Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 483/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 5189/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Rechtsmacht eiines Geschäftsführers, der in der beherrschenden Gesellschaft nur über eine Sperrminorität verfügt
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8. November 2016 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2016, geändert durch Bescheid vom 22. Juni 2016, abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Berufungsbeklagte (in der Folge: Kläger) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.10.2014 bis 2.5.2016 wegen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 (in der Folge: Beigeladene) als Geschäftsführer versicherungspflichtig war.
Die Beigeladene ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Gegenstand der Vertretung von Versicherungsverträgen aller Art, dem Nachweis zum Abschluss von Versicherungsverträgen aller Art, die treuhänderische Verwaltung von Versicherungsverträgen aller Art und GmbH-Anteilen. Das Grund- und Stammkapital iHv 50 000 DM bzw 25 565 EUR wird vollständig von der M. GmbH (in der Folge: M.) gehalten. Die Beigeladene schloss am 13.11.2014 mit der M. einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, dem die Gesellschafterversammlung am selben Tag zustimmte und der am 4.12.2014 ins Handelsregister eingetragen wurde. Im streitigen Zeitraum waren einzelvertretungsberechtigte, mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, ausgestattete Geschäftsführer der Beigeladenen neben dem Kläger R. M., R. M. und D. N ... Die Beigeladene hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die die Gesellschaft gemeinsam vertreten (§ 6 Abs 1 der Satzung), wobei die Gesellschafterversammlung einzelne oder mehrere Geschäftsführer Einzelvertretungsbefugnis erteilen kann (§ 6 Abs der Satzung). Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bedarf einer 3/4-Mehrheit, wobei nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird und 100 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren.
Die M. vermittelt Versicherungen und Finanzanlagen mit Ausnahme von meldepflichtigen Handlungen gemäß § 1 KWG. Das Stammkapital iHv 27 000 EUR wird iHv 14 850 EUR von R. M., iHv 5 400 EUR von D. N., iHv jeweils 2 700 EUR vom Kläger und R. M. und iHv 1 350 EUR von H. M. gehalten. In der Zeit bis 2.5 2016 waren einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich in eigenem Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, H. und R. M., R. M. und D. N ... Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % getroffen, wobei je 50 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt (§ 9 der Satzung).
Am 22.10.2014 schlossen der Kläger und die Beigeladene einen Anstellungsvertrag, mit dem die durch Gesellschafterversammlung vom 26.9.2014 beschlossene Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer geregelt wurde. Der Kläger vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich und führt die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages (§ 1 des Anstellungsvertrages). Seine Befugnis umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf er ausschließlich in den in der Satzung geregelten Fällen (§ 2 des Anstellungsvertrages). Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 4 des Anstellungsvertrages) und zur Leistungserbringung am Sitz der Gesellschaft verpflichtet, soweit dies erforderlich ist. Er hat seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, wobei er an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden jedoch gehalten ist, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, für Dienstleistungen zur Verfügung zu stehen (§ 6 des Anstellungsvertrages). Nebentätigkeiten sind ihm gestattet, soweit sie nicht den Geschäftsgegenstand der Gesellschaft betreffen (§ 7 des Anstellungsvertrages), es ist ihm verboten, mit der Gesellschaft in Wettbewerb zu treten (§ 8 des Anstellungsvertrages). Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes, jeweils am Monatsende zu zahlendes Gehalt von 6 500 EUR, das sich aus einem garantierten Betrag iHv 2 500 EUR und einer Vorauszahlung von 4 000 EUR zusammensetzt. Sollte sich bei der Abrechnung ein Mehrbetrag ergeben, ist dieser auszuzahlen, ein Minderbetrag ist vom Geschäftsführer zu erstatten (§ 9 des Anstellungsvertrages). Die Vergütung wird im Falle der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Dienstverhinderung für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt (§ 10 des Anstellungsvertrages). Der Urlaubsanspruch ist abhängig von betrieblichen Belangen frei gestaltbar (§ 12 des Anstellungsvertrages). Der Anstellungsvertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und sowohl ordentlich als auch außerordentlich von beiden Seiten kündbar (§ 13 des Anstellungsvertrages).
Am 2.10.2014 fassten die Gesellschafter der M. einstimmig folgenden Beschluss zur Geschäftsführung der Beigeladenen (Bezeichnungen an die im vorliegenden Verfahren angepasst):
Es besteht Einigkeit darüber, dass grundsätzlich alle Entscheidungen nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % gefasst werden können. Dies hat zur Folge, dass die Sperrminorität auch auf alle Entscheidungen der Beigeladenen Anwendung findet.
Die Gesellschafter beschließen darüber hinaus einstimmig, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen, der Kläger, nicht durch einzelne Gesellschafter oder die Gesellschafterversammlung weisungsgebunden ist. Dem Kläger ist es gestattet, die Beigeladene in der Funktion eines Hauptgeschäftsführers alleinvertretungsberechtigt zu führen und nach außen zu vertreten.
Insbesondere räumt die Gesellschafterversammlung dem Kläger Alleinvertretungsberechtigung bei nachstehend aufgeführten Geschäftsfeldern ein:
a) Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
b) Beteiligungen an sowie der Erwerb und der Veräußerung von anderen Unternehmen, ebenso die Aufnahme oder Kündigung von stillen Beteiligungen,
c) Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen,
d) Beschlussfassung über die Jahresplanung,
e) Aufnahme oder Aufgabe von Geschäftszweigen,
f) Aufnahme von Krediten,
g) Zusage von Betriebsrenten,
h) Einstellung von Mitarbeitern,
i) Mitwirkung an der Beschlussfassung von Tochtergesellschaften.
Auf den am 28.7.2015 eingegangenen Statusfeststellungsantrag stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen seit dem 1.10.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (Bescheid vom 8.12.2015, Widerspruchsbescheid vom 30.5.2016).
Nachdem der Kläger als weiterer Geschäftsführer der M. in das Handelsregister eingetragen wurde, stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen seit dem 3.5.2016 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter bestehe nicht (Bescheid vom 22.6.2016).
Das Sozialgericht Würzburg hat auf die am 24.6.2016 erhobene Klage den Bescheid vom 8.12.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.5.2016 aufgehoben und die Beklagte verurteilt festzustellen, dass bei dem Kläger die Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen seit dem 1.10.2014 im Rahmen eines nicht abhängigen Auftragsverhältnisses erfolgte und dass somit die ausgeübte Tätigkeit seit dem 1.10.2014 bis 2. Mai 2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Zwar sei der Kläger bis zum 3.5.2016 "nur" Gesellschafter der Muttergesellschaft/M. mit Sperrminorität gewesen. Da aber die Anteile der Beigeladenen, deren Geschäftsführer der Kläger sei, zu 100 % von der Muttergesellschaft/M. gehalten werden, seien maßgebliche Gesellschaftsbeschlüsse der Tochtergesellschaft/Beigeladenen wie etwa Immobiliengeschäfte oder größere Kreditaufnahmen im Ergebnis nur dann möglich, wenn die Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft/M. dies beschließt. Dem Kläger missfallende Beschlüsse der Muttergesellschaft, insbesondere auch solche, die etwa seine Geschäftsführertätigkeit bei der Tochtergesellschaft betreffen, kann dieser aber aufgrund seiner Sperrminorität verhindern, zugleich aber als Geschäftsführer die Geschicke der Tochtergesellschaft lenken. Diese Konstellation sei aus der Sicht des Gerichts somit nicht vergleichbar mit der eines "reinen" Gesellschafters mit Sperrminorität (Urteil vom 8.11.2016, der Beklagten zugestellt am 24.11.2016).
Mit ihrer hiergegen am 15.12.2016 beim Landessozialgericht erhobenen Berufung weist die Beklagte darauf hin, dass die M. in der Beigeladenen von der Geschäftsführung der M. vertreten werde. An deren Weisung sei der Kläger gebunden gewesen. Da der Kläger (im streitigen Zeitraum) nicht Geschäftsführer der Muttergesellschaft gewesen sei, habe er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Beigeladene gehabt. Die rechtlichen Wirkungen des mit der M. geschlossenen Beherrschungsvertrages seien zwar in der Literatur umstritten, würden vorliegend aber im Ergebnis die tatsächlichen Machtverhältnisse manifestieren.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8.11.2016 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 8.12.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.5.2016, geändert durch Bescheid vom 22.6.2016 abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1 beantragen, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie verweisen auf die Beschränkung der Geschäftsführer der M. gegenüber der Beigeladenen nach § 37 GmbHG, die im Rahmen des Beschlusses vom 2.10.2014 geregelt worden sei, sowie die gelebte Praxis, wonach dem Kläger von der M. tatsächlich keinerlei Weisungen erteilt worden seien. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde die Beigeladene, im Berufungsverfahren weiter die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten und vom Sozialgericht beigezogenen Akten sowie die Akte zum Berufungsverfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8.11.2016 ist aufzuheben, da der Bescheid der Beklagten vom 8.12.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.5.2016, geändert durch den Bescheid vom 22.6.2016 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Nach der Gesamtwürdigung der vorliegend maßgeblichen Umstände war der Kläger als Geschäftsführer in der Zeit vom 1.10.2014 bis 2.5.2016 Beschäftigter der Beigeladenen und damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
1. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen abhängig beschäftigt.
a) Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 16 mwN).
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Maßstäbe sprechen die vorliegend maßgebenden Umstände für eine abhängige Beschäftigung. Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit eine monatlich fällige, feste Monatsvergütung iHv 6 500 EUR, bestehend aus einem garantierten Betrag iHv 2 500 EUR und einer Vorauszahlung iHv 4 000 EUR auf die Einnahmen seines Geschäftsbereichs sowie Courtageeinahmen. Von der Vergütung wurde Lohnsteuer abgeführt und sie wurde als Betriebsausgabe der Beigeladenen gebucht. Der Kläger hatte Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Monate. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor (vgl BSG, Urteil vom 11.11.2015 KR 10/15 R - RdNr 18 sowie Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R - RdNr 23). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger neben dem garantierten Betrag iHv 2 500 EUR Anspruch auf die Gewährung von erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteilen hatte. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung zB von Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für eine Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering (BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - RdNr 28) und kann damit vorliegend im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die Gewährung einer Tantieme begründet auch kein Unternehmerrisiko des Klägers, da die streitige Tätigkeit in jedem Fall mit einem monatlichen Festgehalt von 2 500 EUR vergütet wurde. Bezogen auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm ausweislich des Gesellschaftergeschäftsführervertrages unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Klägerin ein "garantierter Betrag" iHv 2 500 EUR zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Beigeladene - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen (vgl BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - RdNr 29). Soweit der Urlaubsanspruch des Klägers nicht beziffert ist, spricht dies nicht gegen die Annahme eines selbstständigen Dienstverhältnisses, da die Dauer des Mindesturlaubs in § 3 Abs 1 BUrlG gesetzlich geregelt ist. Ausweislich des Anstellungsvertrages war der Kläger schließlich örtlich (§ 6 Abs 1), zeitlich (§ 6 Abs 2) und fachlich weisungsgebunden, nachdem er die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages zu führen hatte (§ 1 Abs 2, § 3 und 5 Abs 1 des Anstellungsvertrages). Dass die Weisungsgebundenheit eingeschränkt ist, hindert die Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht.
c) Die Weisungsgebundenheit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen ist schließlich nicht aufgrund seiner Sperrminorität bei der M. aufgehoben.
aa) Für die Beurteilung, ob Geschäftsführer einer GmbH beschäftigt oder selbstständig tätig sind, geltend die oben dargelegten Maßstäbe (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 18 mwN). Dabei ist ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (sog Fremdgeschäftsführer) ausnahmslos abhängig beschäftigt (BSG, aaO, RdNr 20). Selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer müssen über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50 vH oder eine "echte" Sperrminorität verfügen. Dabei muss die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrages (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (BSG, aaO, RdNr 22 mwN).
bb) Dem Kläger stand eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht in der Beigeladenen nicht zu, so dass er auch nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze im streitigen Zeitraum nicht selbstständig tätig war.
(1.) Der Kläger hatte an der Beigeladenen keine Kapitalbeteiligung und war damit sog Fremdgeschäftsführer. Er konnte auch über seine Sperrminorität in der M. keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen nehmen, da er durch diese ihm nicht genehme Weisungen der Geschäftsführer der M. nicht verhindern konnte.
(2.) Zwar besteht in der GmbH ein Grundsatz der sachlichen Allzuständigkeit der Gesellschafter (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl 2014, § 46 RdNr 1 mwN). Die Gesellschafter können (auch) im Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführer jederzeit Beschlüsse fassen (Karsten Schmidt, aaO). Von der sachlichen Zuständigkeit ist allerdings die organisatorische Zuständigkeit zu unterscheiden. Der Unterschied zwischen dem Leitungsorgan (Geschäftsführung) und dem Willensbildungsorgan (Gesellschafter) weist beiden bestimmte Zuständigkeiten zu (Karsten Schmidt, aaO). Im Außenverhältnis wird die Gesellschaft grundsätzlich durch die Geschäftsführer (bzw. durch deren Bevollmächtigte) vertreten, nicht durch die Gesellschafter (Karsten Schmidt, aaO, § 45 RdNr 6). Eine Beschränkung der Befugnis des Geschäftsführers wirkt nur gegenüber der Gesellschaft, nicht gegenüber Dritten (§ 37 GmbHG).
(3.) Auf dieser Grundlage besteht die Rechtsmacht der Geschäftsführer der M., der Beigeladenen und damit dem Kläger als deren Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, solange und soweit anderweitige Weisungen der Gesellschafter der M. an den dortigen Geschäftsführer nicht bestehen und keine gesetzliche (Allein-) Zuständigkeit der Gesellschafter (vgl insbesondere §§ 46, 53, 55 ff, 58 GmbHG) betroffen ist. Eine entsprechende Beschränkung der Geschäftsführer der M. ergibt sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag der M. (vgl § 7). Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der M. vom 2.10.2014 trifft hierzu bereits keine Regelung. Diese kann eine eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen begründende Rechtsmacht des Klägers auch deshalb nicht begründen, da sie außerhalb des Gesellschaftsvertrags erfolgte (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 22 mwN). Die Sperrminorität des Klägers in der M. und damit in der Gesellschaft, die 100 % der Gesellschaftsanteile der Beigeladenen hält, begründet folglich keine vergleichbare Situation mit Gesellschafter-Geschäftsführern, die aufgrund ihrer Gesellschafterstellung die Geschicke der Gesellschaft lenken können. Denn letztere können aufgrund ihrer Stellung als Geschäftsführer und als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung in beiden Organen der Gesellschaft Einfluss nehmen. Beim Kläger war dies, wie dargestellt, für den Bereich, für den gesellschaftsrechtlich/-vertraglich der Geschäftsführer der M. zuständig war, gerade nicht der Fall.
(4.) Diese Situation wird durch das Wirksamwerden des zwischen der Beigeladenen und der M. geschlossenen Beherrschungsvertrags vom 13.11.2014 nicht berührt.
Ausweislich des Handelsregisterauszugs hat die Beigeladene am 13.11.2014 mit der M. als herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag geschlossen. Die Gesellschafterversammlung hat mit Beschluss vom 13.11.2014 zugestimmt. Die Eintragung erfolgte am 4.12.2014 (vgl Bl 21 der Akte zum Berufungsverfahren). Dabei handelt es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrag, der satzungsgleich den rechtlichen Status der beherrschten Gesellschaft ändert (vgl BGH, Beschluss vom 24.10.1988 - II ZB 7/88 - RdNr 20 Bezug nehmend auf seine Entscheidung vom 14.12.1987 - II ZR 170/87). Die Änderung besteht insbesondere darin, dass ua die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung auf die herrschende Gesellschaft übertragen wird (BGH, aaO, mwN).
Damit bleibt - im Hinblick auf die 100 %-Beteiligung der M. an den Gesellschaftsanteilen der Beigeladenen - die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen weiter bei der M. und damit - auch - bei deren Geschäftsführer (vgl hierzu § 308 Abs 1, § 309 Abs 1 AktG; Langenbucher in Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl 2015, § 308 RdNr 11; derselbe, aaO, § 309 RdNr 6), so dass eine gesellschaftsrechtliche/-vertragliche Rechtsmacht des Klägers in der Beigeladenen über seine Sperrminorität bei der M. weiter nicht begründet war.
cc) Die vorstehende Wertung wird schließlich nicht dadurch berührt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich nicht durch die M., sei es durch deren Gesellschafterversammlung oder deren Geschäftsführer, angewiesen wurde.
Dieser Umstand kann im Hinblick auf die oben dargestellte fehlende Rechtsmacht des Klägers, die Geschicke der Beigeladenen bestimmen zu können, keine Berücksichtigung finden. Denn die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (vgl BSG, Urteil vom 18.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 20 mwN).
2. Fehlt es aber für den streitigen Zeitraum an der notwendigen Rechtsmacht des Klägers bei der Beigeladenen, da er zumindest den Weisungen des Geschäftsführers der die Gesamtheit der Anteile der Beigeladenen haltenden M. zu fürchten hatte, ist bei den im Übrigen für eine Beschäftigung sprechenden Umständen eine Grundlage für die Beurteilung der streitigen Tätigkeit als selbstständige nicht ersichtlich. Damit sind die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden und ist auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Würzburg entsprechend zu korrigieren.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Berufungsbeklagte (in der Folge: Kläger) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.10.2014 bis 2.5.2016 wegen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 (in der Folge: Beigeladene) als Geschäftsführer versicherungspflichtig war.
Die Beigeladene ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Gegenstand der Vertretung von Versicherungsverträgen aller Art, dem Nachweis zum Abschluss von Versicherungsverträgen aller Art, die treuhänderische Verwaltung von Versicherungsverträgen aller Art und GmbH-Anteilen. Das Grund- und Stammkapital iHv 50 000 DM bzw 25 565 EUR wird vollständig von der M. GmbH (in der Folge: M.) gehalten. Die Beigeladene schloss am 13.11.2014 mit der M. einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, dem die Gesellschafterversammlung am selben Tag zustimmte und der am 4.12.2014 ins Handelsregister eingetragen wurde. Im streitigen Zeitraum waren einzelvertretungsberechtigte, mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, ausgestattete Geschäftsführer der Beigeladenen neben dem Kläger R. M., R. M. und D. N ... Die Beigeladene hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die die Gesellschaft gemeinsam vertreten (§ 6 Abs 1 der Satzung), wobei die Gesellschafterversammlung einzelne oder mehrere Geschäftsführer Einzelvertretungsbefugnis erteilen kann (§ 6 Abs der Satzung). Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bedarf einer 3/4-Mehrheit, wobei nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird und 100 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren.
Die M. vermittelt Versicherungen und Finanzanlagen mit Ausnahme von meldepflichtigen Handlungen gemäß § 1 KWG. Das Stammkapital iHv 27 000 EUR wird iHv 14 850 EUR von R. M., iHv 5 400 EUR von D. N., iHv jeweils 2 700 EUR vom Kläger und R. M. und iHv 1 350 EUR von H. M. gehalten. In der Zeit bis 2.5 2016 waren einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich in eigenem Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, H. und R. M., R. M. und D. N ... Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % getroffen, wobei je 50 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt (§ 9 der Satzung).
Am 22.10.2014 schlossen der Kläger und die Beigeladene einen Anstellungsvertrag, mit dem die durch Gesellschafterversammlung vom 26.9.2014 beschlossene Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer geregelt wurde. Der Kläger vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich und führt die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages (§ 1 des Anstellungsvertrages). Seine Befugnis umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf er ausschließlich in den in der Satzung geregelten Fällen (§ 2 des Anstellungsvertrages). Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 4 des Anstellungsvertrages) und zur Leistungserbringung am Sitz der Gesellschaft verpflichtet, soweit dies erforderlich ist. Er hat seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, wobei er an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden jedoch gehalten ist, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, für Dienstleistungen zur Verfügung zu stehen (§ 6 des Anstellungsvertrages). Nebentätigkeiten sind ihm gestattet, soweit sie nicht den Geschäftsgegenstand der Gesellschaft betreffen (§ 7 des Anstellungsvertrages), es ist ihm verboten, mit der Gesellschaft in Wettbewerb zu treten (§ 8 des Anstellungsvertrages). Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes, jeweils am Monatsende zu zahlendes Gehalt von 6 500 EUR, das sich aus einem garantierten Betrag iHv 2 500 EUR und einer Vorauszahlung von 4 000 EUR zusammensetzt. Sollte sich bei der Abrechnung ein Mehrbetrag ergeben, ist dieser auszuzahlen, ein Minderbetrag ist vom Geschäftsführer zu erstatten (§ 9 des Anstellungsvertrages). Die Vergütung wird im Falle der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Dienstverhinderung für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt (§ 10 des Anstellungsvertrages). Der Urlaubsanspruch ist abhängig von betrieblichen Belangen frei gestaltbar (§ 12 des Anstellungsvertrages). Der Anstellungsvertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und sowohl ordentlich als auch außerordentlich von beiden Seiten kündbar (§ 13 des Anstellungsvertrages).
Am 2.10.2014 fassten die Gesellschafter der M. einstimmig folgenden Beschluss zur Geschäftsführung der Beigeladenen (Bezeichnungen an die im vorliegenden Verfahren angepasst):
Es besteht Einigkeit darüber, dass grundsätzlich alle Entscheidungen nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 91 % gefasst werden können. Dies hat zur Folge, dass die Sperrminorität auch auf alle Entscheidungen der Beigeladenen Anwendung findet.
Die Gesellschafter beschließen darüber hinaus einstimmig, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen, der Kläger, nicht durch einzelne Gesellschafter oder die Gesellschafterversammlung weisungsgebunden ist. Dem Kläger ist es gestattet, die Beigeladene in der Funktion eines Hauptgeschäftsführers alleinvertretungsberechtigt zu führen und nach außen zu vertreten.
Insbesondere räumt die Gesellschafterversammlung dem Kläger Alleinvertretungsberechtigung bei nachstehend aufgeführten Geschäftsfeldern ein:
a) Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
b) Beteiligungen an sowie der Erwerb und der Veräußerung von anderen Unternehmen, ebenso die Aufnahme oder Kündigung von stillen Beteiligungen,
c) Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen,
d) Beschlussfassung über die Jahresplanung,
e) Aufnahme oder Aufgabe von Geschäftszweigen,
f) Aufnahme von Krediten,
g) Zusage von Betriebsrenten,
h) Einstellung von Mitarbeitern,
i) Mitwirkung an der Beschlussfassung von Tochtergesellschaften.
Auf den am 28.7.2015 eingegangenen Statusfeststellungsantrag stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen seit dem 1.10.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (Bescheid vom 8.12.2015, Widerspruchsbescheid vom 30.5.2016).
Nachdem der Kläger als weiterer Geschäftsführer der M. in das Handelsregister eingetragen wurde, stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen seit dem 3.5.2016 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter bestehe nicht (Bescheid vom 22.6.2016).
Das Sozialgericht Würzburg hat auf die am 24.6.2016 erhobene Klage den Bescheid vom 8.12.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.5.2016 aufgehoben und die Beklagte verurteilt festzustellen, dass bei dem Kläger die Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen seit dem 1.10.2014 im Rahmen eines nicht abhängigen Auftragsverhältnisses erfolgte und dass somit die ausgeübte Tätigkeit seit dem 1.10.2014 bis 2. Mai 2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Zwar sei der Kläger bis zum 3.5.2016 "nur" Gesellschafter der Muttergesellschaft/M. mit Sperrminorität gewesen. Da aber die Anteile der Beigeladenen, deren Geschäftsführer der Kläger sei, zu 100 % von der Muttergesellschaft/M. gehalten werden, seien maßgebliche Gesellschaftsbeschlüsse der Tochtergesellschaft/Beigeladenen wie etwa Immobiliengeschäfte oder größere Kreditaufnahmen im Ergebnis nur dann möglich, wenn die Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft/M. dies beschließt. Dem Kläger missfallende Beschlüsse der Muttergesellschaft, insbesondere auch solche, die etwa seine Geschäftsführertätigkeit bei der Tochtergesellschaft betreffen, kann dieser aber aufgrund seiner Sperrminorität verhindern, zugleich aber als Geschäftsführer die Geschicke der Tochtergesellschaft lenken. Diese Konstellation sei aus der Sicht des Gerichts somit nicht vergleichbar mit der eines "reinen" Gesellschafters mit Sperrminorität (Urteil vom 8.11.2016, der Beklagten zugestellt am 24.11.2016).
Mit ihrer hiergegen am 15.12.2016 beim Landessozialgericht erhobenen Berufung weist die Beklagte darauf hin, dass die M. in der Beigeladenen von der Geschäftsführung der M. vertreten werde. An deren Weisung sei der Kläger gebunden gewesen. Da der Kläger (im streitigen Zeitraum) nicht Geschäftsführer der Muttergesellschaft gewesen sei, habe er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Beigeladene gehabt. Die rechtlichen Wirkungen des mit der M. geschlossenen Beherrschungsvertrages seien zwar in der Literatur umstritten, würden vorliegend aber im Ergebnis die tatsächlichen Machtverhältnisse manifestieren.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8.11.2016 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 8.12.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.5.2016, geändert durch Bescheid vom 22.6.2016 abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1 beantragen, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie verweisen auf die Beschränkung der Geschäftsführer der M. gegenüber der Beigeladenen nach § 37 GmbHG, die im Rahmen des Beschlusses vom 2.10.2014 geregelt worden sei, sowie die gelebte Praxis, wonach dem Kläger von der M. tatsächlich keinerlei Weisungen erteilt worden seien. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde die Beigeladene, im Berufungsverfahren weiter die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten und vom Sozialgericht beigezogenen Akten sowie die Akte zum Berufungsverfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8.11.2016 ist aufzuheben, da der Bescheid der Beklagten vom 8.12.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.5.2016, geändert durch den Bescheid vom 22.6.2016 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Nach der Gesamtwürdigung der vorliegend maßgeblichen Umstände war der Kläger als Geschäftsführer in der Zeit vom 1.10.2014 bis 2.5.2016 Beschäftigter der Beigeladenen und damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
1. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen abhängig beschäftigt.
a) Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 16 mwN).
b) Auf der Grundlage der vorstehenden Maßstäbe sprechen die vorliegend maßgebenden Umstände für eine abhängige Beschäftigung. Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit eine monatlich fällige, feste Monatsvergütung iHv 6 500 EUR, bestehend aus einem garantierten Betrag iHv 2 500 EUR und einer Vorauszahlung iHv 4 000 EUR auf die Einnahmen seines Geschäftsbereichs sowie Courtageeinahmen. Von der Vergütung wurde Lohnsteuer abgeführt und sie wurde als Betriebsausgabe der Beigeladenen gebucht. Der Kläger hatte Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Monate. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor (vgl BSG, Urteil vom 11.11.2015 KR 10/15 R - RdNr 18 sowie Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R - RdNr 23). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger neben dem garantierten Betrag iHv 2 500 EUR Anspruch auf die Gewährung von erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteilen hatte. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung zB von Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für eine Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering (BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - RdNr 28) und kann damit vorliegend im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die Gewährung einer Tantieme begründet auch kein Unternehmerrisiko des Klägers, da die streitige Tätigkeit in jedem Fall mit einem monatlichen Festgehalt von 2 500 EUR vergütet wurde. Bezogen auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm ausweislich des Gesellschaftergeschäftsführervertrages unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Klägerin ein "garantierter Betrag" iHv 2 500 EUR zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Beigeladene - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen (vgl BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - RdNr 29). Soweit der Urlaubsanspruch des Klägers nicht beziffert ist, spricht dies nicht gegen die Annahme eines selbstständigen Dienstverhältnisses, da die Dauer des Mindesturlaubs in § 3 Abs 1 BUrlG gesetzlich geregelt ist. Ausweislich des Anstellungsvertrages war der Kläger schließlich örtlich (§ 6 Abs 1), zeitlich (§ 6 Abs 2) und fachlich weisungsgebunden, nachdem er die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages zu führen hatte (§ 1 Abs 2, § 3 und 5 Abs 1 des Anstellungsvertrages). Dass die Weisungsgebundenheit eingeschränkt ist, hindert die Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht.
c) Die Weisungsgebundenheit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen ist schließlich nicht aufgrund seiner Sperrminorität bei der M. aufgehoben.
aa) Für die Beurteilung, ob Geschäftsführer einer GmbH beschäftigt oder selbstständig tätig sind, geltend die oben dargelegten Maßstäbe (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 18 mwN). Dabei ist ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (sog Fremdgeschäftsführer) ausnahmslos abhängig beschäftigt (BSG, aaO, RdNr 20). Selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer müssen über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50 vH oder eine "echte" Sperrminorität verfügen. Dabei muss die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrages (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (BSG, aaO, RdNr 22 mwN).
bb) Dem Kläger stand eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht in der Beigeladenen nicht zu, so dass er auch nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze im streitigen Zeitraum nicht selbstständig tätig war.
(1.) Der Kläger hatte an der Beigeladenen keine Kapitalbeteiligung und war damit sog Fremdgeschäftsführer. Er konnte auch über seine Sperrminorität in der M. keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen nehmen, da er durch diese ihm nicht genehme Weisungen der Geschäftsführer der M. nicht verhindern konnte.
(2.) Zwar besteht in der GmbH ein Grundsatz der sachlichen Allzuständigkeit der Gesellschafter (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl 2014, § 46 RdNr 1 mwN). Die Gesellschafter können (auch) im Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführer jederzeit Beschlüsse fassen (Karsten Schmidt, aaO). Von der sachlichen Zuständigkeit ist allerdings die organisatorische Zuständigkeit zu unterscheiden. Der Unterschied zwischen dem Leitungsorgan (Geschäftsführung) und dem Willensbildungsorgan (Gesellschafter) weist beiden bestimmte Zuständigkeiten zu (Karsten Schmidt, aaO). Im Außenverhältnis wird die Gesellschaft grundsätzlich durch die Geschäftsführer (bzw. durch deren Bevollmächtigte) vertreten, nicht durch die Gesellschafter (Karsten Schmidt, aaO, § 45 RdNr 6). Eine Beschränkung der Befugnis des Geschäftsführers wirkt nur gegenüber der Gesellschaft, nicht gegenüber Dritten (§ 37 GmbHG).
(3.) Auf dieser Grundlage besteht die Rechtsmacht der Geschäftsführer der M., der Beigeladenen und damit dem Kläger als deren Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, solange und soweit anderweitige Weisungen der Gesellschafter der M. an den dortigen Geschäftsführer nicht bestehen und keine gesetzliche (Allein-) Zuständigkeit der Gesellschafter (vgl insbesondere §§ 46, 53, 55 ff, 58 GmbHG) betroffen ist. Eine entsprechende Beschränkung der Geschäftsführer der M. ergibt sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag der M. (vgl § 7). Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der M. vom 2.10.2014 trifft hierzu bereits keine Regelung. Diese kann eine eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen begründende Rechtsmacht des Klägers auch deshalb nicht begründen, da sie außerhalb des Gesellschaftsvertrags erfolgte (vgl BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 22 mwN). Die Sperrminorität des Klägers in der M. und damit in der Gesellschaft, die 100 % der Gesellschaftsanteile der Beigeladenen hält, begründet folglich keine vergleichbare Situation mit Gesellschafter-Geschäftsführern, die aufgrund ihrer Gesellschafterstellung die Geschicke der Gesellschaft lenken können. Denn letztere können aufgrund ihrer Stellung als Geschäftsführer und als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung in beiden Organen der Gesellschaft Einfluss nehmen. Beim Kläger war dies, wie dargestellt, für den Bereich, für den gesellschaftsrechtlich/-vertraglich der Geschäftsführer der M. zuständig war, gerade nicht der Fall.
(4.) Diese Situation wird durch das Wirksamwerden des zwischen der Beigeladenen und der M. geschlossenen Beherrschungsvertrags vom 13.11.2014 nicht berührt.
Ausweislich des Handelsregisterauszugs hat die Beigeladene am 13.11.2014 mit der M. als herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag geschlossen. Die Gesellschafterversammlung hat mit Beschluss vom 13.11.2014 zugestimmt. Die Eintragung erfolgte am 4.12.2014 (vgl Bl 21 der Akte zum Berufungsverfahren). Dabei handelt es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrag, der satzungsgleich den rechtlichen Status der beherrschten Gesellschaft ändert (vgl BGH, Beschluss vom 24.10.1988 - II ZB 7/88 - RdNr 20 Bezug nehmend auf seine Entscheidung vom 14.12.1987 - II ZR 170/87). Die Änderung besteht insbesondere darin, dass ua die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung auf die herrschende Gesellschaft übertragen wird (BGH, aaO, mwN).
Damit bleibt - im Hinblick auf die 100 %-Beteiligung der M. an den Gesellschaftsanteilen der Beigeladenen - die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen weiter bei der M. und damit - auch - bei deren Geschäftsführer (vgl hierzu § 308 Abs 1, § 309 Abs 1 AktG; Langenbucher in Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl 2015, § 308 RdNr 11; derselbe, aaO, § 309 RdNr 6), so dass eine gesellschaftsrechtliche/-vertragliche Rechtsmacht des Klägers in der Beigeladenen über seine Sperrminorität bei der M. weiter nicht begründet war.
cc) Die vorstehende Wertung wird schließlich nicht dadurch berührt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich nicht durch die M., sei es durch deren Gesellschafterversammlung oder deren Geschäftsführer, angewiesen wurde.
Dieser Umstand kann im Hinblick auf die oben dargestellte fehlende Rechtsmacht des Klägers, die Geschicke der Beigeladenen bestimmen zu können, keine Berücksichtigung finden. Denn die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (vgl BSG, Urteil vom 18.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - RdNr 20 mwN).
2. Fehlt es aber für den streitigen Zeitraum an der notwendigen Rechtsmacht des Klägers bei der Beigeladenen, da er zumindest den Weisungen des Geschäftsführers der die Gesamtheit der Anteile der Beigeladenen haltenden M. zu fürchten hatte, ist bei den im Übrigen für eine Beschäftigung sprechenden Umständen eine Grundlage für die Beurteilung der streitigen Tätigkeit als selbstständige nicht ersichtlich. Damit sind die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden und ist auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Würzburg entsprechend zu korrigieren.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
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