Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 12 EG 2/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 EG 9/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung höheren Elterngeldes unter Berücksichtigung von Einmalzahlungen ihres Arbeitgebers als zu berücksichtigendes Einkommen bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes.
Die Klägerin ist die Mutter des 2015 geborenen C. A. Sie war seit dem 1. April 2011 bei der Firma D. & Co. Automatengesellschaft GmbH beschäftigt, bei der ihr ab 2012 die Leitung zweier Filialen anvertraut wurde. Seitdem erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber hierfür zusätzlich einen Betrag in Höhe von 1.100,00 EUR. In den Lohnabrechnungen des Arbeitgebers wird dieser Betrag als "Sonstige Einmalzahlung" bezeichnet und getrennt vom laufenden Lohn nebst Zuschlägen ausgewiesen.
Am 24. Oktober 2015 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Gewährung von Elterngeld für ihren Sohn C. A.
Mit Bescheid vom 11. November 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 2. Lebensmonat in Höhe von 134,50 EUR sowie für die Lebensmonate 3 bis 12 in Höhe von monatlich 833,95 EUR. Der Beklagte berücksichtigte dabei ein durchschnittliches Einkommen im Bemessungszeitraum von 1.283,00 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin am 19. November 2015 Widerspruch ein und trug vor, bei dem vom Arbeitgeber als "Einmalzahlung" deklarierten Betrag handele es sich tatsächlich um regelmäßiges Einkommen, dass bei der Berechnung hätte berücksichtigt werden müssen. Sie habe diesen Betrag erhalten, da sie bis zur Geburt ihres Sohnes für zwei Filialen des Arbeitgebers zuständig gewesen sei. Selbst wenn diese Leistungen nicht als Entgelt anzusehen seien, so handele es sich um regelmäßige Einmalzahlungen ähnlich regelmäßig gezahlten Provisionen, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 26. März 2014, B 10 EG 7/13 R) als Einkommen zu bewerten seien. Lege man dies zugrunde, so erhalte man ein Einkommen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von insgesamt 28.585,71 EUR, d.h. von monatlich 2.382,14 EUR.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2015 zurückgewiesen. Der Beklagte führte zur Begründung aus, zwar habe die Klägerin im Hinblick auf die Behandlung der "Einmalzahlung" auf die ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 2 Abs. 7 BEEG hingewiesen, die maßgeblichen Vorschriften seien jedoch vom Gesetzgeber zum 1. Januar 2015 neu geregelt worden. Für das am xx. xxx 2015 geborene Kind der Klägerin gelte der neue § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG, wonach sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechne nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 hat. Nach § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG würden Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien. Für Elterngeldbezugszeiten ab dem 1. Januar 2015 wird daher entgegen der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Bindung des Elterngeldes an den lohnsteuerrechtlichen Begriff der sonstigen Bezüge erreicht, so dass sonstige Bezüge nicht bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen seien. Hiermit werde eine strikte Anbindung des elterngeldrechtlichen Begriffs der sonstigen Bezüge erreicht, zudem werde die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen bestärkt. Daher seien zu Recht die Einmalzahlungen als sonstige Bezüge im Sinne des Lohnsteuerabzugsverfahrens nicht bei der Einkommensberechnung berücksichtigt worden.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 7. Januar 2016 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.
Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, die ihr vom Arbeitgeber gewährten Zusatzleistungen seien Bestandteil des laufenden Arbeitslohns. Selbst wenn man die Zahlungen als sonstige Bezüge im Sinne des Lohnsteuerrechts einordnen sollte habe auch nach der Umformulierung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zum 1. Januar 2015 die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bzw. des Hessischen Landessozialgerichts weiterhin Geltung, wonach die Einmalzahlungen auch als sonstige Bezüge bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2015 zu verurteilen, ihr Elterngeld unter Einbeziehung sämtlicher für die Monate Juli bis einschließlich November 2014 geleisteter Zahlungen ihres Arbeitgebers zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, die zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei durch die erneute Änderung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zum 1. Januar 2015 überholt. Der Gesetzgeber habe nunmehr wiederholt klargestellt, dass sonstige Bezüge im Sinne der lohnsteuerrechtlichen Regelungen nicht als Einkommen bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen seien (siehe die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/2583). Daher seien die Zusatzleistungen des Arbeitgebers, die als sonstige Bezüge im Sinne der lohnsteuerrechtlichen Vorschriften einzuordnen seien, nicht bei der Berechnung des Anspruchs der Klägerin zu berücksichtigen gewesen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25. Januar und 3. Februar 2016 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben.
Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 11. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Elterngeld über den bereits bewilligten Betrag hinaus.
Auf den Anspruch der Klägerin ist § 2c BEEG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung anwendbar, da der Sohn der Klägerin am xx. xxx 2015, d.h. nach dem 1. Januar 2015, geboren wurde (§ 27 Abs. 1 BEEG). Da er damit auch nach dem 1. Juli 2015 geboren wurde sind nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG im Übrigen auch die anderen Vorschriften des BEEG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung auf ihn anwendbar.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Diese Voraussetzungen sind für den Bezugszeitraum vom 26. August 2015 bis 25. Juli 2016, d.h. die Lebensmonate 2 bis 12 des Sohnes der Klägerin, derzeit erfüllt, was sich aus den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren ergibt und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Streitig ist allein die Frage, ob für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes die in den Monaten Juli 2014 bis einschließlich November 2014 geleisteten und als Einmalzahlungen bezeichneten Leistungen ihres Arbeitgebers zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Nach § 2 Abs. 2 BEEG erhöht sich in den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 EUR war, der maßgebliche Prozentsatz für die Bemessung des Elterngeldes von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100 %. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200,00 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200,00 EUR überschreitet, auf bis zu 65 %. Der Bemessungszeitraum umfasst gemäß § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes und unterliegt den Einschränkungen des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG, wonach u.a. Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch bezogen hat (Nr. 2) oder eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war (Nr. 3), mit der Folge eines geringeren Einkommens aus Erwerbstätigkeit.
Schließlich regelt § 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG, dass als Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, zu berücksichtigen ist.
Nach dem hier maßgeblichen § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG werden dabei Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.
Der Wortlaut der Vorschrift wurde zum 1. Januar 2015 zum wiederholten Male durch den Gesetzgeber angepasst (vgl. hierzu ausführlich wie im Folgenden: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. Oktober 2015, L 5 EG 23/14).
Bei Inkrafttreten des BEEG zum 1. Januar 2007 hatte § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG noch folgende Fassung: "Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt." Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 16/1889) sollte auf den Einkommensbegriff des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zurückgegriffen werden. Auf Wunsch des Bundesrates wurde letztlich ein am Steuerrecht orientierter Einkommensbegriff in § 2 BEEG geregelt. Sowohl der Begründung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs als auch der späteren Beschlussempfehlung des Bundestags-Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend lässt sich entnehmen, dass einmalige Einnahmen (beispielhaft in der Begründung zum Entwurf werden erwähnt: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien, Erfolgsbeteiligungen; beispielhaft in der Beschlussempfehlung werden erwähnt: 13. und 14. Monatsgehälter, Gratifikationen und Weihnachtszuwendungen), die die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie die monatlichen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit prägen, unberücksichtigt bleiben sollen (vgl. BT-Drucks. 16/1889, S. 21; BT-Drucks. 16/2785, S. 37).
In einem Urteil vom 3. Dezember 2009 (B 10 EG 3/09 R) ging das Bundessozialgericht in Anwendung der ursprünglichen Fassung von § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG davon aus, dass nach der Legaldefinition des § 38a Abs. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) unter "sonstige Bezüge" Arbeitslohn zu verstehen sei, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werde. Allerdings definiere das EStG den Begriff des laufenden Arbeitslohns nicht ausdrücklich. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie die steuerrechtliche Literatur führte das Bundessozialgericht aus, dass Arbeitslohn laufend sei, wenn er zeitraumbezogen und regelmäßig wiederkehrend gezahlt werde, wobei ein rein zeitliches Verständnis zu Grunde zu legen sei. Das Kriterium der regelmäßig wiederkehrenden Zahlung sei erfüllt, wenn im Kalenderjahr zumindest zwei Zahlungen erfolgten. Im Hinblick auf den für die Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von den sonstigen Bezügen maßgeblichen Zeitraum sei allerdings im Anwendungsbereich des BEEG nicht auf das Kalenderjahr, wie im Steuerrecht, sondern auf den gesetzlich vorgesehenen zwölfmonatigen Bemessungszeitraum abzustellen. Danach komme es im Ergebnis für die Qualifizierung als laufender Arbeitslohn (u.a.) auf eine Zahlung mit zumindest zwei Fälligkeitszeitpunkten im Bemessungszeitraum an. Bezüge, die dagegen im Bemessungszeitraum nur einmal geleistet würden, stellten sonstige Bezüge dar, auch wenn sie sich in späteren Kalenderjahren wiederholten (vgl. zu allem: BSG vom 3. Dezember 2009 a.a.O. m.w.N., bestätigt durch Urteil vom 29. August 2012, B 10 EG 20/11 R m.w.N.; wie hier schon HLSG, a.a.O.).
Mit Urteilen vom 30. September 2010 (B 10 EG 19/09 R) und 18. August 2011 (B 10 EG 5/11 R) stellte das Bundessozialgericht zudem fest, dass nach Sinn und Zweck des Elterngeldes auch im Bereich des BEEG das modifizierte Zuflussprinzip gelte. So dürfe u.a. bei der Nachzahlung vorenthaltenen Arbeitsentgelts nicht darauf abgestellt werden, ob die Nachzahlung noch innerhalb des Bemessungszeitraums erfolge, um die Einkommensbemessung nicht von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen. Daneben wurde ausgeführt, dass die am Jahresprinzip des § 2 Abs. 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als 3 Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr zu bezeichnen sei, im Rahmen des (ursprünglichen) § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG nicht zu übernehmen sei.
Mit dem Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2011 hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2011 den Wortlaut von § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG wie folgt geändert: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Den Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Bundesregierung) ist zu entnehmen, dass die Neufassung u.a. der Sicherstellung einer "verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen i.S. des Einkommensteuergesetzes" dienen sollte und insoweit im Lohnsteuerabzugsverfahren nach §§ 38a Abs. 1 Satz 3, 39b EStG als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen seien (BT-Drucks. 17/3030, Seite 48 zu Nr. 1 - § 2 - zu Buchst. c Abs. 7 - zu Buchst. bb). Im Gesetzentwurf wurde insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Abkehr von der bisherigen Rechtslage aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R handele (siehe hierzu auch HLSG, a.a.O.).
Dies berücksichtigend ging das Bundesozialgericht im Urteil vom 18. August 2011 (B 10 EG 5/11 R, juris Rn. 32, 33) im Rahmen eines obiter dictum noch davon aus, dass die Neufassung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG aus der Sicht der Bundesregierung eine inhaltliche Änderung des Gesetzes bzw. eine Neuregelung darstellt, die die bisherige ersetzt und nicht lediglich deren Inhalt verdeutlicht, wobei es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankomme. Hiervon ist das Bundessozialgericht allerdings mit den Urteilen vom 26. März 2014 (B 10 EG 7/13 R, 12/13 R und 14/13 R, letzteres vollständig dokumentiert) wieder abgerückt und hat ausgeführt, § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG stelle durch den Anknüpfungspunkt der Behandlung von Einnahmen als sonstige Bezüge auf die Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und Einnahmen ab, die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt würden. Mangels entsprechender Definition in § 39b EStG seien die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu beachten. Davon ausgehend hat das Bundessozialgericht weiter ausgeführt, der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt habe, rechtfertige es nicht, diese bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen. Insoweit sei zwar zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG durch das HBeglG 2011, die nunmehr auf die Behandlung der Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren abstelle, mehr Verwaltungspraktikabilität schaffen wollte, auch als Reaktion auf die bisherige BSG-Rechtsprechung. Diese Überlegungen hätten indessen keinen hinreichenden Eingang in den Normtext gefunden. Werde allein an das von dem Arbeitgeber im Einzelfall praktizierte Lohnsteuerabzugsverfahren angeknüpft, so führte dies auch zu Ergebnissen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe, weil die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Einnahmen allein von der tatsächlichen Handhabung des Arbeitgebers abhänge und Einnahmen selbst dann bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben müssten, wenn der Arbeitgeber versehentlich regelmäßiges Arbeitsentgelt unzutreffend als sonstige Bezüge behandelt habe. Eine so weitgehende Anknüpfung an das Handeln des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren und erst recht eine rechtliche Bindung der zuständigen Elterngeldstellen und Gerichte an dessen Entscheidungen sei allein aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht zu rechtfertigen. Praktikabilitätserwägungen seien hier nicht lediglich am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu prüfen, sondern auch unter Beachtung der besonderen Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art. 3 Abs. 1 GG einschränkten. Der Vorrang verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen verbiete es, Zweckmäßigkeitserwägungen unter Verletzung solcher Wertungen voranzustellen (Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1969, 1 BvL 22/65). Vor diesem Hintergrund hielt das Bundessozialgericht nur eine Auslegung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG für vertretbar, die sich typisierend am normgemäßen Ablauf der Besteuerung orientiere und danach frage, wie die einzelnen Entgeltkomponenten im Lohnsteuerabzugsverfahren zu behandeln seien. Unter dieser Prämisse schließe § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG Einnahmen nur insoweit von der Elterngeldberechnung aus, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngeldes sachlich gerechtfertigt sei. Im Ergebnis hat das Bundessozialgericht ausdrücklich an der bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 3. Dezember 2009 a.a.O.) festgehalten, der durch die Neufassung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. nicht die Grundlage entzogen worden sei (vgl. zu allem BSG vom 26. März 2014 a.a.O. sowie HLSG, a.a.O.).
Mit Wirkung zum 18. September 2012 hat der Gesetzgeber § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG durch § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG ersetzt mit folgendem Wortlaut: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden." Nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (HLSG, a.a.O.) ist die bisherige Argumentation des Bundessozialgerichts auch auf die Rechtslage seit Geltung dieser Fassung bis zum 31. Dezember 2014 übertragbar, da eine maßgebliche inhaltliche Änderung der Vorschrift durch den Gesetzgeber nicht stattgefunden habe. So sei in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29. Mai 2012 zu § 2c Abs. 1 Satz 2 ausgeführt, dass hiermit der Regelungsgehalt des bisherigen § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG übernommen wird und die Änderungen redaktionell bedingt sind (BT-Drucks. 17/9841, S. 22). Dementsprechend sei zumindest bis zum 31. Dezember 2014 das modifizierte Zuflussprinzip bzw. ein von den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben abweichender elterngeldrechtlicher Einkommensbegriff weiterhin zugrunde zu legen.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2015 hat § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nunmehr den aktuellen Wortlaut: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind." Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/2583, S. 24 f.) stelle die Regelung klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG; Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - als nach Art. 108 Abs. 7 Grundgesetz erlassene Verwaltungsvorschriften) erfolge. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs. 2 als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Denn nach § 2c Abs. 2 Satz 1 BEEG sind Grundlage der Ermittlung der Einnahmen die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers, wobei nach Satz 2 die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen vermutet wird. Die Gesetzesmaterialien führen weiter aus, dass ein Auseinanderfallen des lohnsteuerrechtlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs dazu führen würde, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon dem Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Dies würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nach der neuen Regelung seien demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien (siehe R 39b.2 Abs. 2 LStR), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln.
Vor diesem Hintergrund sind zur Überzeugung der Kammer im Lohnsteuerabzugsverfahren richtigerweise als sonstige Bezüge zu behandelnde Einnahmen für ab dem 1. Januar 2015 geborene Kinder in keinem Fall mehr als Einkommen bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat in Reaktion auf die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nunmehr nochmals ausdrücklich von der Einführung eines eigenen elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs abgesehen und stattdessen die Anlehnung an den im Lohnsteuerabzugsverfahren verwendeten steuerrechtlichen Einkommensbegriff mit der Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen bekräftigt.
Die Kammer sieht in der erfolgten Anwendung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Frage, ob der Gesetzgeber sich bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes auf dem im Lohnsteuerabzugsverfahren verwendeten Einkommensbegriff stützt und damit im Regelfall im Zusammenspiel mit der Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen nach § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG eine Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bezweckt oder ob nach Sinn und Zweck des Elterngeldes ein eigener elterngeldrechtlicher Einkommensbegriff ggfs. unter Anwendung eines modifizierten Zuflussprinzips eingeführt wird, bewegt sich innerhalb des gesetzgeberischen Spielraums. Vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 3 GG obliegt es dem Gericht nicht, eigene Maßstäbe für eine sinnvolle gesetzliche Regelung der Berechnung des Elterngeldes zu entwickeln bzw. der gesetzgeberischen Intention vorzuziehen. Der Wortlaut des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist zur Überzeugung der Kammer insoweit klar und einer der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zugrundeliegenden Auslegung im Sinne einer elterngeldrechtlichen Modifikation des Einkommensbegriffs nicht mehr zugänglich.
Bei den vom Arbeitgeber als Einmalzahlungen deklarierten Leistungen in den Monaten Juli bis November 2014 handelt es sich um Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.
Der Begriff der sonstigen Bezüge wird in § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG legal definiert als Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Das in § 39b EStG geregelte Lohnsteuerabzugsverfahren schließt sich dieser Definition systematisch an und sieht in § 39b Abs. 2 und 3 EStG jeweils unterschiedliche Verfahren vor. Unter Rückgriff auf die Lohnsteuerrichtlinie (Stand LStR 2011) ist laufender Arbeitslohn der Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt (R 39b.2 Abs. 1 LStR). Zu den sonstigen Bezügen gehören dagegen insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen, die neben dem laufenden Arbeitslohn gezahlt werden (R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 LStR).
Der Arbeitgeber selbst hat in seinen Gehaltsmitteilungen die Einmalzahlungen ausdrücklich nicht dem laufenden Arbeitslohn zugeordnet. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzliche Richtigkeitsvermutung des § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG erschüttert wurde, sind letztlich nicht erkennbar. Die Tatsache, dass die Einmalzahlungen für einen durchgehenden Zeitraum von Juli bis November 2014 vom Arbeitgeber gewährt wurden, ordnet sie zur Überzeugung der Kammer nicht zwangsläufig dem laufenden Arbeitslohn zu. Vielmehr brachte der Arbeitgeber mit der Trennung der Einmalzahlungen vom laufenden Arbeitslohn in den Gehaltsmitteilungen gerade zum Ausdruck, dass es sich um zusätzliche Leistungen für die Führung zweier Filialen handelt, die neben dem grundsätzlich bestehenden Anspruch der Klägerin auf ihren laufenden Arbeitslohn zeitlich begrenzt gewährt wurden.
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung höheren Elterngeldes als bereits bewilligt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144 SGG. Die Kammer hat die Berufung gegen das Urteil nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung ausdrücklich zugelassen, weil die Berufungssumme von 750,00 EUR nicht erreicht wird. Die Rechtsfrage, ob § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG i.V.m. § 39b EStG auch für ab dem 1. Januar 2015 geborene Kinder Lohnnachzahlungen, die "sonstigen Bezüge" im Sinne des Lohnsteuerabzugsverfahrens darstellen, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes stets unberücksichtigt lässt, hat grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt - im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Hessischen Landessozialgerichts zur Rechtslage für bis zum 31. Dezember 2014 geborene Kinder - insbesondere für die Klärung der Frage, ob der Wortlaut des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG i.V.m. § 39b EStG nach Sinn und Zweck der Elterngeldgewährung, aber entgegen des zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens, teleologisch zu reduzieren ist.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung höheren Elterngeldes unter Berücksichtigung von Einmalzahlungen ihres Arbeitgebers als zu berücksichtigendes Einkommen bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes.
Die Klägerin ist die Mutter des 2015 geborenen C. A. Sie war seit dem 1. April 2011 bei der Firma D. & Co. Automatengesellschaft GmbH beschäftigt, bei der ihr ab 2012 die Leitung zweier Filialen anvertraut wurde. Seitdem erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber hierfür zusätzlich einen Betrag in Höhe von 1.100,00 EUR. In den Lohnabrechnungen des Arbeitgebers wird dieser Betrag als "Sonstige Einmalzahlung" bezeichnet und getrennt vom laufenden Lohn nebst Zuschlägen ausgewiesen.
Am 24. Oktober 2015 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Gewährung von Elterngeld für ihren Sohn C. A.
Mit Bescheid vom 11. November 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 2. Lebensmonat in Höhe von 134,50 EUR sowie für die Lebensmonate 3 bis 12 in Höhe von monatlich 833,95 EUR. Der Beklagte berücksichtigte dabei ein durchschnittliches Einkommen im Bemessungszeitraum von 1.283,00 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin am 19. November 2015 Widerspruch ein und trug vor, bei dem vom Arbeitgeber als "Einmalzahlung" deklarierten Betrag handele es sich tatsächlich um regelmäßiges Einkommen, dass bei der Berechnung hätte berücksichtigt werden müssen. Sie habe diesen Betrag erhalten, da sie bis zur Geburt ihres Sohnes für zwei Filialen des Arbeitgebers zuständig gewesen sei. Selbst wenn diese Leistungen nicht als Entgelt anzusehen seien, so handele es sich um regelmäßige Einmalzahlungen ähnlich regelmäßig gezahlten Provisionen, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 26. März 2014, B 10 EG 7/13 R) als Einkommen zu bewerten seien. Lege man dies zugrunde, so erhalte man ein Einkommen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von insgesamt 28.585,71 EUR, d.h. von monatlich 2.382,14 EUR.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2015 zurückgewiesen. Der Beklagte führte zur Begründung aus, zwar habe die Klägerin im Hinblick auf die Behandlung der "Einmalzahlung" auf die ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 2 Abs. 7 BEEG hingewiesen, die maßgeblichen Vorschriften seien jedoch vom Gesetzgeber zum 1. Januar 2015 neu geregelt worden. Für das am xx. xxx 2015 geborene Kind der Klägerin gelte der neue § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG, wonach sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechne nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 hat. Nach § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG würden Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien. Für Elterngeldbezugszeiten ab dem 1. Januar 2015 wird daher entgegen der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Bindung des Elterngeldes an den lohnsteuerrechtlichen Begriff der sonstigen Bezüge erreicht, so dass sonstige Bezüge nicht bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen seien. Hiermit werde eine strikte Anbindung des elterngeldrechtlichen Begriffs der sonstigen Bezüge erreicht, zudem werde die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen bestärkt. Daher seien zu Recht die Einmalzahlungen als sonstige Bezüge im Sinne des Lohnsteuerabzugsverfahrens nicht bei der Einkommensberechnung berücksichtigt worden.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 7. Januar 2016 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.
Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, die ihr vom Arbeitgeber gewährten Zusatzleistungen seien Bestandteil des laufenden Arbeitslohns. Selbst wenn man die Zahlungen als sonstige Bezüge im Sinne des Lohnsteuerrechts einordnen sollte habe auch nach der Umformulierung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zum 1. Januar 2015 die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bzw. des Hessischen Landessozialgerichts weiterhin Geltung, wonach die Einmalzahlungen auch als sonstige Bezüge bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2015 zu verurteilen, ihr Elterngeld unter Einbeziehung sämtlicher für die Monate Juli bis einschließlich November 2014 geleisteter Zahlungen ihres Arbeitgebers zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, die zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei durch die erneute Änderung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zum 1. Januar 2015 überholt. Der Gesetzgeber habe nunmehr wiederholt klargestellt, dass sonstige Bezüge im Sinne der lohnsteuerrechtlichen Regelungen nicht als Einkommen bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen seien (siehe die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/2583). Daher seien die Zusatzleistungen des Arbeitgebers, die als sonstige Bezüge im Sinne der lohnsteuerrechtlichen Vorschriften einzuordnen seien, nicht bei der Berechnung des Anspruchs der Klägerin zu berücksichtigen gewesen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25. Januar und 3. Februar 2016 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben.
Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 11. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Elterngeld über den bereits bewilligten Betrag hinaus.
Auf den Anspruch der Klägerin ist § 2c BEEG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung anwendbar, da der Sohn der Klägerin am xx. xxx 2015, d.h. nach dem 1. Januar 2015, geboren wurde (§ 27 Abs. 1 BEEG). Da er damit auch nach dem 1. Juli 2015 geboren wurde sind nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG im Übrigen auch die anderen Vorschriften des BEEG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung auf ihn anwendbar.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Diese Voraussetzungen sind für den Bezugszeitraum vom 26. August 2015 bis 25. Juli 2016, d.h. die Lebensmonate 2 bis 12 des Sohnes der Klägerin, derzeit erfüllt, was sich aus den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren ergibt und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Streitig ist allein die Frage, ob für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes die in den Monaten Juli 2014 bis einschließlich November 2014 geleisteten und als Einmalzahlungen bezeichneten Leistungen ihres Arbeitgebers zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Nach § 2 Abs. 2 BEEG erhöht sich in den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 EUR war, der maßgebliche Prozentsatz für die Bemessung des Elterngeldes von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100 %. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200,00 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200,00 EUR überschreitet, auf bis zu 65 %. Der Bemessungszeitraum umfasst gemäß § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes und unterliegt den Einschränkungen des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG, wonach u.a. Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch bezogen hat (Nr. 2) oder eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war (Nr. 3), mit der Folge eines geringeren Einkommens aus Erwerbstätigkeit.
Schließlich regelt § 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG, dass als Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, zu berücksichtigen ist.
Nach dem hier maßgeblichen § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG werden dabei Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.
Der Wortlaut der Vorschrift wurde zum 1. Januar 2015 zum wiederholten Male durch den Gesetzgeber angepasst (vgl. hierzu ausführlich wie im Folgenden: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. Oktober 2015, L 5 EG 23/14).
Bei Inkrafttreten des BEEG zum 1. Januar 2007 hatte § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG noch folgende Fassung: "Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt." Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 16/1889) sollte auf den Einkommensbegriff des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zurückgegriffen werden. Auf Wunsch des Bundesrates wurde letztlich ein am Steuerrecht orientierter Einkommensbegriff in § 2 BEEG geregelt. Sowohl der Begründung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs als auch der späteren Beschlussempfehlung des Bundestags-Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend lässt sich entnehmen, dass einmalige Einnahmen (beispielhaft in der Begründung zum Entwurf werden erwähnt: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien, Erfolgsbeteiligungen; beispielhaft in der Beschlussempfehlung werden erwähnt: 13. und 14. Monatsgehälter, Gratifikationen und Weihnachtszuwendungen), die die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie die monatlichen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit prägen, unberücksichtigt bleiben sollen (vgl. BT-Drucks. 16/1889, S. 21; BT-Drucks. 16/2785, S. 37).
In einem Urteil vom 3. Dezember 2009 (B 10 EG 3/09 R) ging das Bundessozialgericht in Anwendung der ursprünglichen Fassung von § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG davon aus, dass nach der Legaldefinition des § 38a Abs. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) unter "sonstige Bezüge" Arbeitslohn zu verstehen sei, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werde. Allerdings definiere das EStG den Begriff des laufenden Arbeitslohns nicht ausdrücklich. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie die steuerrechtliche Literatur führte das Bundessozialgericht aus, dass Arbeitslohn laufend sei, wenn er zeitraumbezogen und regelmäßig wiederkehrend gezahlt werde, wobei ein rein zeitliches Verständnis zu Grunde zu legen sei. Das Kriterium der regelmäßig wiederkehrenden Zahlung sei erfüllt, wenn im Kalenderjahr zumindest zwei Zahlungen erfolgten. Im Hinblick auf den für die Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von den sonstigen Bezügen maßgeblichen Zeitraum sei allerdings im Anwendungsbereich des BEEG nicht auf das Kalenderjahr, wie im Steuerrecht, sondern auf den gesetzlich vorgesehenen zwölfmonatigen Bemessungszeitraum abzustellen. Danach komme es im Ergebnis für die Qualifizierung als laufender Arbeitslohn (u.a.) auf eine Zahlung mit zumindest zwei Fälligkeitszeitpunkten im Bemessungszeitraum an. Bezüge, die dagegen im Bemessungszeitraum nur einmal geleistet würden, stellten sonstige Bezüge dar, auch wenn sie sich in späteren Kalenderjahren wiederholten (vgl. zu allem: BSG vom 3. Dezember 2009 a.a.O. m.w.N., bestätigt durch Urteil vom 29. August 2012, B 10 EG 20/11 R m.w.N.; wie hier schon HLSG, a.a.O.).
Mit Urteilen vom 30. September 2010 (B 10 EG 19/09 R) und 18. August 2011 (B 10 EG 5/11 R) stellte das Bundessozialgericht zudem fest, dass nach Sinn und Zweck des Elterngeldes auch im Bereich des BEEG das modifizierte Zuflussprinzip gelte. So dürfe u.a. bei der Nachzahlung vorenthaltenen Arbeitsentgelts nicht darauf abgestellt werden, ob die Nachzahlung noch innerhalb des Bemessungszeitraums erfolge, um die Einkommensbemessung nicht von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen. Daneben wurde ausgeführt, dass die am Jahresprinzip des § 2 Abs. 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als 3 Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr zu bezeichnen sei, im Rahmen des (ursprünglichen) § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG nicht zu übernehmen sei.
Mit dem Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2011 hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2011 den Wortlaut von § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG wie folgt geändert: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Den Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Bundesregierung) ist zu entnehmen, dass die Neufassung u.a. der Sicherstellung einer "verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen i.S. des Einkommensteuergesetzes" dienen sollte und insoweit im Lohnsteuerabzugsverfahren nach §§ 38a Abs. 1 Satz 3, 39b EStG als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen seien (BT-Drucks. 17/3030, Seite 48 zu Nr. 1 - § 2 - zu Buchst. c Abs. 7 - zu Buchst. bb). Im Gesetzentwurf wurde insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Abkehr von der bisherigen Rechtslage aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R handele (siehe hierzu auch HLSG, a.a.O.).
Dies berücksichtigend ging das Bundesozialgericht im Urteil vom 18. August 2011 (B 10 EG 5/11 R, juris Rn. 32, 33) im Rahmen eines obiter dictum noch davon aus, dass die Neufassung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG aus der Sicht der Bundesregierung eine inhaltliche Änderung des Gesetzes bzw. eine Neuregelung darstellt, die die bisherige ersetzt und nicht lediglich deren Inhalt verdeutlicht, wobei es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankomme. Hiervon ist das Bundessozialgericht allerdings mit den Urteilen vom 26. März 2014 (B 10 EG 7/13 R, 12/13 R und 14/13 R, letzteres vollständig dokumentiert) wieder abgerückt und hat ausgeführt, § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG stelle durch den Anknüpfungspunkt der Behandlung von Einnahmen als sonstige Bezüge auf die Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und Einnahmen ab, die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt würden. Mangels entsprechender Definition in § 39b EStG seien die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu beachten. Davon ausgehend hat das Bundessozialgericht weiter ausgeführt, der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt habe, rechtfertige es nicht, diese bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen. Insoweit sei zwar zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG durch das HBeglG 2011, die nunmehr auf die Behandlung der Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren abstelle, mehr Verwaltungspraktikabilität schaffen wollte, auch als Reaktion auf die bisherige BSG-Rechtsprechung. Diese Überlegungen hätten indessen keinen hinreichenden Eingang in den Normtext gefunden. Werde allein an das von dem Arbeitgeber im Einzelfall praktizierte Lohnsteuerabzugsverfahren angeknüpft, so führte dies auch zu Ergebnissen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe, weil die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Einnahmen allein von der tatsächlichen Handhabung des Arbeitgebers abhänge und Einnahmen selbst dann bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben müssten, wenn der Arbeitgeber versehentlich regelmäßiges Arbeitsentgelt unzutreffend als sonstige Bezüge behandelt habe. Eine so weitgehende Anknüpfung an das Handeln des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren und erst recht eine rechtliche Bindung der zuständigen Elterngeldstellen und Gerichte an dessen Entscheidungen sei allein aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht zu rechtfertigen. Praktikabilitätserwägungen seien hier nicht lediglich am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu prüfen, sondern auch unter Beachtung der besonderen Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art. 3 Abs. 1 GG einschränkten. Der Vorrang verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen verbiete es, Zweckmäßigkeitserwägungen unter Verletzung solcher Wertungen voranzustellen (Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1969, 1 BvL 22/65). Vor diesem Hintergrund hielt das Bundessozialgericht nur eine Auslegung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG für vertretbar, die sich typisierend am normgemäßen Ablauf der Besteuerung orientiere und danach frage, wie die einzelnen Entgeltkomponenten im Lohnsteuerabzugsverfahren zu behandeln seien. Unter dieser Prämisse schließe § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG Einnahmen nur insoweit von der Elterngeldberechnung aus, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngeldes sachlich gerechtfertigt sei. Im Ergebnis hat das Bundessozialgericht ausdrücklich an der bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 3. Dezember 2009 a.a.O.) festgehalten, der durch die Neufassung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. nicht die Grundlage entzogen worden sei (vgl. zu allem BSG vom 26. März 2014 a.a.O. sowie HLSG, a.a.O.).
Mit Wirkung zum 18. September 2012 hat der Gesetzgeber § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG durch § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG ersetzt mit folgendem Wortlaut: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden." Nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (HLSG, a.a.O.) ist die bisherige Argumentation des Bundessozialgerichts auch auf die Rechtslage seit Geltung dieser Fassung bis zum 31. Dezember 2014 übertragbar, da eine maßgebliche inhaltliche Änderung der Vorschrift durch den Gesetzgeber nicht stattgefunden habe. So sei in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29. Mai 2012 zu § 2c Abs. 1 Satz 2 ausgeführt, dass hiermit der Regelungsgehalt des bisherigen § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG übernommen wird und die Änderungen redaktionell bedingt sind (BT-Drucks. 17/9841, S. 22). Dementsprechend sei zumindest bis zum 31. Dezember 2014 das modifizierte Zuflussprinzip bzw. ein von den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben abweichender elterngeldrechtlicher Einkommensbegriff weiterhin zugrunde zu legen.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2015 hat § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nunmehr den aktuellen Wortlaut: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind." Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/2583, S. 24 f.) stelle die Regelung klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG; Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - als nach Art. 108 Abs. 7 Grundgesetz erlassene Verwaltungsvorschriften) erfolge. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs. 2 als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Denn nach § 2c Abs. 2 Satz 1 BEEG sind Grundlage der Ermittlung der Einnahmen die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers, wobei nach Satz 2 die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen vermutet wird. Die Gesetzesmaterialien führen weiter aus, dass ein Auseinanderfallen des lohnsteuerrechtlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs dazu führen würde, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon dem Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Dies würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nach der neuen Regelung seien demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien (siehe R 39b.2 Abs. 2 LStR), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln.
Vor diesem Hintergrund sind zur Überzeugung der Kammer im Lohnsteuerabzugsverfahren richtigerweise als sonstige Bezüge zu behandelnde Einnahmen für ab dem 1. Januar 2015 geborene Kinder in keinem Fall mehr als Einkommen bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat in Reaktion auf die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nunmehr nochmals ausdrücklich von der Einführung eines eigenen elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs abgesehen und stattdessen die Anlehnung an den im Lohnsteuerabzugsverfahren verwendeten steuerrechtlichen Einkommensbegriff mit der Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen bekräftigt.
Die Kammer sieht in der erfolgten Anwendung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Frage, ob der Gesetzgeber sich bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes auf dem im Lohnsteuerabzugsverfahren verwendeten Einkommensbegriff stützt und damit im Regelfall im Zusammenspiel mit der Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen nach § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG eine Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bezweckt oder ob nach Sinn und Zweck des Elterngeldes ein eigener elterngeldrechtlicher Einkommensbegriff ggfs. unter Anwendung eines modifizierten Zuflussprinzips eingeführt wird, bewegt sich innerhalb des gesetzgeberischen Spielraums. Vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 3 GG obliegt es dem Gericht nicht, eigene Maßstäbe für eine sinnvolle gesetzliche Regelung der Berechnung des Elterngeldes zu entwickeln bzw. der gesetzgeberischen Intention vorzuziehen. Der Wortlaut des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist zur Überzeugung der Kammer insoweit klar und einer der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zugrundeliegenden Auslegung im Sinne einer elterngeldrechtlichen Modifikation des Einkommensbegriffs nicht mehr zugänglich.
Bei den vom Arbeitgeber als Einmalzahlungen deklarierten Leistungen in den Monaten Juli bis November 2014 handelt es sich um Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.
Der Begriff der sonstigen Bezüge wird in § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG legal definiert als Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Das in § 39b EStG geregelte Lohnsteuerabzugsverfahren schließt sich dieser Definition systematisch an und sieht in § 39b Abs. 2 und 3 EStG jeweils unterschiedliche Verfahren vor. Unter Rückgriff auf die Lohnsteuerrichtlinie (Stand LStR 2011) ist laufender Arbeitslohn der Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt (R 39b.2 Abs. 1 LStR). Zu den sonstigen Bezügen gehören dagegen insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen, die neben dem laufenden Arbeitslohn gezahlt werden (R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 LStR).
Der Arbeitgeber selbst hat in seinen Gehaltsmitteilungen die Einmalzahlungen ausdrücklich nicht dem laufenden Arbeitslohn zugeordnet. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzliche Richtigkeitsvermutung des § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG erschüttert wurde, sind letztlich nicht erkennbar. Die Tatsache, dass die Einmalzahlungen für einen durchgehenden Zeitraum von Juli bis November 2014 vom Arbeitgeber gewährt wurden, ordnet sie zur Überzeugung der Kammer nicht zwangsläufig dem laufenden Arbeitslohn zu. Vielmehr brachte der Arbeitgeber mit der Trennung der Einmalzahlungen vom laufenden Arbeitslohn in den Gehaltsmitteilungen gerade zum Ausdruck, dass es sich um zusätzliche Leistungen für die Führung zweier Filialen handelt, die neben dem grundsätzlich bestehenden Anspruch der Klägerin auf ihren laufenden Arbeitslohn zeitlich begrenzt gewährt wurden.
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung höheren Elterngeldes als bereits bewilligt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144 SGG. Die Kammer hat die Berufung gegen das Urteil nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung ausdrücklich zugelassen, weil die Berufungssumme von 750,00 EUR nicht erreicht wird. Die Rechtsfrage, ob § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG i.V.m. § 39b EStG auch für ab dem 1. Januar 2015 geborene Kinder Lohnnachzahlungen, die "sonstigen Bezüge" im Sinne des Lohnsteuerabzugsverfahrens darstellen, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes stets unberücksichtigt lässt, hat grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt - im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Hessischen Landessozialgerichts zur Rechtslage für bis zum 31. Dezember 2014 geborene Kinder - insbesondere für die Klärung der Frage, ob der Wortlaut des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG i.V.m. § 39b EStG nach Sinn und Zweck der Elterngeldgewährung, aber entgegen des zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens, teleologisch zu reduzieren ist.
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