Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 215/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4029/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten und des Beigeladenen Ziff. 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Juni 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Beklagten und des Beigeladenen Ziff. 1) in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beigeladene zu Ziff. 1) T. B. (T.B.) zwischen dem 01.05.1998 und 15.09.2000 bei der Klägerin aufgrund abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Klägerin betreibt seit 01.05.1998 u. a. ein Callcenter. Das Callcenter sollte von T.B., der bis dahin in H. in einem Callcenter gearbeitet und dort Bürsten und Besen verkauft hatte, aufgebaut werden. Die Klägerin schloss aus diesem Grunde mit T. B. einen Handelsvertretervertrag ab. Nach dem Handelsvertretervertrag überträgt die Klägerin T.B. die Werbung neuer Abonnenten für verschiedene Zeitungen und für Zeitschriftenabonnements. Nach dem Vertrag bestimmt der Handelsvertreter den Umfang seiner Arbeitszeit, Arbeitsort und Zeiten des Urlaubs völlig frei und teilt seine diesbezüglichen Wünsche dem Unternehmer in wöchentlichen Abständen mit. Er erhält eine objektbezogene Provision.
Am 10.10.2000 beantragte T.B. bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er trug vor, seine Tätigkeit habe darin bestanden, Kunden zu kontaktieren und Abos per Telefon aufzunehmen, Abrechnungen der ihm unterstellten Arbeitnehmer zu fertigen und den Kontakt mit den verschiedenen Auftraggebern aufrechtzuerhalten. Er habe im Büro der Klägerin gearbeitet. Die Arbeitszeiten seien ihm vorgegeben gewesen. Er habe von 09.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr abends arbeiten müssen. Für den Fall, dass er weniger gearbeitet habe, sei es ihm vom Gehalt abgezogen worden. Der zunächst abgeschlossene Handelsvertretervertrag sei ab 01.01.1999 mündlich in einen Arbeitnehmervertrag geändert worden. Es sei ihm zugesagt worden, dass ab diesem Datum alle Sozialabgaben geleistet würden.
Die Klägerin legte den Handelsvertretervertrag vom 01.05.1998 vor und führte aus, T.B. habe seinen unternehmerischen Erfolg selbst bestimmen können. Er habe an ihrem Betriebssitz gearbeitet. Regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten habe er jedoch nicht einzuhalten gehabt und ihm seien auch keine Weisungen erteilt worden.
Im Anhörungsverfahren teilte T.B. ergänzend mit, dass ihm hinsichtlich der Ausführung seiner Tätigkeit durchaus Weisungen erteilt worden seien. Die Klägerin wies auf den zwischen ihr und T.B. abgeschlossenen Handelsvertretervertrag hin. Änderungen des Vertrags hatten der Schriftform bedurft. Solche seien nicht erfolgt. Sie habe T.B. keinen komplett eingerichteten Arbeitsplatz, sondern nur ein Telefon zur Verfügung gestellt. Dies sei kaum geeignet, eine so enge Bindung anzunehmen, dass von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden könne. T.B. sei - wie es ihm auch nach dem Handelsvertretervertrag erlaubt gewesen sei - gekommen und gegangen, wann er gewollt habe. Die Vergütung sei erfolgsorientiert gewesen. Weisungen seien ihm nicht erteilt worden. Dies sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil ihr Geschäftsführer nicht über das "Know how" verfügt habe, das für den Aufbau eines Callcenters erforderlich sei. Entsprechendes Wissen habe nur T.B., der vorher mehrere Jahre als selbstständiger "Callcenteragent" für ein Unternehmen in H. tätig gewesen sei, gehabt. Für den Fall des erfolgreichen Aufbaus hätte T.B. Gesellschafter und Geschäftsführer werden sollen. T.B. sei nur deshalb nicht sofort eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung eingeräumt worden, weil er über kein Kapital verfügt habe. Mehr als 50% aller Handelsvertreter seien so genannte Einfirmenvertreter und würden mit Sicherheit kein eigenes Kapital einsetzen. Dies sei in diesem Fall deshalb kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen selbständiger und abhängiger Tätigkeit. Die Klägerin legte eine Bestätigung der ehemaligen Mitarbeiterin B. T., wonach es Aufgabe von T.B. war, das Callcenter aufzubauen, er keinen Weisungen unterworfen war und seine Arbeitszeit frei bestimmen konnte, vor.
Mit Bescheid vom 20.07.2001 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, T.B. habe seine Tätigkeit als Leiter eines Callcenters ab 01.05.1998 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Zur Begründung führte sie aus, der Tätigkeit habe zwar ein Handelsvertretervertrag zugrunde gelegen. Es sei allerdings nicht entscheidend, wie die Tätigkeit im Vertrag genannt werde, wenn die tatsächlichen Verhältnisse davon abweichen würden. T.B. habe tatsächlich keine Tätigkeit als Handelsvertreter ausgeübt. Seine Tätigkeit habe darin bestanden, Kunden per Telefon zu kontaktieren, Abonnements aufzunehmen, Abrechnungen zu erstellen und Kontakte mit Auftraggebern zu erhalten. Er habe die Aufgabe gehabt, das Callcenter aufzubauen und zu leiten. Die Vorgesetztenfunktion schließe eine abhängige Beschäftigung nicht aus. T. B. sei am Betriebssitz der Klägerin tätig gewesen. Dort seien ihm auch Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Er sei in die vorgegebene Ordnung des Betriebs eingegliedert gewesen. Eigenes Kapital und eigene Betriebsmittel habe er nicht eingesetzt. Ein unternehmerisches Risiko sei deshalb ebenfalls zu verneinen.
Ihren dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass T.B. Handelsvertreter gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. T.B. habe ausschließlich die eigene Arbeitskraft eingesetzt und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Er habe untergeordnete Arbeiten ausgeführt. Er habe auch wahrheitsgemäß versichert, dass er regelmäßige Arbeitszeiten einzuhalten gehabt habe und Weisungen hinsichtlich der Ausführung der ihm obliegenden Tätigkeit unterlegen sei.
Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung trug sie teilweise unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens vor, T.B. sei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht nicht unterlegen. Er sei auf der Grundlage des Handelsvertretervertrages selbstständiger Handelsvertreter gewesen. Er habe seine einschlägigen Erfahrungen im Bereich Telefonaquise als Handelsvertreter eingebracht. Er habe den Mitarbeitern der Klägerin die erforderlichen Instruktionen bzw. Anweisungen zur Durchführung der Telefonaquise erteilt. T.B. sei nicht verpflichtet gewesen, in ihren Räumen zu arbeiten. Der Arbeitsort hätte jederzeit verlegt werden können. T.B. habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen, denn seine Vergütung sei von der erfolgreichen Vermittlung von Verträgen abhängig gewesen. Dass T.B. kein eigenes Kapital eingesetzt habe, erkläre sich auch daraus, dass für seine Tätigkeit besondere Arbeits- und Betriebsmittel nicht erforderlich gewesen seien. Ein Telefon habe ausgereicht. Der Handelsvertretervertrag sei weiterhin gültig. Änderungen hätten der Schriftform bedurft, solche seien nicht vorgenommen worden. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei T.B. nicht gebunden gewesen.
Die Beklagte erwiderte, die Tätigkeit von T.B. sei keine reine Vermittlungstätigkeit gewesen. Er habe eine Vorgesetztenfunktion gegenüber den weisungsgebundenen Beschäftigten der Klägerin innegehabt. Dies habe ihn zum Handlungsgehilfen im Sinne des § 84 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) und somit zum Beschäftigten der Klägerin gemacht. Ein selbstständig Tätiger sei nicht in der Position, den Mitarbeitern seines Auftraggebers Weisungen zu erteilen. Tatsächlich, und dies sei entscheidend, sei T.B. in den Räumen der Klägerin tätig geworden. Durch die ausschließliche Tätigkeitsausübung am Betriebssitz der Klägerin sei der zeitliche Rahmen der Tätigkeit von T.B. stark begrenzt gewesen.
Die Klägerin legte ergänzend Gutschrift-Abrechnungen von ihr und der Firma A., den Kläger betreffend, vor und wies darauf hin, dass T.B. nicht nur für sie, sondern auch für die Firmen A. Vertriebs GmbH in M. und die (inzwischen liquidierte) A. Pressedienst Promotionsservice (A.) GmbH in L. tätig gewesen sei.
Die Beklagte erwiderte hierauf, dass die Tatsache, dass ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sei, das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließe. Für jedes der zu beurteilenden Auftragsverhältnisse sei gesondert zu prüfen, ob die Tätigkeit selbstständig oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Im Übrigen habe T.B. aufgrund der Arbeitszeit nicht die Möglichkeit gehabt, für weitere Auftraggeber tätig zu werden.
Mit Beschluss vom 03.11.2004 lud das SG T.B. zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 07.06.2005, der Beklagten zugestellt am 02.09.2005, dem Beigeladenen Ziffer 1 am 10.09.2005, hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 20.07.2001 und den Widerspruchsbescheid vom 28.01.2003 auf. In den Entscheidungsgründen führte es aus, T.B. sei für Aufbau und Leitung des Callcenters als Selbstständiger tätig gewesen. Hierfür spreche zunächst der zwischen der Klägerin und T.B. abgeschlossene Handelsvertretervertrag. Entscheidend sei ferner die Position von T.B. im von ihm aufgebauten Callcenter gewesen. Er habe eine leitende und führende Funktion ausgeübt. Dadurch, dass T.B. alleine den Schlüssel zu den Diensträumen gehabt habe, ergebe sich, dass er auch "indirekt" an Geschäftszeiten gebunden gewesen sei. Diese Bindung entstehe jedoch nicht aus einem Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber, sondern aus der tatsächlichen Situation heraus. Die Klägerin habe für die Beschäftigten Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Es sei dann nahe liegend, dass T.B. an diesem Ort auch seine Tätigkeit zu erbringen gehabt habe. Hieraus könne nicht auf seine Unselbstständigkeit geschlossen werden. T.B. habe zwar kein eigenes Kapital eingebracht. Er habe jedoch über die notwendige Sachkunde verfügt und sei nach Provision objektbezogen bezahlt worden. Hierdurch habe sich das Risiko einer vergleichsweise ungünstigen Geschäftsentwicklung für ihn realisiert.
Hiergegen richtet sich die am 29.09.2005 eingelegte Berufung der Beklagten und die am 16.12.2005 eingelegte Berufung des Beigeladenen Ziffer 1. Sie sind beide der Auffassung, dass T.B. seine Tätigkeit im Bereich der Telefonaquise für die Klägerin im Rahmen einer fremdbestimmten Betriebsorganisation ausgeübt habe. Die Beklagte begründet dies wie folgt: auch wenn T.B. mit Aufbau, Führung und Leitung des Callcenters beauftragt gewesen sei, sei von einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess und damit einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Einen Kapitaleinsatz in nennenswertem Umfang habe T.B. nicht erbracht. Die notwendigen technischen und räumlichen Voraussetzungen für die Telefonaquise habe die Klägerin T.B. kostenlos zur Verfügung gestellt. Zwar möge er eigene Einwirkungsmöglichkeiten bei der Lenkung der Telefongespräche mit den Bestandskunden der Klägerin gehabt haben. Diese Gestaltungsmöglichkeiten würden jedoch nicht dazu führen, dass er eigene unternehmerische Zwecke habe verfolgen können, die von denen der Klägerin zu trennen gewesen wären. Unerheblich sei, dass ein Teil der vereinbarten Vergütung erfolgsbezogen gewesen sei und es keine besonderen Abreden über typische Arbeitnehmerschutzrechte gegeben habe. Erfolgsbezogene Lohnbestandteile seien nicht arbeitnehmeruntypisch. Hinsichtlich der gesetzlich bestimmten Arbeitnehmerrechte hätten es die Beteiligten nicht in der Hand, durch den ausdrücklichen Verzicht hierauf über den Status des Betroffenen zu disponieren. Der Beigeladene Ziff. 1 hat unter Vorlage eines Internetauftritts der Klägerin auf den abgeänderten Handelsvertretervertrag, die Art der Beschäftigung, die Tatsache, dass er stets als Mitarbeiter wie jeder andere angesehen worden sei, und das fehlende Unternehmerrisiko hingewiesen.
Die Beklagte und der Beigeladene Ziffer 1 beantragen (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Juni 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beigeladenen Ziff. 1 zurückzuweisen und festzustellen, dass T. B. selbständig tätig war.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist noch einmal auf den Handelsvertretervertrag hin. Das so genannte Callcenter sei als Ergebnis eines veränderten Kommunikationsverhaltens anzusehen. Im Zeitalter der Telekommunikation sei die Vermittlung von Zeitschriftenabos längst nicht mehr ausschließlich im Reisegewerbe auszuüben. Die Tätigkeit eines Handelsvertreters bzw. freien Mitarbeiters in einem solchen Callcenter könne deshalb nicht zwangsläufig zur Einordnung in die Arbeitsorganisation eines Arbeitgebers führen. Insbesondere könne die ausschließliche Verwendung eines Telefons, das von einer Vertragspartei zur Verfügung gestellt werde, nicht zur Charakterisierung als Arbeitsverhältnis bzw. sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung führen. Ein unternehmerisches Risiko habe T.B. insoweit getragen, als er für seine Tätigkeit lediglich erfolgsbezogen bezahlt worden sei. T.B. sei auch für zwei weitere Auftraggeber als Handelsvertreter tätig gewesen. Soweit T.B. im Rahmen eines Internetauftritts www.c ...de mit abgebildet sei, handele es sich nur um einen Werbeauftritt der Klägerin im Internet. T.B. habe sich seinerzeit bereiterklärt, eine Fotographie für den Werbeauftritt zur Verfügung zu stellen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 01.02.2006 die AOK S.-H., die Pflegekasse bei der AOK S.-H. und die Agentur für Arbeit beigeladen. Diese haben keine Anträge gestellt.
Im von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin sind der Geschäftsführer der Klägerin, der Beigeladene zu Ziff. 1) und die Zeuginnen S. und T. gehört worden. Der Geschäftsführer der Klägerin hat u. a. angegeben, dass der Kläger einen Tagessatz und Provisionen erhalten habe. Er hat ein Schreiben des Beigeladenen Ziff. 1 vom 16.12.1999 vorgelegt. T.B. hat sich u. a. dahingehend geäußert, dass er sich am Telefon mit seinem Namen und dann im Namen des Verlags, für den er gerade tätig gewesen sei, gemeldet habe. Er habe den weiteren Mitarbeitern des Callcenters Weisungen erteilt. Ein von ihm im September 1999 genommener Urlaub sei bezahlt worden. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.05.2006 (Bl. 76/87 der LSG-Akte) verwiesen.
Ergänzend hat die Klägerin Provisionsabrechnungen von November 1998 bis Januar 2000 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Beigeladenen Ziff. 1), über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, sind zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG den Bescheid vom 20.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2003 aufgehoben. Der Beigeladene Ziff. 1) ist abhängig beschäftigt gewesen. Die mit den aufgehobenen Bescheiden getroffene Entscheidung der Beklagten entspricht dem geltenden Recht und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass mit der Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidung allein dem Begehren der Klägerin nicht in vollem Umfang entsprochen worden ist. Diese erstrebte nicht etwa keine Entscheidung über den Status des Beigeladenen zu Ziff. 1), was bei der bloßen Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidung der Fall wäre, sondern eine solche in ihrem Sinne, nämlich Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit. Dies kommt in dem vom Senat als sachdienlich angesehenen Berufungsantrag zum Ausdruck.
Die gesetzlichen Voraussetzungen der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung, für das Statusfeststellungsverfahren und das Vorliegen einer Beschäftigung sind im angefochtenen Urteil und in den Bescheiden der Beklagten ebenso wie die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten und des Beurteilungsmaßstabs ist die Beschäftigung von T.B. als Leiter des Callcenters entgegen der von der Klägerin und dem SG vertretenen Auffassung jedoch als abhängige einzustufen. Als Argument für eine selbständige Tätigkeit kann zwar zunächst die Tatsache herangezogen werden, dass T.B. vor Aufnahme der streitigen Tätigkeit als Selbständiger tätig war. Für eine selbständige Tätigkeit spricht aber bereits nicht das Argument, dass die Klägerin und T.B. einen Handelsvertretervertrag geschlossen hatten. Entscheidend ist nicht die vertragliche Beziehung zwischen den Beteiligten, sondern das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -). Für eine abhängige Beschäftigung spricht, dass T.B. in den Betriebsräumen der Klägerin tätig war. Er hatte einen Arbeitsplatz in den Räumen der Klägerin mit Schreibtisch, Telefon, Computer und Drucker. Außerdem befanden sich auf den dort aufgestellten Regalen die von T.B. geführten Ordner, die er für die Tätigkeit benötigte. Für die Nutzung des Betriebsraumes und der Telefon- sowie Computeranlage hatte T.B. keine Miete zu bezahlen. Auch Telefongebühren hatte er nicht zu entrichten. Außerdem war T.B. gegenüber den weiteren Mitarbeitern des Callcenters, die abhängige Beschäftigte der Klägerin waren, weisungsbefugt. Es kann dahingestellt bleiben, ob er die Mitarbeiter in eigener Verantwortung eingestellt und entlassen hat, unstreitig hat er ihnen jedoch Weisungen erteilt und die von den Mitarbeitern abgeschlossenen Abos der Klägerin gegenüber abgerechnet. Als Selbstständiger, der nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden ist, hätte T.B. diesen Mitarbeitern grundsätzlich keine Weisungen erteilen können und er wäre auch nicht für ihre Abrechnung zuständig gewesen. Er wäre als Selbständiger außerhalb der Organisation gestanden. Die Konstellation, die hier gewählt wurde, macht deutlich, dass T.B. tatsächlich in den Betrieb der Klägerin eingebunden war und als Vorgesetzter gegenüber den weiteren Mitarbeitern fungierte. Auch nach außen hin trat er, was sich im Internetauftritt der Klägerin zeigt, als Mitarbeiter der Klägerin auf. Er ist dort als einer unter vielen genannt und aufgeführt. Im Übrigen verrichtete T.B. auch die gleichen Tätigkeiten wie die abhängig beschäftigten Mitarbeiter. Seine Aufgabe bestand ebenfalls im Wesentlichen darin zu telefonieren und Abonnements zu vermitteln. Darüber hinausgehend hatte er lediglich noch die Vorgesetztenfunktion, indem er die Mitarbeiter gegebenenfalls anwies und ihre Abrechnungen bearbeitete und weiterleitete. Vertreten wurde er von einer Mitarbeiterin der Klägerin, die abhängig beschäftigt war. Die Tatsache, dass T.B. neben einer Prämie für die vermittelten Abonnements insbesondere auch einen Tagessatz erhielt, spricht ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. T.B. wurde im Wesentlichen nicht wegen der abgeschlossenen Abonnements, sondern wegen seiner Anwesenheit bezahlt, was sich im Tagessatz, der, wie sich aus den vorgelegten Provisionen ergibt, die Haupteinnahmequelle des T.B. ausmachte, widerspiegelt. Er wurde wie ein Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung und zusätzlich für die abgeschlossenen Abonnements bezahlt. Dass er für die Anwesenheit bezahlt wurde, geht auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Beigeladenen Ziff. 1 vom 16.12.1999 hervor. Zu beachten ist auch, dass T.B. dem Geschäftsführer der Klägerin gegenüber über das Callcenter zu berichten hatte und mit ihm, als der Geschäftsführer der Klägerin mit seiner Arbeitsleistung nicht mehr zufrieden war, Gespräche über die Arbeitsleistung geführt wurden. Auch dies zeigt, dass T.B. nicht wie ein Selbstständiger für sein Tun allein verantwortlich war, sondern die Klägerin seine Arbeitsleistung kontrollierte und er in deren Betrieb eingegliedert war. Auch dass T.B., was von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wurde, während seines Urlaubs den Tagessatz erhielt, spricht für eine abhängige Beschäftigung. Für eine abhängige Beschäftigung ist schließlich ins Feld zu führen, dass T.B. kein Unternehmerrisiko trug. Unternehmerrisiko ist die Chance, durch Einsatz von Kapital Gewinne zu erzielen bzw. das Risiko, dass sich der Einsatz nicht rentiert. Allein bei Ausführung oder Nichtausführung von Arbeiten ist dies nicht der Fall. Notwendig ist insoweit ein Wagnis, das über dasjenige hinausgeht, für seine Arbeitskraft kein Entgelt zu erzielen. Ein solches Unternehmerrisiko besteht hier unter keinem Gesichtspunkt. T.B. hatte keine eigenen Betriebsmittel und er hat in das Unternehmen der Klägerin oder das Callcenter nichts investiert. Dass dies letztendlich u. a. deshalb der Fall war, weil T.B. über kein Kapital verfügte, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass kein Kapital eingesetzt wurde und deshalb ein Unternehmerrisiko nicht bestand. Ein solches lässt sich auch nicht damit begründen, dass T.B. über das notwendige Know How zur Errichtung eines Callcenters verfügte. Kenntnisse und Fähigkeiten sind in vielen Fällen unabdingbare Voraussetzungen für eine Erwerbstätigkeit. Ein Kriterium zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung stellt dies nicht dar. Dahingestellt bleiben kann, ob T.B. tatsächlich feste Arbeitszeiten einzuhalten hatte oder nicht, denn es ist nicht unüblich, dass leitende Mitarbeiter der Zeiterfassung nicht unterworfen sind.
Insgesamt spricht mithin die Mehrzahl der Argumente für eine abhängige Beschäftigung.
Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen zu Ziff. 1 mussten deshalb Erfolg haben. Das angefochtene Urteil des SG ist aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG. Da der Beigeladene zu Ziff. 1) einen Antrag gestellt hat und das Verfahren auch gefördert hat, sind seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt die Kosten der Beklagten und des Beigeladenen Ziff. 1) in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beigeladene zu Ziff. 1) T. B. (T.B.) zwischen dem 01.05.1998 und 15.09.2000 bei der Klägerin aufgrund abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Klägerin betreibt seit 01.05.1998 u. a. ein Callcenter. Das Callcenter sollte von T.B., der bis dahin in H. in einem Callcenter gearbeitet und dort Bürsten und Besen verkauft hatte, aufgebaut werden. Die Klägerin schloss aus diesem Grunde mit T. B. einen Handelsvertretervertrag ab. Nach dem Handelsvertretervertrag überträgt die Klägerin T.B. die Werbung neuer Abonnenten für verschiedene Zeitungen und für Zeitschriftenabonnements. Nach dem Vertrag bestimmt der Handelsvertreter den Umfang seiner Arbeitszeit, Arbeitsort und Zeiten des Urlaubs völlig frei und teilt seine diesbezüglichen Wünsche dem Unternehmer in wöchentlichen Abständen mit. Er erhält eine objektbezogene Provision.
Am 10.10.2000 beantragte T.B. bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er trug vor, seine Tätigkeit habe darin bestanden, Kunden zu kontaktieren und Abos per Telefon aufzunehmen, Abrechnungen der ihm unterstellten Arbeitnehmer zu fertigen und den Kontakt mit den verschiedenen Auftraggebern aufrechtzuerhalten. Er habe im Büro der Klägerin gearbeitet. Die Arbeitszeiten seien ihm vorgegeben gewesen. Er habe von 09.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr abends arbeiten müssen. Für den Fall, dass er weniger gearbeitet habe, sei es ihm vom Gehalt abgezogen worden. Der zunächst abgeschlossene Handelsvertretervertrag sei ab 01.01.1999 mündlich in einen Arbeitnehmervertrag geändert worden. Es sei ihm zugesagt worden, dass ab diesem Datum alle Sozialabgaben geleistet würden.
Die Klägerin legte den Handelsvertretervertrag vom 01.05.1998 vor und führte aus, T.B. habe seinen unternehmerischen Erfolg selbst bestimmen können. Er habe an ihrem Betriebssitz gearbeitet. Regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten habe er jedoch nicht einzuhalten gehabt und ihm seien auch keine Weisungen erteilt worden.
Im Anhörungsverfahren teilte T.B. ergänzend mit, dass ihm hinsichtlich der Ausführung seiner Tätigkeit durchaus Weisungen erteilt worden seien. Die Klägerin wies auf den zwischen ihr und T.B. abgeschlossenen Handelsvertretervertrag hin. Änderungen des Vertrags hatten der Schriftform bedurft. Solche seien nicht erfolgt. Sie habe T.B. keinen komplett eingerichteten Arbeitsplatz, sondern nur ein Telefon zur Verfügung gestellt. Dies sei kaum geeignet, eine so enge Bindung anzunehmen, dass von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden könne. T.B. sei - wie es ihm auch nach dem Handelsvertretervertrag erlaubt gewesen sei - gekommen und gegangen, wann er gewollt habe. Die Vergütung sei erfolgsorientiert gewesen. Weisungen seien ihm nicht erteilt worden. Dies sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil ihr Geschäftsführer nicht über das "Know how" verfügt habe, das für den Aufbau eines Callcenters erforderlich sei. Entsprechendes Wissen habe nur T.B., der vorher mehrere Jahre als selbstständiger "Callcenteragent" für ein Unternehmen in H. tätig gewesen sei, gehabt. Für den Fall des erfolgreichen Aufbaus hätte T.B. Gesellschafter und Geschäftsführer werden sollen. T.B. sei nur deshalb nicht sofort eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung eingeräumt worden, weil er über kein Kapital verfügt habe. Mehr als 50% aller Handelsvertreter seien so genannte Einfirmenvertreter und würden mit Sicherheit kein eigenes Kapital einsetzen. Dies sei in diesem Fall deshalb kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen selbständiger und abhängiger Tätigkeit. Die Klägerin legte eine Bestätigung der ehemaligen Mitarbeiterin B. T., wonach es Aufgabe von T.B. war, das Callcenter aufzubauen, er keinen Weisungen unterworfen war und seine Arbeitszeit frei bestimmen konnte, vor.
Mit Bescheid vom 20.07.2001 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, T.B. habe seine Tätigkeit als Leiter eines Callcenters ab 01.05.1998 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Zur Begründung führte sie aus, der Tätigkeit habe zwar ein Handelsvertretervertrag zugrunde gelegen. Es sei allerdings nicht entscheidend, wie die Tätigkeit im Vertrag genannt werde, wenn die tatsächlichen Verhältnisse davon abweichen würden. T.B. habe tatsächlich keine Tätigkeit als Handelsvertreter ausgeübt. Seine Tätigkeit habe darin bestanden, Kunden per Telefon zu kontaktieren, Abonnements aufzunehmen, Abrechnungen zu erstellen und Kontakte mit Auftraggebern zu erhalten. Er habe die Aufgabe gehabt, das Callcenter aufzubauen und zu leiten. Die Vorgesetztenfunktion schließe eine abhängige Beschäftigung nicht aus. T. B. sei am Betriebssitz der Klägerin tätig gewesen. Dort seien ihm auch Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Er sei in die vorgegebene Ordnung des Betriebs eingegliedert gewesen. Eigenes Kapital und eigene Betriebsmittel habe er nicht eingesetzt. Ein unternehmerisches Risiko sei deshalb ebenfalls zu verneinen.
Ihren dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass T.B. Handelsvertreter gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. T.B. habe ausschließlich die eigene Arbeitskraft eingesetzt und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Er habe untergeordnete Arbeiten ausgeführt. Er habe auch wahrheitsgemäß versichert, dass er regelmäßige Arbeitszeiten einzuhalten gehabt habe und Weisungen hinsichtlich der Ausführung der ihm obliegenden Tätigkeit unterlegen sei.
Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung trug sie teilweise unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens vor, T.B. sei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht nicht unterlegen. Er sei auf der Grundlage des Handelsvertretervertrages selbstständiger Handelsvertreter gewesen. Er habe seine einschlägigen Erfahrungen im Bereich Telefonaquise als Handelsvertreter eingebracht. Er habe den Mitarbeitern der Klägerin die erforderlichen Instruktionen bzw. Anweisungen zur Durchführung der Telefonaquise erteilt. T.B. sei nicht verpflichtet gewesen, in ihren Räumen zu arbeiten. Der Arbeitsort hätte jederzeit verlegt werden können. T.B. habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen, denn seine Vergütung sei von der erfolgreichen Vermittlung von Verträgen abhängig gewesen. Dass T.B. kein eigenes Kapital eingesetzt habe, erkläre sich auch daraus, dass für seine Tätigkeit besondere Arbeits- und Betriebsmittel nicht erforderlich gewesen seien. Ein Telefon habe ausgereicht. Der Handelsvertretervertrag sei weiterhin gültig. Änderungen hätten der Schriftform bedurft, solche seien nicht vorgenommen worden. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei T.B. nicht gebunden gewesen.
Die Beklagte erwiderte, die Tätigkeit von T.B. sei keine reine Vermittlungstätigkeit gewesen. Er habe eine Vorgesetztenfunktion gegenüber den weisungsgebundenen Beschäftigten der Klägerin innegehabt. Dies habe ihn zum Handlungsgehilfen im Sinne des § 84 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) und somit zum Beschäftigten der Klägerin gemacht. Ein selbstständig Tätiger sei nicht in der Position, den Mitarbeitern seines Auftraggebers Weisungen zu erteilen. Tatsächlich, und dies sei entscheidend, sei T.B. in den Räumen der Klägerin tätig geworden. Durch die ausschließliche Tätigkeitsausübung am Betriebssitz der Klägerin sei der zeitliche Rahmen der Tätigkeit von T.B. stark begrenzt gewesen.
Die Klägerin legte ergänzend Gutschrift-Abrechnungen von ihr und der Firma A., den Kläger betreffend, vor und wies darauf hin, dass T.B. nicht nur für sie, sondern auch für die Firmen A. Vertriebs GmbH in M. und die (inzwischen liquidierte) A. Pressedienst Promotionsservice (A.) GmbH in L. tätig gewesen sei.
Die Beklagte erwiderte hierauf, dass die Tatsache, dass ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sei, das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließe. Für jedes der zu beurteilenden Auftragsverhältnisse sei gesondert zu prüfen, ob die Tätigkeit selbstständig oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Im Übrigen habe T.B. aufgrund der Arbeitszeit nicht die Möglichkeit gehabt, für weitere Auftraggeber tätig zu werden.
Mit Beschluss vom 03.11.2004 lud das SG T.B. zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 07.06.2005, der Beklagten zugestellt am 02.09.2005, dem Beigeladenen Ziffer 1 am 10.09.2005, hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 20.07.2001 und den Widerspruchsbescheid vom 28.01.2003 auf. In den Entscheidungsgründen führte es aus, T.B. sei für Aufbau und Leitung des Callcenters als Selbstständiger tätig gewesen. Hierfür spreche zunächst der zwischen der Klägerin und T.B. abgeschlossene Handelsvertretervertrag. Entscheidend sei ferner die Position von T.B. im von ihm aufgebauten Callcenter gewesen. Er habe eine leitende und führende Funktion ausgeübt. Dadurch, dass T.B. alleine den Schlüssel zu den Diensträumen gehabt habe, ergebe sich, dass er auch "indirekt" an Geschäftszeiten gebunden gewesen sei. Diese Bindung entstehe jedoch nicht aus einem Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber, sondern aus der tatsächlichen Situation heraus. Die Klägerin habe für die Beschäftigten Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Es sei dann nahe liegend, dass T.B. an diesem Ort auch seine Tätigkeit zu erbringen gehabt habe. Hieraus könne nicht auf seine Unselbstständigkeit geschlossen werden. T.B. habe zwar kein eigenes Kapital eingebracht. Er habe jedoch über die notwendige Sachkunde verfügt und sei nach Provision objektbezogen bezahlt worden. Hierdurch habe sich das Risiko einer vergleichsweise ungünstigen Geschäftsentwicklung für ihn realisiert.
Hiergegen richtet sich die am 29.09.2005 eingelegte Berufung der Beklagten und die am 16.12.2005 eingelegte Berufung des Beigeladenen Ziffer 1. Sie sind beide der Auffassung, dass T.B. seine Tätigkeit im Bereich der Telefonaquise für die Klägerin im Rahmen einer fremdbestimmten Betriebsorganisation ausgeübt habe. Die Beklagte begründet dies wie folgt: auch wenn T.B. mit Aufbau, Führung und Leitung des Callcenters beauftragt gewesen sei, sei von einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess und damit einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Einen Kapitaleinsatz in nennenswertem Umfang habe T.B. nicht erbracht. Die notwendigen technischen und räumlichen Voraussetzungen für die Telefonaquise habe die Klägerin T.B. kostenlos zur Verfügung gestellt. Zwar möge er eigene Einwirkungsmöglichkeiten bei der Lenkung der Telefongespräche mit den Bestandskunden der Klägerin gehabt haben. Diese Gestaltungsmöglichkeiten würden jedoch nicht dazu führen, dass er eigene unternehmerische Zwecke habe verfolgen können, die von denen der Klägerin zu trennen gewesen wären. Unerheblich sei, dass ein Teil der vereinbarten Vergütung erfolgsbezogen gewesen sei und es keine besonderen Abreden über typische Arbeitnehmerschutzrechte gegeben habe. Erfolgsbezogene Lohnbestandteile seien nicht arbeitnehmeruntypisch. Hinsichtlich der gesetzlich bestimmten Arbeitnehmerrechte hätten es die Beteiligten nicht in der Hand, durch den ausdrücklichen Verzicht hierauf über den Status des Betroffenen zu disponieren. Der Beigeladene Ziff. 1 hat unter Vorlage eines Internetauftritts der Klägerin auf den abgeänderten Handelsvertretervertrag, die Art der Beschäftigung, die Tatsache, dass er stets als Mitarbeiter wie jeder andere angesehen worden sei, und das fehlende Unternehmerrisiko hingewiesen.
Die Beklagte und der Beigeladene Ziffer 1 beantragen (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Juni 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beigeladenen Ziff. 1 zurückzuweisen und festzustellen, dass T. B. selbständig tätig war.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist noch einmal auf den Handelsvertretervertrag hin. Das so genannte Callcenter sei als Ergebnis eines veränderten Kommunikationsverhaltens anzusehen. Im Zeitalter der Telekommunikation sei die Vermittlung von Zeitschriftenabos längst nicht mehr ausschließlich im Reisegewerbe auszuüben. Die Tätigkeit eines Handelsvertreters bzw. freien Mitarbeiters in einem solchen Callcenter könne deshalb nicht zwangsläufig zur Einordnung in die Arbeitsorganisation eines Arbeitgebers führen. Insbesondere könne die ausschließliche Verwendung eines Telefons, das von einer Vertragspartei zur Verfügung gestellt werde, nicht zur Charakterisierung als Arbeitsverhältnis bzw. sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung führen. Ein unternehmerisches Risiko habe T.B. insoweit getragen, als er für seine Tätigkeit lediglich erfolgsbezogen bezahlt worden sei. T.B. sei auch für zwei weitere Auftraggeber als Handelsvertreter tätig gewesen. Soweit T.B. im Rahmen eines Internetauftritts www.c ...de mit abgebildet sei, handele es sich nur um einen Werbeauftritt der Klägerin im Internet. T.B. habe sich seinerzeit bereiterklärt, eine Fotographie für den Werbeauftritt zur Verfügung zu stellen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 01.02.2006 die AOK S.-H., die Pflegekasse bei der AOK S.-H. und die Agentur für Arbeit beigeladen. Diese haben keine Anträge gestellt.
Im von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin sind der Geschäftsführer der Klägerin, der Beigeladene zu Ziff. 1) und die Zeuginnen S. und T. gehört worden. Der Geschäftsführer der Klägerin hat u. a. angegeben, dass der Kläger einen Tagessatz und Provisionen erhalten habe. Er hat ein Schreiben des Beigeladenen Ziff. 1 vom 16.12.1999 vorgelegt. T.B. hat sich u. a. dahingehend geäußert, dass er sich am Telefon mit seinem Namen und dann im Namen des Verlags, für den er gerade tätig gewesen sei, gemeldet habe. Er habe den weiteren Mitarbeitern des Callcenters Weisungen erteilt. Ein von ihm im September 1999 genommener Urlaub sei bezahlt worden. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.05.2006 (Bl. 76/87 der LSG-Akte) verwiesen.
Ergänzend hat die Klägerin Provisionsabrechnungen von November 1998 bis Januar 2000 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Beigeladenen Ziff. 1), über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, sind zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG den Bescheid vom 20.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2003 aufgehoben. Der Beigeladene Ziff. 1) ist abhängig beschäftigt gewesen. Die mit den aufgehobenen Bescheiden getroffene Entscheidung der Beklagten entspricht dem geltenden Recht und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass mit der Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidung allein dem Begehren der Klägerin nicht in vollem Umfang entsprochen worden ist. Diese erstrebte nicht etwa keine Entscheidung über den Status des Beigeladenen zu Ziff. 1), was bei der bloßen Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidung der Fall wäre, sondern eine solche in ihrem Sinne, nämlich Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit. Dies kommt in dem vom Senat als sachdienlich angesehenen Berufungsantrag zum Ausdruck.
Die gesetzlichen Voraussetzungen der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung, für das Statusfeststellungsverfahren und das Vorliegen einer Beschäftigung sind im angefochtenen Urteil und in den Bescheiden der Beklagten ebenso wie die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten und des Beurteilungsmaßstabs ist die Beschäftigung von T.B. als Leiter des Callcenters entgegen der von der Klägerin und dem SG vertretenen Auffassung jedoch als abhängige einzustufen. Als Argument für eine selbständige Tätigkeit kann zwar zunächst die Tatsache herangezogen werden, dass T.B. vor Aufnahme der streitigen Tätigkeit als Selbständiger tätig war. Für eine selbständige Tätigkeit spricht aber bereits nicht das Argument, dass die Klägerin und T.B. einen Handelsvertretervertrag geschlossen hatten. Entscheidend ist nicht die vertragliche Beziehung zwischen den Beteiligten, sondern das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -). Für eine abhängige Beschäftigung spricht, dass T.B. in den Betriebsräumen der Klägerin tätig war. Er hatte einen Arbeitsplatz in den Räumen der Klägerin mit Schreibtisch, Telefon, Computer und Drucker. Außerdem befanden sich auf den dort aufgestellten Regalen die von T.B. geführten Ordner, die er für die Tätigkeit benötigte. Für die Nutzung des Betriebsraumes und der Telefon- sowie Computeranlage hatte T.B. keine Miete zu bezahlen. Auch Telefongebühren hatte er nicht zu entrichten. Außerdem war T.B. gegenüber den weiteren Mitarbeitern des Callcenters, die abhängige Beschäftigte der Klägerin waren, weisungsbefugt. Es kann dahingestellt bleiben, ob er die Mitarbeiter in eigener Verantwortung eingestellt und entlassen hat, unstreitig hat er ihnen jedoch Weisungen erteilt und die von den Mitarbeitern abgeschlossenen Abos der Klägerin gegenüber abgerechnet. Als Selbstständiger, der nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden ist, hätte T.B. diesen Mitarbeitern grundsätzlich keine Weisungen erteilen können und er wäre auch nicht für ihre Abrechnung zuständig gewesen. Er wäre als Selbständiger außerhalb der Organisation gestanden. Die Konstellation, die hier gewählt wurde, macht deutlich, dass T.B. tatsächlich in den Betrieb der Klägerin eingebunden war und als Vorgesetzter gegenüber den weiteren Mitarbeitern fungierte. Auch nach außen hin trat er, was sich im Internetauftritt der Klägerin zeigt, als Mitarbeiter der Klägerin auf. Er ist dort als einer unter vielen genannt und aufgeführt. Im Übrigen verrichtete T.B. auch die gleichen Tätigkeiten wie die abhängig beschäftigten Mitarbeiter. Seine Aufgabe bestand ebenfalls im Wesentlichen darin zu telefonieren und Abonnements zu vermitteln. Darüber hinausgehend hatte er lediglich noch die Vorgesetztenfunktion, indem er die Mitarbeiter gegebenenfalls anwies und ihre Abrechnungen bearbeitete und weiterleitete. Vertreten wurde er von einer Mitarbeiterin der Klägerin, die abhängig beschäftigt war. Die Tatsache, dass T.B. neben einer Prämie für die vermittelten Abonnements insbesondere auch einen Tagessatz erhielt, spricht ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. T.B. wurde im Wesentlichen nicht wegen der abgeschlossenen Abonnements, sondern wegen seiner Anwesenheit bezahlt, was sich im Tagessatz, der, wie sich aus den vorgelegten Provisionen ergibt, die Haupteinnahmequelle des T.B. ausmachte, widerspiegelt. Er wurde wie ein Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung und zusätzlich für die abgeschlossenen Abonnements bezahlt. Dass er für die Anwesenheit bezahlt wurde, geht auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Beigeladenen Ziff. 1 vom 16.12.1999 hervor. Zu beachten ist auch, dass T.B. dem Geschäftsführer der Klägerin gegenüber über das Callcenter zu berichten hatte und mit ihm, als der Geschäftsführer der Klägerin mit seiner Arbeitsleistung nicht mehr zufrieden war, Gespräche über die Arbeitsleistung geführt wurden. Auch dies zeigt, dass T.B. nicht wie ein Selbstständiger für sein Tun allein verantwortlich war, sondern die Klägerin seine Arbeitsleistung kontrollierte und er in deren Betrieb eingegliedert war. Auch dass T.B., was von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wurde, während seines Urlaubs den Tagessatz erhielt, spricht für eine abhängige Beschäftigung. Für eine abhängige Beschäftigung ist schließlich ins Feld zu führen, dass T.B. kein Unternehmerrisiko trug. Unternehmerrisiko ist die Chance, durch Einsatz von Kapital Gewinne zu erzielen bzw. das Risiko, dass sich der Einsatz nicht rentiert. Allein bei Ausführung oder Nichtausführung von Arbeiten ist dies nicht der Fall. Notwendig ist insoweit ein Wagnis, das über dasjenige hinausgeht, für seine Arbeitskraft kein Entgelt zu erzielen. Ein solches Unternehmerrisiko besteht hier unter keinem Gesichtspunkt. T.B. hatte keine eigenen Betriebsmittel und er hat in das Unternehmen der Klägerin oder das Callcenter nichts investiert. Dass dies letztendlich u. a. deshalb der Fall war, weil T.B. über kein Kapital verfügte, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass kein Kapital eingesetzt wurde und deshalb ein Unternehmerrisiko nicht bestand. Ein solches lässt sich auch nicht damit begründen, dass T.B. über das notwendige Know How zur Errichtung eines Callcenters verfügte. Kenntnisse und Fähigkeiten sind in vielen Fällen unabdingbare Voraussetzungen für eine Erwerbstätigkeit. Ein Kriterium zur Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung stellt dies nicht dar. Dahingestellt bleiben kann, ob T.B. tatsächlich feste Arbeitszeiten einzuhalten hatte oder nicht, denn es ist nicht unüblich, dass leitende Mitarbeiter der Zeiterfassung nicht unterworfen sind.
Insgesamt spricht mithin die Mehrzahl der Argumente für eine abhängige Beschäftigung.
Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen zu Ziff. 1 mussten deshalb Erfolg haben. Das angefochtene Urteil des SG ist aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG. Da der Beigeladene zu Ziff. 1) einen Antrag gestellt hat und das Verfahren auch gefördert hat, sind seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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