L 12 SF 98/16 EK

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 12 SF 98/16 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer des vor dem Sozialgericht Schleswig geführten Klageverfahrens S 16 AS 408/14 (im Folgenden: Ausgangsverfahren).

Gegenstand des Verfahrens war die Höhe der bei den Klägern zu berücksichtigenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 17. April 2014 hatte der beklagte Kreis Nordfriesland Leistungen für den Zeitraum 1. Mai 2013 bis 31. Dezember 2013 endgültig festgesetzt und anstelle der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft in Höhe von 500,00 EUR lediglich Mietkosten in Höhe von 427,00 EUR monatlich berücksichtigt. Hiergegen hatten die Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25. April 2014 Widerspruch erhoben. Mit Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 16. Juli 2014, den der beklagte Kreis wörtlich zum "Bestandteil des Widerspruchsbescheides" erklärte, beschränkte der beklagte Kreis den Bewilligungszeitraum auf die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2013 und nahm eine Neuberechnung vor; in Bezug auf die anerkannten Unterkunftskosten erfolgte dabei keine Änderung. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 wiederholte der beklagte Kreis, dass der Bescheid vom 17. April 2014 entsprechend dem Inhalt des Bescheides vom 16. Juli 2014 geändert werde, und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Hiergegen haben die Kläger am 18. August 2014 bei dem Sozialgericht Schleswig Klage erhoben und sinngemäß die Änderung der ergangenen Bescheide beantragt, soweit für die Monate Juni bis November 2013 nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, begrenzt durch den entsprechenden Wert der Tabelle des § 12 Wohngeldgesetz – erhöht um eine Sicherheitszuschlag von 10% – anerkannt und ausgekehrt wurden. Gleichzeitig haben die Kläger Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren beantragt; diesen Antrag haben sie mit einem am 10. Oktober 2014 eingegangenen Schriftsatz zurückgenommen.

Zur Klagebegründung hat der Prozessbevollmächtigte in der Klageschrift im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angemessenheitsgrenze des beklagten Kreises zu niedrig bemessen sei. Hierzu ist wörtlich ein Beschluss des Sozialgerichts zitiert worden, der inhaltlich auch für die Kläger gelte.

Mit Verfügung vom 20. August 2014 hat das Sozialgericht den Klägern den Klageingang bestätigt und den beklagten Kreis ohne Fristsetzung zur Klagerwiderung und zur Vorlage der Akten aufgefordert. Gleichzeitig hat das Sozialgericht den beklagten Kreis dazu befragt, ob vor dem Hintergrund der zu der Streitfrage anhängigen Verfahren am Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) Interesse an einer Ruhendstellung des Verfahrens bestehe. Mit Verfügung vom 23. Oktober 2014 erinnerte das Sozialgericht den beklagten Kreis an die Erledigung der gerichtlichen Verfügung vom 20. August 2014 und setzte hierzu eine Frist von einem Monat.

Am 25. November 2014 ging eine Klagerwiderung des beklagten Kreises bei dem Sozialgericht ein. Unter Hinweis auf die richterliche Anfrage vom 20. August 2014 hielt der beklagte Kreis es für sinnvoll, zunächst eine Entscheidung des LSG in verschiedenen Verfahren, in denen es ebenfalls um die Schlüssigkeit des Konzepts gehe, abzuwarten. Diesen Schriftsatz übersandte das Sozialgericht am 25. November 2014 an den Prozessbevollmächtigten der Kläger und stellte gleichzeitig die Frage, ob das Verfahren bis zu einer Entscheidung des LSG über das Wohnkostenkonzept des beklagten Kreises ruhend gestellt werden solle. Mit am 3. Dezember 2014 eingegangenem Schriftsatz vom 1. Dezember 2014 widersprach der Prozessbevollmächtigte der Kläger einer Ruhendstellung und führte aus, damit seine Mandanten vor Rechtsverlusten schützen zu wollen. Unter anderem würde ggf. das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verzögerungsrüge entfallen, mithin ein Rechtsverlust hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs drohen. Im Übrigen bestritt er die Anhängigkeit entsprechender Verfahren mit Nichtwissen und wies zu von dem beklagten Kreis benannten Verfahren des 13. Senats des LSG darauf hin, dass nach seiner Kenntnis im Jahre 2014 kein 13. Senat des LSG existiere.

Bei dem Sozialgericht waren inzwischen auch die Verfahren gleichen Rubrums mit den Aktenzeichen S 16 AS 468/14 und S 16 AS 578/14, in denen es um die Angemessenheit der Unterkunftskosten für andere Leistungszeiträume ging, eingegangen. Das Sozialgericht übersandte den am 3. Dezember 2014 eingegangenen Schriftsatz des Klägervertreters am 5. Dezember 2014 an den beklagten Kreis zur Kenntnis und etwaigen Stellungnahme und verfügte eine Wiedervorlagefrist von 3 Monaten. In der Folgezeit setzte das Sozialgericht bei Wiedervorlagen der Sachen unter Hinweis auf erwartete Entscheidungen des LSG folgende Wiedervorlagefristen:

Verfügung vom Wiedervorlagefrist 4. März 2015 4 Monate 6. Juli 2015 3 Monate 7. Oktober 2015 3 Monate

Bei Wiedervorlagen am 14. Oktober 2015, 28. Oktober 2015, 9. und 16. November 2015, 15. und 28. Dezember 2015, 7. Januar 2016 und 8. April 2016 wurde auf Eingänge in den vorgenannten Parallelverfahren sowie in dem weiteren Parallelverfahren S 16 AS 438/15 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2015, eingegangen bei Gericht am 15. Dezember 2015, hat der Prozessbevollmächtigte im Verfahren S 16 AS 578/14 um Mitteilung des Sachstandes bezogen auf die bei dem 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen LSG anhängigen Verfahren zum vorliegenden Streitgegenstand nachgefragt. Der Schriftsatz ist mit Verfügung vom 17. Dezember 2015 an den Kreis Nordfriesland zur Stellungnahme weitergeleitet worden, der mit Schriftsatz vom 5. Januar 2016, eingegangen am 7. Januar 2016 mitgeteilt hat, dass die anhängigen Verfahren vom LSG noch nicht entschieden seien.

Mit einem auf den 2. Dezember 2015 datierten Schriftsatz, der am 20. April 2016 bei dem Sozialgericht einging, erhob der Prozessbevollmächtigte der Kläger in dem hier maßgebenden Ausgangsverfahren S 16 AS 408/14 Verzögerungsrüge und führte aus, es sei evident, dass bei einer Verfahrensdauer von über einem Jahr die Besorgnis bestehe, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde. Im Übrigen sei auch keine Antwort zu der mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 aufgeworfenen Frage hinsichtlich des 13. Senats erfolgt. Das Sozialgericht übersandte den Schriftsatz am 26. April 2016 an den Beklagten zur Kenntnis und verfügte die Gerichtsakte gleichzeitig in das Sitzungsfach.

Im Parallelverfahren S 16 AS 578/14 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 16. September 2016, eingegangen am Gericht am 21. September 2016, unter Bezugnahme auf den Schriftsatz des Kreises Nordfriesland vom 5. Januar 2016 darauf hingewiesen, dass der beklagte Kreis sich in anderen Verfahren rühme, gegen die Entscheidungen des 3. Senats des LSG Nichtzulassungsbeschwerde erhoben zu haben, so dass davon auszugehen sei, dass die Verfahren entschieden und abgesetzt worden seien. Vor diesem Hintergrund rege er an, den Beklagten zur Übersendung anonymisierter Entscheidungen, die nicht veröffentlicht seien, aufzufordern. Den Schriftsatz hat das Sozialgericht dem Kreis Nordfriesland am 26. September 2016 weitergeleitet, der mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2016, eingegangen am Gericht am 27. Dezember 2016, erwidert hat, dass die Entscheidungen des LSG durch die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerden noch nicht rechtskräftig und daher für den beklagten Kreis noch nicht bindend seien. Dazu fügte der Kreis Nordfriesland fünf Eingangsbestätigungen des Bundessozialgerichts (BSG) bei und forderte den Prozessbevollmächtigten auf, anonymisierte Entscheidungen direkt beim LSG anzufordern. Den Schriftsatz hat das Gericht am 5. Januar 2017 an den Prozessbevollmächtigten der Kläger weitergeleitet.

Mit Ladungsverfügung vom 11. Januar 2017 bestimmte das Sozialgericht in den Verfahren S 16 AS 408/14, S 16 AS 578/14, S 16 AS 438/15 und dem inzwischen eingegangenen weiteren Parallelverfahren S 16 AS 258/16 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Februar 2017. Parallel dazu sind auch vier weitere Verfahren der Kläger zur gleichzeitigen Verhandlung terminiert worden. Zur Terminsvorbereitung in dem Verfahren S 16 AS 408/14 forderte das Sozialgericht mit Verfügung vom 10. Februar 2017 weitere Unterlagen der Kläger an. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Februar 2017 Stellung. In dem Termin am 16. Februar 2017, in dem die Kläger für die Monate Juni bis November 2013 bei Modifizierung ihres bisherigen Klagantrags Nachzahlungsbeträge in Höhe von jeweils 48,67 EUR beantragt haben, verkündete das Sozialgericht bei Nichtzulassung der Berufung ein zusprechendes Urteil. Auf die Entscheidungsgründe wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

Bereits am 8. Dezember 2016 haben die Kläger bei dem Schleswig-Holsteinischen LSG Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer des seinerzeit noch nicht abgeschlossenen Ausgangsverfahrens S 16 AS 408/14 erhoben. Zur Begründung führen sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –, Rn. 38 - 40, juris) aus: Die vollständige Klage sei am 18. August 2014 einschließlich Anlagen beim Gericht eingegangen. Die Klagerwiderung sei mit Schriftsatz des Gerichts vom 27. November 2014 übersandt worden; darauf sei mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2014 erwidert worden. Weitere verfahrensfördernde Handlungen des Gerichts seien seither nicht mehr erfolgt. Unter Zubilligung einer Bedenkzeit von einem Jahr sei das Verfahren im August 2015 entscheidungsreif gewesen; ab diesem Zeitpunkt sei der Beginn einer unangemessenen Verfahrensdauer anzunehmen. Da seit diesem Zeitpunkt weitere 13 (gemeint: 15 Monate) verstrichen seien, ergebe sich bei zwei Klägern ein Anspruch in Höhe von 3.000,00 EUR (15 Monate x 2 Kläger x 100,00 EUR).

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger einen Schadensersatz in Höhe von 3.000,00 EUR als Entschädigung für eine überlange Verfahrensdauer zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Den Klägern stehe eine Entschädigung gemäß §§ 198ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i.V.m. § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen angeblich unangemessener Verfahrensdauer nicht zu. Selbst eine Feststellung einer vermeintlich unangemessenen Verfahrensdauer scheide aus. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG werde derjenige angemessen entschädigt, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Diese Voraussetzungen seien vorliegend trotz der Dauer des insgesamt zweieinhalb Jahre währenden Ausgangsverfahrens nicht erfüllt. Ob eine Verfahrensdauer angemessen sei oder nicht, richte sich nicht nach starren Fristen. Im Gegenteil habe der Gesetzgeber bewusst von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/3802, S. 18 zu § 198 Abs. 1 Abs. 1 GVG), weil eine abstrakt-generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauere, nicht möglich sei (vgl. Ott in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Rn. 68 m.w.N.). Der vorgegebene, von konventions- und verfassungsrechtlichen Normen geprägte Wertungsrahmen verlange vielmehr eine gewisse Schwere der Belastung im Sinne einer Beeinträchtigung in einem Grund- und Menschenrecht. Ausreichend sei gerade nicht jede Abweichung vom Optimum einer Verfahrensgestaltung, sondern es müsse eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenzen des Angemessenen vorliegen. Sei die Dauer des Verfahrens daher insgesamt nicht unangemessen gewesen, komme es nicht darauf an, dass das Verfahren ggf. nicht immer optimal gefördert worden sei (Urteil des Senats vom 16. August 2013 - L 12 SF 4/12 EK -, Umdruck S. 13 ff. unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL -, Rz 26, juris). Insbesondere sei - mit der Rechtsprechung des BSG - zu berücksichtigen, dass die zügige Erledigung eines Rechtsstreits kein Selbstzweck sei. Vielmehr verlange das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes durch das dazu berufene Gericht. Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer seien daher keine zu engen zeitlichen Grenzen zu ziehen. Dem Gericht müsse eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zugestanden werden, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trage (vgl. nur BSG, Urteil v. 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R -, zitiert nach juris, Rz 46 m.w.N.). Insoweit würden die Kläger bereits übersehen, dass die Verfahrensdauer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur richterlichen Unabhängigkeit und zum rechtsstaatlichen Gebot stehe, eine inhaltlich richtige, an Recht und Gesetz orientierte Entscheidung zu treffen. Insbesondere sei es verfehlt, in diesem Verfahren auf die in "Normalfällen" anerkannte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von einem Jahr je Instanz abstellen zu wollen. Dies sehe bereits der Gesetzeswortlaut des § 198 GVG nicht vor. Tatsächlich sei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bei der Bearbeitung von Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine entschädigungslos hinzunehmende Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 18 Monaten je Instanz zuzugestehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 37 SF 360/13 EK AS -, Rz 80; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. März 2017 – L 10 SF 35/16 EK AS -, juris). Dabei gehörten zu den Vorbereitungs- und Bedenkzeiten auch solche, die sich durch ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem parallelen Verfahren ergeben, wenn nämlich zu erwarten sei, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz seien (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2016, a.a.O. Rz 69). Dazu bedürfe es noch nicht einmal der ausdrücklichen Zustimmung der Beteiligten, denn das BSG führe ausdrücklich aus, dass ein "Zuwarten" statthaft sei, wenn Erkenntnisse gewonnen werden ... oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen". Dass das Sozialgericht im Rahmen der ihm zustehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit (im Anschluss an seine Verfügung vom 5. Dezember 2014) von dem Ergebnis der obergerichtlichen Entscheidung habe Gebrauch machen wollen, ergebe sich bereits aus den regelmäßigen Wiedervorlagen sowie der in Bezugnahme auf weitere Verfahren. So sei die Akte der Vorsitzenden im Anschluss an ihre letzte Verfügung vom 3. Dezember 2014, abgesandt am 5. Dezember 2014, regelmäßig mit drei- bis viermonatigen Wiedervorlagefristen vorgelegt worden. Dieses "Abwarten" des Ausgangsgerichts sei angesichts der entscheidungsrelevanten Grundsatzfrage zur Bestimmung der Mietobergrenze im Sinn einer gebotenen Verfahrensförderung auch gerechtfertigt gewesen. Maßgeblich für die dafür erforderliche Ermessensentscheidung des Ausgangsgerichts sei insoweit nur, dass es bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen habe. Dies sei hier der Fall gewesen. Die Kläger hätten durch das "Zuwarten" keine schwerwiegenden Belastungen im Sinne einer Beeinträchtigung in einem Grund- und Menschenrecht erlitten. Vielmehr habe das Ausgangsgericht unter den gegebenen Umständen aus der (maßgeblichen) ex-ante-Sicht die Richtigkeit der Rechtsanwendung über die "Schnelligkeit" des Verfahrens und die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen LSG für die (richtige) Beurteilung der Erfolgsaussichten für die Klage abwarten dürfen. Daraus seien keine (entschädigungsrelevanten) Zeiten gerichtlicher Inaktivität erwachsen. Und selbst wenn man angesichts der 2 ½ jährigen Verfahrensdauer von einer gewissen "Länge" des Verfahrens ausgehen wollte, so sei die Verfahrensdauer aufgrund der genannten Ermessensentscheidung des Ausgangsgerichts jedenfalls nicht unangemessen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Kläger komme es über den rein zeitlichen Aspekt "insbesondere" auch auf den Gestaltungspielraum, die Verfahrensführung sowie gegenläufige Rechtsgüter wie z.B. auf effektiven Rechtsschutz an, um die Unangemessenheit bzw. Angemessenheit der Verfahrensdauer zu bewerten, § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG. Da hier das Gericht erkennbar um eine angemessene Berücksichtigung der obergerichtlichen Entscheidung bemüht gewesen sei, erscheine insbesondere die bewusste Ablehnung einer vorgeschlagenen Ruhendstellung, um (gezielt) eine Verzögerungsrüge zu erwirken, nicht geeignet, um die Voraussetzungen einer Entschädigungsklage zu begründen. Mit den Vorgaben nach §§ 198ff. GVG sollten Verfahrensgestaltungen auf Veranlassung von Betroffenen überprüft werden können. Werde die Verfahrensgestaltung dagegen erst – wie hier – durch die Betroffenen selbst veranlasst, bleibe für einen Entschädigungsanspruch kein Raum.

Dem treten die Kläger unter Hinweis darauf entgegen, dass ihr Prozessbevollmächtigter aufgrund der Berufsordnung verpflichtet gewesen sei, der Ruhendstellung des Verfahrens nicht zuzustimmen. Ansonsten wäre ein zwischenzeitlicher Verfahrensabschluss wohl ungewiss gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Entschädigungsklageverfahrens und des Ausgangsverfahrens S 16 AS 408/14 sowie auf die Akten der Parallelverfahren S 16 AS 468/14 (vgl. dazu Entschädigungsklage L 12 SF 29/17 EK) und S 16 AS 578/14 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage auf Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Schleswig unter dem Az. S 16 AS 408/14 geführten Klageverfahrens ist zulässig, aber nicht begründet.

Es handelt sich um eine statthafte allgemeine Leistungsklage. Maßgebend für das Entschädigungsklageverfahren sind die §§ 198ff. GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG, jeweils in der Fassung vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) und des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2554). Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren im ersten Rechtszug heranzuziehen. Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Kläger stützen die begehrte Entschädigungszahlung auf § 198 GVG, wonach angemessen entschädigt wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet (Satz 1 der Vorschrift). Eine vorherige Verwaltungsentscheidung sieht das Gesetz nicht vor.

Dass die Entschädigungsklage am 8. Dezember 2016 zu einem Zeitpunkt erhoben worden ist, zu dem das Ausgangsverfahren noch nicht abgeschlossen war (das das Verfahren beendende Urteil ist erst am 16. Februar 2017 ergangen), ändert nichts an der Zulässigkeit der Entschädigungsklage. Wird eine Entschädigungsklage zu einem Zeitpunkt erhoben, zu der das streitgegenständliche Ausgangsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, handelt es sich um eine – zulässige – Teilklage. Zwar war das Ausgangsverfahren im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Entschädigungsgerichts abgeschlossen. Die (restliche) Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens ist klägerseitig allerdings auch in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2018 nicht zum Gegenstand des Entschädigungsklageverfahrens gemacht worden; insoweit ist der von der Teilklage erfasste Streitgegenstand unverändert geblieben. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Die Berechnung der von den Klägern beantragten Entschädigung ist nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgen Klarstellung unter Zulässigkeitsgesichtspunkten unproblematisch. Dass die Kläger ihr Begehren auf jeden Kläger einzeln beziehen, ist nicht zu beanstanden, weil § 198 Satz 1 GVG auf den dem Einzelnen entstandenen Nachteil abstellt. Problematisch war allerdings die Berechnung, weil die Kläger – ausgehend von einer akzeptierten Verfahrensdauer von 12 Monaten ab August 2014, also ab August 2015 – schriftsätzlich zum Teil von 13 und zum Teil von 15 Monaten ausgingen. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger im Termin allerdings klargestellt, dass eine Verzögerung von 15 Monaten geltend gemacht werden soll und dass es sich bei der abweichenden Zeitangabe um ein Versehen gehandelt hat. Ausgehend vom 18. August 2015 waren bei Erhebung der Entschädigungsklage am 8. Dezember 2016 auch 15 Monate verstrichen, so dass die geltend gemachte Entschädigungshöhe insoweit nicht von vornherein unzulässig war.

Die Klagefrist des § 198 Abs. 5 GVG (frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge und spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der verfahrensbeendenden Entscheidung oder einer anderen Erledigung des Verfahrens) ist hier unproblematisch gewahrt (Eingangsdatum der Verzögerungsrüge: 20. April 2016; Verfahrenserledigung des Ausgangsverfahrens erst nach Erhebung der Entschädigungsklage).

Das beklagte Land ist passivlegitimiert (§ 200 Satz 1 GVG).

In der Sache ist die Entschädigungsklage allerdings nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 198 GVG sind hier nämlich nicht erfüllt. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG setzt – wie bereits ausgeführt – voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 Satz 2, § 198 Abs. 4 GVG). Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge, § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG).

Diese – positiven wie negativen – Anspruchsvoraussetzungen müssen auch dann erfüllt sein, wenn die Entschädigungsklage – wie hier – während des noch andauernden Ausgangsverfahrens erhoben wird (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2014, L 37 SF 300/13 EK, Rz 30; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 23. Januar 2014, II ZR 37/13, wie auch zu weiteren Gerichtsentscheidungen zitiert nach juris). Entscheidend ist also, ob bei Erhebung der Entschädigungsklage am 8. Dezember 2016 bereits eine unangemessene und irreparable Verzögerung des Ausgangsverfahrens (zu diesem Maßstab: LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. Rz 39) festzustellen ist. Das ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Gewisse bis zu diesem Zeitpunkt eingetretene Verzögerungen relativieren sich in der Gesamtbewertung bereits durch die nach Erhebung der Entschädigungsklage bemerkenswert kurze weitere Verfahrensdauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht Schleswig. Unabhängig hiervon kann von einer unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens nicht ausgegangen werden.

Unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rz 28 ff.; Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R - Rz 23 ff.; Urteil vom 5. Mai 2015 - B 10 ÜG 8/14 R - Rz 33 ff., juris) erfolgt die Prüfung der (Un-)Angemessenheit der Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG in drei Schritten:

(1) Ausgangspunkt und erster Schritt bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss, auch wenn dieses über mehrere Instanzen oder bei verschiedenen Gerichten geführt worden ist. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat.

(2) In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Dabei ist zu beachten, dass die Verfahrensführung des Ausgangsgerichts vom Entschädigungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen ist.

(3) Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei geht das BSG davon aus, dass vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Verfahrensdauer jeweils insgesamt noch als angemessen anzusehen ist, wenn eine Gesamtverfahrensdauer, die zwölf Monate je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe, denen der Senat folgt, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens hier nicht vor:

(zu 1) Das Ausgangsverfahren hat vom 18. August 2014 bis zur Erhebung der Entschädigungsklage am 8. Dezember 2016 knappe 28 Monate (2 Jahre und knapp 4 Monate) angedauert (bis zur Verkündung des Urteils am 16. Februar 2017 sind etwas mehr als weitere zwei Monate vergangen und bis zur Zustellung der Entscheidung am 27. März 2017 noch einmal etwas mehr als ein Monat).

(zu 2) a) Bei der Messung des Ablaufs des Ausgangsverfahrens an den Kriterien des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist zunächst festzustellen, dass das Verfahren einen überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies. Im Streit stand, ob der beklagte Kreis Nordfriesland im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum über ein "schlüssiges Konzept" im Sinne der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, Rz 18 ff.) zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten verfügte. Letzteres war zum Zeitpunkt der Klageerhebung in den Tatsacheninstanzen noch nicht abschließend geklärt (zur Rechtsanwendung des "schlüssigen Konzepts" im Einzelfall durch die Tatsacheninstanzen vgl. BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2015 – B 14 AS 255/15 B –). Nach den Entscheidungen des LSG Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2016 - L 3 AS 126/16 - und vom 17. Juni 2016 - L 3 AS 184/13 bis 187/13 -, wonach der beklagte Kreis Nordfriesland in der Vergangenheit (bis Juni 2015) nicht über ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der kommunalen Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten verfügt, und den mit Beschlüssen des BSG vom 14. Dezember 2016 - B 14 AS 251/16 B (zu L 3 AS 126/16) - und vom 20. Dezember 2016 - B 4 AS 247/16 B, B 14 AS 248/16 B, B 4 AS 249/16 B, B 14 AS 250/16 B (zu L 3 AS 184/13 bis 187/13) - zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerden verurteilte das Sozialgericht den beklagten Kreis zur Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetzes zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % und sprach den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum (Juni bis einschließlich November 2016) weitere Leistungen in Höhe von monatlich 48,67 EUR zu. Zudem wies die Bescheidlage eine besondere Komplexität auf, da es sich um die endgültige Feststellung zunächst vorläufig gewährter Leistungen unter Anrechnung von Einkommen und der Feststellung einer Erstattungsleistung in Höhe von (zunächst) 210,88 EUR handelte. Vor diesem Hintergrund ist von einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit des Ausgangsverfahrens auszugehen. Dieser Gesichtspunkt hat sich auch im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Juni 2017 und der Anerkennung einer Erhöhung der Mittelgebühr um 20 % niedergeschlagen.

b) Die Bedeutung des Ausgangsverfahrens ist für die Kläger zumindest durchschnittlich gewesen. Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer relevante Bedeutung des Verfahrens ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition der Kläger und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf ihre weiteren geschützten Interessen auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 -, Rz 29). Aus diesem Grunde wird existenzsichernden Leistungen regelmäßig überdurchschnittliche Bedeutung für ihren Empfänger beigemessen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 -, Rz 18; BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - Rz 39). Eine Klage auf Grundsicherungsleistungen ist auch nicht deshalb weniger bedeutsam und dringlich, weil sich die Kläger nicht um einstweiligen Rechtsschutz bemüht haben (BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R - Rz 29). Im vorliegenden Fall standen existenzsichernde Leistungen im Streit. Die Kläger begehrten statt der ihnen nur anteilig bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung , H in Höhe von 427,00 EUR für einen 3-Personen-Haushalt die Übernahme der kopfanteiligen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 500,00 EUR. Aus der für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II wirtschaftlich bedeutsamen Höhe des Begehrens für den Streitzeitraum (1. Juni 2013 bis 30. November 2013) von insgesamt 292,02 EUR (6 x 48,67 EUR) einerseits und der der Forderung der Kläger gegenüberstehenden Erstattungsforderung in Höhe von (zunächst) 210,88 EUR, ergibt sich eine zumindest durchschnittliche Bedeutung des Ausgangsverfahrens. Letztlich standen den Klägern im streitigen Zeitraum höhere Leistungen auf der Grundlage der vorläufigen Bewilligungsentscheidung und der durch Aufnahme einer Beschäftigung verbesserten Einkommensverhältnisse zur Verfügung, die es ihnen ermöglichten, im Bewilligungszeitraum die Bedarfe einschließlich der streitigen Unterkunftsbedarfe weitestgehend zu decken. Gleichwohl waren die Kläger im Ausgangsverfahren angesichts des unzutreffend bestimmten Unterkunftsbedarfs im Rahmen der endgültigen Leistungsfestsetzung einer Erstattungsforderung ausgesetzt, so dass zusammen mit der von den Klägern wohl auch beabsichtigten Signalwirkung für weitere Bewilligungszeiträume hier von einer zumindest durchschnittlichen Bedeutung des Verfahrens auszugehen ist.

c) Die Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens bemisst sich zudem danach, wie das Gericht das Verfahren geführt hat und ob und in welchem Umfang ihm Verfahrensverzögerungen zuzurechnen sind. Denn eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit hängt wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen (§ 200 GVG), also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rz 41 unter Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. August 2012 - 1 BvR 1098/11 -).

Im Zusammenhang mit der Verfahrensführung durch das Gericht ist dabei zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur richterlichen Unabhängigkeit (Art 97 Abs. 1 GG) und zum rechtsstaatlichen Gebot steht, eine inhaltlich richtige, an Recht und Gesetz orientierte Entscheidung zu treffen. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck; vielmehr verlangt das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 32/10 -, Rz 14). Angesichts dessen muss dem Gericht in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – III ZR 73/13 –, Rz 44). Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer sind daher keine zu engen zeitlichen Grenzen zu ziehen (vgl BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL -, Rz 27; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013, - 5 C 23/12 D -, Rz 41 f m.w.N.; BFH, Zwischenurteil vom 11.Juli 2013 - X K 13/12 -, Rz 54). Allerdings müssen die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (vgl BVerfG, stattgebender Kammerbeschlüsse vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 -, Rz 11 und Beschwerdekammerbeschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 BvR 170/06 - Vz 1/12 -).

Zudem eröffnet das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Vielmehr hat das Entschädigungsgericht die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und -gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Die Prozessordnung räumt dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts Art 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rz 43 m.w.N.).

Obwohl die maßgebliche Gesamtabwägung nach den Vorgaben des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG in jedem Einzelfall durchzuführen ist und der Gesetzgeber von der Einführung bestimmter Grenzwerte (Fristen) für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen hat (BT-Drucks. 17/3802 S 18; BSG, Urteile vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - und - B 10 ÜG 2/12 KL -, jeweils zu Rz 25 ff. m.w.N.), lässt es sich zur Gewährleistung möglichst einheitlicher Rechtsanwendung und damit aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit andererseits nicht vermeiden, in Entschädigungssachen zeitraumbezogene Konkretisierungen vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG grundsätzlich jeder Instanz des Ausgangsverfahrens eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zuzubilligen, die nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden muss (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rz 27 und 45 ff.; Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rz 54; Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R -, Rz 46 f.; Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, Rz 33), soweit nicht nach den besonderen Umständen des Einzelfalles (etwa wegen erheblicher Bedeutung als Musterprozess) ausnahmsweise eine kürzere bzw. gar keine (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R, Rz 50; Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R -, Rz 32) oder eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit (etwa wegen exzessiver Inanspruchnahme der Gerichte: vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 37 SF 360/13 EK AS -, Rz 81 f) anzusetzen ist. Diese Vorbereitungs- und Bedenkzeit kann am Anfang, in der Mitte oder am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt 12 Monate nicht übersteigende Abschnitte, unterteilt sein (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rz 46).

Verfahrenslaufzeiten, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt sind, führen erst dann zu einer unangemessenen Verfahrensdauer, wenn sie - auch bei Berücksichtigung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums - sachlich nicht mehr zu rechtfertigen sind (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23/12 D -, Rz 42; BGH, Urteil vom 13. Februar 2014, - III ZR 311/13 -, Rz 31 m.w.N.; BGH, Urteil vom 13. März 2014 - III ZR 91/13 -, Rz 35; BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss vom 1. Oktober 2012 – 1 BvR 170/06 - Vz 1/12 –). Dies gilt insbesondere, wenn das Gericht ohne rechtfertigenden Grund untätig geblieben ist und das Verfahren weder betrieben noch sonst gefördert hat. Damit kommt eine Rechtfertigung von Verzögerungen bei strukturellen Mängeln wie eine Überlastung der Gerichte oder anderen in den Verantwortungsbereich des Staates fallenden Umständen nicht in Betracht (vgl. umfassend BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23/12 D –, Rz 43 m.w.N. zur Rechtsprechung des EGMR und BVerfG).

Beruht die Verfahrensdauer, die die genannte Dauer von zwölf Monaten je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung (z.B. Zeit für Einholung von Auskünften, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, Beiziehung von Akten) oder wird sie maßgeblich durch das Verhalten des Klägers, anderer Verfahrensbeteiligter oder Dritter verlängert, so macht dies die Verfahrensdauer in der Regel noch nicht unangemessen. Auch ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem parallelen Verfahren kommt als sog. aktive Bearbeitungszeit in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von unmittelbarer Relevanz sind (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 - Rz 31; BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss, - 1 BvR 170/16 - Vz 1/12 [Verzögerungsbeschwerde] -, Rz 32 f. (Zurückstellung zugunsten eines Pilotverfahrens); BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rz 47) oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen. Das Abwarten auf eine Leitentscheidung oder eine Entscheidung in einem Parallelverfahren kann dabei auch ohne förmliche Aussetzung oder einen Ruhensbeschluss vom Gestaltungsspielraum des Gerichts gedeckt sein, wenn für das Entschädigungsgericht hinreichend erkennbar ist, dass das Gericht auf eine Leitentscheidung gewartet und das Verfahren aus diesem Grund nicht gefördert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 5 B 13/17 D -, Rz 6). Anderes gilt hingegen für Zeiten, in denen eine Sache über zwölf Monate hinaus ("am Stück" oder immer wieder für kürzere Zeiträume) ohne sachlichen Grund "auf Abruf" liegt, ohne dass das Verfahren zeitgleich inhaltlich betrieben wird, oder sich auf sog. Schiebeverfügungen beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –, Rz 48).

Vor diesem Hintergrund kommt es auf die fehlende Zustimmung des Prozessbevollmächtigten zum Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die seinerzeit im 3. Senat anhängigen Berufungsverfahren L 3 AS 126/13 sowie L 3 AS 183/13 bis L 3 AS 187/13, in denen die auch im Ausgangsverfahren relevante Frage eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Kreis Nordfriesland zur Entscheidung anstand, nicht entscheidungserheblich an.

Vor dem Hintergrund der Ruhensanregung des Gerichts angesichts der bei dem Schleswig-Holsteinischen LSG anhängigen Berufungsverfahren, der eindeutig ablehnenden Haltung der Kläger einerseits und der Verfahrensführung der Kammervorsitzenden, sich die in ihrer Kammer anhängigen Verfahren der Kläger zum gleichen Verfahrensgegenstand jeweils gleichzeitig vorlegen zu lassen, ist für das Entschädigungsgericht hinreichend deutlich, dass das Gericht den Ausgang der von dem beklagten Landkreis benannten Berufungsverfahren zur entscheidungserheblichen Rechtsfrage abwarten wollte. In diesem Zusammenhang darf das Ausgangsverfahren nicht isoliert betrachtet, vielmehr muss es gemeinsam mit den zeitgleich geführten Parallelverfahren der Kläger, den Verfahren S 16 AS 468/14 und S 16 AS 578/14, gesehen werden. Die regelmäßige Wiedervorlage aller die Unterkunftskosten der Kläger betreffenden Verfahren nach Ablehnung der Ruhensanregung des Gerichts mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2014 bis zur Verfügung vom 21. bzw. 26. April 2016 ("Sitzungsfach") lassen zur Überzeugung des Senats nur diesen Rückschluss zu. Dies gilt umso mehr, als die Kammervorsitzende zu den verfügten Wiedervorlagedaten in dem hier maßgeblichen Ausgangsverfahren wiederholt vorgemerkt hat, bei Wiedervorlage den Stand der LSG-Verfahren prüfen zu wollen (Verfügungen vom 4. März und 6. Juli 2015, Bl. 60R und 61 der Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass die Kammervorsitzende das Verfahren im April 2016 ins Sitzungsfach verfügt hat. Mit dieser Verfügung hat die Kammervorsitzende das Verfahren - einschließlich der mitlaufenden Parallelverfahren, in denen eine entsprechende Verfügung schon eher ergangen ist - aus der von der Geschäftsstelle zu überwachenden Fristenkontrolle genommen. Soweit der Prozessbevollmächtigte einwendet, dass mit dem Terminus "Sitzungsfach" zum Ausdruck komme, dass das Verfahren nunmehr entscheidungsreif sei und eine Zeit der gerichtlichen Inaktivität darstelle, vermag der erkennende Senat sich vor dem Hintergrund des erkennbaren Abwartens der obergerichtlichen Entscheidung zur entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht anzuschließen. Denn offensichtlich ging auch der Prozessbevollmächtigte der Kläger seinerzeit davon aus, dass das Ausgangsgericht keine eigenen Ermittlungen vornehmen will, sondern die Entscheidung des 3. Senat abwarten will, wie sich aus seinen Anfragen vom 8. Dezember 2015 sowie vom 16. September 2016 im Parallelverfahren S 16 AS 578/14 zum Verfahrensstand der Musterverfahren deutlich ergibt.

Nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidungen des LSG vom 13. Mai 2016 und 17. Juni 2016 durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden des BSG vom 14. und 20. Dezember 2016 hat das Gericht das Ausgangsverfahren - gemeinsam mit diversen Parallelverfahren der Kläger - am 11. Januar 2017 kurzfristig auf den 16. Februar 2017 terminiert und abschließend entschieden. Damit hat das Gericht nach Wegfall der (faktischen) Ruhensgründe sichtbar zum Ausdruck gebracht, nunmehr das Verfahren durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zu fördern. Angesichts der unmittelbar nach Veröffentlichung der Nichtzulassungsbeschwerden seitens des BSG erfolgten Terminierung des Ausgangsverfahrens sowie weiterer Parallelverfahren der Kläger wird zudem deutlich erkennbar, dass das Ausgangsgericht trotz Herausnahme des Ausgangsverfahrens aus der regelmäßigen Wiedervorlage die Verfahren der Kläger im Blick behalten hat.

Der Senat geht mit dem 10. Senat des BSG (Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rz 47) davon aus, dass das Abwarten auf eine entscheidungserhebliche Leitentscheidung - hier: L 3 AS 126/13 sowie L 3 AS 183/13 bis L 3 AS 187/13 - als sog. aktive Bearbeitungszeit gilt mit der Folge, dass im Ausgangsverfahren trotz einer Verfahrenslaufzeit von 2 Jahren und ca. 4 Monaten und einer Vielzahl an Wiedervorlagen im 3 bzw. 4 Monatsrhythmus bzw. der Verfügung ins Sitzungsfach im April 2016 bis zum Dezember 2016 (Zeitpunkt der Erhebung der Teilklage auf Entschädigung) keine gerichtliche Inaktivität bestand.

Dass das Sozialgericht die Kläger bzw. ihren Prozessbevollmächtigten nicht in diesem Ausgangsverfahren regelmäßig und umfassend über die Gründe seiner Verfahrensgestaltung informiert hat, kann schon wegen der im Parallelverfahren zum Az. S 16 AS 578/14 geführten Korrespondenz des Gerichts mit dem Prozessbevollmächtigten der Kläger vernachlässigt werden. Da sämtliche Parallelverfahren inhaltlich zusammenhingen und weitgehend dieselben Rechtsfragen betrafen, waren die Kläger insoweit über den Ablauf informiert und hatten Gelegenheit, hierzu im Einzelnen Stellung zu nehmen. Hiervon ist in dem Verfahren S 16 AS 578/14 auch Gebrauch gemacht worden. Im Übrigen war der Grund für die Verfahrensgestaltung des Sozialgerichts durch die Ruhensanfragen offensichtlich. Unabhängig hiervon kommt es – wie ausgeführt – wesentlich auf die Erkennbarkeit für das Entschädigungsgericht an, die der Senat hier für gegeben hält.

Nach allem ist es nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht im Ausgangsverfahren die Entwicklung der obergerichtlichen Rechtsprechung zu den maßgebenden Rechtsfragen abwarten wollte. Dies gilt umso mehr, als allein von den Klägern eine Vielzahl von Verfahren – jeweils zu unterschiedlichen Bewilligungszeiträumen – anhängig war. Für den Fall einer schnelleren erstinstanzlichen Entscheidung wären – je nach Ausgang der Verfahren – Verfahrensfortsetzungen in weiteren Instanzen zu erwarten gewesen, so dass bereits insoweit nicht von unangemessenen und irreparablen Verzögerungen des hier in Rede stehenden Ausgangsverfahrens ausgegangen werden kann. Dabei kann der bereits erwähnte, dem Sozialgericht zustehende Ermessens- bzw. Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Verfahrensgestaltung nicht unberücksichtigt bleiben. Zusammenfassend hat das Sozialgericht sich bei seiner Verfahrensausgestaltung angesichts der Einzelfallumstände zur Überzeugung des Senats im rechtlich zulässigen Rahmen gehalten.

Lässt sich somit eine unangemessene Verfahrensdauer nicht begründen, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des BFH (Urteil vom 2. Dezember 2015 - X K 6/14 -, Rz 40 f.), wonach, sofern die Beteiligten auf gerichtliche Anfrage einem Ruhen des Verfahrens mit Rücksicht auf ein bei dem BFH anhängiges Revisionsverfahren in einer parallelen Angelegenheit nicht zustimmen - vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls im Allgemeinen davon ausgegangen werden könne, dass für die Verfahrensverzögerung in dieser Zeitspanne keine Entschädigung in Geld zu gewähren sei und die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer nach § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG ausreichend sei.

Vor diesem Hintergrund bedarf es auch nicht der vertieften Erörterung der Frage, ob die am 20. April 2016 bei dem Sozialgericht eingegangene Verzögerungsrüge wirksam erhoben worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG (im Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens besteht keine Kostenfreiheit nach § 183 SGG, § 183 Satz 6 SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und orientiert sich an der Höhe der geforderten Entschädigung.
Rechtskraft
Aus
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