S 16 SO 142/05 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
16
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 16 SO 142/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 SO 4/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, mit einem GdB von 50 schwerbehindert, begehrt mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Finanzierung von Gartenarbeiten und einer Küchenhilfe.

Die Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie beantragte am 17.03.2005 bei der Antragsgegnerin die Bewilligung einer einmaligen Beihilfe für die Durchführung von erforderlichen Gartenarbeiten. Zur Durchführung dieser Arbeiten sei sie mietvertraglich verpflichtet. In der Vergangenheit waren der Antragstellerin auf solche Anträge hin bereits Kosten für Gartenarbeiten übernommen worden.

Mit Bescheid vom 23.03.2005 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 22.04.2005 (Eingang bei der Antragsgegnerin) Widerspruch, über den bisher nicht entschieden wurde.

Weiterhin beantragte die Antragstellerin am 20.04.2005 die Bewilligung einer Beihilfe zur Finanzierung einer Küchenhilfe. Sie begründet diesen Antrag mit ihrem Gesundheitszustand und belegt dies durch Vorlage eines ärztlichen Attests. Nach der dem Gericht vorliegenden Behördenakte wurde über diesen Antrag bisher nicht entschieden.

Im Rahmen eines anderen, beim Verwaltungsgericht Darmstadt anhängigen Verfahrens hat die Antragstellerin sodann die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Dieser Antrag wurde aufgrund der nunmehr gegebenen Zuständigkeiten an das erkennende Gericht verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB XII zur Finanzierung von Gartenarbeiten und einer Küchenhilfe zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie auf die geänderte Rechtslage seit Einführung des SGB XII und macht außerdem Zweifel an der Eilbedürftigkeit der Entscheidung geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vorliegende Akte der Antragsgegnerin (1 Heft) verwiesen, die zur Entscheidung herangezogen wurden.

II.

Der Antrag auf Gewährung der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Soweit die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die Durchführung von Gartenpflegearbeiten zu übernehmen, hat die Antragstellerin weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920, 294 ZPO).

Ein Anordnungsgrund fehlt, weil die Antragsteller wesentliche Nachteile, die Ihr drohen, wenn das Gericht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts eine einstweilige Anordnung nicht erlässt, weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht hat. Für das Gericht ist insoweit nicht erkennbar, dass überhaupt eine Verpflichtung der Antragstellerin zum durchführen der Gartenarbeiten in den Wintermonaten besteht. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, welche Nachteile der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Entscheidung konkret drohen, wenn Gartenarbeiten im Dezember nicht durchgeführt werden. Es ist gerichtsbekannt, dass die Durchführung von solchen Arbeiten im Winter für die betroffenen Pflanzen eher schädlich ist, ein Rückschnitt in Zeiten des Frostes den Pflanzen schaden kann. Demnach ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin derzeit gegen die von ihr behauptete mietvertragliche Verpflichtung verstoßen kann, wenn sie keine Gartenpflegearbeiten durchführt bzw. durchführen lässt.

Unabhängig davon hat die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten der Gartenpflege.

Insoweit fehlt es schon an einer Rechtsgrundlage in dem seit dem 01.01.2005 gültigen Sozialgesetzbuch, 12. Buch – Sozialhilfe - (SGB XII). Die Kosten für die Bewältigung von Gartenarbeiten gehören weder zum Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 – 40 SGB XII, insbesondere nicht § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII), noch können diese Kosten als Leistungen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 SGB XII übernommen werden. Auch die Regelungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, die auf die Antragstellerin gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 2 SGB IX anwendbar sind, sehen eine solche Form der – über die Hilfe zum Lebensunterhalt hinausgehende – Hilfe nicht vor.

Ein Anspruch der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus der – einzig noch vorstellbaren – Vorschrift des § 73 SGB XII. Nach dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Insoweit hat das Gericht schon Bedenken, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm erfüllt sind. Nach Auffassung des Gerichts ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass der Einsatz öffentlicher Mittel für die Erbringung von Gartenarbeiten zu rechtfertigen ist. Insoweit sind fiskalische Erwägungen anzustellen, insbesondere ist bei Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes zu erwägen, ob durch die Erbringung von Leistungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine spätere Leistungserbringung in höherem Umfang verhindert werden kann. Anhaltspunkte, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere ist für das Gericht nicht zu erkennen, dass der Antragstellerin die Kündigung des Mietverhältnisses drohen würde, wenn Sie die Gartenarbeiten nicht ausführt. Einmal davon abgesehen, dass schon fraglich sein dürfte, ob ein solcher Vertragsverstoß im Mietrecht überhaupt die Kündigung eines Wohnraummietvertrages rechtfertigen kann, erachtet es das Gericht gegenüber der Erbringung von Leistungen nach § 73 SGB XII auch als vorrangig, dass sich die Antragstellerin um die Herausnahme dieser Leistungspflicht aus dem Vertragsverhältnis bemüht. Solche Bemühungen erscheinen dem Gericht aufgrund der gesundheitlichen Situation der Antragstellerin und dem Umstand, dass es sich beim Vermieter der Antragstellerin um den X. handelt, auch nicht aussichtslos und damit zumutbar.

Unabhängig davon steht der Antragstellerin aber auch schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen zu, da es sich bei § 73 SGB XII um eine Ermessensvorschrift handelt, die der Antragstellerin einen Anspruch nicht vermittelt. Insoweit hat das Gericht zwar erhebliche Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 23.03.2005, da dieser weder eine Auseinandersetzung mit der Regelung des § 73 SGB XII noch eine erforderliche Ermessensausübung erkennen lässt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Antragstellerin ein entsprechender Anspruch aus dieser Norm zuzusprechen ist. Insbesondere ist insoweit nicht erkennbar, dass die Ermessensausübung der Antragsgegnerin auf Null reduziert wäre, was einem gesetzlichen Anspruch der Antragstellerin gleich stehen würde.

Auch soweit die Antragstellerin beantragt, ihr eine Beihilfe für die Kosten einer Küchenhilfe zu bewilligen, hat sie weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Auch insoweit sind die eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlich machenden, der Antragstellerin drohenden Nachteile nicht ersichtlich.

Weiterhin hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Bewilligung einer Beihilfe zur Finanzierung einer Küchenhilfe. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wonach der nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nach Regelsätzen ermittelte Bedarf abweichend festgelegt wird, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Die Antragstellerin hat insoweit nicht zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass in ihrem Fall ein Bedarf besteht, der seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Zwar bestehen kein Zweifel, dass die Kosten einer Haushaltshilfe vom nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII vorgesehenen Regelsatz nicht umfasst ist. Das Gericht ist jedoch nicht davon überzeugt, dass die Antragstellerin tatsächlich einer Haushaltshilfe bedarf. Dies wird nicht zur Überzeugung des Gerichts deutlich aus demn in der Behördenakte der Antragsgegnerin befindlichen Attest des Dr. med. C. (vgl. Bl 1133 der Behördenakte). Darin wird der Antragstellerin zwar - neben einer Tumorerkrankung im Jahr 1986 - zwar eine "Depression sowie Ohren und Halsrachen-Zahn-Kieferproblemen mit Ernährungsstörungen" und weitere Erkrankungen attestiert. Für das Gericht ist aber nicht im erforderlichen Umfang erkennbar, wie dies die für eine einfache Haushaltsführung erforderliche Leistungsfähigkeit der Antragstellerin so weit beeinträchtigt, dass sie der Unterstützung durch eine Haushaltshilfe bedarf. Dabei verkennt das Gericht den Gesundheitszustand der Antragstellerin und die bei ihr anerkannte Schwerbehinderung nicht. Es fehlt jedoch an einem auch nur ansatzweise substantiierten Vortrag der Antragstellerin, wie genau sich die Einschränkungen in der täglichen Haushaltsführung darstellen. Insoweit sieht das Gericht aufgrund der Hinweisverfügung vom 24.10.2005 auch die Grenzen der Amtsermittlung erreicht. Das Gericht kann nicht die aus dem höchstpersönlichen Bereich der Antragstellerin stammenden Umstände weiter ermitteln, wenn die Antragstellerin - trotz entsprechenden Hinweis – es nicht für nötig erachtet, ihre Angaben gegenüber dem Gericht zu präzisieren.

Aus den gleichen Gründen kann sich die Antragstellerin auch nicht auf einen Anspruch zur Übernahme der Kosten einer Haushaltshilfe nach § 70 SGB XII berufen.

Da die Antragstellerin laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht, kommt § 27 Abs. 3 SGB XII als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.

Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass es das Ansinnen der Antragstellerin nicht von Vornherein als aussichtslos ansieht. Der Antragstellerin kann insoweit nur angeraten werden, sich im noch laufenden Verwaltungsverfahren mit der Antragsgegnerin in Verbindung zu setzen und hier für die nötige weitere Sachverhaltsaufklärung zu sorgen.

Die Antragstellerin hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 193 SGG).
Rechtskraft
Aus
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