Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 28 KR 484/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 SF 460/17 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.06.2017 - S 28 KR 484/15 - wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens L 11 KR 502/17 ausgesetzt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Voraussetzungen des § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind gegeben.
1. Der Antrag ist zulässig. Gemäß § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG stellen alle gerichtlichen Entscheidungen Vollstreckungstitel dar, wenn sie keine aufschiebende Wirkung haben. Eine Zwangsvollstreckung ist hiernach zulässig, wenn gegen eine Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt wird oder bei Durchführung des Rechtsmittelverfahrens keine aufschiebende Wirkung eintritt. Die Entscheidungen brauchen nicht rechtskräftig zu sein. Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung stellt eine Ausnahme dar. Er ist im SGG für Einzelfälle bei der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens angeordnet (vgl. §§ 154, 165, 175 SGG).
Die Beklagte hat Berufung eingelegt (§ 143 SGG). Dies bewirkt aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a SGG Aufschub bewirkt (§ 154 Abs. 1 SGG). Klagen i.S.d. § 86a SGG sind nur isolierte Anfechtungsklagen, weil der Anwendungsbereich des § 154 Abs. 1 SGG hierauf beschränkt ist (Landessozialgericht (LSG) Bayern, Beschluss vom 16.12.2004 - L 18 SB 132/04 -; Keller in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 154 Rn. 2), denn diese Rechtsschutzform hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, entfaltet ihre Gestaltungswirkung vielmehr ohne Vollstreckung aus sich heraus (Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 154 Rn. 3). Der Kläger hat in der Hauptsache eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), so dass § 154 Abs. 1 SGG nicht greift. Die Regelung des § 154 Abs. 2 SGG steht dem Antrag nicht entgegen. Hiernach bewirkt die Berufung eines Versicherungsträgers Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlass des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen. Darum geht es hier nicht. Der Kläger beantragt, ihn mit einer Beinprothese des Typs "Genium" der Firma Ottobock zu versorgen.
2. Der Antrag ist begründet.
a) Umstritten ist, nach Maßgabe welcher Kriterien die Entscheidung nach § 199 Abs. 2 SGG zu treffen ist.
aa) Nach überwiegender Auffassung ist eine Interessen- und Folgenabwägung vorzunehmen (Bundessozialgericht (BSG), Beschlüsse vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R - und 26.11.1991 - 1 RR 10/91 -; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 199 Rn 8 m.w.N.; Erkelenz in Jansen, a.a.O., § 199 Rn. 20 m.w.N.). Abzuwägen sind die Folgen, die eintreten, wenn der Vollstreckungsaussetzungsantrag abgelehnt, das Urteil anschließend aber aufgehoben wird, gegenüber den Folgen, die eintreten, wenn dem Vollstreckungsaussetzungsantrag stattgegeben, die Berufung später aber zurückgewiesen wird. Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Vollstreckbarkeit von nicht rechtskräftigen Entscheidungen ein Ausnahmefall von der Grundregel darstellt, wobei ein obsiegender Beteiligter ein gesetzlich geschütztes Interesse hat, die ihm zustehenden Leistungen umfassend und zügig zu erhalten (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch; vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 -). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgt, wenn der Vollstreckungsschuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil erleiden würde und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers nicht entgegensteht (BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 -; LSG Bayern, Beschluss vom 27.05.2009 - L 18 R 178/09 ER -; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -).
bb) Im Rahmen der Abwägung ist der in § 154 Abs. 2 SGG zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten, wonach Berufungen in der Regel keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der für die Zeit nach Erlass des Urteils zu zahlenden Beträge haben sollen. Eine Aussetzung sei daher nur in Ausnahmefällen möglich (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.02.2017 - L 5 AR 3/17 KR ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 10.05.2010 - L 14 R 880/09 ER -; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 199 Rn 8a; Erkelenz, a.a.O., § 199 Rn. 20). Der Gesetzgeber habe ausdrücklich eine Regelung zur Vollstreckung in § 154 Abs. 2 SGG getroffen und dabei auch das generelle Interesse des Leistungsträgers berücksichtigt, Leistungen erst bei endgültiger Klärung der Sach- und Rechtslage zu erbringen, indem nur die aufschiebende Wirkung der Berufung für Beträge, die für die Zeit vor Erlass des Urteils zu zahlen sind, angenommen wurde. Eine Aussetzung kommt danach z.B. nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel offensichtlich Erfolg hat (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.02.2017 - L 5 AR 3/17 KR ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 28.04.2009 - L 20 R 299/09 ER -).
Abweichend wird vertreten, eine Aussetzung der Vollstreckung könne auch angeordnet werden, wenn es überwiegend wahrscheinlich sei, dass der Vollstreckungsschuldner mit seinem Rechtsmittel in wesentlichem Umfang Erfolg haben werde (LSG Bayern, Beschluss vom 20.04.2009 - L 13 R 57/09 ER -; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -). Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels nicht überschaubar, kommt es auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Ausspruchs an. Dazu gehört auch die Aussicht des Leistungsträgers, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die gewährten Leistungen zurückzuerhalten (LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26.01.2006 - L 8 AS 403/06 ER - und 27.04.2007 - L 8 AS 1503/07 ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 13.11.2008 - L 18 U 392/08 ER -). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles, die vom Vollstreckungsschuldner konkret und glaubhaft vorzutragen sind (LSG Bayern, Beschluss vom 27.05.2009 - L 18 R 178/09 ER -). cc) Teils wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Entscheidung nach § 199 Abs. 2 SGG um eine gebundene Entscheidung handelt (BSG, Urteil vom 09.08.1999 - B 4 RA 25/98 B -; offen gelassen von LSG Bayern, Beschlüsse vom 15.05.2009 - L 2 U 60/09 ER -, 08.02.2006 - L 10 AS 17/06 ER - und 29.08.2005 - L 13 KN 6/05 ER -). Dies wird damit begründet, dass § 199 Abs. 2 SGG keine Regelungen darüber enthalte, unter welchen Voraussetzungen die Aussetzung der Zwangsvollstreckung bei Rechtsmitteln zu erfolgen habe. Deshalb sei auf §§ 719, 707 Zivilprozessordnung (ZPO) zurückzugreifen. Dies folge aus der in § 198 Abs. 1 SGG angeordneten entsprechenden Anwendung des Achten Buches der ZPO. Nach §§ 719, 707 ZPO ordnet das Gericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde; und zwar gegebenenfalls auch dann, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers dem entgegensteht (hierzu Erkelenz, a.a.O., § 199 Rn. 21).
Dem folgt der Senat nicht. Nach § 198 Abs. 1 SGG gelten für die Vollstreckung die Vorschriften des Achten Buches der ZPO entsprechend, soweit sich aus dem SGG nichts anderes ergibt. Letzteres ist der Fall. Zutreffend ist zwar, dass § 199 Abs. 2 SGG keine Kriterien für die Entscheidung des Gerichts festlegt. Indes ist dies keine Sonderheit. Eine vergleichbare Situation ergibt sich für § 86a Abs. 2 SGG bzw. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Auch dort sind die Abwägungsmaßstäbe nicht genannt (hierzu Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Auflage, 2017, § 23 Rn. 126). Dies bewirkt indes nur, dass auf vergleichbare Regelungen des SGG zurückgegriffen werden kann (z.B. von § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG auf § 86b SGG und von § 86b Abs.1 Nr. 2 SGG auf § 86b Abs. 2 SGG; hierzu Hommel in Peters/Sautter/Wolf, SGG, 4. Auflage, 78. Lfg., 9/2004, § 86b Rn. 35). Einer Anwendung der §§ 719, 707 ZPO bedarf es nicht (hierzu schon Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -).
b) Der Senat entscheidet nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Hauptsache. Ob ein Ausnahmefall nur anzunehmen ist, wenn das Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg, oder eine Aussetzung auch erfolgen kann, wenn ein Erfolg der Berufung überwiegend wahrscheinlich erscheint, kann hier dahinstehen. Zu entscheiden ist auf der Grundlage präsenter Beweismittel (Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -). Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag. Die Beteiligten haben die für ihre Interessen bedeutsamen Umstände vorzutragen und glaubhaft zu machen. Eine weitere Sachaufklärung scheidet insoweit aus (Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -; Erkelenz, a.a.O., § 199 Rn. 22). Danach hat das Rechtsmittel schon dann offensichtlich Erfolg, wenn das Sozialgericht (SG) gegen seine Pflicht verstoßen hat, den entscheidungserheblichen Sachverhalt umfassen aufzuklären. So liegt es hier.
Das SG hat seine Entscheidung wesentlich auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. B (Gutachten vom 19.03.2016 und ergänzende Stellungnahme vom 21.01.2017) gestützt (Urteilsumdruck S. 6 f.). Es hat ausgeführt (vorsorgliche Anmerkung: Das Zitat ist wortgetreu; die grammatikalischen und orthographischen Fehler entsprechen dem Original):
"( ...) Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, wenn die Genium-Prothese zum Behinderungsausgleich erforderlich und individuell geeignet ist. Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen. Auch die im Januar 2016 erfolgte Neuversorgung des Klägers mit einer C-Leg -4 Prothese der Firma Otto Bock wird dem Anspruch des Klägers auf den erforderlichen und nach dem Stand der Medizintechnik möglichen Behinderungsausgleich nicht gerecht. Solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig erreicht ist im Sinne eines gleichziehen mit einem gesunden Menschen, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgung Standard sei ausreichend. Allerdings muss das begehrte Hilfsmittel gegenüber der bisherigen Versorgung deutlicher Gebrauchsvorteile aufweisen, die der Versicherte auch nutzen können muss. Somit hängt der Gebrauchsvorteil auch maßgebend von den körperlichen und geistigen Voraussetzungen des Prothesenträgers und seiner persönlichen Lebensgestaltung ab die Versorgung mit einer solchen Prothese kann nur derjenige beanspruchen, der nach ärztlicher Einschätzung im Alltagsleben dadurch deutlicher Gebrauchsvorteile hat. Dies hat der Sachverständige Dr. C seinem Gutachten und letztlich auch in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt. Zwar hat er festgestellt das die bisherige Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zum Beispiel in dem Gutachten von Dr. C1 nicht mit der im Rahmen seiner Untersuchung vom Kläger demonstrierten Leistungsfähigkeit übereinstimmt. Ausweislich der Untersuchung des Klägers sei er dennoch als sogenannter uneingeschränkter Außenbereichsgeher zu bezeichnen. Er besitze ausweislich der Untersuchung die Fähigkeit, mit der Prothese in einer geringen bis mittleren Geschwindigkeit zu gehen. Die meisten Umwelthindernisse würden für ihn kein Problem darstellen. Gehstrecke und gehe Dauer wird sich kaum von der eines nicht Amputierten in gleicher allgemeiner körperlicher Verfassung unterscheiden. Dennoch sei das seit etwa 2012 verfügbare Genium Knie eine Weiterentwicklung, die erhebliche Vorteile aufweise. Diese könne der Kläger aus seiner Sicht auch vollständig nutzen. Durch die gehendem Prothese würde auf jeden Fall eine zusätzliche Sicherheit beim gehen und stehen erreicht. Die Geniumprothese spiegele den derzeitigen Stand der Technik in der Prothesenversorgung wieder und könne im vorliegenden Fall die durch die Amputation des Oberschenkels eingetretene Behinderung bestmöglich ausgleichen. In seiner ergänzenden Stellungnahme führte Dr. C2, dass dies auch im Vergleich zu der C-Leg-4 Prothese gelte, mit der der Kläger zwischenzeitlich versorgt wurde. Die Kammer hält das Sachverständigengutachten nachvollziehbar und überzeugend und legt es der Entscheidung zu Grunde. ( ...)".
Diese Begründung nimmt die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C3 selektiv auf. Der Sachverständige hat entgegen dem SG gerade nicht dargelegt, "die Geniumprothese spiegele den derzeitigen Stand der Technik in der Prothesenversorgung wieder und könne im vorliegenden Fall die durch die Amputation des Oberschenkels eingetretene Behinderung bestmöglich ausgleichen." Er hat vielmehr ausgeführt (gutachterliche Stellungnahme vom 21.02.2017): "In der Gesamtschau darf man feststellen, dass die Behinderung des Klägers durch die Oberschenkeloperation mit der jetzigen C-Leg-4-Prothese durchaus sehr gut ausgeglichen ist. Die derzeit wohl bestmögliche Versorgung, nämlich mit einer Genium-Prothese, macht jedoch im vorliegende Fall nur dann Sinn, wenn man gleichzeitig feststellt, dass der Kläger auch in der Lage ist, diese Vorteile voll auszunutzen." Will das SG dem Sachverständigen folgen, hätte es sich zunächst mit den von ihm formulierten Prämissen auseinandersetzen müssen, um sodann die nötigen tatsächlichen Feststellungen zu treffen. Das ist nicht geschehen. Das SG hat seine Entscheidung auf einen virtuellen Sachverhalt gestützt. Ausgehend vom derzeitigen Sachstand muss die Berufung offenkundig Erfolg haben. Die Anspruchsvoraussetzungen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) sind - derzeit - nicht nachgewiesen. Die objektive Beweislast liegt beim Kläger. Ob und inwieweit der Senat die unterlassene Sachaufklärung nachholt oder den Rechtsstreit an das SG zurückverweist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), ist insoweit unerheblich. Gegenläufige Partikularinteressen sind nicht ersichtlich. Ausweislich der Auffassung des Sachverständigen ist die Oberschenkelamputation des Klägers mit der C-Leg-4-Prothese "durchaus sehr gut ausgeglichen". Pekuniäre Interessen sind nicht ersichtlich und nicht dargetan. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Das Verfahren ist ein eigenständiges Verfahren, welches sogar der Prozesskostenhilfe zugänglich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.08.2016 - 1 BvR 380/16 -). Daher ist eine Kostenentscheidung zu treffen (hierzu LSG Bayern, Beschluss vom 10.03.2017 - L 5 KR 141/17 ER -).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Er kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Gründe:
Die Voraussetzungen des § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind gegeben.
1. Der Antrag ist zulässig. Gemäß § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG stellen alle gerichtlichen Entscheidungen Vollstreckungstitel dar, wenn sie keine aufschiebende Wirkung haben. Eine Zwangsvollstreckung ist hiernach zulässig, wenn gegen eine Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt wird oder bei Durchführung des Rechtsmittelverfahrens keine aufschiebende Wirkung eintritt. Die Entscheidungen brauchen nicht rechtskräftig zu sein. Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung stellt eine Ausnahme dar. Er ist im SGG für Einzelfälle bei der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens angeordnet (vgl. §§ 154, 165, 175 SGG).
Die Beklagte hat Berufung eingelegt (§ 143 SGG). Dies bewirkt aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a SGG Aufschub bewirkt (§ 154 Abs. 1 SGG). Klagen i.S.d. § 86a SGG sind nur isolierte Anfechtungsklagen, weil der Anwendungsbereich des § 154 Abs. 1 SGG hierauf beschränkt ist (Landessozialgericht (LSG) Bayern, Beschluss vom 16.12.2004 - L 18 SB 132/04 -; Keller in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 154 Rn. 2), denn diese Rechtsschutzform hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, entfaltet ihre Gestaltungswirkung vielmehr ohne Vollstreckung aus sich heraus (Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 154 Rn. 3). Der Kläger hat in der Hauptsache eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), so dass § 154 Abs. 1 SGG nicht greift. Die Regelung des § 154 Abs. 2 SGG steht dem Antrag nicht entgegen. Hiernach bewirkt die Berufung eines Versicherungsträgers Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlass des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen. Darum geht es hier nicht. Der Kläger beantragt, ihn mit einer Beinprothese des Typs "Genium" der Firma Ottobock zu versorgen.
2. Der Antrag ist begründet.
a) Umstritten ist, nach Maßgabe welcher Kriterien die Entscheidung nach § 199 Abs. 2 SGG zu treffen ist.
aa) Nach überwiegender Auffassung ist eine Interessen- und Folgenabwägung vorzunehmen (Bundessozialgericht (BSG), Beschlüsse vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R - und 26.11.1991 - 1 RR 10/91 -; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 199 Rn 8 m.w.N.; Erkelenz in Jansen, a.a.O., § 199 Rn. 20 m.w.N.). Abzuwägen sind die Folgen, die eintreten, wenn der Vollstreckungsaussetzungsantrag abgelehnt, das Urteil anschließend aber aufgehoben wird, gegenüber den Folgen, die eintreten, wenn dem Vollstreckungsaussetzungsantrag stattgegeben, die Berufung später aber zurückgewiesen wird. Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Vollstreckbarkeit von nicht rechtskräftigen Entscheidungen ein Ausnahmefall von der Grundregel darstellt, wobei ein obsiegender Beteiligter ein gesetzlich geschütztes Interesse hat, die ihm zustehenden Leistungen umfassend und zügig zu erhalten (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch; vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 -). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgt, wenn der Vollstreckungsschuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil erleiden würde und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers nicht entgegensteht (BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 -; LSG Bayern, Beschluss vom 27.05.2009 - L 18 R 178/09 ER -; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -).
bb) Im Rahmen der Abwägung ist der in § 154 Abs. 2 SGG zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten, wonach Berufungen in der Regel keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der für die Zeit nach Erlass des Urteils zu zahlenden Beträge haben sollen. Eine Aussetzung sei daher nur in Ausnahmefällen möglich (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.02.2017 - L 5 AR 3/17 KR ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 10.05.2010 - L 14 R 880/09 ER -; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 199 Rn 8a; Erkelenz, a.a.O., § 199 Rn. 20). Der Gesetzgeber habe ausdrücklich eine Regelung zur Vollstreckung in § 154 Abs. 2 SGG getroffen und dabei auch das generelle Interesse des Leistungsträgers berücksichtigt, Leistungen erst bei endgültiger Klärung der Sach- und Rechtslage zu erbringen, indem nur die aufschiebende Wirkung der Berufung für Beträge, die für die Zeit vor Erlass des Urteils zu zahlen sind, angenommen wurde. Eine Aussetzung kommt danach z.B. nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel offensichtlich Erfolg hat (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.02.2017 - L 5 AR 3/17 KR ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 28.04.2009 - L 20 R 299/09 ER -).
Abweichend wird vertreten, eine Aussetzung der Vollstreckung könne auch angeordnet werden, wenn es überwiegend wahrscheinlich sei, dass der Vollstreckungsschuldner mit seinem Rechtsmittel in wesentlichem Umfang Erfolg haben werde (LSG Bayern, Beschluss vom 20.04.2009 - L 13 R 57/09 ER -; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -). Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels nicht überschaubar, kommt es auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Ausspruchs an. Dazu gehört auch die Aussicht des Leistungsträgers, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die gewährten Leistungen zurückzuerhalten (LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26.01.2006 - L 8 AS 403/06 ER - und 27.04.2007 - L 8 AS 1503/07 ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 13.11.2008 - L 18 U 392/08 ER -). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles, die vom Vollstreckungsschuldner konkret und glaubhaft vorzutragen sind (LSG Bayern, Beschluss vom 27.05.2009 - L 18 R 178/09 ER -). cc) Teils wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Entscheidung nach § 199 Abs. 2 SGG um eine gebundene Entscheidung handelt (BSG, Urteil vom 09.08.1999 - B 4 RA 25/98 B -; offen gelassen von LSG Bayern, Beschlüsse vom 15.05.2009 - L 2 U 60/09 ER -, 08.02.2006 - L 10 AS 17/06 ER - und 29.08.2005 - L 13 KN 6/05 ER -). Dies wird damit begründet, dass § 199 Abs. 2 SGG keine Regelungen darüber enthalte, unter welchen Voraussetzungen die Aussetzung der Zwangsvollstreckung bei Rechtsmitteln zu erfolgen habe. Deshalb sei auf §§ 719, 707 Zivilprozessordnung (ZPO) zurückzugreifen. Dies folge aus der in § 198 Abs. 1 SGG angeordneten entsprechenden Anwendung des Achten Buches der ZPO. Nach §§ 719, 707 ZPO ordnet das Gericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde; und zwar gegebenenfalls auch dann, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers dem entgegensteht (hierzu Erkelenz, a.a.O., § 199 Rn. 21).
Dem folgt der Senat nicht. Nach § 198 Abs. 1 SGG gelten für die Vollstreckung die Vorschriften des Achten Buches der ZPO entsprechend, soweit sich aus dem SGG nichts anderes ergibt. Letzteres ist der Fall. Zutreffend ist zwar, dass § 199 Abs. 2 SGG keine Kriterien für die Entscheidung des Gerichts festlegt. Indes ist dies keine Sonderheit. Eine vergleichbare Situation ergibt sich für § 86a Abs. 2 SGG bzw. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Auch dort sind die Abwägungsmaßstäbe nicht genannt (hierzu Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Auflage, 2017, § 23 Rn. 126). Dies bewirkt indes nur, dass auf vergleichbare Regelungen des SGG zurückgegriffen werden kann (z.B. von § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG auf § 86b SGG und von § 86b Abs.1 Nr. 2 SGG auf § 86b Abs. 2 SGG; hierzu Hommel in Peters/Sautter/Wolf, SGG, 4. Auflage, 78. Lfg., 9/2004, § 86b Rn. 35). Einer Anwendung der §§ 719, 707 ZPO bedarf es nicht (hierzu schon Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -).
b) Der Senat entscheidet nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Hauptsache. Ob ein Ausnahmefall nur anzunehmen ist, wenn das Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg, oder eine Aussetzung auch erfolgen kann, wenn ein Erfolg der Berufung überwiegend wahrscheinlich erscheint, kann hier dahinstehen. Zu entscheiden ist auf der Grundlage präsenter Beweismittel (Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -). Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag. Die Beteiligten haben die für ihre Interessen bedeutsamen Umstände vorzutragen und glaubhaft zu machen. Eine weitere Sachaufklärung scheidet insoweit aus (Senat, Beschlüsse vom 02.03.2016 - L 11 SF 75/16 ER -, 28.06.2013 - L 11 SF 74/13 ER - und 12.06.2012 - L 11 SF 181/12 ER -; Erkelenz, a.a.O., § 199 Rn. 22). Danach hat das Rechtsmittel schon dann offensichtlich Erfolg, wenn das Sozialgericht (SG) gegen seine Pflicht verstoßen hat, den entscheidungserheblichen Sachverhalt umfassen aufzuklären. So liegt es hier.
Das SG hat seine Entscheidung wesentlich auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. B (Gutachten vom 19.03.2016 und ergänzende Stellungnahme vom 21.01.2017) gestützt (Urteilsumdruck S. 6 f.). Es hat ausgeführt (vorsorgliche Anmerkung: Das Zitat ist wortgetreu; die grammatikalischen und orthographischen Fehler entsprechen dem Original):
"( ...) Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, wenn die Genium-Prothese zum Behinderungsausgleich erforderlich und individuell geeignet ist. Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen. Auch die im Januar 2016 erfolgte Neuversorgung des Klägers mit einer C-Leg -4 Prothese der Firma Otto Bock wird dem Anspruch des Klägers auf den erforderlichen und nach dem Stand der Medizintechnik möglichen Behinderungsausgleich nicht gerecht. Solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig erreicht ist im Sinne eines gleichziehen mit einem gesunden Menschen, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgung Standard sei ausreichend. Allerdings muss das begehrte Hilfsmittel gegenüber der bisherigen Versorgung deutlicher Gebrauchsvorteile aufweisen, die der Versicherte auch nutzen können muss. Somit hängt der Gebrauchsvorteil auch maßgebend von den körperlichen und geistigen Voraussetzungen des Prothesenträgers und seiner persönlichen Lebensgestaltung ab die Versorgung mit einer solchen Prothese kann nur derjenige beanspruchen, der nach ärztlicher Einschätzung im Alltagsleben dadurch deutlicher Gebrauchsvorteile hat. Dies hat der Sachverständige Dr. C seinem Gutachten und letztlich auch in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt. Zwar hat er festgestellt das die bisherige Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zum Beispiel in dem Gutachten von Dr. C1 nicht mit der im Rahmen seiner Untersuchung vom Kläger demonstrierten Leistungsfähigkeit übereinstimmt. Ausweislich der Untersuchung des Klägers sei er dennoch als sogenannter uneingeschränkter Außenbereichsgeher zu bezeichnen. Er besitze ausweislich der Untersuchung die Fähigkeit, mit der Prothese in einer geringen bis mittleren Geschwindigkeit zu gehen. Die meisten Umwelthindernisse würden für ihn kein Problem darstellen. Gehstrecke und gehe Dauer wird sich kaum von der eines nicht Amputierten in gleicher allgemeiner körperlicher Verfassung unterscheiden. Dennoch sei das seit etwa 2012 verfügbare Genium Knie eine Weiterentwicklung, die erhebliche Vorteile aufweise. Diese könne der Kläger aus seiner Sicht auch vollständig nutzen. Durch die gehendem Prothese würde auf jeden Fall eine zusätzliche Sicherheit beim gehen und stehen erreicht. Die Geniumprothese spiegele den derzeitigen Stand der Technik in der Prothesenversorgung wieder und könne im vorliegenden Fall die durch die Amputation des Oberschenkels eingetretene Behinderung bestmöglich ausgleichen. In seiner ergänzenden Stellungnahme führte Dr. C2, dass dies auch im Vergleich zu der C-Leg-4 Prothese gelte, mit der der Kläger zwischenzeitlich versorgt wurde. Die Kammer hält das Sachverständigengutachten nachvollziehbar und überzeugend und legt es der Entscheidung zu Grunde. ( ...)".
Diese Begründung nimmt die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C3 selektiv auf. Der Sachverständige hat entgegen dem SG gerade nicht dargelegt, "die Geniumprothese spiegele den derzeitigen Stand der Technik in der Prothesenversorgung wieder und könne im vorliegenden Fall die durch die Amputation des Oberschenkels eingetretene Behinderung bestmöglich ausgleichen." Er hat vielmehr ausgeführt (gutachterliche Stellungnahme vom 21.02.2017): "In der Gesamtschau darf man feststellen, dass die Behinderung des Klägers durch die Oberschenkeloperation mit der jetzigen C-Leg-4-Prothese durchaus sehr gut ausgeglichen ist. Die derzeit wohl bestmögliche Versorgung, nämlich mit einer Genium-Prothese, macht jedoch im vorliegende Fall nur dann Sinn, wenn man gleichzeitig feststellt, dass der Kläger auch in der Lage ist, diese Vorteile voll auszunutzen." Will das SG dem Sachverständigen folgen, hätte es sich zunächst mit den von ihm formulierten Prämissen auseinandersetzen müssen, um sodann die nötigen tatsächlichen Feststellungen zu treffen. Das ist nicht geschehen. Das SG hat seine Entscheidung auf einen virtuellen Sachverhalt gestützt. Ausgehend vom derzeitigen Sachstand muss die Berufung offenkundig Erfolg haben. Die Anspruchsvoraussetzungen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) sind - derzeit - nicht nachgewiesen. Die objektive Beweislast liegt beim Kläger. Ob und inwieweit der Senat die unterlassene Sachaufklärung nachholt oder den Rechtsstreit an das SG zurückverweist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), ist insoweit unerheblich. Gegenläufige Partikularinteressen sind nicht ersichtlich. Ausweislich der Auffassung des Sachverständigen ist die Oberschenkelamputation des Klägers mit der C-Leg-4-Prothese "durchaus sehr gut ausgeglichen". Pekuniäre Interessen sind nicht ersichtlich und nicht dargetan. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Das Verfahren ist ein eigenständiges Verfahren, welches sogar der Prozesskostenhilfe zugänglich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.08.2016 - 1 BvR 380/16 -). Daher ist eine Kostenentscheidung zu treffen (hierzu LSG Bayern, Beschluss vom 10.03.2017 - L 5 KR 141/17 ER -).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Er kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
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