Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 17 R 224/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 138/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RE 7/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
ZVW ans LSG, Az.: L 1 KR 1/17 ZVW
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 7. Oktober 2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid der Beklagten vom 12. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 aufgehoben wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als Selbstständiger der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.
Der 1963 geborene Kläger war ausweislich der Kontoübersicht der Beklagten erstmalig im Jahr 1983 und - nach seinem Studium - zuletzt vom 1. November 1990 bis 31. Januar 1991 abhängig beschäftigt. Ferner ist der Kontoübersicht zu entnehmen, dass nach einem Aufklärungsersuchen der Beklagten vom Dezember 2005 im Hinblick auf die Ausstellung eines Versicherungsverlaufs und einer Erinnerung des Klägers die Beklagte am 3. August 2006 ein Bescheid gegenüber dem Kläger erließ.
Der Kläger ist seit 1993 als Versicherungsvermittler für die D. Finanz Beratungs- und Vermittlungs AG in D-Stadt tätig. Dort fand am 12. September 2011 eine Betriebsprüfung durch die Beklagte statt. Im Rahmen dieser Prüfung wurde der Beklagten eine Namens- und Adressenliste aller Versicherungsvermittler übermittelt.
Mit Schreiben vom 28. November 2011 wandte die Beklagte sich (unter der Adresse in E-Stadt) an den Kläger im Hinblick auf eine Prüfung seiner Versicherungspflicht als selbstständig tätiger Handelsvertreter. Trotz Erinnerung durch die Beklagte erfolgte keine Rückmeldung seitens des Klägers.
Mit Bescheid vom 5. März 2012 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und die Verpflichtung zur Zahlung des Regelbeitrags ab dem 28. Juni 2011 fest. Er beschäftige im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und sei auf Dauer im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Sie forderte eine Zahlung in Höhe von rückständigen Beiträgen ab dem 28. Juni 2011 in Höhe von 4.645,05 EUR und laufende Beiträge ab dem 1. April 2012 in Höhe von monatlich 514,50 EUR.
Am 17. April 2012 erließ die Beklagte einen weiteren Beitragsbescheid und setzte zusätzlich zu den bereits mit Bescheid vom 5. März 2012 festgesetzten Beiträgen - Säumniszuschläge für die Zeit vom 26. Juni 2011 bis 31. März 2012 in Höhe von 4.877,05 EUR fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Er verwies darauf, dass die Beklagte die Adresse seiner Eltern genutzt habe, unter welcher er seit dem Jahr 1987 nicht mehr lebe. Er habe nach seinem Studium im Jahr 1993 eine selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter aufgenommen und vermittle seitdem Versicherungen. Dies habe er der Bundesanstalt für Angestellte (BfA) mitgeteilt. Ferner habe er darüber informiert, dass er sich privat gegen Berufsunfähigkeit absichere und für das Alter vorsorge. Er habe sich auch nach den Gesetzesänderungen im Jahr 1998 erneut bei der Beklagten gemeldet, von dieser jedoch nie etwas gehört. Er sei immer davon ausgegangen, dass er wirksam von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Die entsprechenden Unterlagen lägen ihm nicht mehr vor.
Mit Bescheid vom 5. Juni 2012 hob die Beklagte "die Forderungsbescheide vom 17. April 2012" sowie die darauffolgenden Mahnungen auf.
Am 9. Juli 2012 schrieb die Beklagte den Kläger (unter der aktuellen Adresse in A-Stadt) erneut wegen seiner selbstständigen Tätigkeit und der Versicherungspflicht an. Trotz Erinnerung reagierte der Kläger nicht.
Mit Bescheid vom 12. September 2012 stellte daraufhin die Beklagte das Vorliegen von Versicherungspflicht ab dem 1. Januar 1999 gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI fest. Der Kläger habe ab dem 1. Januar 2008 den Regelbeitrag zu zahlen. Ferner forderte sie einen rückständigen Beitrag in Höhe von 28.785,30 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. September 2012 und einen laufenden Beitrag in Höhe von 514,50 EUR ab dem 1. Oktober 2012.
Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 Widerspruch ein und verwies erneut darauf, dass er seinerzeit einen Antrag auf Befreiung gestellt habe, über welchen die Beklagte nicht entschieden habe. Er sei davon ausgegangen, dass er damit wirksam von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Ferner sei zwar richtig, dass er nur für einen Auftraggeber tätig sei, er arbeite jedoch selbstständig und sei in keiner Weise abhängig. Es sei seine unternehmerische Entscheidung, dass er nur für einen Auftraggeber tätig sei.
Am 8. Januar 2013 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht. Er sei seit dem Jahre 1993 als Versicherungsvermittler selbstständig tätig und erziele regelmäßig ein Einkommen über 400 EUR monatlich. Er habe eine private Vorsorge abgeschlossen. Ferner habe er Grundvermögen im Wert von ca. 120.000 EUR, auf welche noch Schulden in Höhe von ca. 40.000 EUR lasteten. Zudem habe er ein Finanzvermögen in Höhe von ca. 40.000 EUR. Er legte Unterlagen über private Lebensversicherungen vor. Mit Bescheid vom 25. Januar 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab und verwies den Kläger darauf, dass die Versicherungspflicht bereits am 1. Januar 1999 eingetreten sei. Der Antrag hätte gemäß § 231 Abs. 5 SGB VI binnen Jahresfrist und daher bis zum 31. März 1999 gestellt werden müssen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies darauf, dass er seinerzeit einen Antrag gestellt habe. Dieser Antrag sei unbearbeitet geblieben. Dies sei nicht sein Verschulden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12. September 2012 zurück und verwies darauf, dass ein früherer Befreiungsantrag nicht vorliege. Die Befreiung sei zu Recht abgelehnt worden, so dass Versicherungspflicht vorliege. Die Bescheide vom 12. September 2012 und 25. Januar 2013 seien nicht zu beanstanden.
Am 23. Mai 2013 erließ die Beklagte einen weiteren Beitragsbescheid und setzte Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2013 fest (Gesamtforderung 42.846,37 EUR).
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Er verwies darauf, dass er im Jahre 1998 einen Befreiungsantrag gestellt habe. Er habe eine private Rentenversicherung und eine private Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz abgeschlossen. Er erziele seit dem Jahr 2009 nur noch geringere Umsätze, da er seine schwer kranke und voll erwerbsunfähige Frau pflege. Letztlich bestehe noch ein Darlehen für die gemeinsam bewohnte Immobilie in Höhe von 85.000 EUR. Er sei auch nicht in der Lage, die geforderten Rentenbeiträge ratenweise zu zahlen.
Mit Bescheid vom 5. Juni 2013 nahm die Beklagte den Bescheid vom 23. Mai 2013 hinsichtlich der geforderten Säumniszuschläge zurück. Ferner setzte sie das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens aus.
Am 3. Juni 2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Gießen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2013 erhoben und einen Eilantrag gestellt (S 19 R 223/13 ER). Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er private Vorsorge betreibe. Ferner habe er mit Gesellschaftsvertrag vom 27. Februar 1996 zum 27. Januar 1997 die F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt mitgegründet. Er halte 25 % des Stammkapitals. Vom 18. Juni 1997 bis Mai 2008 sei er Geschäftsführer dieser GmbH (seit 19. September 1997 alleiniger Geschäftsführer) gewesen. Er habe einen Monatslohn von 8.000 DM bezogen (§ 5 des Geschäftsführervertrages vom 18. Juni 1997). Diese GmbH habe im Mai 2008 wegen Zahlungsschwierigkeiten ihre geschäftlichen Aktivitäten eingestellt. Er sei dann bis Mai 2012 - dem Zeitpunkt der Löschung der GmbH - als Liquidator tätig gewesen. Es sei hiernach selbstständig sowohl für die G. Versicherung als auch die D. Finanz AG tätig gewesen. Er hat eine Courtage-Zusage der G. von 1997, eine Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 für eine Mitarbeiterin und Nachweis der GmbH für die Jahre 2005 bis 2008 vorgelegt. Zudem ist er der Auffassung, dass der Widerspruchsbescheid mangels eigenhändiger Unterschrift nichtig sei.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass die selbstständige Tätigkeit für einen Auftraggeber auch im Rahmen einer gesellschaftlichen Verbindung ausgeübt werden könne. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages sei daher nicht maßgeblich. Der Kläger sei ausweislich der von ihm vorgelegten Nachweise zu 83,33 % für die D.versicherung tätig gewesen. Abrechnungen aus dem Jahr 2001 bzw. von Mitarbeitern aus dem Jahr 2002 seien nicht relevant, da die Beiträge aus dem Jahr 2002 schon verjährt seien. Der Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2013 beziehe sich aufgrund der Bezugnahme am Ende des Bescheides auch auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Januar 2013.
Mit Urteil vom 7. Oktober 2014 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 insoweit aufgehoben, als eine Beitragspflicht des Klägers von Januar bis Mai 2008 festgestellt worden sei. Im Übrigen hat sie die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid sei formell rechtmäßig. Das Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift der Mitglieder des Widerspruchsausschusses begründe keinen Formfehler. Gemäß § 33 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) könne ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. § 85 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ordne als Sonderregelung hierzu an, dass ein Widerspruchsbescheid schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben sei. Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt müsse die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Wiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten, § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Der Widerspruchsbescheid sei schriftlich erlassen worden, lasse als Absender ohne Weiteres die erlassende Behörde erkennen und gebe auf Seite drei auch die Namen der Mitglieder des Widerspruchsausschusses, welche die Entscheidung über den Widerspruch des Klägers getroffen hätten, und damit auch den Namen des Mitarbeiters, welcher als Vertreter des Direktoriums der Beklagten an der Entscheidung beteiligt gewesen sei, wieder. Ausweislich des Wortlauts des § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestünden Unterschrift und Wiedergabe in einem Alternativverhältnis und sollten gewährleisten, dass für den Empfänger nachvollziehbar sei, wer verantwortlicher Urheber der betroffenen Entscheidung sei. Die Namenswiedergabe müsse denjenigen bezeichnen, der für das Ergebnis des behördeninternen Entscheidungsprozesses und damit für den Erlass des schriftlichen Verwaltungsaktes die Verantwortung trage. Dies sei vorliegend der Fall. Eine Beglaubigung der Wiedergabe sei nicht erforderlich. Selbst wenn ein Verstoß gegen § 33 Abs. 3 SGB X bestünde, so wäre der Bescheid nach § 42 SGB X nicht aufzuheben. Hiernach könne die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig sei, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die Zuständigkeit zu Stande gekommen sei, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben. Wie aus der Akte der Beklagten zu entnehmen sei, hätten die Mitglieder des Widerspruchsausschusses der Beklagten den Widerspruch bereits in ihrer Sitzung vom 18. April 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Es sei daher offensichtlich, dass die endgültige Form des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 auf die Entscheidung des Widerspruchsausschusses, welcher bereits zuvor getroffen worden sei, keinen Einfluss gehabt habe. Nichtigkeit des Widerspruchsbescheids gemäß § 40 SGB X liege ebenfalls nicht vor. Der Bescheid vom 12. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 sei auch materiell rechtmäßig. Der Kläger sei in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis Mai 2008 als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer rentenversicherungspflichtig gewesen, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Der Kläger habe 1996 gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaftern die F. Finanzberatungs GmbH B Stadt mit dem Geschäftszweck der Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen gegründet. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages habe der Kläger über keine beherrschende Position verfügt. Er habe gesellschaftsrechtlich die Geschicke der GmbH nicht alleine bestimmen können. Insbesondere habe er nicht über eine Sperrminorität verfügt. Dies habe sich auch nicht mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters im Jahr 2001 geändert. Daher sei er als Geschäftsführer abhängig beschäftigt gewesen. Mit Einstellung der Tätigkeit der GmbH im Mai 2008 habe die Versicherungspflicht als Versicherungsmakler nicht mehr auf eine abhängige Beschäftigung gegründet. Rechtsgrundlage für die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit sei sodann § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gewesen. Der Kläger übe seit 2008 eine Tätigkeit als Versicherungsmakler aus, ohne ein weiteres Arbeitsverhältnis bezüglich dieser Tätigkeit eingegangen zu sein. Dass er zunächst noch weiterhin als Liquidator für die GmbH tätig gewesen sei, sei irrelevant. Er sei auch ausschließlich für einen Auftraggeber tätig gewesen, nämlich die D. Finanzberatungs- und Vermittlung AG. Er habe keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen sich etwas anderes ergebe. Da der Kläger in seiner selbstständigen Tätigkeit zudem keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, seien alle Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erfüllt. Der Kläger habe die Tätigkeit mehr als nur geringfügig ausgeübt und übe sie auch weiterhin aus. Der Kläger sei auch nicht von der Versicherungspflicht als Selbstständiger zu befreien. Gemäß § 231 Abs. 5 SGB VI könne unter bestimmten Voraussetzungen zwar eine Befreiung der Versicherungspflicht erfolgen. Dies setze jedoch voraus, dass am 31. Dezember 1998 eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Tätigkeit als Selbstständiger erst im Jahr 2008 begonnen habe. Darüber hinaus hätte der Kläger bis zum 30. Juni 2000 einen Befreiungseintrag stellen müssen, § 231 Abs. 5 SGB VI. Der Kläger habe jedoch ausweislich der Verwaltungsakte einen Befreiungsantrag erstmals am 8. Januar 2013 gestellt. Soweit er eine frühere Antragstellung behaupte, habe er dies nicht nachweisen können. Er habe keine Kopie des Antrags oder der Nachfrage zur Bearbeitung des Antrags bei der Beklagten oder Sendenachweise vorgelegt. Mithin bestünden keinerlei objektivierbare Anhaltspunkte für die behauptete Antragstellung. Auch im Zusammenhang des Konten-Aufklärungsverfahrens im Jahr 2006 habe der Kläger keine Nachfragen zu seinem Status und einer Befreiung angebracht. Das Gericht habe sich daher nicht davon überzeugen können, dass der Kläger schon zu einem früheren Zeitpunkt einen Befreiungsantrag gestellt habe. Der Kläger trage für eine frühere Antragstellung die Beweislast. Er sei auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte er den Antrag rechtzeitig gestellt. Denn es sei weder ein Beratungsfehler der Beklagten ersichtlich, noch könne ein solcher ursächlich geworden sein. Denn der Kläger trage selbst vor, dass er Kenntnis vom Versicherungspflichttatbestand gehabt habe. Ebenso scheide eine Befreiung nach § 6 Abs. 1a SGB VI wegen Fristversäumnis aus, da der Befreiungsantrag aus dem Jahr 2013 nicht innerhalb der ersten zwei Jahre nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gestellt worden sei. Der Bescheid vom 12. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 sei aber insoweit aufzuheben, als der Kläger zur Beitragszahlung im Zeitraum von Januar bis Mai 2008 verpflichtet worden sei. Die Pflicht zur Zahlung und Tragung der Beiträge als Selbstständiger ergebe sich aus den §§ 169 Nr. 1 und 173 SGB VI. Als Arbeitnehmer sei der Kläger jedoch nicht verpflichtet, die Beiträge zur Rentenversicherung selbst abzuführen. Diese würden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Arbeitgeber gezahlt (§§ 28d, 28e Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV) und könnten bei Arbeitnehmern nur durch Lohnabzug geltend gemacht werden (§ 28g Satz 2 und 3 SGB IV).
Der Kläger hat gegen das ihm am 7. November 2014 zugestellte Urteil am 8. Dezember 2014 (einem Montag) vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung erneut auf den Mangel der Schriftform des Widerspruchsbescheids hingewiesen. § 33 SGB X finde keine Anwendung, da diese Norm durch die Spezialvorschrift des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG verdrängt werde. Die Unterschrift diene auch nicht nur der Sicherstellung der Urheberschaft. Vielmehr solle diese zugleich Aufschluss darüber geben, dass es sich bei dem Widerspruchsbescheid um die getroffene Entscheidung und nicht lediglich um einen Entwurf handele. Darüber hinaus sei das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger als Geschäftsführer der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt keine beherrschende Position innegehabt habe. In § 7 Abs. 10 des Gesellschaftsvertrages sei geregelt, dass die Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit einer Einstimmigkeit aller Gesellschafter beschließt. Dies bedeute, dass der Kläger regelmäßig trotz einer Stammeinlage von lediglich 25 % jeden Beschluss hätte verhindern können, insbesondere seine Abberufung als Geschäftsführer. Er sei demnach nicht abhängig beschäftigt gewesen, so dass er durchaus einen Befreiungsantrag hätte stellen können. Dass ein solcher der Beklagten nicht vorliege, sei nicht feststellbar, weil diese den diesbezüglichen Aktenbestand offensichtlich vernichtet habe. Im erstinstanzlichen Verfahren habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Juli 2013 erklärt, über keine weiteren Aktenteile zu verfügen. Mithin habe sie für den Zeitraum vor dem Jahr 2011 die Akten des Klägers vernichtet. Damit liege ein Fall der Beweisvereitelung vor, auf dessen Folgen der Kläger das Sozialgericht hingewiesen habe. Es sei unzutreffend, dass der Kläger in Bezug auf das Kontoklärungsverfahren untätig geblieben sei. Vielmehr habe die Beklagte nach wie vor die seit vielen Jahren nicht mehr gültige Adresse des Klägers verwendet, um diesen zu erreichen. Er sei also lediglich über seine Eltern informiert worden und das zu einer Zeit, als seine Frau mit ihrer Krebserkrankung habe kämpfen müssen. Gleichwohl habe er sich im August 2006 mehrfach telefonisch an die Beklagte gewandt, ohne dass seine Sicht über die Versicherungsfreiheit in Frage gestellt worden wäre. Allerdings könne die Dokumentation dieser Telefonate aufgrund des vernichteten Aktenbestandes ebenfalls nicht mehr der Behördenakte entnommen werden. Da das Kontenklärungsverfahren im Jahr 2006 vor dem Sozialgericht erst im Urteil thematisiert worden sei, habe sich der Kläger im Vorfeld nicht gehalten gesehen, entsprechende Nachweise über erfolgte Telefonate beizubringen. Er verweist auf die nunmehr vorgelegten Einzelverbindungsnachweise (Bl. 144 der Akte). Ferner habe durchaus eine Beratungspflicht im Hinblick auf Fristen bestanden. Auch eine Spontanberatung sei insbesondere mit Beendigung der Geschäftsführertätigkeit unter Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Versicherungsmakler im Jahre 2008 angezeigt gewesen. Für diesen Zeitpunkt sei aber ebenfalls keine Beratung durch die Beklagte erkennbar. Weiterhin sei fraglich, ob das Sozialgericht überhaupt über den Bescheid vom 25. Januar 2013 habe entscheiden dürfen. Insoweit sei das Widerspruchsverfahren nämlich nicht klar beendet worden. Der Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides laute nämlich, dass der Widerspruchsbescheid gegen den Bescheid vom 12. September 2012 geprüft worden sei und insoweit die Entscheidung ergehe, dass der Widerspruch zurückgewiesen werde. Der Bescheid vom 25. Januar 2013 finde hierbei keine Erwähnung. Lediglich im Rahmen der Begründung werde er angeführt. Die Begründung als solche stelle jedoch nicht die behördliche Entscheidung dar, sondern diene allein der Erläuterung der im Verfügungssatz getroffenen Entscheidung. Es verwundere auch, dass das Sozialgericht den Bescheid vom 25. Januar 2013 für zutreffend erachtet habe, obwohl in diesem Fall von einer Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab dem 1. Januar 1999 ausgegangen werde, das Sozialgericht hingegen eine abhängige Beschäftigung angenommen habe. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2014 habe die Beklagte die früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers angeschrieben, obwohl der Beklagten bekannt sei, dass das diesbezügliche Mandatsverhältnis beendet worden sei. Damit habe die Beklagte einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie die Angelegenheit des Klägers nicht mit der gebotenen Sorgfalt bearbeite. Der Kläger habe sich wegen seines Versicherungsstatus mehrfach mit der Beklagten in Verbindung gesetzt. Über diese Telefonate lägen keine Gesprächsvermerke in der Akte vor, obwohl mit dem vorgelegten Einzelverbindungsnachweis der telefonische Kontakt erwiesen sei. Offensichtlich sei die Aktenführung der Beklagten lückenhaft. Die Beklagte habe entgegen ihrer Aufbewahrungsfristen Aktenteile vernichtet oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß verwahrt. Damit habe sie dem Kläger die Nachweisführung der Antragstellung unmöglich gemacht. Ferner falle auf, dass sich die Beklagte mit der gerügten Beratungspflichtverletzung nicht auseinandergesetzt habe. Die Beklagte müsse deshalb die Ergebnisse der Betriebsprüfung bei der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt offen legen. Sollte sich hieraus ergeben, dass der Versicherungsstatus des Klägers akzeptiert worden sei, wäre dies ebenfalls für den Umfang der Beratungspflicht der Beklagten relevant. Für die Dauer der Tätigkeit des Klägers bei der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt komme es entscheidend auf das Ergebnis der Betriebsprüfung an. Zwar begründe das Ergebnis grundsätzlich keinen Vertrauensschutz. Vorliegend sei jedoch aufgrund der Unternehmensgröße davon auszugehen, dass gerade der Versicherungsstatus des Klägers geprüft worden sei, weshalb dann auch dieses Prüfergebnis Vertrauensschutz begründe. Da die Akte der Beklagten nachweislich unvollständig sei, sei eine Beweisführung für den Kläger nicht möglich. Dass der Befreiungsantrag des Klägers nicht eingegangen sein soll, lasse sich jedenfalls mit der Behördenakte nicht beweisen. Da Beweisvereitelung vorliege, bestehe eine Beweislastumkehrung. Die Beklagte müsse sich folglich so behandeln lassen, als wäre die Beweisführung gelungen. Die Telefonate im Jahr 2006 seien durchaus von Bedeutung. Denn mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006 sei in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ein zweiter Halbsatz eingeführt worden, der eine Rechtsänderung zur Folge gehabt habe. Es sei nämlich fraglich, ob diese Norm überhaupt zur Anwendung habe kommen können, da diese Vorschrift - anders als § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI - keine Regelung für Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit enthalten habe. Zum Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer habe dieser davon ausgehen dürfen, dass er keiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Durch die Änderung im Jahr 2006 hätte die Beklagte den Kläger in den geführten Telefonaten auf diese Umstände hinweisen müssen, was nicht geschehen sei. In diesem Fall hätte der Kläger noch von der Befreiungsmöglichkeit nach § 231 Abs. 5 SGB VI Gebrauch machen können, weil die Jahresfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als im Mai 2008 mit der Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer auch der Anknüpfungstatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI nicht mehr gegeben gewesen sei. Für die Dauer der Existenz der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt könne der Kläger nicht Beitragsschuldner sein, weil er als Arbeitnehmer zu behandeln sei. Sollte dieser Auffassung nicht gefolgt werden, entfalle die Beitragspflicht des Klägers vor dem Hintergrund der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit zum Mai 2008. Er sei seit diesem Zeitpunkt nur noch als Liquidator der GmbH tätig gewesen. Als Liquidator könne keine Versicherungspflicht angenommen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 7. Oktober 2014 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 12. September 2012 und 25. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 abzuändern und festzustellen, dass der Kläger von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Ausführungen im Urteil betreffend einer abhängigen Beschäftigung bis Mai 2008 nicht zuträfen. Aufgrund des Einstimmigkeitserfordernisses bei der Beschlussfassung habe der Kläger eine umfassende Sperrminorität und damit die Rechtsmacht in der GmbH gehabt. Dies schließe eine abhängige Beschäftigung aus. Die Beklagte sei aber auch nicht von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen. Im Übrigen hält sie das angegriffene Urteil für zutreffend. Selbst wenn in den Jahren 2005/2006 in einem Kontenklärungsverfahren in einem Telefongespräch oder bei der Betriebsprüfung die Selbstständigkeit thematisiert worden sei, wäre zum damaligen Zeitpunkt eine Befreiung nicht mehr möglich gewesen. Die Frist sei längst abgelaufen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne da nicht helfen. Eine gedachte Falschberatung im Jahr 2006 könnte keine damals längst abgelaufene Befreiungsfrist neu eröffnen. Mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könnte hier allenfalls begehrt werden, dass die Verjährung für die Beiträge für die Jahre 2002 bis 2007 aufgehoben werden, was aber wohl nicht gewünscht werde.
Die Berichterstatterin hat am 2. Juli 2015 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, §§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Kläger in der Zeit von Januar bis Mai 2008 nicht abhängig beschäftigt gewesen. Der Kläger hatte – wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat – in dieser Zeit eine durch § 7 Abs. 10 Gesellschaftsvertrag geregelte umfassende Sperrminorität und damit die Rechtsmacht in der GmbH gehabt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Das Urteil war daher insoweit aufzuheben.
Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht insoweit die Klage abgewiesen. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts wird Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass auch nach Vorlage der Einzelverbindungsnachweise nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger bereits im Jahre 2006 einen Befreiungsantrag gestellt hat. Insoweit ist festzustellen, dass es zu diesem Zeitpunkt für den Kläger keinen Anlass für einen entsprechenden Antrag gegeben hat. Der Bescheid vom 3. August 2006 enthielt keine Angaben zur Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvermittler. Die Beklagte ist erst durch die Betriebsprüfung im Jahre 2011 auf die versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers aufmerksam geworden. Im Übrigen belegen die Einzelverbindungsnachweise nicht, worüber die Gesprächspartner gesprochen haben. Soweit der Kläger auf die rückwirkende Gesetzesänderung zum 1. Juli 2006 verweist, ist festzustellen, dass hiermit eine Klarstellung für die Gesellschafter-Geschäftsführer eingeführt worden ist, § 2 Satz 1 Nr. 9 b) 2. Halbsatz SGB VI. Diese sollte jedoch lediglich verhindern, dass bei der Beurteilung der Versicherungspflicht der Gesellschafter-Geschäftsführer auch die Auftraggeber der GmbH mitgezählt werden. Andernfalls wären unzählige Gesellschafter-Geschäftsführer versicherungspflichtig und beitragsnachzahlungspflichtig geworden, was die Existenz vieler mittelständiger Unternehmen gefährdet hätte (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI K § 2 Rn. 85). Eine Beratungspflicht der Beklagten resultierte aus dieser Gesetzesänderung entgegen der Auffassung des Klägers ebenso wenig, wie aufgrund der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers. Eine Beweislastumkehr liegt im Übrigen nicht vor. Wenngleich die Akten der Beklagten unvollständig bzw. zum Teil nicht mehr vorhanden sind, so fehlt es dennoch an objektivierbaren Anhaltspunkten für die vom Kläger behauptete Antragstellung, wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Ferner kommt es auf das Ergebnis der Betriebsprüfung der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt nicht an, da die Versicherungspflicht vorliegend nicht auf der Tätigkeit für diese GmbH gründet, sondern vielmehr aufgrund seiner Tätigkeit für die D. Finanz Beratungs- und Vermittlungs AG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die teilweise Aufhebung des streitigen Urteils begründet keine andere Kostenentscheidung, da für den betroffenen Zeitraum Januar bis Mai 2008 keine Beiträge erhoben worden sind.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als Selbstständiger der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.
Der 1963 geborene Kläger war ausweislich der Kontoübersicht der Beklagten erstmalig im Jahr 1983 und - nach seinem Studium - zuletzt vom 1. November 1990 bis 31. Januar 1991 abhängig beschäftigt. Ferner ist der Kontoübersicht zu entnehmen, dass nach einem Aufklärungsersuchen der Beklagten vom Dezember 2005 im Hinblick auf die Ausstellung eines Versicherungsverlaufs und einer Erinnerung des Klägers die Beklagte am 3. August 2006 ein Bescheid gegenüber dem Kläger erließ.
Der Kläger ist seit 1993 als Versicherungsvermittler für die D. Finanz Beratungs- und Vermittlungs AG in D-Stadt tätig. Dort fand am 12. September 2011 eine Betriebsprüfung durch die Beklagte statt. Im Rahmen dieser Prüfung wurde der Beklagten eine Namens- und Adressenliste aller Versicherungsvermittler übermittelt.
Mit Schreiben vom 28. November 2011 wandte die Beklagte sich (unter der Adresse in E-Stadt) an den Kläger im Hinblick auf eine Prüfung seiner Versicherungspflicht als selbstständig tätiger Handelsvertreter. Trotz Erinnerung durch die Beklagte erfolgte keine Rückmeldung seitens des Klägers.
Mit Bescheid vom 5. März 2012 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und die Verpflichtung zur Zahlung des Regelbeitrags ab dem 28. Juni 2011 fest. Er beschäftige im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und sei auf Dauer im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Sie forderte eine Zahlung in Höhe von rückständigen Beiträgen ab dem 28. Juni 2011 in Höhe von 4.645,05 EUR und laufende Beiträge ab dem 1. April 2012 in Höhe von monatlich 514,50 EUR.
Am 17. April 2012 erließ die Beklagte einen weiteren Beitragsbescheid und setzte zusätzlich zu den bereits mit Bescheid vom 5. März 2012 festgesetzten Beiträgen - Säumniszuschläge für die Zeit vom 26. Juni 2011 bis 31. März 2012 in Höhe von 4.877,05 EUR fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Er verwies darauf, dass die Beklagte die Adresse seiner Eltern genutzt habe, unter welcher er seit dem Jahr 1987 nicht mehr lebe. Er habe nach seinem Studium im Jahr 1993 eine selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter aufgenommen und vermittle seitdem Versicherungen. Dies habe er der Bundesanstalt für Angestellte (BfA) mitgeteilt. Ferner habe er darüber informiert, dass er sich privat gegen Berufsunfähigkeit absichere und für das Alter vorsorge. Er habe sich auch nach den Gesetzesänderungen im Jahr 1998 erneut bei der Beklagten gemeldet, von dieser jedoch nie etwas gehört. Er sei immer davon ausgegangen, dass er wirksam von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Die entsprechenden Unterlagen lägen ihm nicht mehr vor.
Mit Bescheid vom 5. Juni 2012 hob die Beklagte "die Forderungsbescheide vom 17. April 2012" sowie die darauffolgenden Mahnungen auf.
Am 9. Juli 2012 schrieb die Beklagte den Kläger (unter der aktuellen Adresse in A-Stadt) erneut wegen seiner selbstständigen Tätigkeit und der Versicherungspflicht an. Trotz Erinnerung reagierte der Kläger nicht.
Mit Bescheid vom 12. September 2012 stellte daraufhin die Beklagte das Vorliegen von Versicherungspflicht ab dem 1. Januar 1999 gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI fest. Der Kläger habe ab dem 1. Januar 2008 den Regelbeitrag zu zahlen. Ferner forderte sie einen rückständigen Beitrag in Höhe von 28.785,30 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. September 2012 und einen laufenden Beitrag in Höhe von 514,50 EUR ab dem 1. Oktober 2012.
Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 Widerspruch ein und verwies erneut darauf, dass er seinerzeit einen Antrag auf Befreiung gestellt habe, über welchen die Beklagte nicht entschieden habe. Er sei davon ausgegangen, dass er damit wirksam von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Ferner sei zwar richtig, dass er nur für einen Auftraggeber tätig sei, er arbeite jedoch selbstständig und sei in keiner Weise abhängig. Es sei seine unternehmerische Entscheidung, dass er nur für einen Auftraggeber tätig sei.
Am 8. Januar 2013 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht. Er sei seit dem Jahre 1993 als Versicherungsvermittler selbstständig tätig und erziele regelmäßig ein Einkommen über 400 EUR monatlich. Er habe eine private Vorsorge abgeschlossen. Ferner habe er Grundvermögen im Wert von ca. 120.000 EUR, auf welche noch Schulden in Höhe von ca. 40.000 EUR lasteten. Zudem habe er ein Finanzvermögen in Höhe von ca. 40.000 EUR. Er legte Unterlagen über private Lebensversicherungen vor. Mit Bescheid vom 25. Januar 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab und verwies den Kläger darauf, dass die Versicherungspflicht bereits am 1. Januar 1999 eingetreten sei. Der Antrag hätte gemäß § 231 Abs. 5 SGB VI binnen Jahresfrist und daher bis zum 31. März 1999 gestellt werden müssen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies darauf, dass er seinerzeit einen Antrag gestellt habe. Dieser Antrag sei unbearbeitet geblieben. Dies sei nicht sein Verschulden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12. September 2012 zurück und verwies darauf, dass ein früherer Befreiungsantrag nicht vorliege. Die Befreiung sei zu Recht abgelehnt worden, so dass Versicherungspflicht vorliege. Die Bescheide vom 12. September 2012 und 25. Januar 2013 seien nicht zu beanstanden.
Am 23. Mai 2013 erließ die Beklagte einen weiteren Beitragsbescheid und setzte Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2013 fest (Gesamtforderung 42.846,37 EUR).
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Er verwies darauf, dass er im Jahre 1998 einen Befreiungsantrag gestellt habe. Er habe eine private Rentenversicherung und eine private Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz abgeschlossen. Er erziele seit dem Jahr 2009 nur noch geringere Umsätze, da er seine schwer kranke und voll erwerbsunfähige Frau pflege. Letztlich bestehe noch ein Darlehen für die gemeinsam bewohnte Immobilie in Höhe von 85.000 EUR. Er sei auch nicht in der Lage, die geforderten Rentenbeiträge ratenweise zu zahlen.
Mit Bescheid vom 5. Juni 2013 nahm die Beklagte den Bescheid vom 23. Mai 2013 hinsichtlich der geforderten Säumniszuschläge zurück. Ferner setzte sie das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens aus.
Am 3. Juni 2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Gießen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2013 erhoben und einen Eilantrag gestellt (S 19 R 223/13 ER). Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er private Vorsorge betreibe. Ferner habe er mit Gesellschaftsvertrag vom 27. Februar 1996 zum 27. Januar 1997 die F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt mitgegründet. Er halte 25 % des Stammkapitals. Vom 18. Juni 1997 bis Mai 2008 sei er Geschäftsführer dieser GmbH (seit 19. September 1997 alleiniger Geschäftsführer) gewesen. Er habe einen Monatslohn von 8.000 DM bezogen (§ 5 des Geschäftsführervertrages vom 18. Juni 1997). Diese GmbH habe im Mai 2008 wegen Zahlungsschwierigkeiten ihre geschäftlichen Aktivitäten eingestellt. Er sei dann bis Mai 2012 - dem Zeitpunkt der Löschung der GmbH - als Liquidator tätig gewesen. Es sei hiernach selbstständig sowohl für die G. Versicherung als auch die D. Finanz AG tätig gewesen. Er hat eine Courtage-Zusage der G. von 1997, eine Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 für eine Mitarbeiterin und Nachweis der GmbH für die Jahre 2005 bis 2008 vorgelegt. Zudem ist er der Auffassung, dass der Widerspruchsbescheid mangels eigenhändiger Unterschrift nichtig sei.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass die selbstständige Tätigkeit für einen Auftraggeber auch im Rahmen einer gesellschaftlichen Verbindung ausgeübt werden könne. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages sei daher nicht maßgeblich. Der Kläger sei ausweislich der von ihm vorgelegten Nachweise zu 83,33 % für die D.versicherung tätig gewesen. Abrechnungen aus dem Jahr 2001 bzw. von Mitarbeitern aus dem Jahr 2002 seien nicht relevant, da die Beiträge aus dem Jahr 2002 schon verjährt seien. Der Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2013 beziehe sich aufgrund der Bezugnahme am Ende des Bescheides auch auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Januar 2013.
Mit Urteil vom 7. Oktober 2014 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 insoweit aufgehoben, als eine Beitragspflicht des Klägers von Januar bis Mai 2008 festgestellt worden sei. Im Übrigen hat sie die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid sei formell rechtmäßig. Das Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift der Mitglieder des Widerspruchsausschusses begründe keinen Formfehler. Gemäß § 33 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) könne ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. § 85 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ordne als Sonderregelung hierzu an, dass ein Widerspruchsbescheid schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben sei. Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt müsse die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Wiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten, § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Der Widerspruchsbescheid sei schriftlich erlassen worden, lasse als Absender ohne Weiteres die erlassende Behörde erkennen und gebe auf Seite drei auch die Namen der Mitglieder des Widerspruchsausschusses, welche die Entscheidung über den Widerspruch des Klägers getroffen hätten, und damit auch den Namen des Mitarbeiters, welcher als Vertreter des Direktoriums der Beklagten an der Entscheidung beteiligt gewesen sei, wieder. Ausweislich des Wortlauts des § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestünden Unterschrift und Wiedergabe in einem Alternativverhältnis und sollten gewährleisten, dass für den Empfänger nachvollziehbar sei, wer verantwortlicher Urheber der betroffenen Entscheidung sei. Die Namenswiedergabe müsse denjenigen bezeichnen, der für das Ergebnis des behördeninternen Entscheidungsprozesses und damit für den Erlass des schriftlichen Verwaltungsaktes die Verantwortung trage. Dies sei vorliegend der Fall. Eine Beglaubigung der Wiedergabe sei nicht erforderlich. Selbst wenn ein Verstoß gegen § 33 Abs. 3 SGB X bestünde, so wäre der Bescheid nach § 42 SGB X nicht aufzuheben. Hiernach könne die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig sei, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die Zuständigkeit zu Stande gekommen sei, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben. Wie aus der Akte der Beklagten zu entnehmen sei, hätten die Mitglieder des Widerspruchsausschusses der Beklagten den Widerspruch bereits in ihrer Sitzung vom 18. April 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Es sei daher offensichtlich, dass die endgültige Form des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 auf die Entscheidung des Widerspruchsausschusses, welcher bereits zuvor getroffen worden sei, keinen Einfluss gehabt habe. Nichtigkeit des Widerspruchsbescheids gemäß § 40 SGB X liege ebenfalls nicht vor. Der Bescheid vom 12. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 sei auch materiell rechtmäßig. Der Kläger sei in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis Mai 2008 als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer rentenversicherungspflichtig gewesen, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Der Kläger habe 1996 gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaftern die F. Finanzberatungs GmbH B Stadt mit dem Geschäftszweck der Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen gegründet. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages habe der Kläger über keine beherrschende Position verfügt. Er habe gesellschaftsrechtlich die Geschicke der GmbH nicht alleine bestimmen können. Insbesondere habe er nicht über eine Sperrminorität verfügt. Dies habe sich auch nicht mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters im Jahr 2001 geändert. Daher sei er als Geschäftsführer abhängig beschäftigt gewesen. Mit Einstellung der Tätigkeit der GmbH im Mai 2008 habe die Versicherungspflicht als Versicherungsmakler nicht mehr auf eine abhängige Beschäftigung gegründet. Rechtsgrundlage für die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit sei sodann § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gewesen. Der Kläger übe seit 2008 eine Tätigkeit als Versicherungsmakler aus, ohne ein weiteres Arbeitsverhältnis bezüglich dieser Tätigkeit eingegangen zu sein. Dass er zunächst noch weiterhin als Liquidator für die GmbH tätig gewesen sei, sei irrelevant. Er sei auch ausschließlich für einen Auftraggeber tätig gewesen, nämlich die D. Finanzberatungs- und Vermittlung AG. Er habe keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen sich etwas anderes ergebe. Da der Kläger in seiner selbstständigen Tätigkeit zudem keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, seien alle Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erfüllt. Der Kläger habe die Tätigkeit mehr als nur geringfügig ausgeübt und übe sie auch weiterhin aus. Der Kläger sei auch nicht von der Versicherungspflicht als Selbstständiger zu befreien. Gemäß § 231 Abs. 5 SGB VI könne unter bestimmten Voraussetzungen zwar eine Befreiung der Versicherungspflicht erfolgen. Dies setze jedoch voraus, dass am 31. Dezember 1998 eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Tätigkeit als Selbstständiger erst im Jahr 2008 begonnen habe. Darüber hinaus hätte der Kläger bis zum 30. Juni 2000 einen Befreiungseintrag stellen müssen, § 231 Abs. 5 SGB VI. Der Kläger habe jedoch ausweislich der Verwaltungsakte einen Befreiungsantrag erstmals am 8. Januar 2013 gestellt. Soweit er eine frühere Antragstellung behaupte, habe er dies nicht nachweisen können. Er habe keine Kopie des Antrags oder der Nachfrage zur Bearbeitung des Antrags bei der Beklagten oder Sendenachweise vorgelegt. Mithin bestünden keinerlei objektivierbare Anhaltspunkte für die behauptete Antragstellung. Auch im Zusammenhang des Konten-Aufklärungsverfahrens im Jahr 2006 habe der Kläger keine Nachfragen zu seinem Status und einer Befreiung angebracht. Das Gericht habe sich daher nicht davon überzeugen können, dass der Kläger schon zu einem früheren Zeitpunkt einen Befreiungsantrag gestellt habe. Der Kläger trage für eine frühere Antragstellung die Beweislast. Er sei auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte er den Antrag rechtzeitig gestellt. Denn es sei weder ein Beratungsfehler der Beklagten ersichtlich, noch könne ein solcher ursächlich geworden sein. Denn der Kläger trage selbst vor, dass er Kenntnis vom Versicherungspflichttatbestand gehabt habe. Ebenso scheide eine Befreiung nach § 6 Abs. 1a SGB VI wegen Fristversäumnis aus, da der Befreiungsantrag aus dem Jahr 2013 nicht innerhalb der ersten zwei Jahre nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gestellt worden sei. Der Bescheid vom 12. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 sei aber insoweit aufzuheben, als der Kläger zur Beitragszahlung im Zeitraum von Januar bis Mai 2008 verpflichtet worden sei. Die Pflicht zur Zahlung und Tragung der Beiträge als Selbstständiger ergebe sich aus den §§ 169 Nr. 1 und 173 SGB VI. Als Arbeitnehmer sei der Kläger jedoch nicht verpflichtet, die Beiträge zur Rentenversicherung selbst abzuführen. Diese würden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Arbeitgeber gezahlt (§§ 28d, 28e Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV) und könnten bei Arbeitnehmern nur durch Lohnabzug geltend gemacht werden (§ 28g Satz 2 und 3 SGB IV).
Der Kläger hat gegen das ihm am 7. November 2014 zugestellte Urteil am 8. Dezember 2014 (einem Montag) vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung erneut auf den Mangel der Schriftform des Widerspruchsbescheids hingewiesen. § 33 SGB X finde keine Anwendung, da diese Norm durch die Spezialvorschrift des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG verdrängt werde. Die Unterschrift diene auch nicht nur der Sicherstellung der Urheberschaft. Vielmehr solle diese zugleich Aufschluss darüber geben, dass es sich bei dem Widerspruchsbescheid um die getroffene Entscheidung und nicht lediglich um einen Entwurf handele. Darüber hinaus sei das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger als Geschäftsführer der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt keine beherrschende Position innegehabt habe. In § 7 Abs. 10 des Gesellschaftsvertrages sei geregelt, dass die Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit einer Einstimmigkeit aller Gesellschafter beschließt. Dies bedeute, dass der Kläger regelmäßig trotz einer Stammeinlage von lediglich 25 % jeden Beschluss hätte verhindern können, insbesondere seine Abberufung als Geschäftsführer. Er sei demnach nicht abhängig beschäftigt gewesen, so dass er durchaus einen Befreiungsantrag hätte stellen können. Dass ein solcher der Beklagten nicht vorliege, sei nicht feststellbar, weil diese den diesbezüglichen Aktenbestand offensichtlich vernichtet habe. Im erstinstanzlichen Verfahren habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Juli 2013 erklärt, über keine weiteren Aktenteile zu verfügen. Mithin habe sie für den Zeitraum vor dem Jahr 2011 die Akten des Klägers vernichtet. Damit liege ein Fall der Beweisvereitelung vor, auf dessen Folgen der Kläger das Sozialgericht hingewiesen habe. Es sei unzutreffend, dass der Kläger in Bezug auf das Kontoklärungsverfahren untätig geblieben sei. Vielmehr habe die Beklagte nach wie vor die seit vielen Jahren nicht mehr gültige Adresse des Klägers verwendet, um diesen zu erreichen. Er sei also lediglich über seine Eltern informiert worden und das zu einer Zeit, als seine Frau mit ihrer Krebserkrankung habe kämpfen müssen. Gleichwohl habe er sich im August 2006 mehrfach telefonisch an die Beklagte gewandt, ohne dass seine Sicht über die Versicherungsfreiheit in Frage gestellt worden wäre. Allerdings könne die Dokumentation dieser Telefonate aufgrund des vernichteten Aktenbestandes ebenfalls nicht mehr der Behördenakte entnommen werden. Da das Kontenklärungsverfahren im Jahr 2006 vor dem Sozialgericht erst im Urteil thematisiert worden sei, habe sich der Kläger im Vorfeld nicht gehalten gesehen, entsprechende Nachweise über erfolgte Telefonate beizubringen. Er verweist auf die nunmehr vorgelegten Einzelverbindungsnachweise (Bl. 144 der Akte). Ferner habe durchaus eine Beratungspflicht im Hinblick auf Fristen bestanden. Auch eine Spontanberatung sei insbesondere mit Beendigung der Geschäftsführertätigkeit unter Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Versicherungsmakler im Jahre 2008 angezeigt gewesen. Für diesen Zeitpunkt sei aber ebenfalls keine Beratung durch die Beklagte erkennbar. Weiterhin sei fraglich, ob das Sozialgericht überhaupt über den Bescheid vom 25. Januar 2013 habe entscheiden dürfen. Insoweit sei das Widerspruchsverfahren nämlich nicht klar beendet worden. Der Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides laute nämlich, dass der Widerspruchsbescheid gegen den Bescheid vom 12. September 2012 geprüft worden sei und insoweit die Entscheidung ergehe, dass der Widerspruch zurückgewiesen werde. Der Bescheid vom 25. Januar 2013 finde hierbei keine Erwähnung. Lediglich im Rahmen der Begründung werde er angeführt. Die Begründung als solche stelle jedoch nicht die behördliche Entscheidung dar, sondern diene allein der Erläuterung der im Verfügungssatz getroffenen Entscheidung. Es verwundere auch, dass das Sozialgericht den Bescheid vom 25. Januar 2013 für zutreffend erachtet habe, obwohl in diesem Fall von einer Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ab dem 1. Januar 1999 ausgegangen werde, das Sozialgericht hingegen eine abhängige Beschäftigung angenommen habe. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2014 habe die Beklagte die früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers angeschrieben, obwohl der Beklagten bekannt sei, dass das diesbezügliche Mandatsverhältnis beendet worden sei. Damit habe die Beklagte einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie die Angelegenheit des Klägers nicht mit der gebotenen Sorgfalt bearbeite. Der Kläger habe sich wegen seines Versicherungsstatus mehrfach mit der Beklagten in Verbindung gesetzt. Über diese Telefonate lägen keine Gesprächsvermerke in der Akte vor, obwohl mit dem vorgelegten Einzelverbindungsnachweis der telefonische Kontakt erwiesen sei. Offensichtlich sei die Aktenführung der Beklagten lückenhaft. Die Beklagte habe entgegen ihrer Aufbewahrungsfristen Aktenteile vernichtet oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß verwahrt. Damit habe sie dem Kläger die Nachweisführung der Antragstellung unmöglich gemacht. Ferner falle auf, dass sich die Beklagte mit der gerügten Beratungspflichtverletzung nicht auseinandergesetzt habe. Die Beklagte müsse deshalb die Ergebnisse der Betriebsprüfung bei der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt offen legen. Sollte sich hieraus ergeben, dass der Versicherungsstatus des Klägers akzeptiert worden sei, wäre dies ebenfalls für den Umfang der Beratungspflicht der Beklagten relevant. Für die Dauer der Tätigkeit des Klägers bei der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt komme es entscheidend auf das Ergebnis der Betriebsprüfung an. Zwar begründe das Ergebnis grundsätzlich keinen Vertrauensschutz. Vorliegend sei jedoch aufgrund der Unternehmensgröße davon auszugehen, dass gerade der Versicherungsstatus des Klägers geprüft worden sei, weshalb dann auch dieses Prüfergebnis Vertrauensschutz begründe. Da die Akte der Beklagten nachweislich unvollständig sei, sei eine Beweisführung für den Kläger nicht möglich. Dass der Befreiungsantrag des Klägers nicht eingegangen sein soll, lasse sich jedenfalls mit der Behördenakte nicht beweisen. Da Beweisvereitelung vorliege, bestehe eine Beweislastumkehrung. Die Beklagte müsse sich folglich so behandeln lassen, als wäre die Beweisführung gelungen. Die Telefonate im Jahr 2006 seien durchaus von Bedeutung. Denn mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006 sei in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ein zweiter Halbsatz eingeführt worden, der eine Rechtsänderung zur Folge gehabt habe. Es sei nämlich fraglich, ob diese Norm überhaupt zur Anwendung habe kommen können, da diese Vorschrift - anders als § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI - keine Regelung für Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit enthalten habe. Zum Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer habe dieser davon ausgehen dürfen, dass er keiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Durch die Änderung im Jahr 2006 hätte die Beklagte den Kläger in den geführten Telefonaten auf diese Umstände hinweisen müssen, was nicht geschehen sei. In diesem Fall hätte der Kläger noch von der Befreiungsmöglichkeit nach § 231 Abs. 5 SGB VI Gebrauch machen können, weil die Jahresfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als im Mai 2008 mit der Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer auch der Anknüpfungstatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI nicht mehr gegeben gewesen sei. Für die Dauer der Existenz der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt könne der Kläger nicht Beitragsschuldner sein, weil er als Arbeitnehmer zu behandeln sei. Sollte dieser Auffassung nicht gefolgt werden, entfalle die Beitragspflicht des Klägers vor dem Hintergrund der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit zum Mai 2008. Er sei seit diesem Zeitpunkt nur noch als Liquidator der GmbH tätig gewesen. Als Liquidator könne keine Versicherungspflicht angenommen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 7. Oktober 2014 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 12. September 2012 und 25. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2013 abzuändern und festzustellen, dass der Kläger von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Ausführungen im Urteil betreffend einer abhängigen Beschäftigung bis Mai 2008 nicht zuträfen. Aufgrund des Einstimmigkeitserfordernisses bei der Beschlussfassung habe der Kläger eine umfassende Sperrminorität und damit die Rechtsmacht in der GmbH gehabt. Dies schließe eine abhängige Beschäftigung aus. Die Beklagte sei aber auch nicht von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen. Im Übrigen hält sie das angegriffene Urteil für zutreffend. Selbst wenn in den Jahren 2005/2006 in einem Kontenklärungsverfahren in einem Telefongespräch oder bei der Betriebsprüfung die Selbstständigkeit thematisiert worden sei, wäre zum damaligen Zeitpunkt eine Befreiung nicht mehr möglich gewesen. Die Frist sei längst abgelaufen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne da nicht helfen. Eine gedachte Falschberatung im Jahr 2006 könnte keine damals längst abgelaufene Befreiungsfrist neu eröffnen. Mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könnte hier allenfalls begehrt werden, dass die Verjährung für die Beiträge für die Jahre 2002 bis 2007 aufgehoben werden, was aber wohl nicht gewünscht werde.
Die Berichterstatterin hat am 2. Juli 2015 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, §§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Kläger in der Zeit von Januar bis Mai 2008 nicht abhängig beschäftigt gewesen. Der Kläger hatte – wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat – in dieser Zeit eine durch § 7 Abs. 10 Gesellschaftsvertrag geregelte umfassende Sperrminorität und damit die Rechtsmacht in der GmbH gehabt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Das Urteil war daher insoweit aufzuheben.
Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht insoweit die Klage abgewiesen. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts wird Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass auch nach Vorlage der Einzelverbindungsnachweise nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger bereits im Jahre 2006 einen Befreiungsantrag gestellt hat. Insoweit ist festzustellen, dass es zu diesem Zeitpunkt für den Kläger keinen Anlass für einen entsprechenden Antrag gegeben hat. Der Bescheid vom 3. August 2006 enthielt keine Angaben zur Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvermittler. Die Beklagte ist erst durch die Betriebsprüfung im Jahre 2011 auf die versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers aufmerksam geworden. Im Übrigen belegen die Einzelverbindungsnachweise nicht, worüber die Gesprächspartner gesprochen haben. Soweit der Kläger auf die rückwirkende Gesetzesänderung zum 1. Juli 2006 verweist, ist festzustellen, dass hiermit eine Klarstellung für die Gesellschafter-Geschäftsführer eingeführt worden ist, § 2 Satz 1 Nr. 9 b) 2. Halbsatz SGB VI. Diese sollte jedoch lediglich verhindern, dass bei der Beurteilung der Versicherungspflicht der Gesellschafter-Geschäftsführer auch die Auftraggeber der GmbH mitgezählt werden. Andernfalls wären unzählige Gesellschafter-Geschäftsführer versicherungspflichtig und beitragsnachzahlungspflichtig geworden, was die Existenz vieler mittelständiger Unternehmen gefährdet hätte (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI K § 2 Rn. 85). Eine Beratungspflicht der Beklagten resultierte aus dieser Gesetzesänderung entgegen der Auffassung des Klägers ebenso wenig, wie aufgrund der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers. Eine Beweislastumkehr liegt im Übrigen nicht vor. Wenngleich die Akten der Beklagten unvollständig bzw. zum Teil nicht mehr vorhanden sind, so fehlt es dennoch an objektivierbaren Anhaltspunkten für die vom Kläger behauptete Antragstellung, wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Ferner kommt es auf das Ergebnis der Betriebsprüfung der F. Finanzberatungs GmbH B-Stadt nicht an, da die Versicherungspflicht vorliegend nicht auf der Tätigkeit für diese GmbH gründet, sondern vielmehr aufgrund seiner Tätigkeit für die D. Finanz Beratungs- und Vermittlungs AG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die teilweise Aufhebung des streitigen Urteils begründet keine andere Kostenentscheidung, da für den betroffenen Zeitraum Januar bis Mai 2008 keine Beiträge erhoben worden sind.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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