Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1970/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2472/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.01.2002 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe im Streit.
Der 1954 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und hat in der Bundesrepublik zuletzt von 1981 bis zum 30.09.1993 versicherungspflichtig als Rohrbieger gearbeitet. Anschließend beantragte er die Gewährung von Arbeitslosengeld, welches ihm antragsgemäß mit Wirkung vom 11.12.1993 an bewilligt wurde. Der Kläger gab in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld an, das Merkblatt für Arbeitslose ("Ihre Rechte - Ihre Pflichten") erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Außerdem gab er an, keine selbständige Tätigkeit auszuüben, keinem Familienangehörigen bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit oder bei Heimarbeit zu helfen und auch keine Nebenbeschäftigung auszuüben.
Der Kläger hatte jedoch bereits zum 12.03.1993 bei der Stadt Weinheim ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Obst- und Gemüseverkauf, türkische Spezialitäten etc." für ein Geschäftslokal in Weinheim angemeldet. Eine Zweigstelle wurde in Viernheim geführt.
Bei einer Außenprüfung am 13.07. und 14.07.1994 in Weinheim wurde nach einem Prüfbericht vom 18.07.1994 der Kläger angetroffen, der von einem Arbeitnehmer in dem Geschäft als "Chef" bezeichnet worden sei. Hinsichtlich des zwischenzeitlich verschwundenen Mitarbeiters teilte der Kläger laut Prüfbericht mit, dass er diesen schon zweimal aufgefordert habe, ihm seinen Pass zu bringen, damit er ihn endlich anmelden könne.
Die Beklagte hörte der Kläger daraufhin zu der beabsichtigten Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs an. Der Kläger meldete sich hierauf nicht.
Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.1994 den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld zurückgenommen, da der Kläger eine selbständige Tätigkeit über der Kurzzeitigkeitsgrenze ausübe. Gleichzeitig verpflichtete die Beklagte den Kläger in dem Bescheid, welcher bestandskräftig geworden ist, zur Erstattung von Leistungen in Höhe 5.460,60 DM. Das von der Beklagten daraufhin initiierte Strafverfahren wurde mit einer Zahlungsauflage zu Lasten des Klägers eingestellt.
Am 05.01.1995 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Arbeitslosengeld und gab hierbei an, sein Gewerbe abgemeldet zu haben und keine Tätigkeit mehr auszuüben. Der Kläger legte auf Nachfrage der Beklagten hierzu die Kopie einer Gewerbeabmeldung vor; hieraus ergibt sich, dass der Betrieb nach der Gewerbeaufgabe von der Ehefrau des Klägers fortgeführt wurde. Tatsächlich half der Kläger jedoch weiterhin im erheblichen Umfang weiter in der Filiale in W. mit; so lieferte er regelmäßig frische Ware an und hielt sich regelmäßig zum Verkauf von Ware in dem Ladengeschäft in W. auf. Auch war er weiterhin mit der Buchhaltung beschäftigt.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 24.02.1995 Arbeitslosengeld ab dem 05.01.1995 bis zur Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 12.10.1995. Auf die Folgeanträge des Kläger gewährte sie dem Kläger anschließend fortlaufend Arbeitslosenhilfe. In den Folgeanträgen hatte der Kläger jeweils angegeben, keiner Tätigkeit mehr nachzugehen. Seine Ehefrau sei Hausfrau und wie er ohne ein Einkommen.
Während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe stellte ein Mitarbeiter der Beklagten im März 1999 fest, dass der Kläger seit 1994 weiterhin selbständig tätig war. In dem Prüfbericht vom 22.03.1999 (vgl. Bl. 178 der Verwaltungsakte) gab der Kläger gegenüber den Außendienstmitarbeitern der Beklagten an, dass die Geschäfte in W. und V. seit dem 01.01.1995 durch seine Frau geführt würden. Er selbst arbeite nicht im Geschäft mit, sondern helfe lediglich zwei Stunden pro Tag. Die Kassenbücher, Geschäftsunterlagen und die Buchhaltung würden durch seinen Sohn H. und ihn selbst geführt; manchmal auch durch seine Tochter "Ü. und T.". Der Einkauf werde durch seine Frau erledigt. Die Öffnungszeiten würden in Weinheim durch seine Frau und in Viernheim durch seinen Arbeiter M. T. abgedeckt. Er habe seine Frau in seinen Anträgen als Hausfrau ohne eigenes Einkommen bezeichnet, weil sie ab 18 Uhr zuhause sei. Sie sei aber Chefin der Firma. Allerdings wolle er sich nunmehr aus dem Leistungsbezug abmelden und das Gewerbe wieder auf sich anmelden. Seine Frau könne weder lesen noch - mit Ausnahme ihrer Unterschrift - schreiben.
Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 27.05.1999 den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 05.01.1995 sowie die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 14.02.1996 ganz zurückgenommen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kläger bereits seit 1994 als Selbständiger tätig sei. Zwar habe er angegeben, dass seine Ehefrau die Geschäfte führe, doch könne dem nicht gefolgt werden. Denn das Geschäftskonto laufe auf den Namen des Klägers und nicht auf den Namen der Ehefrau. Außerdem habe er die Buchhaltung und das Kassenbuch geführt und sei auch Halter des Firmenfahrzeugs. Darüber hinaus beschäftigte er auch einen Angestellten. Für die von der Aufhebung betroffene Zeit habe der Kläger einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 87.288,72 DM zu erstatten.
Seinen deswegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum im vollem Umfang der Arbeitsvermittlung zu Verfügung gestanden habe. Er sei weiterhin arbeitslos. Soweit er im Geschäft seiner Ehefrau Aushilfstätigkeiten verrichtet habe, hätten diese bei weitem nicht den zeitlich zulässigen Umfang erreicht.
Im erneut eingeleiteten Strafverfahren gab der Kläger gegenüber den Polizei bei einer erneuten Außenprüfung (vgl. Bl. 179 der Verwaltungsakte) an, dass die Geschäfte seit dem 01.01.1995 von seiner Frau geführt würden. Er helfe am Tag lediglich zwei Stunden mit. Seine Frau könne weder lesen noch schreiben. Nach dem polizeilichem Vernehmungsprotokoll vom 03.05.1999 lief das Geschäftkonto weiterhin auf den Namen des Klägers, der auch weiterhin die Buchhaltung und das Kassenbuch geführt habe. Außerdem sei er Halter des Firmenfahrzeugs gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1999 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Nach den eigenen und den polizeilichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass der Kläger seine Ehefrau zum 01.01.1995 lediglich zum Schein als Geschäftsführerin gemeldet habe. Tatsächlich sei er hingegen weiterhin "Kopf und Seele des Betriebes" geblieben. Dies folge daraus, dass die Ehefrau nach eigener Aussage des Klägers weder deutsch noch türkisch lesen oder schreiben könne, das Geschäftkonto weiterhin auf seinen Namen laufe und er die Buchhaltung und das Kassenbuch führe und auch Halter des Firmenfahrzeuges sei.
Der Kläger erhob daraufhin durch seine Bevollmächtigten am 30.07.1999 Klage beim Sozialgericht M. (SG). Der Kläger gab an, seiner Frau als Geschäftsinhaberin lediglich durch geringfügige unterstützende Tätigkeiten, insbesondere im Rahmen der Buchhaltung, geholfen zu haben. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand habe keinesfalls mehr als 15 oder 18 Wochenstunden erfordert. Insofern er anders lautende Aussagen gegenüber der Beklagten oder der Polizei getätigt habe, beruhe dies auf einem sprachlichen Missverständnis. Denn er beherrsche die deutsche Sprache nur mäßig.
In einem Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme des SG am 16.02.2001 trug der Kläger vor, dass er das Geschäft im März 1993 eröffnet habe. Bereits damals sei das Geschäft maßgeblich von einer Angestellten geführt worden, wobei er lediglich in unregelmäßigen Abständen nach dem Rechten gesehen habe. Die Angestellte habe er beschäftigt, anstelle selbst zu arbeiten, weil damals die Geschäfte gut gegangen sein und weil er der Angestellten, die er noch von seinem Vorinhaber der Firma übernommen hatte, einen Gefallen habe tun wollen. Das Geschäft habe er dann 1995 an seine Frau übergeben, weil er krank gewesen sei und es nicht habe weiterführen können. Seine Frau habe dann sämtliche Arbeiten verrichtet, die in dem Geschäft angefallen seien. Es treffe nicht zu, dass er das Geschäft lediglich wegen des 1994 anhängigen Strafverfahrens auf seine Frau angemeldet habe. Die Zweigstelle in Viernheim hätte sie bereits vor ca. 2 Jahren geschlossen. In dem Geschäft in Viernheim habe er selbst nie gearbeitet. Den Haushalt der Familie führe jeweils er. Gekocht werde selten, es werde hauptsächlich im Laden gegessen.
Anschließend vernahm das SG die Ehefrau des Klägers als Zeugin. Diese gab an, dass das Geschäft in W. im Jahre 1993 bei der Firmenübernahme von einer früheren Mitarbeiterin, der Zeugin L., weitergeführt worden sei. Sie selbst habe lediglich die Regale bestückt und Waren eingekauft und ähnliche Tätigkeiten verrichtet. Das Geschäft sei jedoch von dieser Mitarbeiterin geführt worden. Sie wisse nicht, was ihr Mann während dieser Zeit gemacht habe. Sie habe vier Kinder, wobei der damals der 18 Jahre älteste Sohn während ihrer Tätigkeit im Geschäft auf die anderen Kinder aufgepasst habe. Ihr Mann habe ständig Arbeit gesucht, jedoch keine gefunden. Die Zweigstelle in V.habe sie zusammen mit ihrer Tochter und ihrem Sohn geführt. Ihr Mann habe in den Geschäften lediglich dann geholfen, wenn sie selbst dazu nicht in der Lage gewesen sei. Ihr Mann habe im Grunde mit dem Laden nichts zu tun gehabt, sondern er sei nur gekommen, wenn jemand mit ihm habe reden wollen. Bei der Buchführung habe ihr Sohn H. geholfen, der auch die Kontakte mit dem Steuerberater hergestellt habe. Die Papiere von dem Steuerberater habe manchmal ihr Sohn, manchmal ihr Mann fertig gemacht. Ansonsten habe ihr Mann sich nicht um das Geschäft gekümmert.
Bei einem weiteren Termin am 12.07.2001 zur Erörterung und Beweisaufnahme wurden die Zeugen A. H. und R. L. vernommen. Der Zeuge H. teilte mit, Inhaber einer Metzgerei in W. zu sein, die unmittelbar an das Geschäft der Familie des Klägers angrenze. Es handele sich um ein Doppelhaus, wobei er in der einen Hälfte seine Metzgerei betreibe und die andere Hälfte an die Familie des Klägers vermietet habe. Er habe sehr wohl mitbekommen, dass 1995 eine Wechsel des Gewerbetreibenden vorgenommen worden sei. Der Kläger habe ihm jedoch nicht gesagt, weshalb dies erfolgt sei. Der Kläger sei jeden Tag in dem Geschäft der Familie anwesend gewesen. Es sei allerdings immer noch eine Verkäuferin da gewesen. Der Kläger habe nach dem Rechten gesehen, Obst und Gemüse gebracht und möglicherweise auch kassiert. Genau könne er dies nicht sagen, er habe jedoch den Eindruck gehabt, dass der Kläger jeden Tag da gewesen sei. Der Kläger habe auch mehrfach versucht, dass Geschäft weiter zu vermieten, was er als Vermieter jedoch jeweils unterbunden habe. Nach seiner Beobachtung war die Hauptbeschäftigung des Klägers in dem Geschäft die Lieferung von Frischware. Der Kläger habe dann jeweils einen VW-Bus, später auch einen Kombi gefahren und die Ware angeliefert. Der Ansprechpartner wegen des Mietverhältnisses sei der Kläger gewesen. Bei der zuvor erwähnten Verkäuferin, die im Geschäft ebenfalls anwesend gewesen sei, handele es sich um die Zeugin L. Die Zeugin L. sei bis ungefähr vor drei oder vier Jahren in dem Geschäft tätig gewesen. Zu der Zeit als die Zeugin L. in dem Geschäft angestellt gewesen sei, habe hauptsächlich sie dort gearbeitet und verkauft. Im großen und ganzen gesehen sei der Laden von einer einzigen Person, nämlich der Verkäuferin L., betreut worden. Nach seinem Gesamteindruck sei der Kläger zwar nicht regelmäßig anwesend gewesen, aber häufig jeden Tag im Geschäft gewesen. In diesen Zeiten habe er dann auch verkauft. Hauptsächlich habe er jedoch Ware vom Großmarkt abgeholt, was zum Teil auch aber durch seine Frau erfolgt sei. Nach seinem Eindruck habe der Kläger den Laden betrieben, weil er sein Vertragspartner gewesen und er den Eindruck erweckt habe, dass er bestimmte, was sich im Geschäft abspielte.
Die Zeugin L. gab an, in dem Geschäft in W. vier Jahre lang tätig gewesen zu sein. Sie habe dort täglich acht Stunden gearbeitet mit der Ausnahme einer dreieinhalbmonatigen Krankheitszeit, während der die Frau des Kläger ihre Aufgaben übernommen habe. Als der Kläger einmal drei Monate lang mit seiner Familie in der Türkei in Urlaub gewesen sei, habe sie das Geschäft in W. ganz allein betrieben. Sie habe für den Kläger auch Büroarbeiten im Zusammenhang mit dem Geschäft erledigt. Der Kläger habe täglich vorbeigeschaut. Manchmal auch nur wenige Minuten, um zu kontrollieren, ob alles in Ordnung gewesen sei. Ihr sei nicht bekannt, dass 1995 ein Wechsel des Inhabers stattgefunden habe. Ihre Kündigung habe sie von dem Kläger erhalten.
Anschließend hat das SG die Klage mit Urteil vom 24.01.2002 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der zeitliche Umfang der Beschäftigung des Klägers in dem Ladengeschäft in W. regelmäßig 18 Wochenstunden überschritten habe, weswegen Arbeitslosigkeit nicht vorgelegen habe. Der Kläger habe am 22.03.1999 spontan und ohne Rechtsfolgekenntnis mitgeteilt, täglich 2 Stunden in dem Geschäft in Weinheim tätig gewesen zu sein. Diese Angabe habe als einer frühe Äußerung des Klägers ein gesteigertes Gewicht. Damit seien jedoch die Angaben des Klägers und der Zeugin S. in dem Termin zur Beweisaufnahme widerlegt, wonach der Kläger lediglich geholfen und im übrigen den Haushalt der Familie geführt habe.
Das Gericht sei vielmehr davon überzeugt, dass das Aufsuchen des Großmarkts und die Anlieferung der Frischware für zwei Geschäfte zum Aufgabenbereich des Klägers gehört hätten. Dies ergebe sich aus der nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben des familienfremden Zeugen Hufnagel, der aufgrund seiner Berufstätigkeit in unmittelbarer Nähe des Geschäfts in Weinheim derartige Beobachtungen zuverlässig habe machen können. Wenn der Kläger jedoch das Geschäft in Weinheim regelmäßig beliefert habe, sei dies auch in Viernheim erfolgt, da es lebensfremd sei anzunehmen, beide Geschäfte seien getrennt voneinander von verschiedenen Personen beliefert worden. Da es sich bei den Lieferungen um Frischware gehandelt habe, müsse der Kläger insoweit nahezu täglich unterwegs gewesen sein. Dies hätten der Zeuge H. und L. auch unabhängig von einander bestätigt. Der Zeuge H. habe darüber hinaus mitgeteilt, dass der Kläger gelegentlich auch verkauft habe. Die Zeugin L. habe ergänzt, dass der Kläger darüber hinaus auch kleinere Reparaturen im Geschäft ausgeführt habe. Nach dem Prüfbericht vom 17.03.1999 sei der Kläger zudem mit dem Auszeichnen von Waren befasst gewesen. Angesichts dieser Gesamtumstände sei das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger vergleichbare Aufgaben im zweiten Geschäft in V. übernommen habe. Dem entspreche auch die Angabe des Zeugen H., der Kläger habe den Eindruck vermittelt, er habe "bestimmt was dort läuft". Aus dieser Funktion als faktischer Geschäftsinhaber ergebe sich auch, dass der Kläger die organisatorischen Arbeiten wie zum Beispiel das Kontrollieren der Kassenbücher übernommen habe. Dies ergebe sich auch aus den Angaben der Zeugin L., die vom Kläger geschäftliche Papiere zur Bearbeitung erhalten habe. Zum zeitlichen Umfang der gesamten Tätigkeit müsse außerdem noch die Fahrzeit zwischen dem Großmarkt und den Geschäften hinzugerechnet werden. Danach sei ausgehend von den ursprünglichen Angaben des Klägers mit einer täglichen Arbeitszeit des Klägers von regelmäßig von 3 bis 4 Stunden zu rechnen. Auf gelegentliche Abweichungen von dieser täglichen Arbeitszeit komme es nicht an, da das Gesetz insofern auf die höchstens zulässige regelmäßige Arbeitszeit abstelle. Bei der Beweiswürdigung stütze das Gericht sich auch auf den Umstand, dass der Kläger sich mit einigen Aufwand bemüht habe, die wahren Verhältnisse zu verbergen. So habe er offensichtlich unter dem Eindruck des Strafverfahrens das Geschäft zum Jahreswechsel 1994/1995 von sich auf seine Ehefrau umgemeldet, ohne etwas an den tatsächlichen Verhältnissen zu ändern. Der Kläger habe auch in sämtlichen Anträgen auf Arbeitslosenhilfe - offensichtlich bewusst - falsche Angaben gemacht; so habe er in den Anträgen, die er jedes Mal eigenhändig unterschrieben habe, regelmäßig vermerkt, er selbst sei ohne jede Beschäftigung und seine Ehefrau sei ohne Einkommen. Dies sei grob unwahr, denn während des Gesamtzeitraums seien von den beiden mindestens zwei Geschäfte betrieben worden. Wer um finanzieller Vorteile willen derart die Unwahrheit sage, sei auch im Übrigen wenig glaubwürdig. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigen des Klägers am 19.02.2002 zugestellt.
Diese haben am 12.03.2002 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt (Az.: L 12 AL 922/02). Die Annahme des SG, der Kläger habe täglich mehr als 2 Stunden in den Geschäften gearbeitet, finde im Ergebnis der Beweisaufnahme keine Grundlage. Tatsächlich habe sich die Tätigkeit des Klägers darauf beschränkt, regelmäßig im Laden in Weinheim nach dem Rechten zu sehen (Aussage des Zeugen H.) bzw. vorbeizuschauen (Aussage der Zeugin L.). Seine Anwesenheitszeiten hätten dabei in der Regel ca. 10 bis 15 Minuten betragen (unter Hinweis auf die Aussage der Zeugin L.). Außerdem hätten beide Zeugen übereinstimmend angegeben, dass insbesondere auch die Ehefrau des Klägers selbständig Ware angeliefert habe.
Das Landessozialgericht hat das Verfahren nach Durchführung eines Erörterungstermins am 15.08.2002 mit Beschluss vom selben Datum nach § 114 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen des Verdachts einer Straftat ausgesetzt.
Das Amtsgericht Weinheim hat im nunmehr vorrangig betriebenen Strafverfahren wiederholt Zeugen zum Umfang der Tätigkeit im Hauptgeschäft in Weinheim vernommen. Der Zeuge M. vom Außendienst der Beklagten gab an, den Kläger am 22.03.1999 beim Auszeichnen von Ware angetroffen zu haben. Aus den sichergestellten Belegen hätte sich weiterhin ergeben, dass der Kläger die Einkäufe im Großhandel der Firma F. getätigt habe. Die Angabe, dass die Ehefrau des Klägers weder lesen noch schreiben könne, stamme von dieser selbst. Der Kläger habe bei der Befragung zugegeben, dass er das Geschäft führe und zu dem Zeitpunkt zwei Ladengeschäfte gehabt habe. Deswegen sei auch davon abgesehen worden, Nachbarn oder andere Händler zum Arbeitsumfang des Klägers zu befragen. Auch die Steuerberaterin in V. habe 1999 bestätigt, dass der Kläger die Geschäfte führe. Der Zeuge H. aus der benachbarten Metzgerei sagte aus, dass der Kläger eingekauft, selbst verkauft und Waren ausgeliefert habe. Dies allerdings nur zeitweise, da er eine Mitarbeiterin beschäftigte. Das Geschäft habe floriert, doch ließe sich die tägliche Arbeitszeit des Klägers dort nur schwer schätzen. Mehrere vom Amtsgericht W. als Zeugen vernommene Kunden des Geschäfts in W.gaben anschließend an, dass der Kläger in dem Geschäft regelmäßig Waren angeliefert und auch verkauft habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der durch das Amtsgericht W. erhobenen Zeugenaussagen wird auf die beigezogene Akte 2 Ds 408 Js 14808/02 - AK 225/02 Bezug genommen.
Das Amtsgericht W. hat den Kläger mit Urteil vom 15.04.2003 im Hinblick auf den streitgegenständlichen Sachverhalt wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat (Az.: 2 Ds 408 Js 14808/02 - AK 225/02 -). Entgegen den Angaben des Klägers sei der Betrieb durch ihn als Geschäftsinhaber auch nach dem Jahreswechsel 1994/1995 fortgeführt worden. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt auf jemand anders übertragen habe. Insbesondere der enge zeitliche Zusammenhang mit dem damaligen Strafverfahren weise darauf hin, dass die Ummeldung des Gewerbes nur zu dem Zweck erfolgt sei, die negativen rechtlichen Wirkungen der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu beseitigen. Der Vorsatz des Klägers sei dadurch belegt, dass er durch die Betriebsprüfung und den Aufhebungsbescheid aus dem Jahre 1994 ausreichend über die rechtlichen Folgen seines Verhaltens gewarnt worden sei. Der Kläger habe dann anschließend darauf vertraut, dass angesichts der unstreitigen Mitarbeit einer Angestellten und seiner Familieangehörigen schwer zu ermitteln sein würde, im welchem Umfang er selbst in dem Geschäft gearbeitet habe. Das der Kläger zur Verschleierung und zu Unwahrheit neige, um sich Leistungen des Arbeitsamtes zu erhalten, beweise am besten die "Nein" beantwortete Frage nach der Erzielung eines Einkommens seiner Ehefrau während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe. Gerade diese wahrheitswidrige Antwort beweise auch, dass der Kläger auch als Laie sehr wohl gewusst habe, dass der Bezug von Arbeitslosenhilfe nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch Bedürftigkeit voraussetze. Das Urteil des Amtsgerichts W. ist am 03.12.2003 durch Verwerfung der Berufung des Klägers rechtskräftig und vollstreckbar geworden.
Am 12.05.2006 hat die Beklagte das Verfahren wieder aufgerufen und dem Kläger die Rücknahme der Berufung nahegelegt (aktuelles Aktenzeichen L 12 AL 2472/06). Die Bevollmächtigten des Klägers haben daraufhin ihr Mandat niedergelegt.
In einem Erörterungstermin vom 22.08.2006 teilte der Kläger mit, dass er die vom Amtsgericht W. festgesetzte Geldstrafe inzwischen beglichen habe. Er bleibe jedoch bei seiner Behauptung, bei der Prüfung des Arbeitsamtes lediglich gemeinsam mit seiner Ehefrau im Geschäft angetroffen worden zu sein und dort eine gemeinsame Mahlzeit eingenommen zu haben. Die Mitarbeiter des Arbeitsamtes hätten ihm dann ein Dokument vorgelegt, welches er unterschrieben habe. Tatsächlich sei er nur geringfügig und im leistungsunschädlichen Umfang tätig gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.01.2002 sowie den Bescheid der Beklag- ten vom 27.05.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1999 aufzu- heben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts W. beigezogen. Am 22.08.2006 wurde im Landessozialgericht ein Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG, des Amtsgerichts Weinheim sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger die ihm ab dem 05.01.1995 in Form von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gewährten Leistungen zu erstatten hat.
Die Gewährung von Arbeitslosengeld und -hilfe erfolgt durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Aufhebung sich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass herrschten, nach den Voraussetzungen von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) richtet. War der Verwaltungsakt bereits bei seiner Bewilligung rechtswidrig, ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig (vgl. BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 33; BSG SozR 3-2600 § 93 Nr. 3 m.w.N.). Vorliegend war der Kläger bereits bei seinem Leistungsantrag am 05.01.1995 wegen des Umfangs seiner selbständigen Tätigkeit nicht arbeitslos, weswegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sich nach § 45 SGB X richtet.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, § 45 Abs. 1 SGB X in der vom 15.04.1998 bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach Absatz 2 Satz 2 in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach Absatz 2 Satz 3 nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat.
Gemäß § 45 Abs. 3 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozeßordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn 1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder 2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt die Zehnjahresfrist des Satzes 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.
Nach § 45 Abs. 4 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen. Gemäß Absatz 5 der Vorschrift gilt § 44 Abs. 3 entsprechend.
Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes, ist dieser nach § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) im Wege einer gebundenen Entscheidung der Beklagten - also ohne die Ausübung von Ermessen - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Die Beklagte hatte nach diesen Vorschriften die Bewilligung von Arbeitslosengeld und die anschließende Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zurückzunehmen, weil der Kläger jedenfalls seit dem 05.01.1995 nicht arbeitslos war, indem er nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats in mehr als geringfügigem Umfang eine Tätigkeit als Selbständiger ausübte. Durch das Fehlen des Tatbestandsmerkmals der Arbeitslosigkeit fehlte eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe.
Nach der bis zum 31.12.1997 geltenden Rechtslage nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) war eine Beschäftigung von Selbständigen oder mithelfenden Familienangehörigen nicht mehr kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG (ab dem 01.04.1997 galt dies in Verbindung mit § 242 y Abs. 1 AFG) und damit leistungsschädlich, wenn sie der Natur der Sache nach 18 Stunden wöchentlich erreichte oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag nicht insoweit beschränkt war; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer blieben hierbei unberücksichtigt.
Für die Rechtslage nach dem SGB III ab dem 01.01.1998 bestimmt § 118 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, dass die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht ausschließt; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt, und mehrere Beschäftigungen werden zusammengerechnet. Nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift stehen eine selbständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger einer Beschäftigung gleich. Die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus, Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger ab dem 05.01.1995 eine Tätigkeit als Selbständiger von wöchentlich mindestens 18 Stunden ausgeübt hat, wodurch die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit für den Leistungsbezug nach § 101 AFG und § 118 SGB III in den genannten Fassungen bereits am 05.01.1995 nicht vorlagen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insofern auf die umfassende Beweiswürdigung durch das SG, der er sich nach § 153 Abs. 2 SGG ausdrücklich anschließt, Bezug. Ebenso wird auf die sehr ausführliche Beweiswürdigung in dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 15.04.2003 verwiesen. Demnach ist von zahlreichen Zeugen bestätigt worden, dass der Kläger regelmäßig Waren anlieferte und Verkäufe in seinem Geschäft tätigte. Da für das Anliefern von Waren ein regelmäßiger Einkauf erforderlich ist und der Kläger nach seiner eigenen Einlassung auch mit der Buchhaltung des Betriebs beschäftigt war, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger wöchentlich mindestens 18 Arbeitsstunden für sein Geschäft aufgebracht hat.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund des florierenden Geschäfts in W. (Einnahmen von 300.000,- DM im Jahr 1995 laut Polizeibericht vom 03.05.1999, Bl. 179 der Verwaltungsakte) die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 13.10.1995 unabhängig vom Arbeitsumfang des Klägers auch deswegen rechtswidrig sein dürfte, weil der Kläger seine Frau in seinem Leistungsantrag fälschlich als Hausfrau angegeben hat und mitgeteilt hat, dass beide bedürftig sind. Hierauf kommt es indes nicht an, weil der Kläger bereits wegen seines zeitlichen Arbeitseinsatzes von jeweils mindestens 18 Wochenstunden schon nicht mehr arbeitslos im Sinne des Gesetzes war. Wegen der erwiesenen falschen Behauptung des Klägers zu dem fehlenden Familieneinkommen hat das SG auch zu Recht angenommen, dass die Glaubwürdigkeit des Klägers und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben beschädigt sind. Schließlich hat der Kläger sich auch widersprüchlich geäußert, indem er zunächst zwei Stunden tägliche Mitarbeit angab und diese Angabe dann in seinem späteren Vortrag auf 10 bis 15 Minuten täglich reduziert hat. Bereits bei seiner ersten Aussage, in der er zwei Stunden als Arbeitszeit angab, war der Kläger jedoch schon aufgrund des 1994 durchgeführten Strafverfahrens vorgewarnt. Dennoch wurde der Kläger auch weiterhin von den durch das Amtsgericht W. vernommenen Kunden als "Chef" des Geschäfts in W. wahrgenommen, und er selbst gab im Strafverfahren an, die Zweigstellte in V. werde durch "seinen" Arbeiter M. T. abgedeckt. Das Amtsgericht W. hat in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Senat zutreffend nach Würdigung aller Umstände und Beweismittel die Schlussfolgerung gezogen, dass der 1994/1995 vorgenommene Wechsel der Ummeldung des Geschäfts auf die Ehefrau ein Manöver zum Verschleiern der wahren Umstände war, weil sich hierdurch im täglichen Ablauf in dem Hauptgeschäft in W. und in der Filiale in V.nichts geändert hat.
Demnach hat der Kläger die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt, denn aufgrund der ihm ausgehändigten Merkblätter und des im Jahr 1994 durchgeführten ersten Strafverfahrens war der Kläger darüber informiert, dass er nicht mehr in dem festgestellten Umfang in seinen Geschäften tätig sein durfte. Seine Angaben, er übe keine Beschäftigung aus, ist in diesem Zusammenhang grob fahrlässig falsch erfolgt. Ob insoweit im Sinne der Feststellungen des Amtsgerichts W. auch Vorsatz vorlag, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Aus dem Gesagten ergibt sich jedoch, dass der Kläger auch die Voraussetzungen für eine Rücknahmeentscheidung aufgrund von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllte, weil er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide der Beklagten zumindest grob fahrlässig nicht kannte. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe ist gewahrt.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, dass die Beklagte den festgestellten Erstattungsbetrag unzutreffend berechnet haben könnte. Die Pflicht zur Erstattung der gewährten Entgeltersatzleistungen folgt nach Aufhebung ihrer Bewilligung aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Pflicht zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 157 AFG und § 335 Abs. 1 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe im Streit.
Der 1954 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und hat in der Bundesrepublik zuletzt von 1981 bis zum 30.09.1993 versicherungspflichtig als Rohrbieger gearbeitet. Anschließend beantragte er die Gewährung von Arbeitslosengeld, welches ihm antragsgemäß mit Wirkung vom 11.12.1993 an bewilligt wurde. Der Kläger gab in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld an, das Merkblatt für Arbeitslose ("Ihre Rechte - Ihre Pflichten") erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Außerdem gab er an, keine selbständige Tätigkeit auszuüben, keinem Familienangehörigen bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit oder bei Heimarbeit zu helfen und auch keine Nebenbeschäftigung auszuüben.
Der Kläger hatte jedoch bereits zum 12.03.1993 bei der Stadt Weinheim ein Gewerbe mit dem Gegenstand "Obst- und Gemüseverkauf, türkische Spezialitäten etc." für ein Geschäftslokal in Weinheim angemeldet. Eine Zweigstelle wurde in Viernheim geführt.
Bei einer Außenprüfung am 13.07. und 14.07.1994 in Weinheim wurde nach einem Prüfbericht vom 18.07.1994 der Kläger angetroffen, der von einem Arbeitnehmer in dem Geschäft als "Chef" bezeichnet worden sei. Hinsichtlich des zwischenzeitlich verschwundenen Mitarbeiters teilte der Kläger laut Prüfbericht mit, dass er diesen schon zweimal aufgefordert habe, ihm seinen Pass zu bringen, damit er ihn endlich anmelden könne.
Die Beklagte hörte der Kläger daraufhin zu der beabsichtigten Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs an. Der Kläger meldete sich hierauf nicht.
Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.1994 den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld zurückgenommen, da der Kläger eine selbständige Tätigkeit über der Kurzzeitigkeitsgrenze ausübe. Gleichzeitig verpflichtete die Beklagte den Kläger in dem Bescheid, welcher bestandskräftig geworden ist, zur Erstattung von Leistungen in Höhe 5.460,60 DM. Das von der Beklagten daraufhin initiierte Strafverfahren wurde mit einer Zahlungsauflage zu Lasten des Klägers eingestellt.
Am 05.01.1995 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Arbeitslosengeld und gab hierbei an, sein Gewerbe abgemeldet zu haben und keine Tätigkeit mehr auszuüben. Der Kläger legte auf Nachfrage der Beklagten hierzu die Kopie einer Gewerbeabmeldung vor; hieraus ergibt sich, dass der Betrieb nach der Gewerbeaufgabe von der Ehefrau des Klägers fortgeführt wurde. Tatsächlich half der Kläger jedoch weiterhin im erheblichen Umfang weiter in der Filiale in W. mit; so lieferte er regelmäßig frische Ware an und hielt sich regelmäßig zum Verkauf von Ware in dem Ladengeschäft in W. auf. Auch war er weiterhin mit der Buchhaltung beschäftigt.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 24.02.1995 Arbeitslosengeld ab dem 05.01.1995 bis zur Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 12.10.1995. Auf die Folgeanträge des Kläger gewährte sie dem Kläger anschließend fortlaufend Arbeitslosenhilfe. In den Folgeanträgen hatte der Kläger jeweils angegeben, keiner Tätigkeit mehr nachzugehen. Seine Ehefrau sei Hausfrau und wie er ohne ein Einkommen.
Während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe stellte ein Mitarbeiter der Beklagten im März 1999 fest, dass der Kläger seit 1994 weiterhin selbständig tätig war. In dem Prüfbericht vom 22.03.1999 (vgl. Bl. 178 der Verwaltungsakte) gab der Kläger gegenüber den Außendienstmitarbeitern der Beklagten an, dass die Geschäfte in W. und V. seit dem 01.01.1995 durch seine Frau geführt würden. Er selbst arbeite nicht im Geschäft mit, sondern helfe lediglich zwei Stunden pro Tag. Die Kassenbücher, Geschäftsunterlagen und die Buchhaltung würden durch seinen Sohn H. und ihn selbst geführt; manchmal auch durch seine Tochter "Ü. und T.". Der Einkauf werde durch seine Frau erledigt. Die Öffnungszeiten würden in Weinheim durch seine Frau und in Viernheim durch seinen Arbeiter M. T. abgedeckt. Er habe seine Frau in seinen Anträgen als Hausfrau ohne eigenes Einkommen bezeichnet, weil sie ab 18 Uhr zuhause sei. Sie sei aber Chefin der Firma. Allerdings wolle er sich nunmehr aus dem Leistungsbezug abmelden und das Gewerbe wieder auf sich anmelden. Seine Frau könne weder lesen noch - mit Ausnahme ihrer Unterschrift - schreiben.
Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 27.05.1999 den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 05.01.1995 sowie die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 14.02.1996 ganz zurückgenommen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kläger bereits seit 1994 als Selbständiger tätig sei. Zwar habe er angegeben, dass seine Ehefrau die Geschäfte führe, doch könne dem nicht gefolgt werden. Denn das Geschäftskonto laufe auf den Namen des Klägers und nicht auf den Namen der Ehefrau. Außerdem habe er die Buchhaltung und das Kassenbuch geführt und sei auch Halter des Firmenfahrzeugs. Darüber hinaus beschäftigte er auch einen Angestellten. Für die von der Aufhebung betroffene Zeit habe der Kläger einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 87.288,72 DM zu erstatten.
Seinen deswegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum im vollem Umfang der Arbeitsvermittlung zu Verfügung gestanden habe. Er sei weiterhin arbeitslos. Soweit er im Geschäft seiner Ehefrau Aushilfstätigkeiten verrichtet habe, hätten diese bei weitem nicht den zeitlich zulässigen Umfang erreicht.
Im erneut eingeleiteten Strafverfahren gab der Kläger gegenüber den Polizei bei einer erneuten Außenprüfung (vgl. Bl. 179 der Verwaltungsakte) an, dass die Geschäfte seit dem 01.01.1995 von seiner Frau geführt würden. Er helfe am Tag lediglich zwei Stunden mit. Seine Frau könne weder lesen noch schreiben. Nach dem polizeilichem Vernehmungsprotokoll vom 03.05.1999 lief das Geschäftkonto weiterhin auf den Namen des Klägers, der auch weiterhin die Buchhaltung und das Kassenbuch geführt habe. Außerdem sei er Halter des Firmenfahrzeugs gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1999 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Nach den eigenen und den polizeilichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass der Kläger seine Ehefrau zum 01.01.1995 lediglich zum Schein als Geschäftsführerin gemeldet habe. Tatsächlich sei er hingegen weiterhin "Kopf und Seele des Betriebes" geblieben. Dies folge daraus, dass die Ehefrau nach eigener Aussage des Klägers weder deutsch noch türkisch lesen oder schreiben könne, das Geschäftkonto weiterhin auf seinen Namen laufe und er die Buchhaltung und das Kassenbuch führe und auch Halter des Firmenfahrzeuges sei.
Der Kläger erhob daraufhin durch seine Bevollmächtigten am 30.07.1999 Klage beim Sozialgericht M. (SG). Der Kläger gab an, seiner Frau als Geschäftsinhaberin lediglich durch geringfügige unterstützende Tätigkeiten, insbesondere im Rahmen der Buchhaltung, geholfen zu haben. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand habe keinesfalls mehr als 15 oder 18 Wochenstunden erfordert. Insofern er anders lautende Aussagen gegenüber der Beklagten oder der Polizei getätigt habe, beruhe dies auf einem sprachlichen Missverständnis. Denn er beherrsche die deutsche Sprache nur mäßig.
In einem Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme des SG am 16.02.2001 trug der Kläger vor, dass er das Geschäft im März 1993 eröffnet habe. Bereits damals sei das Geschäft maßgeblich von einer Angestellten geführt worden, wobei er lediglich in unregelmäßigen Abständen nach dem Rechten gesehen habe. Die Angestellte habe er beschäftigt, anstelle selbst zu arbeiten, weil damals die Geschäfte gut gegangen sein und weil er der Angestellten, die er noch von seinem Vorinhaber der Firma übernommen hatte, einen Gefallen habe tun wollen. Das Geschäft habe er dann 1995 an seine Frau übergeben, weil er krank gewesen sei und es nicht habe weiterführen können. Seine Frau habe dann sämtliche Arbeiten verrichtet, die in dem Geschäft angefallen seien. Es treffe nicht zu, dass er das Geschäft lediglich wegen des 1994 anhängigen Strafverfahrens auf seine Frau angemeldet habe. Die Zweigstelle in Viernheim hätte sie bereits vor ca. 2 Jahren geschlossen. In dem Geschäft in Viernheim habe er selbst nie gearbeitet. Den Haushalt der Familie führe jeweils er. Gekocht werde selten, es werde hauptsächlich im Laden gegessen.
Anschließend vernahm das SG die Ehefrau des Klägers als Zeugin. Diese gab an, dass das Geschäft in W. im Jahre 1993 bei der Firmenübernahme von einer früheren Mitarbeiterin, der Zeugin L., weitergeführt worden sei. Sie selbst habe lediglich die Regale bestückt und Waren eingekauft und ähnliche Tätigkeiten verrichtet. Das Geschäft sei jedoch von dieser Mitarbeiterin geführt worden. Sie wisse nicht, was ihr Mann während dieser Zeit gemacht habe. Sie habe vier Kinder, wobei der damals der 18 Jahre älteste Sohn während ihrer Tätigkeit im Geschäft auf die anderen Kinder aufgepasst habe. Ihr Mann habe ständig Arbeit gesucht, jedoch keine gefunden. Die Zweigstelle in V.habe sie zusammen mit ihrer Tochter und ihrem Sohn geführt. Ihr Mann habe in den Geschäften lediglich dann geholfen, wenn sie selbst dazu nicht in der Lage gewesen sei. Ihr Mann habe im Grunde mit dem Laden nichts zu tun gehabt, sondern er sei nur gekommen, wenn jemand mit ihm habe reden wollen. Bei der Buchführung habe ihr Sohn H. geholfen, der auch die Kontakte mit dem Steuerberater hergestellt habe. Die Papiere von dem Steuerberater habe manchmal ihr Sohn, manchmal ihr Mann fertig gemacht. Ansonsten habe ihr Mann sich nicht um das Geschäft gekümmert.
Bei einem weiteren Termin am 12.07.2001 zur Erörterung und Beweisaufnahme wurden die Zeugen A. H. und R. L. vernommen. Der Zeuge H. teilte mit, Inhaber einer Metzgerei in W. zu sein, die unmittelbar an das Geschäft der Familie des Klägers angrenze. Es handele sich um ein Doppelhaus, wobei er in der einen Hälfte seine Metzgerei betreibe und die andere Hälfte an die Familie des Klägers vermietet habe. Er habe sehr wohl mitbekommen, dass 1995 eine Wechsel des Gewerbetreibenden vorgenommen worden sei. Der Kläger habe ihm jedoch nicht gesagt, weshalb dies erfolgt sei. Der Kläger sei jeden Tag in dem Geschäft der Familie anwesend gewesen. Es sei allerdings immer noch eine Verkäuferin da gewesen. Der Kläger habe nach dem Rechten gesehen, Obst und Gemüse gebracht und möglicherweise auch kassiert. Genau könne er dies nicht sagen, er habe jedoch den Eindruck gehabt, dass der Kläger jeden Tag da gewesen sei. Der Kläger habe auch mehrfach versucht, dass Geschäft weiter zu vermieten, was er als Vermieter jedoch jeweils unterbunden habe. Nach seiner Beobachtung war die Hauptbeschäftigung des Klägers in dem Geschäft die Lieferung von Frischware. Der Kläger habe dann jeweils einen VW-Bus, später auch einen Kombi gefahren und die Ware angeliefert. Der Ansprechpartner wegen des Mietverhältnisses sei der Kläger gewesen. Bei der zuvor erwähnten Verkäuferin, die im Geschäft ebenfalls anwesend gewesen sei, handele es sich um die Zeugin L. Die Zeugin L. sei bis ungefähr vor drei oder vier Jahren in dem Geschäft tätig gewesen. Zu der Zeit als die Zeugin L. in dem Geschäft angestellt gewesen sei, habe hauptsächlich sie dort gearbeitet und verkauft. Im großen und ganzen gesehen sei der Laden von einer einzigen Person, nämlich der Verkäuferin L., betreut worden. Nach seinem Gesamteindruck sei der Kläger zwar nicht regelmäßig anwesend gewesen, aber häufig jeden Tag im Geschäft gewesen. In diesen Zeiten habe er dann auch verkauft. Hauptsächlich habe er jedoch Ware vom Großmarkt abgeholt, was zum Teil auch aber durch seine Frau erfolgt sei. Nach seinem Eindruck habe der Kläger den Laden betrieben, weil er sein Vertragspartner gewesen und er den Eindruck erweckt habe, dass er bestimmte, was sich im Geschäft abspielte.
Die Zeugin L. gab an, in dem Geschäft in W. vier Jahre lang tätig gewesen zu sein. Sie habe dort täglich acht Stunden gearbeitet mit der Ausnahme einer dreieinhalbmonatigen Krankheitszeit, während der die Frau des Kläger ihre Aufgaben übernommen habe. Als der Kläger einmal drei Monate lang mit seiner Familie in der Türkei in Urlaub gewesen sei, habe sie das Geschäft in W. ganz allein betrieben. Sie habe für den Kläger auch Büroarbeiten im Zusammenhang mit dem Geschäft erledigt. Der Kläger habe täglich vorbeigeschaut. Manchmal auch nur wenige Minuten, um zu kontrollieren, ob alles in Ordnung gewesen sei. Ihr sei nicht bekannt, dass 1995 ein Wechsel des Inhabers stattgefunden habe. Ihre Kündigung habe sie von dem Kläger erhalten.
Anschließend hat das SG die Klage mit Urteil vom 24.01.2002 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der zeitliche Umfang der Beschäftigung des Klägers in dem Ladengeschäft in W. regelmäßig 18 Wochenstunden überschritten habe, weswegen Arbeitslosigkeit nicht vorgelegen habe. Der Kläger habe am 22.03.1999 spontan und ohne Rechtsfolgekenntnis mitgeteilt, täglich 2 Stunden in dem Geschäft in Weinheim tätig gewesen zu sein. Diese Angabe habe als einer frühe Äußerung des Klägers ein gesteigertes Gewicht. Damit seien jedoch die Angaben des Klägers und der Zeugin S. in dem Termin zur Beweisaufnahme widerlegt, wonach der Kläger lediglich geholfen und im übrigen den Haushalt der Familie geführt habe.
Das Gericht sei vielmehr davon überzeugt, dass das Aufsuchen des Großmarkts und die Anlieferung der Frischware für zwei Geschäfte zum Aufgabenbereich des Klägers gehört hätten. Dies ergebe sich aus der nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben des familienfremden Zeugen Hufnagel, der aufgrund seiner Berufstätigkeit in unmittelbarer Nähe des Geschäfts in Weinheim derartige Beobachtungen zuverlässig habe machen können. Wenn der Kläger jedoch das Geschäft in Weinheim regelmäßig beliefert habe, sei dies auch in Viernheim erfolgt, da es lebensfremd sei anzunehmen, beide Geschäfte seien getrennt voneinander von verschiedenen Personen beliefert worden. Da es sich bei den Lieferungen um Frischware gehandelt habe, müsse der Kläger insoweit nahezu täglich unterwegs gewesen sein. Dies hätten der Zeuge H. und L. auch unabhängig von einander bestätigt. Der Zeuge H. habe darüber hinaus mitgeteilt, dass der Kläger gelegentlich auch verkauft habe. Die Zeugin L. habe ergänzt, dass der Kläger darüber hinaus auch kleinere Reparaturen im Geschäft ausgeführt habe. Nach dem Prüfbericht vom 17.03.1999 sei der Kläger zudem mit dem Auszeichnen von Waren befasst gewesen. Angesichts dieser Gesamtumstände sei das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger vergleichbare Aufgaben im zweiten Geschäft in V. übernommen habe. Dem entspreche auch die Angabe des Zeugen H., der Kläger habe den Eindruck vermittelt, er habe "bestimmt was dort läuft". Aus dieser Funktion als faktischer Geschäftsinhaber ergebe sich auch, dass der Kläger die organisatorischen Arbeiten wie zum Beispiel das Kontrollieren der Kassenbücher übernommen habe. Dies ergebe sich auch aus den Angaben der Zeugin L., die vom Kläger geschäftliche Papiere zur Bearbeitung erhalten habe. Zum zeitlichen Umfang der gesamten Tätigkeit müsse außerdem noch die Fahrzeit zwischen dem Großmarkt und den Geschäften hinzugerechnet werden. Danach sei ausgehend von den ursprünglichen Angaben des Klägers mit einer täglichen Arbeitszeit des Klägers von regelmäßig von 3 bis 4 Stunden zu rechnen. Auf gelegentliche Abweichungen von dieser täglichen Arbeitszeit komme es nicht an, da das Gesetz insofern auf die höchstens zulässige regelmäßige Arbeitszeit abstelle. Bei der Beweiswürdigung stütze das Gericht sich auch auf den Umstand, dass der Kläger sich mit einigen Aufwand bemüht habe, die wahren Verhältnisse zu verbergen. So habe er offensichtlich unter dem Eindruck des Strafverfahrens das Geschäft zum Jahreswechsel 1994/1995 von sich auf seine Ehefrau umgemeldet, ohne etwas an den tatsächlichen Verhältnissen zu ändern. Der Kläger habe auch in sämtlichen Anträgen auf Arbeitslosenhilfe - offensichtlich bewusst - falsche Angaben gemacht; so habe er in den Anträgen, die er jedes Mal eigenhändig unterschrieben habe, regelmäßig vermerkt, er selbst sei ohne jede Beschäftigung und seine Ehefrau sei ohne Einkommen. Dies sei grob unwahr, denn während des Gesamtzeitraums seien von den beiden mindestens zwei Geschäfte betrieben worden. Wer um finanzieller Vorteile willen derart die Unwahrheit sage, sei auch im Übrigen wenig glaubwürdig. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigen des Klägers am 19.02.2002 zugestellt.
Diese haben am 12.03.2002 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt (Az.: L 12 AL 922/02). Die Annahme des SG, der Kläger habe täglich mehr als 2 Stunden in den Geschäften gearbeitet, finde im Ergebnis der Beweisaufnahme keine Grundlage. Tatsächlich habe sich die Tätigkeit des Klägers darauf beschränkt, regelmäßig im Laden in Weinheim nach dem Rechten zu sehen (Aussage des Zeugen H.) bzw. vorbeizuschauen (Aussage der Zeugin L.). Seine Anwesenheitszeiten hätten dabei in der Regel ca. 10 bis 15 Minuten betragen (unter Hinweis auf die Aussage der Zeugin L.). Außerdem hätten beide Zeugen übereinstimmend angegeben, dass insbesondere auch die Ehefrau des Klägers selbständig Ware angeliefert habe.
Das Landessozialgericht hat das Verfahren nach Durchführung eines Erörterungstermins am 15.08.2002 mit Beschluss vom selben Datum nach § 114 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen des Verdachts einer Straftat ausgesetzt.
Das Amtsgericht Weinheim hat im nunmehr vorrangig betriebenen Strafverfahren wiederholt Zeugen zum Umfang der Tätigkeit im Hauptgeschäft in Weinheim vernommen. Der Zeuge M. vom Außendienst der Beklagten gab an, den Kläger am 22.03.1999 beim Auszeichnen von Ware angetroffen zu haben. Aus den sichergestellten Belegen hätte sich weiterhin ergeben, dass der Kläger die Einkäufe im Großhandel der Firma F. getätigt habe. Die Angabe, dass die Ehefrau des Klägers weder lesen noch schreiben könne, stamme von dieser selbst. Der Kläger habe bei der Befragung zugegeben, dass er das Geschäft führe und zu dem Zeitpunkt zwei Ladengeschäfte gehabt habe. Deswegen sei auch davon abgesehen worden, Nachbarn oder andere Händler zum Arbeitsumfang des Klägers zu befragen. Auch die Steuerberaterin in V. habe 1999 bestätigt, dass der Kläger die Geschäfte führe. Der Zeuge H. aus der benachbarten Metzgerei sagte aus, dass der Kläger eingekauft, selbst verkauft und Waren ausgeliefert habe. Dies allerdings nur zeitweise, da er eine Mitarbeiterin beschäftigte. Das Geschäft habe floriert, doch ließe sich die tägliche Arbeitszeit des Klägers dort nur schwer schätzen. Mehrere vom Amtsgericht W. als Zeugen vernommene Kunden des Geschäfts in W.gaben anschließend an, dass der Kläger in dem Geschäft regelmäßig Waren angeliefert und auch verkauft habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der durch das Amtsgericht W. erhobenen Zeugenaussagen wird auf die beigezogene Akte 2 Ds 408 Js 14808/02 - AK 225/02 Bezug genommen.
Das Amtsgericht W. hat den Kläger mit Urteil vom 15.04.2003 im Hinblick auf den streitgegenständlichen Sachverhalt wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat (Az.: 2 Ds 408 Js 14808/02 - AK 225/02 -). Entgegen den Angaben des Klägers sei der Betrieb durch ihn als Geschäftsinhaber auch nach dem Jahreswechsel 1994/1995 fortgeführt worden. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt auf jemand anders übertragen habe. Insbesondere der enge zeitliche Zusammenhang mit dem damaligen Strafverfahren weise darauf hin, dass die Ummeldung des Gewerbes nur zu dem Zweck erfolgt sei, die negativen rechtlichen Wirkungen der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu beseitigen. Der Vorsatz des Klägers sei dadurch belegt, dass er durch die Betriebsprüfung und den Aufhebungsbescheid aus dem Jahre 1994 ausreichend über die rechtlichen Folgen seines Verhaltens gewarnt worden sei. Der Kläger habe dann anschließend darauf vertraut, dass angesichts der unstreitigen Mitarbeit einer Angestellten und seiner Familieangehörigen schwer zu ermitteln sein würde, im welchem Umfang er selbst in dem Geschäft gearbeitet habe. Das der Kläger zur Verschleierung und zu Unwahrheit neige, um sich Leistungen des Arbeitsamtes zu erhalten, beweise am besten die "Nein" beantwortete Frage nach der Erzielung eines Einkommens seiner Ehefrau während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe. Gerade diese wahrheitswidrige Antwort beweise auch, dass der Kläger auch als Laie sehr wohl gewusst habe, dass der Bezug von Arbeitslosenhilfe nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch Bedürftigkeit voraussetze. Das Urteil des Amtsgerichts W. ist am 03.12.2003 durch Verwerfung der Berufung des Klägers rechtskräftig und vollstreckbar geworden.
Am 12.05.2006 hat die Beklagte das Verfahren wieder aufgerufen und dem Kläger die Rücknahme der Berufung nahegelegt (aktuelles Aktenzeichen L 12 AL 2472/06). Die Bevollmächtigten des Klägers haben daraufhin ihr Mandat niedergelegt.
In einem Erörterungstermin vom 22.08.2006 teilte der Kläger mit, dass er die vom Amtsgericht W. festgesetzte Geldstrafe inzwischen beglichen habe. Er bleibe jedoch bei seiner Behauptung, bei der Prüfung des Arbeitsamtes lediglich gemeinsam mit seiner Ehefrau im Geschäft angetroffen worden zu sein und dort eine gemeinsame Mahlzeit eingenommen zu haben. Die Mitarbeiter des Arbeitsamtes hätten ihm dann ein Dokument vorgelegt, welches er unterschrieben habe. Tatsächlich sei er nur geringfügig und im leistungsunschädlichen Umfang tätig gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.01.2002 sowie den Bescheid der Beklag- ten vom 27.05.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1999 aufzu- heben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts W. beigezogen. Am 22.08.2006 wurde im Landessozialgericht ein Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG, des Amtsgerichts Weinheim sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger die ihm ab dem 05.01.1995 in Form von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gewährten Leistungen zu erstatten hat.
Die Gewährung von Arbeitslosengeld und -hilfe erfolgt durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Aufhebung sich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass herrschten, nach den Voraussetzungen von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) richtet. War der Verwaltungsakt bereits bei seiner Bewilligung rechtswidrig, ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig (vgl. BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 33; BSG SozR 3-2600 § 93 Nr. 3 m.w.N.). Vorliegend war der Kläger bereits bei seinem Leistungsantrag am 05.01.1995 wegen des Umfangs seiner selbständigen Tätigkeit nicht arbeitslos, weswegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sich nach § 45 SGB X richtet.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, § 45 Abs. 1 SGB X in der vom 15.04.1998 bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach Absatz 2 Satz 2 in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach Absatz 2 Satz 3 nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat.
Gemäß § 45 Abs. 3 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozeßordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn 1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder 2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt die Zehnjahresfrist des Satzes 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.
Nach § 45 Abs. 4 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen. Gemäß Absatz 5 der Vorschrift gilt § 44 Abs. 3 entsprechend.
Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes, ist dieser nach § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) im Wege einer gebundenen Entscheidung der Beklagten - also ohne die Ausübung von Ermessen - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Die Beklagte hatte nach diesen Vorschriften die Bewilligung von Arbeitslosengeld und die anschließende Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zurückzunehmen, weil der Kläger jedenfalls seit dem 05.01.1995 nicht arbeitslos war, indem er nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats in mehr als geringfügigem Umfang eine Tätigkeit als Selbständiger ausübte. Durch das Fehlen des Tatbestandsmerkmals der Arbeitslosigkeit fehlte eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe.
Nach der bis zum 31.12.1997 geltenden Rechtslage nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) war eine Beschäftigung von Selbständigen oder mithelfenden Familienangehörigen nicht mehr kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG (ab dem 01.04.1997 galt dies in Verbindung mit § 242 y Abs. 1 AFG) und damit leistungsschädlich, wenn sie der Natur der Sache nach 18 Stunden wöchentlich erreichte oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag nicht insoweit beschränkt war; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer blieben hierbei unberücksichtigt.
Für die Rechtslage nach dem SGB III ab dem 01.01.1998 bestimmt § 118 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, dass die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht ausschließt; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt, und mehrere Beschäftigungen werden zusammengerechnet. Nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift stehen eine selbständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger einer Beschäftigung gleich. Die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus, Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger ab dem 05.01.1995 eine Tätigkeit als Selbständiger von wöchentlich mindestens 18 Stunden ausgeübt hat, wodurch die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit für den Leistungsbezug nach § 101 AFG und § 118 SGB III in den genannten Fassungen bereits am 05.01.1995 nicht vorlagen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insofern auf die umfassende Beweiswürdigung durch das SG, der er sich nach § 153 Abs. 2 SGG ausdrücklich anschließt, Bezug. Ebenso wird auf die sehr ausführliche Beweiswürdigung in dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 15.04.2003 verwiesen. Demnach ist von zahlreichen Zeugen bestätigt worden, dass der Kläger regelmäßig Waren anlieferte und Verkäufe in seinem Geschäft tätigte. Da für das Anliefern von Waren ein regelmäßiger Einkauf erforderlich ist und der Kläger nach seiner eigenen Einlassung auch mit der Buchhaltung des Betriebs beschäftigt war, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger wöchentlich mindestens 18 Arbeitsstunden für sein Geschäft aufgebracht hat.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund des florierenden Geschäfts in W. (Einnahmen von 300.000,- DM im Jahr 1995 laut Polizeibericht vom 03.05.1999, Bl. 179 der Verwaltungsakte) die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 13.10.1995 unabhängig vom Arbeitsumfang des Klägers auch deswegen rechtswidrig sein dürfte, weil der Kläger seine Frau in seinem Leistungsantrag fälschlich als Hausfrau angegeben hat und mitgeteilt hat, dass beide bedürftig sind. Hierauf kommt es indes nicht an, weil der Kläger bereits wegen seines zeitlichen Arbeitseinsatzes von jeweils mindestens 18 Wochenstunden schon nicht mehr arbeitslos im Sinne des Gesetzes war. Wegen der erwiesenen falschen Behauptung des Klägers zu dem fehlenden Familieneinkommen hat das SG auch zu Recht angenommen, dass die Glaubwürdigkeit des Klägers und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben beschädigt sind. Schließlich hat der Kläger sich auch widersprüchlich geäußert, indem er zunächst zwei Stunden tägliche Mitarbeit angab und diese Angabe dann in seinem späteren Vortrag auf 10 bis 15 Minuten täglich reduziert hat. Bereits bei seiner ersten Aussage, in der er zwei Stunden als Arbeitszeit angab, war der Kläger jedoch schon aufgrund des 1994 durchgeführten Strafverfahrens vorgewarnt. Dennoch wurde der Kläger auch weiterhin von den durch das Amtsgericht W. vernommenen Kunden als "Chef" des Geschäfts in W. wahrgenommen, und er selbst gab im Strafverfahren an, die Zweigstellte in V. werde durch "seinen" Arbeiter M. T. abgedeckt. Das Amtsgericht W. hat in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Senat zutreffend nach Würdigung aller Umstände und Beweismittel die Schlussfolgerung gezogen, dass der 1994/1995 vorgenommene Wechsel der Ummeldung des Geschäfts auf die Ehefrau ein Manöver zum Verschleiern der wahren Umstände war, weil sich hierdurch im täglichen Ablauf in dem Hauptgeschäft in W. und in der Filiale in V.nichts geändert hat.
Demnach hat der Kläger die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt, denn aufgrund der ihm ausgehändigten Merkblätter und des im Jahr 1994 durchgeführten ersten Strafverfahrens war der Kläger darüber informiert, dass er nicht mehr in dem festgestellten Umfang in seinen Geschäften tätig sein durfte. Seine Angaben, er übe keine Beschäftigung aus, ist in diesem Zusammenhang grob fahrlässig falsch erfolgt. Ob insoweit im Sinne der Feststellungen des Amtsgerichts W. auch Vorsatz vorlag, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Aus dem Gesagten ergibt sich jedoch, dass der Kläger auch die Voraussetzungen für eine Rücknahmeentscheidung aufgrund von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllte, weil er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide der Beklagten zumindest grob fahrlässig nicht kannte. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe ist gewahrt.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht, dass die Beklagte den festgestellten Erstattungsbetrag unzutreffend berechnet haben könnte. Die Pflicht zur Erstattung der gewährten Entgeltersatzleistungen folgt nach Aufhebung ihrer Bewilligung aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Pflicht zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 157 AFG und § 335 Abs. 1 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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