L 8 U 965/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 3649/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 965/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.11.2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird endgültig auf 425.023,14 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Unfallversicherungsbeiträgen.

Die Klägerin ist ein in Polen ansässiges Unternehmen. Sie ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung seit 23.06.1993 im Handelsregister des Amtsgerichts Bydgoszcz (Eintragung Blatt 164 der VA). Danach ist Gegenstand der Gesellschaft: "Tätigkeiten in den Bereichen: Herstellung, Bauwirtschaft, Handel, Dienstleistungen auf den Gebieten: Industrieartikel, hiervon Haushaltschemie, Pflanzenschutz, Schuhwerk, Lebensmittel– und Landwirtschaftsartikel, Gartenbauartikel, Feld- und Waldfrüchte, Galanteriewaren, nach dem 09.Mai 1945 entstandene Kunstwerke, Vermittlung im Immobilienhandel, Tierzucht, Fleischverarbeitung, Konfektionierung von Lebensmitteln. Branchen: Bekleidung, Lederwaren, Metallerzeugnisse, Elektronik, Holz, Hüttenwaren, Maschinen, Keramik, Papierwaren, Kfz-Technik, Chemie, Polygraphie, Audio-Video und Musik, Spielzeug, Schmuck, Werbung, Marketing, Ausstellungen, Messen, Umweltschutz, Sport, Fremdenverkehr, Hotelgewerbe, Gastronomie, Transport und Spedition, Installationsgewerbe, Service, Projektierung, technische und wirtschaftliche Beratung, mit Ausnahme dieser Bereiche, die der Artikel 4 des Gesetzes vom 1991 umfasst. Außenhandel im ganzen Gegenstand der Tätigkeit der Gesellschaft." Am 30.05.1997 wurde ab dem 01.03.1996 ein Gewerbe bei der Stadt B. (Adresse: straße, B. ) angemeldet, die Tätigkeit wurde als Zerlegung und Wurstfertigung (Werkvertrag) beschrieben (Blatt 2 Verwaltungsakte (VA)). Die Bau-BG leitete ein Verfahren zur Neuaufnahme von Unternehmen ein, wobei die Klägerin Bescheinigungen über die Geltung der polnischen Rechtsvorschriften bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers in der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 4 und Artikel 6 des deutsch-polnischen Abkommens über die Sozialversicherung von Arbeitnehmern, die in das Gebiet des anderen Staats vorübergehend entsandt werden (nachfolgend: D/PL 101), vorlegte.

Die Klägerin errichtete ausweislich der Urkunde des Registergerichtes beim Amtsgericht Syke B. zum 01.04.1999 eine Zweigniederlassung (Blatt 168 VA), wobei im Fragebogen der BG als Baustellen und Auftraggeber in Deutschland angegeben wurden (Blatt 170 VA): - T. GmbH, In der M., R. - R. GmbH, In der M., R. - K. GmbH, M.weg , D.

Mit Schreiben vom 05.08.1999 machte die Klägerin durch ihren Steuerberater gegenüber der Bau-BG geltend, dass in Deutschland nur eine unselbstständige Betriebsstätte unterhalten werde, deren Gründung nur steuerliche Gründe habe. Die in Deutschland tätigen Mitarbeiter seien durch die A. in Polen angestellt, laut einem Abkommen zwischen Polen und Deutschland würden vorübergehend entsandte Mitarbeiter den polnischen gesetzlichen Vorschriften unterliegen, sodass diese in Polen gegen Unfälle versichert seien. Eine Zuständigkeit der deutschen Berufsgenossenschaft bestehe daher nicht.

Mit Schreiben vom 11.11.1999 gab die Bau-Berufsgenossenschaft den Vorgang an die Beklagten (seinerzeit Fleischerei-Berufsgenossenschaft) ab (Blatt 178 VA).

Die Beklagte leitete weitere Ermittlungen ein und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 12.01.2000 (Blatt 180 VA) auf, Dienstleistungsfragebögen getrennt für jeden einzelnen Auftraggeber auszufüllen, damit die Zuständigkeit und die Frage, ob eine Einstrahlung im Sinne des Sozialgesetzbuch IV vorliege, geprüft werden könne.

Der Betriebsfragebogen wurde unter dem 16.02.2000 (Blatt 187 VA) ausgefüllt, wobei unter anderem angeben wurde, dass schriftliche Werkverträge abgeschlossen würden, der Einsatz der Kräfte beim Auftraggeber erfolge als Kolonne und getrennt vom Stammpersonal des jeweiligen Betriebs. Ergänzend wies die Klägerin darauf hin (Blatt 189 VA), dass alle in Deutschland beschäftigten polnischen Arbeitnehmer eine D/PL-Bescheinigung hätten, sodass sie im Sinne der Einstrahlung im Sinne des SGB IV von der deutschen Sozialversicherungspflicht befreit seien. Die Klägerin zahle Beiträge an die polnische Sozialversicherungsanstalt – Zaklad Ubezpieczen Spolecznych - ZUS, die Arbeitnehmer seien vor der Entsendung im polnischen Fleischereibetrieb beschäftigt worden, nach Ablauf der Entsendung würden sie weiterhin im polnischen Fleischereibetrieb arbeiten. Die Zahl der Beschäftigten im Heimatland schwanke von Monat zu Monat, zur Zeit seien insgesamt 94 Arbeitnehmer beschäftigt.

Ausweislich eines Schreibens der Beklagten an die Bau-BG vom 15.03.2000 (Blatt 190 VA) ging diese von einer Unzuständigkeit aus und leitete den Vorgang an die Binnenschiffahrts-BG (Blatt 192 VA) weiter.

Ausweislich eines Aktenvermerks (Blatt 210 VA) ging die Beklagte aufgrund der in einer TV-Sendung dargestellten Recherchen davon aus, dass die Klägerin in Polen lediglich ein Bürogebäude unterhalte, in dem keine Fleischverarbeitung stattfinden könne (Blatt 213 VA).

Mit Zuständigkeitsbescheid vom 20.04.2005 (Blatt 216 VA) stellte die Beklagte den Beginn ihrer Zuständigkeit für die Klägerin ab 01.03.1996 fest, veranlagte sie nach den jeweils ab 01.03.1996 und 01.01.2001 geltenden Gefahrtarifen und forderte mit Vorschussbescheid vom 20.04.2005 (Blatt 214) einen Vorschuss auf die Beiträge in Höhe von 50.0000 EUR an.

Gegen die Bescheide vom 20.04.2005 erhob die Klägerin am 19.05.2005 Widerspruch und machte geltend, dass eine Veranlagung von der polnischen Sozialversicherungsbehörde seit Aufnahme der Betriebstätigkeit erfolgt sei und eine Doppelveranlagung nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 10.06.2005 (Blatt 243 VA) wies die Beklagte darauf hin, dass die Klägerin seit mindestens 01.03.1996 fleischergewerblich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig sei. Sofern die Zuständigkeit bestritten werde, werde um weiteren Sachvortrag gebeten, hinsichtlich einer geltend gemachten Doppelzuständigkeit werde auf den Beschluss des Landessozialgerichtes Rheinland-Pfalz vom 23.06.2003 verwiesen, wonach den bis zum 30.04.2004 gültigen Entsendebescheinigungen (D/PL-101) keine konstitutive Wirkung zukomme. Nach derzeitigen Erkenntnissen würden die Entsendevoraussetzungen nicht vorliegen, sodass seit 1996 eine Versicherungs- und Beitragspflicht für die in Deutschland tätigten Beschäftigten bestehe.

Zu dem Hinweis übersandte die Klägerin eine, ins Deutsche übersetzte, Bescheinigung der polnischen Sozialversicherungsanstalt (ZUS - Blatt 246 VA), wonach eine ordnungsgemäße Abführung der Sozialversicherungsbeiträge, die auch Unfallversicherungsbeiträge enthalte, vorliege.

Am 14.07.2005 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Hannover die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Aussetzung der Vollziehung des Vorschussbescheides und machte geltend, dass eine Zuständigkeit der Beklagten nicht gegeben sei, da die Klägerin ihren Sitz in Polen habe und von dort ihre Geschäftstätigkeit ausübe. Sie habe seit 1996 mit in der Bundesrepublik ansässigen Betrieben sogenannte Werkverträge geschlossen, deren Grundlage sich in der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen vom 31.01.1990 finde. Das Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen habe Bescheide über die Zusicherung von Arbeitserlaubnissen zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer erteilt, aus diesen sei ersichtlich gewesen, dass eine Sozialversicherungsfreiheit in Deutschland bestanden habe. Dementsprechend seien für alle in Deutschland tätigen Mitarbeiter Beiträge in Polen (an die ZUS) abgeführt worden. Das Sozialgericht Hannover erklärte sich mit Beschluss vom 05.08.2005 für unzuständig und verwies das Verfahren an das Sozialgericht Mainz (Blatt 267 VA). Nach Antragserwiderung durch die Beklagte (Blatt 271 VA), machte die Klägerin, unter Vorlage übersetzter polnischer Unterlagen, geltend (Blatt 309 VA), dass die Betriebstätigkeit in Polen nicht nur unter der Betriebsanschrift erfolge, sondern auch in weiteren Gemeinden. Die Anzahl der zum Arbeitseinsatz nach Deutschland entsandten und die Anzahl der in Polen beschäftigten Mitarbeiter habe strikt das Ministerium für Wirtschaft in Polen bestimmt, wonach die Arbeitsämter in Deutschland die Verteilung vorgenommen hätten. Durchschnittlich seien in Polen 83 und in Deutschland 46 entsandte Mitarbeiter gemeldet worden. Sämtliche Mitarbeiter seien im Besitz einer D/PL-101 Bescheinigung gewesen und ggf. einer Zustimmung der DVKA. Ab dem 01.05.2004 sei die Entsendung auf Grundlage der EU-Richtlinie Nr. 574/72 und 1408/71 erfolgt, ab dem 01.05.2004 habe die Möglichkeit bestanden, Arbeitnehmer ausschließlich zum Zwecke der Entsendung zu beschäftigen. Die Mitarbeiter seien vor der Entsendung bzw. nach ihrer Rückkehr im polnischen Betrieb beschäftigt worden.

Mit Bescheid vom 06.12.2005 (Blatt 337) setzte die Beklagte einen Beitrag für das Jahr 2000 in Höhe von 22.711,26 EUR fest, gegen den die Klägerin am 23.12.2005 Widerspruch erhob (Blatt 342 VA).

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2006 (Blatt 350) wies die Beklagte - den Widerspruch gegen den Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheid vom 20.04.2005 - den Widerspruch gegen den Vorschussbescheid vom 20.04.2005 - den Widerspruch gegen den Bescheid über die Feststellung von Säumniszuschlägen vom 11.05.2005 und - den Widerspruch gegen den Beitragsbescheid für das Jahr 2000 als unbegründet zurück.

Am 10.01.2006 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Mainz die Aussetzung des Beitragsbescheides 2000 (S 5 ER 123/05 U).

Gegen die Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2006 erhob die Klägerin am 20.02.2006 Klage zum Sozialgericht Mainz (S 5 U 34/06) und machte geltend, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Bescheide fehle. Das Abkommen (BGBl. 1974 Teil II, 926) beziehe sich auch auf die Unfallversicherung, nach Artikel 4 Absatz 2 würden die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates für entsandte Arbeitnehmer auf die Dauer von 24 Monaten keine Anwendung finden. Ein weiteres Abkommen sei 1991 geschlossen worden, welches Artikel 4 des vorherigen Abkommens nicht außer Kraft setze, aus dem Protokoll der deutsch-polnischen Regierungsverhandlungen vom 05.06.2000 bis 09.06.2000 ergebe sich, dass die Bescheinigung D/PL-101 identisch sei mit der Bescheinigung E-101, hinsichtlich letzterer habe der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine Bindungswirkung bestehe.

Mit Beitragsbescheid vom 17.11.2006 (Blatt 478 VA) setzte die Beklagte die Beiträge für das Jahr 2001 auf 19.169,79 EUR fest und teilte gegenüber dem Finanzamt Hannover (Blatt 481 VA) mit, dass Unterlagen über Gesamtlohnsummen und Umsatzzahlung von Interesse seien, nachdem die Beiträge bislang mittels Schätzung festgesetzt worden seien. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 12.12.2006 Widerspruch.

Mit Bescheid vom 21.12.2006 (Blatt 483a VA) setzte die Beklagte Säumniszuschläge für den Beitrag 2001 in Höhe von 190,50 EUR und mit Bescheid vom 29.12.2006 (Blatt 484a VA) Säumniszuschläge für den Beitrag 2000 in Höhe von 1.582,00 EUR fest. Gegen die Bescheide erhob die Klägerin jeweils am 09.01.2007 Widerspruch (Blatt 485 und 486 VA).

Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 5 ER 123/05 U) lehnte das Sozialgericht Mainz mit Beschluss vom 16.02.2007 (Blatt 511 VA) ab, da nach den vorliegenden Unterlagen viel dafür spreche, dass zumindest ein Teil der in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer in Deutschland der Versicherungspflicht unterfallen seien und die Voraussetzungen einer Entsendung nicht vorgelegen hätten.

Mit Schreiben vom 16.10.2007 (Blatt 544 VA) forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage von Lohnnachweisen für das Jahr 2002 auf, damit der Beitragsbescheid erstellt werden könne und setzte eine Frist zur Erledigung bis 02.11.2007, am 30.10.2007 wurden die Jahresabschlüsse gemäß § 31a Abgabenordnung vorgelegt. Eine darüber hinausgehende Vorlage von Lohnnachweisen lehnte die Klägerin unter Verweis auf ihren Rechtsstandpunkt ab (Schriftsatz vom 06.11.2007, Blatt 547 VA).

Mit Bescheid vom 08.11.2007 (Blatt 551 VA) setzte die Beklagte die Beiträge für das Jahr 2002 auf 151.958,04 EUR fest und teilte ergänzend (Blatt 553 VA) mit, dass die Festsetzung im Wege der Schätzung erfolgt sei (§ 165 Absatz 3 SGB VII), wobei Grundlage die Unterlagen des Finanzamtes Syke und die daran enthaltenen Netto-Umsätze des Kalenderjahres 2002 gewesen seien. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt sei durch Abzug von 20% für Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und 5 % für Berufsgenossenschaftsbeiträge erfolgt (entsprechend der Entscheidung L 8 U 99/99, LSG Schleswig-Holstein). Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 12.12.2007 Widerspruch (Blatt 561 VA).

Die gegen den Beschluss des SG Mainz gerichtete Beschwerde wies das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 06.11.2007 zurück (Blatt 558 VA), da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung bestünden, da nach den von der Klägerin vorgelegten Listen nur eine äußerst geringe Anzahl der in Deutschland tätig gewesenen Arbeitnehmern anschließend bei der Klägerin in Polen weiterbeschäftigt worden seien.

Mit am 19.12.2007 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben erstattete der Steuerberater der Klägerin einen Lohnnachweis für das Jahr 2002 und gab Lohnsummen für Ausbeinerei/Zerlegerei von 2.471.753 EUR und verwaltenden Teil mit 26.036 EUR an. Gestützt hierauf passte die Beklagte mit Bescheid vom 20.12.2007 die Beitragsberechnung für 2002 auf einen Betrag von 137.599,20 EUR an. Gegen den Änderungsbescheid erhob die Klägerin am 18.01.2008 Widerspruch (Blatt 580 VA).

Mit Bescheid vom 29.09.2008 (Blatt 628 VA) setzte die Beklagte die Beiträge für das Jahr 2003 auf 228.833,05 EUR fest und wies Fremdumlagen in Höhe von 15.059,64 EUR und 5.431,06 EUR aus. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 04.11.2008 Widerspruch und legte einen Lohnnachweis (Blatt 631 und 631R) für 2003 vor, der eine Lohnsumme von 4.143.379 auswies.

Mit Schriftsatz vom 01.12.2008 übersandte die Klägerin im Verfahren vor dem SG Mainz Fotokopien der Werkverträge, eine namentliche Aufstellung der entsandten Mitarbeiter und eine Bescheinigung der ZUS über gezahlte Beiträge (Blatt 634 bis 731 VA), die Beklagte nahm dahingehend Stellung, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (B 2 U 30/98 R) eine Weiterbeschäftigung nach Abschluss der Entsendung unbedingt erforderlich sei

Auf Nachfrage der Beklagten (Schreiben vom 13.01.2009, Blatt 735 VA) legte die Klägerin eine spezifizierte Aufstellung der Lohnsummen für das Jahr 2003 vor. Den Beitragsbescheid für 2003 berichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 09.02.2009 auf einen Betrag von 179.343,23 EUR und wies Fremdumlagen von 11.891,50 EUR und 4.249,91 EUR aus. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 23.02.2009 Widerspruch (Blatt 752 VA).

Am 20.07.2009 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Mainz die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf den Beitragsbescheid 2003 (S 5 U 141/09 ER), das Verfahren wurde am 19.08.2009 für erledigt erklärt (Blatt 863 VA).

In dem Klageverfahren SG Mainz (S 5 U 34/06) trug die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.09.2009 (Blatt 874 – 907) ergänzend dahingehend vor, dass die jeweils angegebenen Adressen diejenigen der Büros der Geschäftsführung gewesen seien, die Produktionstätigkeit sei an anderen Orten durchgeführt worden. Auf die beigefügten Pachtverträge für die Produktionsstätten werde verwiesen, daneben existierten amtliche Lagepläne. Die Entsendung seit 1996 sei auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen zwischen den Regierungen von Polen und Deutschland erfolgt, sämtliche Unternehmen seien von dem Ministerium für Wirtschaft, der ZUS sowie dem Finanzamt vorab kontrolliert worden. Erst nach Durchführung der Prüfung sei vom Ministerium ein Kontingent für die Entsendung erteilt worden, zu den Voraussetzungen habe insbesondere die Zahlung von sämtlichen Sozialversicherungsbeiträgen in Polen gehört. Die Beklagte als vermeintlich zuständige Berufsgenossenschaft habe noch nicht in einem einzigen Fall Leistungen aus Anlass von Arbeitsunfällen erbracht, obgleich dies zwingende Folge der behaupteten Beitragspflicht sei. Ergänzend sei zu bemerken, dass alle Mitarbeiter, die im Rahmen von Werkverträgen in Deutschland gearbeitet hätten, auch nach Beendigung des Beschäftigungszeitraums in Deutschland in Polen weiterarbeiten sollten und konnten, dieses aber zum großen Teil nicht wollten, sondern lieber einer anderen Beschäftigung nachgegangen seien.

Hierzu wies die Beklagte darauf hin (Blatt 916 VA), dass aus den Personallisten deutlich hervorgehe, dass nahezu alle in Deutschland eingesetzten Beschäftigten allein zum Zwecke der Entsendung eingestellt worden seien. Hinsichtlich der genannten Beschäftigten, die ausschließlich in Polen für die Klägerin tätig gewesen sein sollten, fehlten die Einstellungs- sowie Austrittsdaten.

Mit Bescheid vom 24.11.2009 setzte die Beklagte die Beiträge für das Jahr 2004 auf 90.752,00 EUR fest und wies Fremdumlagen in Höhe von 5.063,50 EUR und 1.932,28 EUR aus. Ergänzend führte sie aus (Blatt 930/931), dass ein Lohnnachweis für 2004 nicht vorliege, sodass eine Schätzung habe vorgenommen werden müssen.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 03.12.2009 Widerspruch (Blatt 933) und verwies auf ihre bereits bekannte Rechtsauffassung.

Mit Bescheid vom 18.12.2009 (Blatt 935 VA) setzte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 977,00 EUR fest, gegen den die Klägerin am 04.01.2010 (Blatt 938 VA) Widerspruch erhob.

Der Lohnnachweis für 2004 ging am 29.12.2009 (Blatt 936 VA) bei der Beklagten ein, wobei eine Lohnsumme von 1.854.469 EUR ausgewiesen wurde. Mit Bescheid vom 15.01.2010 (Blatt 940 VA) korrigierte die Beklagte die Beiträge auf 82.208,28 EUR und wies Fremdumlagen in Höhe von 4.605,24 EUR und 1.741,18 EUR aus. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 20.01.2010 (Blatt 954 VA) Widerspruch.

Mit Urteil vom 29.09.2009 (Blatt 994 VA) wies das SG Mainz die Klage im Verfahren S 5 U 34/06 ab und führte zur Begründung aus, dass die Beklagte für die Klägerin zuständig sei und diese daher zu Recht und zutreffend veranlagt habe. Daher unterliege die Klägerin auch der Pflicht, Beiträge an die Beklagte zu zahlen, da gemäß § 150 SGB VII beitragspflichtig Unternehmer seien, für deren Unternehmen Versicherte tätig seien. Ein Ausnahmefall von § 5 SGB IV liege nicht vor, insbesondere enthalte das deutsch-polnische Werkvertragsabkommen keine Regelungen zur Sozialversicherungspflicht und in dem Abkommen finde sich keine eigenständige Begriffsbestimmung zur Entsendung. Auch das deutsch-polnische Entsendeabkommen enthalte keine Regelungen, welche nach § 6 SGB IV die allgemeine Regelung des § 5 SGB IV verdränge. Das Entsendeabkommen enthalte in Artikel 3 eine Definition des Begriffs der Entsendung und unterliege nicht der Dispositionsbefugnis der zuständigen Behörden. Die D/PL-101 Bescheinigungen seien den E-101 Bescheinigungen nicht gleichzustellen, sodass die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur Bindungswirkung der E-101 Bescheinigungen nicht auf das deutsch-polnische Verhältnis im Zeitraum vor dem EU-Beitritt anzuwenden sei. Im vorliegenden Fall würden die ausgestellten D/PL-101 Bescheinigungen keine Bindungswirkung entfalten, nachdem nach den vorliegenden Erkenntnissen und Unterlagen im streitgegenständlichen Jahr 2000 von der Klägerin zahlreiche Arbeitnehmer zum Zweck des Einsatzes in der Bundesrepublik Deutschland eingestellt worden seien und eine anschließende Weiterbeschäftigung im Stammwerk in Polen zumindest faktisch nicht möglich gewesen sei und offenkundig auch tatsächlich, zumindest weit überwiegend, eine Nachbeschäftigung nicht erfolgt sei. Die Voraussetzungen der Einstrahlung nach § 5 SGB IV seien daher nicht gegeben

Mit Bescheid vom 02.07.2010 setzte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 885,50 EUR (Blatt 1053 VA) und mit weiterem Bescheid vom 02.07.2010 Zinsen fest. Gegen die Bescheide erhob die Klägerin am 15.07.2010 (Blatt 1057 VA) Widerspruch.

Gegen das Urteil erhob die Klägerin am 01.03.2010 Berufung zum Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (L 4 U 53/10, Blatt 1040 VA). Zur Begründung machte sie geltend, dass sie nicht der deutschen Sozialversicherung unterlegen habe, da sie ihr Unternehmen in Polen betrieben und nur einen Teil der Mitarbeiter im Rahmen von Werkverträgen nach Deutschland entsandt habe. Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen polnischen und deutschen Unternehmen sei zu keinem Zeitpunkt entstanden, sodass in jedem Fall ein Entsendefall gegeben sei. Feststellungen dazu, ob eine Weiterbeschäftigung stattgefunden habe, seien nicht getroffen worden, daneben bestehe auch in Polen die Möglichkeit, sich von einem Arbeitgeber zu trennen. Die D/PL-101 Bescheinigungen hätten dem SG zur Einsichtnahme vorgelegt werden können, dies sei ausdrücklich abgelehnt worden.

Die Beklagte trat der Berufung mit Schriftsatz vom 09.08.2010 entgegen (Blatt 1073 VA), nach gerichtlichen Hinweis machte die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.11.2010 (Blatt 1095 VA) geltend, dass eine Betriebsstätte gepachtet gewesen sei, für die ein Pachtvertrag vorgelegt werde. Im Jahr 2000 habe die Klägerin 239 Mitarbeiter beschäftigt, davon hätten 124 Mitarbeiter in den Betriebsstätten gearbeitet, 115 seien entsandt gewesen. Ein Teil der entsandten Personen habe nur vorher, ein Teil vorher und nachher und ein Teil nur nachher in Polen gearbeitet. Sie habe über eine Gewerbeerlaubnis verfügt, die Mitarbeiter hätten Arbeitsverträge gehabt und seien alle bei der polnischen Sozialversicherung angemeldet gewesen. Nach Verkündung des Urteils erster Instanz sei versucht worden, die Beiträge von der ZUS zurückzuerhalten, was mit Bescheid vom 20.08.2010 abgelehnt worden sei. Die ZUS habe sich auf den Standpunkt gestellt, dass nach den D/PL-101 Vordrucken die nach Deutschland entsandten Mitarbeiter ordnungsgemäß gemeldet gewesen seien. Dem Schriftsatz trat die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.12.2010 entgegen (Blatt 1099 VA). Das Berufungsverfahren wurde durch Vergleich vom 04.05.2011 (Blatt 1120 VA) erledigt.

Mit Schreiben vom 23.08.2011 (Blatt 1145 VA) legte die Klägerin eine handschriftliche Bilanz für das Jahr 2001 sowie einen handschriftlichen Kassenbericht für Februar 2001 vor, mit weiterem Schreiben vom 29.03.2012 (Blatt 1184 VA) vertrat die Klägerin die Auffassung, dass eine Lohnnachweispflicht nach dem SGB VII nicht gegeben sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2012 wies die Beklagte - den Widerspruch vom 21.12.2006 gegen den Beitragsbescheid 2001 vom 17.11.2006 - den Widerspruch vom 08.01.2007 gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom 21.12.2006 - den Widerspruch vom 08.01.2007 gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom 21.12.2006 - den Widerspruch vom 12.12.2007 gegen den Beitragsbescheid 2002 vom 08.11.2007 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides 2002 vom 20.12.2007 - den Widerspruch vom 31.10.2008 gegen den Beitragsbescheid 2003 vom 29.09.2008 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides 2003 vom 09.02.2009 - den Widerspruch vom 01.12.2009 gegen den Beitragsbescheid 2004 vom 24.11.2009 in der Fassung des berichtigten Beitragsbescheides 2004 vom 15.01.2010 - den Widerspruch vom 29.12.2009 gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom 18.12.2009 - den Widerspruch vom 15.07.2010 gegen den Zinsbescheid vom 02.07.2010 jeweils als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Zuständigkeit der Beklagten und die Veranlagung zu den Gefahrklassen nicht Gegenstand des Verfahrens seien, da die Bescheide durch den Vergleich vor dem Landessozialgericht bestandkräftig geworden seien. Nach dem deutsch-polnischen Entsendeabkommen (Artikel 3) müsse der Arbeitnehmer jedenfalls nicht nur vorübergehend an einem anderen Ort als dem Ort der Entsendung für den Arbeitgeber tätig sein. Verrichte er seine Arbeit gewöhnlich außerhalb des Stammwerks, gelte dies nicht als Entsendung, wenn sich dies aus der Natur der Arbeit heraus erkläre. Für eine Entsendung sei mithin nicht nur der Fortbestand der beiderseitigen, arbeitsvertraglichen Verpflichtungen während und nach der Entsendung erforderlich, sondern darüber hinaus die gewöhnliche, d.h. tatsächliche Tätigkeit für den Arbeitgeber, zumindest nach der Entsendung. Das BSG habe festgestellt, dass Entsendebescheinigungen aufgrund eines bilateralen Abkommens zumindest dann keine Bindungswirkung zugemessen werde könne, wenn diese offensichtlich unrichtig seien. Die Beurteilung habe nach § 5 SGB IV zu erfolgen, wobei es sich bei der Einstrahlung um eine Ausnahme zum grundsätzlichen Territorialitätsprinzip handele, die von demjenigen, der den Ausnahmetatbestand für sich in Anspruch nehme, zu beweisen sei. Ein Nachweis für einen nennenswerten Geschäftsbetrieb in Polen sei die Klägerin schuldig geblieben, zwar habe sie behauptet, im gewissen Umfang im Heimatland Arbeitnehmer zu beschäftigen, jedoch stünden die vorgelegten Unterlagen hierzu im Widerspruch. Aus den Unterlagen gehe nur hervor, dass ab 01.03.2004 weitere Betriebsstätten unterhalten worden seien, auch die Vorlage von Pachtverträgen ab 1996 stelle keinen Beweis für eine nennenswerte Geschäftstätigkeit dar, sondern beweise lediglich, dass Grundstücke bzw. Gebäude gepachtet worden seien. An Nachweisen bezüglich der Tätigkeitszeiträume der Beschäftigten fehle es weiterhin, die bisher vorgelegten Unterlagen wiesen lediglich darauf hin, dass die in Deutschland eingesetzten Beschäftigten nahezu ausschließlich zum Zwecke der Entsendung eingestellt worden seien und weder im Heimatland vorbeschäftigt gewesen seien, noch eine Nachbeschäftigung stattgefunden habe. Für das Jahr 2004 seien nur die bis 30.04.2004 gezahlten Entgelte herangezogen worden, da ab 01.05.2004 die EU-VO 1408/71 durch den EU-Beitritt Polens maßgeblich gewesen sei, wobei die E-101 Bescheinigungen Bindungswirkung entfalteten. Der Beitrag 2001 beruhe weiterhin auf einer Schätzung. Nachdem der Veranlagungsbescheid bestandskräftig geworden sei, werde erkennbar, dass das Begehren nach einer gesonderten Veranlagung der Verpacker nicht weiterverfolgt worden sei. Da die Bescheide nicht zu beanstanden seien, seien auch die Säumniszuschläge gemäß § 24 SGB IV zu Recht erhoben worden.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 02.05.2012 Klage zum Sozialgericht Mainz, welches die Klage mit Beschluss vom 26.10.2012 an das SG Mannheim verwies. Die Klägerin machte geltend, dass die Mitarbeiter vor Aufnahme der Tätigkeit alle die Bescheinigung D/PL-101 erhalten hätten und bei der polnischen Sozialversicherungsanstalt "ZUS" geführt und gemeldet gewesen seien, die Beiträge seien ordnungsgemäß und in voller Höhe entrichtet worden. Die Beklagte habe einen reißerisch aufgemachten Bericht des Senders RTL aus 2005 zum Anlass genommen, Prüfungen vorzunehmen, wobei diese nicht vor Ort erfolgt seien. Die D/PL-101 Bescheinigungen seien erst erteilt worden, nachdem die formalen Voraussetzungen geprüft worden seien, für alle Mitarbeiter seien die Abgaben an die ZUS gezahlt worden. Durch Urteil vom 26.04.2012 habe das Bezirksgericht Bydgoszcz entschieden, dass die Beiträge an die ZUS zu Recht gezahlt worden seien. Die ZUS habe bestätigt, dass es legitim sei, wenn Mitarbeiter ausschließlich zum Zwecke der Entsendung eingestellt würden, woraus abzuleiten sei, dass Unternehmen wie die Klägerin entsprechend beraten worden seien.

Die Beklagte trat der Klage entgegen (Blatt 94 ff. SG-Akte) und nahm insbesondere Bezug auf das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 10.08.2009 (L 2 U 136/07). Mit Verfügung vom 05.12.2013 (Blatt 140 SG-Akte) forderte das SG die Klägerin zu Darlegungen im Hinblick auf die Mitarbeiter bezogen auf die Jahre 2001 bis 2004 auf. Hierzu nahm die Klägerin dahingehend Stellung, dass im Jahr 2001 monatlich 236 Personen beschäftigt gewesen und davon im Durchschnitt 56 entsandt worden seien, von denen nach Rückkehr 25 Mitarbeiter weiterbeschäftigt worden seien. Im Jahr 2002 seien in Polen 288 Mitarbeiter beschäftigt und 96 entsandt gewesen, wovon 38 weiterbeschäftigt worden seien. Im Jahr 2003 seien in Polen 381 beschäftigt und 139 entsandt gewesen, nach Rückkehr seien 73 Mitarbeiter weiterbeschäftigt worden. Vom 01.01.2004 bis 30.04.2004 seien in Polen 406 Mitarbeiter beschäftigt und 115 entsandt worden, zurückgekehrt seien in diesen Monaten keine Mitarbeiter, sodass keine Weiterbeschäftigung habe stattfinden können.

Das SG führte einen Erörterungstermin (Blatt 175 SG-Akte) durch, in dem der Geschäftsführer der Klägerin angab, dass die Zweitniederlassung weiterhin in B. sei, die Firma sei weiterhin in Polen aktiv, es sei nur eine Ummeldung innerhalb des Ortes erfolgt. Die Landwirtschaft in Polen sei circa 80 Hektar groß, es gehe bei den in Deutschland geschlossenen Werkverträgen grundsätzlich um die Zerlegerei, mit der Schlachtung der Tiere habe man nichts zu tun. Die entsandten Mitarbeiter würden namentlich erfasst und von B. aus erfolge die Weitersendung dieser Mitarbeiter, der Einsatz erfolge in Deutschland bundesweit. Vom Arbeitsamt in Duisburg sei eine Arbeitsgenehmigung für jeden einzelnen Mitarbeiter erteilt worden, vom Wirtschaftsministerium bestehe ein monatliches Limit von 96 Personen, bei akutem Bedarf könne das Limit jedoch erhöht werden. Es habe auch ein jährliches Kontingent gegeben, welches sich am Vorjahr orientiert habe. Mit Schriftsatz vom 05.11.2014 (Blatt 185 SG-Akte) übersandte die Klägerin eine Aufstellung über die in den Jahren 2001 bis 2004 nach Deutschland übersandten Mitarbeiter.

Die Klage wies das SG mit Urteil vom 27.11.2014 ab und führte zur Begründung aus, dass eine Ausnahmeregelung vom Territorialitätsprinzip nach § 6 SG IV nicht eingreife, insbesondere führe das deutsch-polnische Entsendeabkommen nicht zu einer Abkehr vom Territorialitätsprinzip. Eine Entsendung sei nicht aus den D/PL-101 Bescheinigungen herzuleiten, die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur Bindungswirkung der E-101 Bescheinigungen seien nicht auf das deutsch-polnische Verhältnis vor dem EU-Beitritts Polens anwendbar. Die Entsendung richte sich nach dem deutschen Recht aus § 5 SGB IV, die Voraussetzungen der Einstrahlung nach § 5 SGB IV würden nicht vorliegen. Insbesondere sei eine Vor- bzw. Nachbeschäftigung der in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer nach der Rückkehr in polnische Betriebe der Klägerin nicht nachgewiesen, dass der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses weiterhin in Polen liege, könne nicht festgestellt werden. Die Listen der Klägerin zu den Mitarbeitern seien ebenso widersprüchlich, wie die Angaben zu den Gesamtzahlen der Beschäftigten. Die Arbeitnehmer seien zur Entsendung eingestellt und wenn überhaupt nur kurze Zeit in Polen weiterbeschäftigt worden. Die Kammer sei daher nicht davon überzeugt, dass der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses in Polen gelegen habe. Die Sozialversicherungspflicht entfalle auch nicht aufgrund von Beiträgen, die an die ZUS abgeführt worden seien, da diese Entscheidungen nicht an einer Beurteilung nach den Maßstäben des § 5 SGB IV hinderten.

Gegen das Urteil hat die Klägerin am 16.03.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg eingelegt. Sie macht geltend, dass auf ihr Rechtsmittel gegen das Urteil gegen die Entscheidung der ZUS das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung zurückverwiesen worden sei. Die Bescheinigungen D/PL-101 seien erst nach Prüfung der Voraussetzungen erteilt worden, wobei die Arbeitserlaubnisse in Polen und nicht in Deutschland ausgestellt worden seien. Das SG gehe davon aus, dass eine Einstellung zum Zwecke der Entsendung zulässig sei, es müsse aber sichergestellt sein, dass der Schwerpunkt rechtlicher und tatsächlicher Merkmale im Geltungsbereich der polnischen Sozialversicherung liege. Die Klägerin habe keine rechtlichen Möglichkeiten, zu verhindern, dass ein Arbeitnehmer nach Rückkehr das Arbeitsverhältnis beende.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Mannheim 27.11.2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 17.11.2006 (Beitragsbescheid 2001), 21.12.2006 (Säumniszuschlagsbescheid), 08.11.2007 (Beitragsbescheid 2002), 20.12.2007 (berichtigter Beitragsbescheid), 29.09.2008 (Beitragsbescheid 2003), 09.02.2009 (berichtigter Beitragsbescheid 2003), 24.11.2009 (Beitragsbescheid 2004), 15.01.2010 (berichtigter Beitragsbescheid 2004), 18.12.2009 (Säumniszuschlagsbescheid) und 02.07.2010 (Zinsbescheid) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Absatz 1, 124 Absatz 2 SGG) entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht Unfallversicherungsbeiträge festgesetzt und Säumniszuschläge erhoben.

Gemäß § 150 Absatz 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind beitragspflichtig die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Versicherungspflicht der Beschäftigten folgt aus § 2 Absatz 1 Nr. 1 SGB VII.

Der Senat konnte aufgrund des vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz im Verfahren L 4 U 53/10 geschlossenen Vergleichs feststellen, dass die Beklagte der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger ist und die Klägerin zu der Gefahrklasse 17,8 veranlagt worden ist. Aus dem Umstand, dass Streitgegenstand des Verfahrens ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2006 (Blatt 300 VA) der Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheid vom 20.04.2005, der Vorschussbescheid vom 20.04.2005, der Säumniszuschlagsbescheid vom 11.05.2005 und der Beitragsbescheid für das Jahr 2000 gewesen sind, der Vergleich jedoch nur eine Regelung hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Beiträge enthält, ist der Senat der Überzeugung, dass die Berufung bezüglich des Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheides nicht fortgeführt worden und durch die Erledigungserklärung insoweit Bestandskraft eingetreten ist. Jedenfalls ergibt sich aus der Regelung über die Beitragshöhe konkludent, dass der Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheid bindend werden sollte, da ansonsten eine Beitragspflicht schon dem Grunde nach nicht angenommen werden könnte, es mithin an einem Rechtsgrund für jegliche Zahlung mangeln würde.

Der Senat konnte feststellen, dass die Beiträge für die Jahre 2000 bis 2004 in den Jahren 2005 bis 2006 erhoben worden sind, mithin also zu einem Zeitpunkt, zu dem Polen bereits der EU beigetreten war, dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen keine fortgeltende Bedeutung mehr zugekommen ist und die Vereinbarungen über die Verfahrensweise aus dem Jahr 2002 bereits bekannt gewesen sind. Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass es in der Verfahrensweise der Klägerin zwischen dem Jahr 2000 und den Folgejahren zu keiner wesentlichen Änderung gekommen ist, sodass der Senat zu Grunde legt, dass den Beteiligten bei Abschluss des Vergleichs vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz im Jahr 2011 bekannt gewesen ist, dass sich die aufgeworfenen rechtlichen Fragestellungen in gleicher Weise in den Folgejahren stellen. Nachdem der Senat bezüglich des Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheides keine vergleichsweise Regelung feststellen konnte, sondern vielmehr von dessen Bestandskraft ausgeht (vgl. oben), ergibt sich gleichzeitig, dass zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber bestanden hat, dass den nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen ausgestellten Bescheinigungen keine Bindungswirkung zukommt und die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht vorgelegen haben und damit eine Verdrängung des deutschen Sozialversicherungsrechts durch zwischenstaatliches Recht nach § 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht vorgelegen hat. Andernfalls hätte es einer Vereinbarung über die Befristung des Zuständigkeitsbescheides oder einer anderweitigen Regelung für die Folgejahre bedurft, die dem Vergleich indessen nicht zu entnehmen ist.

Darauf, dass der Senat aufgrund des Schreibens der polnischen Sozialversicherungsanstalt vom 27.04.2012 (Übersetzung Blatt 145 SG-Akte) davon überzeugt ist, dass für die Arbeitnehmer, für die die Beklagte vorliegend Unfallversicherungsbeiträge fordert, tatsächlich Beiträge zur polnischen Sozialversicherung entrichtet worden sind und eine D/PL-101 Bescheinigung ausgestellt gewesen ist, was auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an. Ob die polnischen Beiträge zu Recht gezahlt worden sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und deren Zahlung wirkt sich auf die Zahlungspflicht in Deutschland nicht aus.

Zwar haben die die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen mit Abkommen vom 25.04.1973 (BGBl.1974 II S.926) im dortigen Art. 4 bestimmt, dass entsandte Arbeitnehmer für die Dauer von 24 Monaten den Rechtsvorschriften des Entsendestaates und nicht des Beschäftigungsstaates unterliegen. Hierzu wurde in Art. 12 bestimmt, dass die Verbindungsstellen unmittelbar miteinander verkehren und unter Beteiligung der zuständigen Behörden die Verwaltungsmaßnahmen zur Anwendung dieses Abkommens vereinbaren. In Ausführung hierzu haben die Verbindungsstellen am 30.12.1996 verabredet, dass im Falle der Entsendung von Polen nach Deutschland die polnische Zweigstelle der ZUS die Entsendebescheinigung ausstellt. Der entsprechende Vordruck D/PL-101 ist gemäß Ziffer 35 Bestandteil dieser Vereinbarung.

Um die Rechtswirkung dieses Abkommens und der Vereinbarung sicher zu stellen, ist der Entsendebescheinigung grundsätzlich die Bindungswirkung zuzuordnen, die der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie des Bundesgerichtshofes (Rechtssache C 2/05 Urteil des EuGH vom 26.01.2006 - Urteil des BGH 1-StR 44/06 vom 24.10.2006) zu den europäischen Regelungen bei Arbeitnehmerentsendungen (vgl. Art 81 der EWG-Verordnung 1408/71 i.V.m. VO 574/72) entspricht. Danach bindet eine Entsendebescheinigung E 101, solange sie existiert, die Behörden und sogar die Gerichte der Vertragsstaaten gerade auch im Tätigkeitsland (Zieglmeier in: KassKomm, SGB IV, Vor § 4 Rn. 22; Seewald in: KassKomm, SGB I, Vor § 1 Rn. 61a).

Das Deutsch-Polnische Entsendeabkommen vom 25.04.1973 sollte - während seiner Geltung bis zum Eintritt Polens in die EU zum 01.05.2004 - dazu dienen, die Beziehungen der Vertragsstaaten im Geiste von Nachbarschaft und Freundschaft zu gestalten, die Republik Polen an die Bundesrepublik heranzuführen und eine gegenseitige wirtschaftliche Durchdringung zu erreichen. Dazu sollte verhindert werden, dass bei Auseinanderfallen von Arbeitsvertragsstaat und Tätigkeitsstaat doppelt Sozialversicherungsbeiträge zu leisten wären und auch doppelte Sozialleistungsansprüche entstehen könnten. Insoweit decken sich die Ziele des deutsch-polnischen Abkommens mit den Übereinkünften der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den Verordnungen 1408/71 und 558/72 (vgl. Udsching in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 6 RdNr. 9). Um diesen Zielen Geltung zu verschaffen ist es grundsätzlich notwendig, den ausgestellten Entsendebescheinigungen D/PL-101 die gleiche Rechtswirkung zuzusprechen, wie den nach europäischem Recht erstellten Entsendeentscheidungen E 101. In beiden Fällen ist es notwendig, zur Erreichung der zwischenstaatlich vereinbarten Ziele das Verwaltungsverfahren handhabbar und für die beteiligten Arbeitgeber wie Arbeitnehmer mit in Verhältnis stehendem Aufwand auszugestalten. Darüber hinaus gebietet der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass Behörden eines Vertragsstaates nicht ohne Beteiligung der Behörden des anderen Staates von diesen ausgestellte Urkunden und Bescheinigungen in der Wirksamkeit beschränken oder diesen die Wirksamkeit gänzlich absprechen. Infolge hiervon sind die deutschen Sozialleistungsträger und auch die deutschen Sozialgerichte grundsätzlich nicht berechtigt, Entscheidungen des ausländischen Versicherungsträgers über die nach dessen Recht erfüllten Voraussetzungen der Entsendung von Arbeitnehmern zu überprüfen. Dementsprechend obliegt die Prüfung, ob die Voraussetzungen der Arbeitnehmerentsendung vorliegen, ausschließlich dem Träger des Entsendestaates, der die Bescheinigung ausgestellt hat.

Dies bedeutet aber nicht, dass die deutschen Behörden in jedem Falle an die Entsendebescheinigung gebunden sind. Vielmehr steht ihnen ein vertraglich ausgestaltetes Verfahren zur Verfügung, bei Zweifeln an der Richtigkeit der Bescheinigung diese beseitigen zu lassen. Insoweit wäre die deutsch-polnische Verbindungsstelle anzugehen.

Diesem Verständnis entspricht auch das in den Gesprächen vom 21. bis 24.11.2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch Herrn E. K. für das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung) und der Republik Polen (vertreten durch C. G. für das Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik der Republik Polen) Vereinbarte entsprechend der dortigen Anlage 4. Nach deren Ziffer 3 hat der zuständige Träger im Entsendestaat vor Ausstellung einer Entsendebescheinigung den Sachverhalt unter der Berücksichtigung der besprochenen Kriterien einer Entsendung zu prüfen und zu beurteilen. Sofern im Beschäftigungsstaat Zweifel an der Richtigkeit der Entsendebescheinigung bestehen, hat die Stelle, die die Bescheinigung ausgestellt hat, auf Verlangen diese zu überprüfen. Damit ist folgende gestufte Verfahrensweise zwischen den Vertragsstaaten und damit gem. § 6 SGB IV bindend verabredet:

1. Der Entsendestaat prüft, ob eine Arbeitnehmerentsendung vorliegt; dabei wird entsprechend Ziffer 2.3 der Absprache vom 24. November 2000 beurteilt, ob nach dem Recht des Tätigkeitsstaates unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Ist dies der Fall, wird die Entsendebescheinigung nicht ausgestellt. 2. Wenn im Tätigkeitsstaat Zweifel an der Richtigkeit der Entsendebescheinigung auftreten, sind die dortigen Behörden verpflichtet, die ausstellende Bescheinigungsbehörde um Überprüfung zu ersuchen. 3. Die Bescheinigungsbehörde hat bei der Beurteilung dieses Ersuchens die verabredeten Kriterien zu beachten, insbesondere, ob nach dem Recht des Tätigkeitsstaates unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt (Bayrisches LSG, Urteil vom 27.02.2007 – L 5 KR 32/04, juris RdNr.22; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.12.2007 – L 1 KR 235/07, juris RdNr. 35 ff.).

Hieraus ergibt sich im vorliegenden Fall jedoch deshalb nichts anderes, da der Senat nicht feststellen konnte, dass die Ausstellungspraxis der polnischen Sozialversicherungsanstalt aufgrund der Ende 2000 getroffenen Vereinbarung eine Änderung erfahren hätte und die Beteiligten, wie der Vergleich vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz zeigt, selbst erkannt haben, dass die Bescheinigungen ohne ausreichende Prüfung der tatsächlichen Grundlagen ausgestellt worden sind. Nach der Rechtsprechung des BSG sind die deutschen Sozialleistungsträger und die deutschen Sozialgerichte aber berechtigt zu überprüfen, ob die im anderen Vertragsstaat zuständige Stelle die Vorschriften des Abkommens richtig angewandt hat. Insoweit besteht keine Bindung an die Auslegung oder Anwendung durch den im anderen Vertragsstaat zuständigen Träger, aus einer Nichtbeachtung der nach deutschen Recht geltenden Grundsätze für eine Entsendung von Arbeitnehmern folgt jedoch noch keine unrichtige Vertragsanwendung (BSG, Urteil vom 16.12.1999 – B 14 KG 1/99 R, juris RdNr.16). Auch wenn der Senat nicht davon ausgeht, dass sich die offensichtliche Unrichtigkeit der Bescheinigung im Sinne des Leitsatzes unbegrenzt auf die inhaltliche Richtigkeit der Bescheinigung bezieht, liegt nach Überzeugung des Senats eine dahingehende Unrichtigkeit der Anwendung des Abkommens vor, dass die Bescheinigungen ohne eine ausreichende inhaltliche Prüfung ausgestellt worden und damit nicht bindend sind. In dieser Auffassung sieht sich der Senat bestätigt durch die Ausführungen der polnischen Stelle, die erkennen lassen, dass sich die Ermittlungen auf die Genehmigung der Entsendung durch das Wirtschaftsministerium beschränkt haben dürften und die Frage der Betriebsstätten und der Mitarbeiterzahl im Inland nicht hinterfragt worden ist. Dafür spricht weiter die Vielzahl der Gewerbebereiche, die sich aus der polnischen Gewerbeanmeldung der Klägerin ergeben.

Der Senat konnte feststellen, dass eine Beitragspflicht nach deutschem Sozialversicherungsrecht gegeben ist.

Dies folgt bereits aus dem bestandskräftigen, nicht zeitlich begrenzten Zuständigkeitsbescheid der Beklagten vom 29.03.2005, dem die Ausstellungspraxis der polnischen Stellen und die Unternehmenstätigkeit der Klägerin zur Entsendung von Arbeitnehmern zugrundelag, wie sie auch unverändert in den streitgegenständlichen Beitragsjahren 2001 bis 2004 fortgeführt worden ist. Hiervon ausgehend ist dem Regelungsbereich der Zuständigkeitsfeststellung der Beklagten die Beitragspflicht der Klägerin als Rechtsfolge – bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage – für die Beteiligten rechtlich bindend zu entnehmen. Die unveränderte Sach- und Rechtslage bestand in diesem Zeitraum fort.

Gemäß § 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches beschäftigt oder selbstständig tätig sind (Nr. 1) oder soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben (Nr. 2).

§ 5 Absatz 1 SGB IV bestimmt, dass soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, sie nicht für Personen gelten, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich versandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus begrenzt ist.

Voraussetzungen für die Einstrahlung sind, dass ein ausländisches Beschäftigungsverhältnis besteht und die Entsendung ins Inland infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. § 5 enthält jedoch keine absoluten Höchstfristen. Es muss nicht nur eine grenzüberschreitende Bewegung ins Inland, sondern auch eine Rückkehr ins Ausland, mithin also eine fortbestehende Auslandsintegration gegeben sein, während der inländischen Tätigkeit muss das Beschäftigungsverhältnis im Ausland fortbestehen (Zieglmeier in: KassKomm, SGB X, § 5 RdNr.4 ff.).

Sowohl für die Entsendung eines Arbeitnehmers aus dem Ausland ins Inland (Einstrahlung) wie auch für den umgekehrten Fall der Entsendung eines Arbeitnehmers aus dem Inland ins Ausland wird für die Geltung der Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht auf ein Beschäftigungsverhältnis zu dem entsendenden Unternehmen abgestellt. Im Gesetz wird nicht näher umschrieben, welche Merkmale dabei für ein Beschäftigungsverhältnis maßgebend sein sollen. In der Begründung des Gesetzesentwurfs ist dazu lediglich angegeben, dass für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt. Die Begründung setzt damit voraus, dass der entsandte Arbeitnehmer bei der Entsendung stets rechtliche Bindungen zum entsendenden Unternehmen hat. Es sind jeweils sowohl im Inland als auch im Ausland Merkmale vorhanden, die für eine abhängige Beschäftigung entweder am Beschäftigungsort oder beim entsendenden Unternehmen sprechen. Nur bei hinreichender Intensität der tatsächlichen und rechtlichen Bindungen zu dem entsendenden Unternehmen kann jedoch ein fortbestehendes Beschäftigungsverhältnis zu diesem Unternehmen angenommen werden. Nur dann ist es auch gerechtfertigt, trotz eines Beschäftigungsortes im Inland, die Geltung der Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht auszuschließen. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses bei der Ausstrahlung und der Einstrahlung liegt unabhängig davon, mit wem der Arbeitsvertrag geschlossen ist, regelmäßig bei dem Betrieb, bei dem über die Arbeitsleistung hinaus wesentliche Elemente des Beschäftigungsverhältnisses erfüllt werden. Für die Zuordnung eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem bestimmten Betrieb sind dabei einerseits die Eingliederung des Beschäftigten in diesen Betrieb und andererseits die Zahlung des Arbeitsentgeltes durch den Betrieb entscheidend.

Bei der Einstrahlung und bei der Ausstrahlung ist die Eingliederung in den Betrieb ein besonders angemessenes und geeignetes Merkmal, um den Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses zu bestimmen. Die Eingliederung in einen Betrieb bedeutet, dass die Arbeit für diesen Betrieb erbracht und die Arbeitsleistung diesem Betrieb wirtschaftlich zugerechnet wird. Sie kennzeichnet damit, welcher wirtschaftlichen Einheit gegenüber die wesentliche Leistung aus dem Arbeitsvertrag erbracht wird. Besteht im Inland ein Betrieb mit eigener Wirtschaftsrechnung und eigener Gewinn- und Verlustrechnung, so wird diesem Betrieb das wirtschaftliche Ergebnis der Betriebstätigkeit zugerechnet. Dann ist es angemessen, für die Arbeitnehmer, die den Betriebszweck verwirklichen, den Schwerpunkt ihres Beschäftigungsverhältnisses bei diesem Betrieb anzunehmen. Die Eingliederung in den Betrieb im Sinne der Arbeit für einen Betrieb ist ein geeignetes Merkmal für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses, weil es sich nach dem äußeren Erscheinungsbild feststellen lässt. Ist ein Betrieb im Inland gegenüber dem entsendenden ausländischen Unternehmen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich in der Weise verselbstständigt, dass der Betrieb im Inland als juristische Person besteht, so ist bei der Arbeit im inländischen Betrieb regelmäßig eine Eingliederung in diesen Betrieb anzunehmen. Neben der Eingliederung in den Betrieb wird der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses in Entsendungsfällen auch dadurch bestimmt, welcher Betrieb das Arbeitsentgelt zahlt. Nicht nur für das Arbeitsverhältnis, sondern auch für das eigentliche Beschäftigungsverhältnis, das regelmäßig Versicherungspflicht begründet, ist die Arbeitsleistung gegen Entgelt kennzeichnend. Die Zahlung des Arbeitsentgeltes ist eine wesentliche Arbeitgeberpflicht (BSG, Urteil vom 07.11.1996 – 12 RK 79/94, juris RdNr.24 ff.). Eine Einstrahlung liegt dann nicht vor, wenn eine Bank mit Sitz im Ausland einen Arbeitnehmer an eine inländische Zweigniederlassung entsendet, er in den Betrieb der Zweigniederlassung eingegliedert ist und von ihr das Arbeitsentgelt erhält (BSG, Urteil vom 01.07.1999 – B 12 KR 2/99 R, juris RdNr. 17).

Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Aufstellungen kann der Senat nicht feststellen, dass der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Bindungen im Ausland bestanden hat. Es ergibt sich vielmehr, dass die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer wenn überhaupt erst ein bis zwei Monate vor der Entsendung eingestellt worden sind und die Beschäftigung in den meisten Fällen kurz nach der Rückkehr nach Polen wieder geendet hat, sodass der überwiegende Anteil der Arbeitsleistung während der Beschäftigungsdauer in Deutschland erbracht worden ist.

Eine hinreichende Eingliederung in den bzw. die Betriebe in Polen lässt sich aufgrund der Kurzzeitigkeit der Beschäftigungen nicht feststellen, darüber hinaus ist aufgrund der von der Klägerin mitgeteilten Verhältnisse zwischen Inlands- und Auslandsbeschäftigung nicht erkennbar, dass die Klägerin in Polen überhaupt einen entsprechend hohen Arbeitskräftebedarf hatte und entsprechend viele Arbeitsstellen zur Verfügung gestanden haben. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass in dem Umfang, in dem seitens des Ministeriums Entsendungen zugelassen worden sind, Arbeitskräfte zusätzlich beschäftigt worden sind, um diese entsenden zu können.

Der Senat muss nicht abschließend entscheiden, ob die Voraussetzungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorgelegen haben und ob die deutschen Entleihfirmen ggf. gemäß §§ 9, 10 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wegen einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung als Arbeitgeber gelten, da jedenfalls festgestellt werden kann, dass an die Arbeitnehmer von der Klägerin Arbeitsentgelt gezahlt worden ist, sodass die Klägerin jedenfalls hinsichtlich dieses Entgelts für die Sozialversicherungsbeiträge gesamtschuldnerisch haftet (§ 10 AÜG).

Im Hinblick auf die Vielzahl der Beschäftigungsverhältnisse mit nur monatsweiser Tätigkeit in Polen rechtfertigt sich aus dem Hinweis der Klägerin, dass ein Arbeitgeber schließlich keine Arbeitnehmer hindern könne, das Arbeitsverhältnis zu beenden, keine andere Beurteilung. Der Umstand belegt vielmehr, dass die Arbeitgeberin über keine hinreichende Betriebsstruktur verfügte, in die die Arbeitnehmer eingebunden waren. Im Übrigen ergeben die Listen auch, dass eine Vielzahl von Arbeitnehmern nach der Beendigung der Tätigkeit wieder eingestellt und kurz nach der Einstellung wieder entsandt worden sind, um nach ihrer Rückkehr die Tätigkeit nach kurzer Zeit wieder zu beenden.

Im Übrigen hat das SG ausführlich die Widersprüchlichkeiten in den Aufstellungen der Klägerin dargelegt, auf diese Ausführungen sowie auf die detaillierte Darstellung des Umfangs der Vor- und Nachbeschäftigung der Arbeitnehmer im angefochtenen Urteil nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Absatz 2 SGG).

Die Beitragsberechnungen der Beklagten beruhen auf den von der Klägerin mitgeteilten Lohnsummen und lassen keine Fehler erkennen. Solche sind von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden, vielmehr hat sich diese nur darauf berufen, dass die von ihr mitgeteilten Lohnsummen nicht der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen würden.

Nachdem die Lohnsumme somit der deutschen Sozialversicherungspflicht unterlag und die Klägerin beitragspflichtig gewesen ist, hat die Beklagte die Beiträge zu Recht erhoben und diese sind von der Klägerin nicht fristgemäß entrichtet worden, sodass die Beklagte auch berechtigt gewesen ist, Säumniszuschläge und Mahngebühren zu erheben.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG iVm. §§ 154 ff. VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes basiert auf § 53 GKG und ergibt sich aus der Höhe der geltend gemachten Beitragsforderungen.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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