Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 3199/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 2295/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 25. August 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten.
Der 1950 geborene Klägerin stand Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Die Klägerin beantragte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 5. März 2014 "die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge" aus den Leistungsakten des Beklagten. Unter dem 6. März 2014 wies der Beklagte darauf hin, dass Kontoauszüge der Klägerin, sollten sie zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Jobcenters nicht erforderlich sein, aus den Akten entfernt würden. Andernfalls, insbesondere wenn sie Angaben enthielten, die Einfluss auf die Höhe des Leistungsbezugs hätten, sei die Speicherung dieser Daten zulässig. Den hiergegen mit der Begründung erhobenen Widerspruch, die Speicherung von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte sei grundsätzlich nicht erforderlich, um die dem Jobcenter obliegenden Aufgaben zu erfüllen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2014 zurück.
Die nachfolgende, auf Entfernung, hilfsweise Schwärzung sämtlicher in den Verwaltungsakten befindlicher Kontoauszüge bzw entsprechender Kopien gerichtete Klage hat das Sozialgericht Cottbus (SG) mit Urteil vom 25. August 2016 abgewiesen. Die abgehefteten Kontoauszüge und damit gespeicherten Sozialdaten seien nicht zu löschen. Die bloße Vorlage von Kontoauszügen reiche zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der SGB II-Leistungsbewilligung nicht aus. Auch die Aufbewahrung sei zulässig etwa für den Fall, dass eine Korrektur der Leistungsbescheide erforderlich werde. Die regelmäßig vorgesehene Aufbewahrungsdauer von zehn Jahren sei nicht zu beanstanden.
Mit ihrer Berufung stützt sich die Klägerin auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. September 2016 (- L 6 AS 74/15 -). Eine vorsorgliche Datenspeicherung sei unzulässig.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. August 2016 und den Bescheid des Beklagten vom 6. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihre sämtlichen Kontoauszüge aus den Leistungsakten zu entfernen, hilfsweise zu schwärzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Gerichtsakten und Leistungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die zulässige Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Löschung der Daten im Wege der Entfernung der Kontoauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten bzw deren Schwärzung nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).
Das "Erheben" von Daten durch die Einbeziehung von Kontoauszügen bzw Fotokopien in die Akten des Grundsicherungsträgers stellt zunächst grundsätzlich einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (vgl BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rn 25). Rechtsgrundlage für das Aufbewahren auch von Kontoauszügen in den Leistungsakten des Beklagten ist § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X. Elektronisch gespeicherte Dateien und Akten stehen insofern gleich (vgl. § 67 Abs. 1 und 3 SGB X). Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung – zumal sämtlicher – Kontoauszüge gemäß § 84 Abs. 2 SGB X (lex specialis zum insofern weitgehend gleichlautend übernommenen § 20 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz) besteht nicht. Weder ist die Speicherung unzulässig noch liegt ein Fall des § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X vor, wonach Sozialdaten auch zu löschen sind, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Zwar enthalten weder das SGB X noch das SGB II (anders etwa als § 97 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB XI) Löschungsfristen für Daten, so dass die Löschung grundsätzlich unverzüglich nach Wegfall der ihre Zulässigkeit begründenden Umstände zu erfolgen haben dürfte (vgl Bieresborn, in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 84 Rn 6a). Abgesehen davon jedoch, dass die Klägerin ihren Löschungsantrag bezogen auf Kontoauszüge weder konkretisiert hat (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B –), noch es der Beklagte von vornherein abgelehnt hätte, für seine gesetzlichen Aufgaben nicht mehr benötigte Kontoauszüge nicht zu entfernen – dies behauptet auch die Klägerin nicht –, dürften für die Entscheidung erhebliche Beweismittel nicht nur bis zum Ablauf der Überprüfungsfrist nach § 44 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, sondern auch der längsten Rücknahmefrist nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X (ggf iVm § 48 Abs. 4 SGB X) von 10 Jahren grundsätzlich rechtmäßig aufzubewahren bzw zu speichern sein. Denn Daten im Sinne der Norm sind erst dann nicht mehr erforderlich, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert waren, endgültig erledigt ist. Auch Sozialdaten dürften daher über die aktuellen Verwaltungsentscheidungen hinaus noch notwendig sein, wenn – wie hier – nicht auszuschließen ist, dass sie später erneut benötigt werden könnten (vgl Bieresborn aaO Rn 7). Dass für die Klägerin aufgrund konkreter Umstände Abweichendes gelten sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Übrigen ist der Beklagte nicht verpflichtet, auf den pauschalen Löschungsantrag der Klägerin hin sämtliche Bände der Leistungsakten auf gegebenenfalls zu löschende Kontodaten zu überprüfen (vgl BSG aaO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten.
Der 1950 geborene Klägerin stand Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Die Klägerin beantragte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 5. März 2014 "die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge" aus den Leistungsakten des Beklagten. Unter dem 6. März 2014 wies der Beklagte darauf hin, dass Kontoauszüge der Klägerin, sollten sie zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Jobcenters nicht erforderlich sein, aus den Akten entfernt würden. Andernfalls, insbesondere wenn sie Angaben enthielten, die Einfluss auf die Höhe des Leistungsbezugs hätten, sei die Speicherung dieser Daten zulässig. Den hiergegen mit der Begründung erhobenen Widerspruch, die Speicherung von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte sei grundsätzlich nicht erforderlich, um die dem Jobcenter obliegenden Aufgaben zu erfüllen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2014 zurück.
Die nachfolgende, auf Entfernung, hilfsweise Schwärzung sämtlicher in den Verwaltungsakten befindlicher Kontoauszüge bzw entsprechender Kopien gerichtete Klage hat das Sozialgericht Cottbus (SG) mit Urteil vom 25. August 2016 abgewiesen. Die abgehefteten Kontoauszüge und damit gespeicherten Sozialdaten seien nicht zu löschen. Die bloße Vorlage von Kontoauszügen reiche zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der SGB II-Leistungsbewilligung nicht aus. Auch die Aufbewahrung sei zulässig etwa für den Fall, dass eine Korrektur der Leistungsbescheide erforderlich werde. Die regelmäßig vorgesehene Aufbewahrungsdauer von zehn Jahren sei nicht zu beanstanden.
Mit ihrer Berufung stützt sich die Klägerin auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. September 2016 (- L 6 AS 74/15 -). Eine vorsorgliche Datenspeicherung sei unzulässig.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. August 2016 und den Bescheid des Beklagten vom 6. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihre sämtlichen Kontoauszüge aus den Leistungsakten zu entfernen, hilfsweise zu schwärzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Gerichtsakten und Leistungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die zulässige Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Löschung der Daten im Wege der Entfernung der Kontoauszüge aus den Leistungsakten des Beklagten bzw deren Schwärzung nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).
Das "Erheben" von Daten durch die Einbeziehung von Kontoauszügen bzw Fotokopien in die Akten des Grundsicherungsträgers stellt zunächst grundsätzlich einen verhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (vgl BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 45/07 R – juris Rn 25). Rechtsgrundlage für das Aufbewahren auch von Kontoauszügen in den Leistungsakten des Beklagten ist § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X. Elektronisch gespeicherte Dateien und Akten stehen insofern gleich (vgl. § 67 Abs. 1 und 3 SGB X). Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung – zumal sämtlicher – Kontoauszüge gemäß § 84 Abs. 2 SGB X (lex specialis zum insofern weitgehend gleichlautend übernommenen § 20 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz) besteht nicht. Weder ist die Speicherung unzulässig noch liegt ein Fall des § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X vor, wonach Sozialdaten auch zu löschen sind, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Zwar enthalten weder das SGB X noch das SGB II (anders etwa als § 97 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB XI) Löschungsfristen für Daten, so dass die Löschung grundsätzlich unverzüglich nach Wegfall der ihre Zulässigkeit begründenden Umstände zu erfolgen haben dürfte (vgl Bieresborn, in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 84 Rn 6a). Abgesehen davon jedoch, dass die Klägerin ihren Löschungsantrag bezogen auf Kontoauszüge weder konkretisiert hat (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 21. Februar 2017 – B 4 AS 379/16 B –), noch es der Beklagte von vornherein abgelehnt hätte, für seine gesetzlichen Aufgaben nicht mehr benötigte Kontoauszüge nicht zu entfernen – dies behauptet auch die Klägerin nicht –, dürften für die Entscheidung erhebliche Beweismittel nicht nur bis zum Ablauf der Überprüfungsfrist nach § 44 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, sondern auch der längsten Rücknahmefrist nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X (ggf iVm § 48 Abs. 4 SGB X) von 10 Jahren grundsätzlich rechtmäßig aufzubewahren bzw zu speichern sein. Denn Daten im Sinne der Norm sind erst dann nicht mehr erforderlich, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert waren, endgültig erledigt ist. Auch Sozialdaten dürften daher über die aktuellen Verwaltungsentscheidungen hinaus noch notwendig sein, wenn – wie hier – nicht auszuschließen ist, dass sie später erneut benötigt werden könnten (vgl Bieresborn aaO Rn 7). Dass für die Klägerin aufgrund konkreter Umstände Abweichendes gelten sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Übrigen ist der Beklagte nicht verpflichtet, auf den pauschalen Löschungsantrag der Klägerin hin sämtliche Bände der Leistungsakten auf gegebenenfalls zu löschende Kontodaten zu überprüfen (vgl BSG aaO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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