. und zuletzt noch einen Arztbrief der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 12. Januar 2017 vorgelegt, wonach diese u.a. darlegt, dass laut Aktenlage und Gespräch mit der Klägerin diese nicht mehr in der Lage sei, ihre gewohnte Arbeit am Fließband durchzuführen.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Klägerin nach der durchgeführten Beweisaufnahme in der Lage sei, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Im Übrigen hat sie unter Vorlage des Versicherungsverlaufs vom 6. Juli 2016 darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Rente zuletzt im November 2014 erfüllt gewesen seien.
Mit Urteil vom 24. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da die Klägerin nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen in der Lage sei, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des SG verwiesen.
Gegen das am 2. Februar 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Februar 2017 Berufung eingelegt. Sie sei nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Sie leide neben der schweren Depressionen unter ständigen und zunehmend quälenden Dauerschmerzen, die die Lebensfreude deutlich trübten und den Alltag in allen Bereichen schwer beeinträchtigten. Die schmerzhafte Fibromyalgie bestimme den Alltag, sie sei auch auf Schmerzmittel angewiesen, welche den Magen und den Gesamtorganismus stark belasten würden. Sie könne den Haushalt kaum noch alleine bewältigen. Sie teile die Auffassung des Gerichtsgutachters Dr. Fr., nicht jedoch der Gutachter Prof. Dr. T. und Dr. F ...
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Januar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2013 zu verurteilen, ihr ab 1. September 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten und sei insofern nicht erwerbsgemindert.
Der Vorsitzende hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss und darauf hingewiesen, dass keine Veranlassung zur weiteren medizinischen Sachaufklärung bestehe (Schreiben vom 14. März 2017 und 5. April 2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern. Der Zustimmung der Beteiligten bedarf es für eine solche Entscheidung nicht.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchten Rente (wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung) - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBVI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass sie keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (wie auch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGBVI) hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch das Vorbringen im Berufungsverfahren keine Gründe enthält, die Beweiswürdigung des SG in Frage zu stellen. Die behandelnden Ärzte haben übereinstimmend den Schwerpunkt der leistungseinschränkenden Erkrankungen der Klägerin auf psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet verortet. Der behandelnde Psychiater Dr. A. hat eine somatoforme Schmerzstörung zwar diagnostiziert, sich aber ausdrücklich der Leistungseinschätzung des Verwaltungsgutachters G. angeschlossen. Die nervenärztlichen Sachverständigen Prof. Dr. T. (der eine Erkrankung auf nervenärztlichen Gebiet verneint hat) und Dr. F. haben eine zeitliche Leistungsminderung ebenfalls verneint. Dr. F. hat das von ihm ebenfalls bestätigte chronische Schmerzsyndrom nicht als so schwerwiegend betrachtet, als dass dieses Auswirkungen auf das (zeitliche) Leistungsvermögen haben könnte. Soweit die Klägerin auf das Sachverständigengutachten des Dr. Fr. verweist, ist zu beachten, dass dieser selbst ausdrücklich körperliche Defizite als "sehr gering" bezeichnet hat. Worauf sich die reduzierte Leistungsfähigkeit auf zeitlichem Gebiet begründen soll, ist auch für den Senat nicht nachvollziehbar, zumal auch er, wie alle befragten nervenärztlichen Sachverständigen eine depressive Erkrankung nicht bestätigt hat. Schließlich hat auf orthopädischem Fachgebiet der behandelnde Orthopäde Dr. Ah. ebenfalls eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht angenommen. Der behandelnde Internist hat auf seinem Fachgebiet keine leistungseinschränkenden Erkrankungen benannt. Soweit er im Hinblick auf die "Komplexität des Krankheitsbildes" und die "schlechte Prognose des psychosomatischen Leidens" - somit fachfremd - seine Leistungsbeurteilung begründet, ist dies durch die Aussage des behandelnden Nervenarztes und die übrige Beweisaufnahme widerlegt. Das SG hat den Sachverhalt abschließend ermittelt. Eine weitere medizinische Beweisaufnahme durch den Senat ist somit nicht angezeigt.
Da somit eine rentenberechtigende Leistungsminderung bis zur heutigen Entscheidung nicht nachgewiesen ist, ist es ohne Belang, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach dem Vortrag der Beklagten lediglich bis November 2014 erfüllt gewesen seien. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1958 in Italien geborene Klägerin hat dort die Schule besucht und nach ihren Angaben anschließend eine Lehre als Näherin begonnen, die sie nicht abgeschlossen habe. Seit dem Jahr 1979 ist sie in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft und war hier von 1979 bis zum Jahre 2010, mit Unterbrechung wegen Kindererziehung, als Fließbandarbeiterin (Produktionshelferin) tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag (mit Abfindung) zum 1. Dezember 2010 beendet. In der Zeit vom 9. Juli 2011 bis 8. Oktober 2012 bezog sie Arbeitslosengeld. Für die Zeit danach sind keine Zeiten der Rentenversicherung festgestellt (vgl. Versicherungsverlauf vom 1. Juli 2016).
Den Rentenantrag der Klägerin vom 25. September 2012, den sie mit dem Vorliegen von u.a. Fibromyalgie, Autoimmundermatose, starken Schmerzen, Medikamentenunverträglichkeit, Halswirbelsäulenbeschwerden und dermatologischen Schmerzen begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2013 ab, da die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den üblichen Bedingungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.
Grundlage der Entscheidung der Beklagten waren ein Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin G. und der ärztliche Entlassungsbericht des Zentrums für ambulante Rehabilitation S. über die vom 17. Mai 2013 bis 10. Juni 2013 durchgeführten ganztägigen ambulanten Behandlungen. Der Gutachter G. hat in seinem Gutachten vom 27. November 2012 ein chronisches Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ, eine Borreliose Stadium II-III sowie ein chronisches HWS-Syndrom bei bekanntem Bandscheibenvorfall in Höhe C4/5 ohne radikuläre Symptomatik diagnostiziert. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr auszuüben; Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Stress und in Nachtschicht seien zu vermeiden. Die Ärzte des Heilverfahrens diagnostizierten chronische Schmerzen bei muskulären Dysbalancen und eine chronische Borreliose Stadium II-III. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Die Wegefähigkeit sei erhalten.
Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat die Klägerin am 29. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und u.a. vorgetragen, sie leide unter einer Fibromyalgie sowie zudem unter Angst- und Panikattacken. Ferner leide sie unter ständigen und zunehmend quälenden Dauerschmerzen, die eine Beeinträchtigung des Alltags darstellten. Sie sei deshalb nicht mehr in der Lage, auch nur drei Stunden täglich eine Arbeitsleistung zu erbringen.
Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Der Internist Dr. Sc. hat u.a. ausgeführt, aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes und der schlechten Prognose des psychosomatischen Leidens (das maßgebliche Leiden liege auf dem Feld der Psychosomatik) sei die Klägerin nicht in der Lage, selbst leichte Tätigkeiten auch unter 3 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben (Aussage vom 11. März 2014). Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. hat in seiner Aussage vom 3. März 2014 dargelegt, von ihm sei eine Angst- und Panikstörung sowie eine somatoforme Störung diagnostiziert worden. Er stimme mit der Leistungseinschätzung des Verwaltungsgutachtens überein. Der Hautarzt Dr. K. hat in seiner Auskunft mitgeteilt, er empfehle die Vorstellung beim Rheumatologen. Die berufliche Leistungsfähigkeit könne er nicht beurteilen, er stimme jedoch im Wesentlichen mit dem Verwaltungsgutachten überein. Der behandelnde Facharzt für Orthopädie Dr. Ah. hat ausgeführt, er stimme dem Gutachten bezüglich der vorhandenen Gesundheitsstörungen zu.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fr. auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In dem Sachverständigengutachten vom 3. Januar 2015 hat dieser eine somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Körperliche Einbußen lägen bei der Klägerin nur in ganz geringem Maße vor. Die Klägerin sei in der Lage, noch leichte bis sehr leichte körperliche Arbeiten, ohne überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen, nicht in gleichförmiger Körperhaltung, ohne häufiges Bücken noch mindestens drei bis unter sechs Stunden täglich auszuführen.
Das SG hat ferner ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie Prof. Dr. T. eingeholt. In seinem Gutachten vom 4. Mai 2015 hat Prof. Dr. T. u.a. ausgeführt, die Beschwerden der Klägerin seien einer definierten Krankheit nicht zuzurechnen. Der Klägerin sei eine vollschichtige Tätigkeit zumutbar. Er schließe sich dem Gutachter G. an.
Das SG hat anschließend weiter Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren nervenfachärztlichen Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. F ... Dieser hat in seinem Sachverständigengutachten vom 11. April 2016 ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein vordiagnostiziertes chronisches Schmerzsyndrom. Die Kriterien eines Fibromyalgiesyndroms seien nicht ausreichend erfüllt. Vordiagnostiziert seien eine generalisierte Angststörung bzw. Panikattacken sowie eine depressive Störung. Eine depressive Störung habe er nicht feststellen können. Angststörungen oder Panikattacken seien bei der Begutachtung nicht aufgetreten. Panikattacken seien nicht auszuschließen. Diese Gesundheitsstörungen wirkten sich nicht auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin aus. Die Klägerin sei in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin hat dem SG u.a. und zuletzt noch einen Arztbrief der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 12. Januar 2017 vorgelegt, wonach diese u.a. darlegt, dass laut Aktenlage und Gespräch mit der Klägerin diese nicht mehr in der Lage sei, ihre gewohnte Arbeit am Fließband durchzuführen.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Klägerin nach der durchgeführten Beweisaufnahme in der Lage sei, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Im Übrigen hat sie unter Vorlage des Versicherungsverlaufs vom 6. Juli 2016 darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Rente zuletzt im November 2014 erfüllt gewesen seien.
Mit Urteil vom 24. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da die Klägerin nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen in der Lage sei, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des SG verwiesen.
Gegen das am 2. Februar 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Februar 2017 Berufung eingelegt. Sie sei nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Sie leide neben der schweren Depressionen unter ständigen und zunehmend quälenden Dauerschmerzen, die die Lebensfreude deutlich trübten und den Alltag in allen Bereichen schwer beeinträchtigten. Die schmerzhafte Fibromyalgie bestimme den Alltag, sie sei auch auf Schmerzmittel angewiesen, welche den Magen und den Gesamtorganismus stark belasten würden. Sie könne den Haushalt kaum noch alleine bewältigen. Sie teile die Auffassung des Gerichtsgutachters Dr. Fr., nicht jedoch der Gutachter Prof. Dr. T. und Dr. F ...
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Januar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2013 zu verurteilen, ihr ab 1. September 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten und sei insofern nicht erwerbsgemindert.
Der Vorsitzende hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss und darauf hingewiesen, dass keine Veranlassung zur weiteren medizinischen Sachaufklärung bestehe (Schreiben vom 14. März 2017 und 5. April 2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern. Der Zustimmung der Beteiligten bedarf es für eine solche Entscheidung nicht.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchten Rente (wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung) - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBVI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass sie keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (wie auch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGBVI) hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch das Vorbringen im Berufungsverfahren keine Gründe enthält, die Beweiswürdigung des SG in Frage zu stellen. Die behandelnden Ärzte haben übereinstimmend den Schwerpunkt der leistungseinschränkenden Erkrankungen der Klägerin auf psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet verortet. Der behandelnde Psychiater Dr. A. hat eine somatoforme Schmerzstörung zwar diagnostiziert, sich aber ausdrücklich der Leistungseinschätzung des Verwaltungsgutachters G. angeschlossen. Die nervenärztlichen Sachverständigen Prof. Dr. T. (der eine Erkrankung auf nervenärztlichen Gebiet verneint hat) und Dr. F. haben eine zeitliche Leistungsminderung ebenfalls verneint. Dr. F. hat das von ihm ebenfalls bestätigte chronische Schmerzsyndrom nicht als so schwerwiegend betrachtet, als dass dieses Auswirkungen auf das (zeitliche) Leistungsvermögen haben könnte. Soweit die Klägerin auf das Sachverständigengutachten des Dr. Fr. verweist, ist zu beachten, dass dieser selbst ausdrücklich körperliche Defizite als "sehr gering" bezeichnet hat. Worauf sich die reduzierte Leistungsfähigkeit auf zeitlichem Gebiet begründen soll, ist auch für den Senat nicht nachvollziehbar, zumal auch er, wie alle befragten nervenärztlichen Sachverständigen eine depressive Erkrankung nicht bestätigt hat. Schließlich hat auf orthopädischem Fachgebiet der behandelnde Orthopäde Dr. Ah. ebenfalls eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht angenommen. Der behandelnde Internist hat auf seinem Fachgebiet keine leistungseinschränkenden Erkrankungen benannt. Soweit er im Hinblick auf die "Komplexität des Krankheitsbildes" und die "schlechte Prognose des psychosomatischen Leidens" - somit fachfremd - seine Leistungsbeurteilung begründet, ist dies durch die Aussage des behandelnden Nervenarztes und die übrige Beweisaufnahme widerlegt. Das SG hat den Sachverhalt abschließend ermittelt. Eine weitere medizinische Beweisaufnahme durch den Senat ist somit nicht angezeigt.
Da somit eine rentenberechtigende Leistungsminderung bis zur heutigen Entscheidung nicht nachgewiesen ist, ist es ohne Belang, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach dem Vortrag der Beklagten lediglich bis November 2014 erfüllt gewesen seien. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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