Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 7 (10) AS 84/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 54/06 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 03. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der beigeladene Sozialhilfeträger bewilligte dem Kläger nach Verbüßung einer Haftstrafe ab dem 15.10.2004 Leistungen nach dem Bundesozialhilfegesetz (BSHG). Am 24.10.2004 wurde der Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes erneut in Untersuchungshaft genommen. Mit Bescheid vom 29.12.2004 bewilligte die Beigeladene dem Kläger bis zum 31.12.2004 einen Taschengeldsatz i.H. von monatlich 44,40 EURO und verwies ihn bezüglich der Leistungen ab dem 01.01.2005 an die Beklagte. Diese lehnte mit Bescheid vom 09.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 die Leistung eines Taschengeldes ab, weil wegen der Dauer der Untersuchungshaft kein Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bestehe. Der Kläger hat am 08.07.2005 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Durch bisher nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Köln vom 27.06.2005 wurde der Kläger wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
Mit Beschluss vom 03.07.2006 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die dagegen gerichtete Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Klagebegehren bietet nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht (§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Dem Kläger stehen Ansprüche gegen die Beklagte als Träger der Leistungen nach dem SGB II nicht zu. Gemäß der bis zum 01.08.2006 gültigen Rechtslage erhält Leistungen nach diesem Gesetz nicht, wer für länger als 6 Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Wie der Senat bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren des Klägers entschieden hat (Beschl. v. 31.08.2005 - L 19 B 48/05 AS ER - m.w.Nachw.), steht dem die Unterbringung in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleich (ebenso LSG NRW Beschl. v. 06.08.06 - L 9 B 70/06 AS ER - und 24.08.2006 - L 9 B 75/06 AS ER - m.w.Nachw.). Mit der zum 01.08.2006 in Kraft getretenen Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber dieses in § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II klargestellt (Gesetz v. 20.07.2006 - BGBl I S. 1706).
Der Kläger befindet sich seit April 2005 länger als 6 Monate in Untersuchungshaft. Dies bedeutet aber nicht, dass er bis zum 31.03.2005 Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen könnte. Wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, folgt aus der früheren gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs "für länger als 6 Monate", dass eine Prognoseentscheidung über die Dauer der Unterbringung zu treffen ist (vgl. Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, Rdnr. 35 zu § 7). Nur wenn diese ergibt, dass der Aufenthalt voraussichtlich kürzer als 6 Monate ist, sind Leistungen nach dem SGB II trotz der Unterbringung zu gewähren. Auch dies hat der Gesetzgeber nunmehr durch Einführung des § 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II ergänzend dahingehend geregelt, dass Leistungen trotz der Unterbringung abweichend demjenigen zu erbringen sind, der 1) voraussichtlich weniger als 6 Monate in einem Krankenhaus (§ 107 SGB V) untergebracht ist oder 2) in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Angesichts der Schwere des Tatvorwurfs, der einschlägigen Vorstrafe und des Fehlens eines festen Wohnsitzes war vorliegend aber davon auszugehen, dass die Anordnung der Haft bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den Kläger und damit über 6 Monate dauern werde. Soweit sich der Kläger auf die Unschuldvermutung beruft, verkennt er, dass dies für Leistungsansprüche nach dem SGB II ohne Belang ist. Dieses stellt allein auf die Erwerbsfähigkeit ab. Im Hinblick auf die prognostizierte Dauer der Untersuchungshaft greift hier die gesetzliche Fiktion der Nichterwerbsfähigkeit nach § 7 Abs. 4 SGB II ein (vgl. Eicher/Spellbrink a.a.0. Rdnr. 33).
Es kommt daher allein ein Anspruch des Klägers gegen den Sozialhilfeträger in Betracht, soweit seine Ansprüche nicht anderweitig befriedigt werden. 0b die Auffassung der Beigeladenen zutreffend ist, auch gegen sie sei der geltend gemachte Anspruch nicht begründet, weil der Kläger die erforderlichen Leistungen von der Justizvollzugsanstalt erhalte, oder ob gleichwohl ein Anspruch in Betracht kommt, weil nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII insoweit nur ein Teilbedarf abgedeckt ist (vgl. dazu Grube/Wahrendorf Kommentar zum SGB XII, Rdnr. 16 zu § 2), braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden, weil der zuständige Sozialhilfeträger (§ 106 SGB XII) nicht alternativ im vorliegenden Verfahren verurteilt werden kann. Dies gilt trotz der ebenfalls zum 01.08.2006 erfolgten Änderung des § 75 Abs. 5 SGG, wonach nunmehr grundsätzlich auch der Sozialhilfeträger nach Beiladung verurteilt werden kann. Hier steht einer solchen Möglichkeit entgegen, dass der entsprechende Anspruch aus dem SGB XII bereits zuvor anderweitig rechtshängig gemacht worden ist. Der Kläger hat seine am 24.02.2005 gegen die Beigeladene erhobene Klage (Sozialgericht Köln - S 21 SO 123/05), der zunächst nur den Zeitraum bis zum 31.12.2004 umfaßte, bereits am 08.03.2005 und damit vor Erhebung der hiesigen Klage auf unbeschränkte Verurteilung der Beigeladenen zur Leistung für die Zukunft erweitert.
Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Der beigeladene Sozialhilfeträger bewilligte dem Kläger nach Verbüßung einer Haftstrafe ab dem 15.10.2004 Leistungen nach dem Bundesozialhilfegesetz (BSHG). Am 24.10.2004 wurde der Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes erneut in Untersuchungshaft genommen. Mit Bescheid vom 29.12.2004 bewilligte die Beigeladene dem Kläger bis zum 31.12.2004 einen Taschengeldsatz i.H. von monatlich 44,40 EURO und verwies ihn bezüglich der Leistungen ab dem 01.01.2005 an die Beklagte. Diese lehnte mit Bescheid vom 09.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 die Leistung eines Taschengeldes ab, weil wegen der Dauer der Untersuchungshaft kein Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bestehe. Der Kläger hat am 08.07.2005 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Durch bisher nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Köln vom 27.06.2005 wurde der Kläger wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
Mit Beschluss vom 03.07.2006 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die dagegen gerichtete Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Klagebegehren bietet nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht (§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Dem Kläger stehen Ansprüche gegen die Beklagte als Träger der Leistungen nach dem SGB II nicht zu. Gemäß der bis zum 01.08.2006 gültigen Rechtslage erhält Leistungen nach diesem Gesetz nicht, wer für länger als 6 Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Wie der Senat bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren des Klägers entschieden hat (Beschl. v. 31.08.2005 - L 19 B 48/05 AS ER - m.w.Nachw.), steht dem die Unterbringung in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleich (ebenso LSG NRW Beschl. v. 06.08.06 - L 9 B 70/06 AS ER - und 24.08.2006 - L 9 B 75/06 AS ER - m.w.Nachw.). Mit der zum 01.08.2006 in Kraft getretenen Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber dieses in § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II klargestellt (Gesetz v. 20.07.2006 - BGBl I S. 1706).
Der Kläger befindet sich seit April 2005 länger als 6 Monate in Untersuchungshaft. Dies bedeutet aber nicht, dass er bis zum 31.03.2005 Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen könnte. Wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, folgt aus der früheren gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs "für länger als 6 Monate", dass eine Prognoseentscheidung über die Dauer der Unterbringung zu treffen ist (vgl. Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, Rdnr. 35 zu § 7). Nur wenn diese ergibt, dass der Aufenthalt voraussichtlich kürzer als 6 Monate ist, sind Leistungen nach dem SGB II trotz der Unterbringung zu gewähren. Auch dies hat der Gesetzgeber nunmehr durch Einführung des § 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II ergänzend dahingehend geregelt, dass Leistungen trotz der Unterbringung abweichend demjenigen zu erbringen sind, der 1) voraussichtlich weniger als 6 Monate in einem Krankenhaus (§ 107 SGB V) untergebracht ist oder 2) in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Angesichts der Schwere des Tatvorwurfs, der einschlägigen Vorstrafe und des Fehlens eines festen Wohnsitzes war vorliegend aber davon auszugehen, dass die Anordnung der Haft bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den Kläger und damit über 6 Monate dauern werde. Soweit sich der Kläger auf die Unschuldvermutung beruft, verkennt er, dass dies für Leistungsansprüche nach dem SGB II ohne Belang ist. Dieses stellt allein auf die Erwerbsfähigkeit ab. Im Hinblick auf die prognostizierte Dauer der Untersuchungshaft greift hier die gesetzliche Fiktion der Nichterwerbsfähigkeit nach § 7 Abs. 4 SGB II ein (vgl. Eicher/Spellbrink a.a.0. Rdnr. 33).
Es kommt daher allein ein Anspruch des Klägers gegen den Sozialhilfeträger in Betracht, soweit seine Ansprüche nicht anderweitig befriedigt werden. 0b die Auffassung der Beigeladenen zutreffend ist, auch gegen sie sei der geltend gemachte Anspruch nicht begründet, weil der Kläger die erforderlichen Leistungen von der Justizvollzugsanstalt erhalte, oder ob gleichwohl ein Anspruch in Betracht kommt, weil nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII insoweit nur ein Teilbedarf abgedeckt ist (vgl. dazu Grube/Wahrendorf Kommentar zum SGB XII, Rdnr. 16 zu § 2), braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden, weil der zuständige Sozialhilfeträger (§ 106 SGB XII) nicht alternativ im vorliegenden Verfahren verurteilt werden kann. Dies gilt trotz der ebenfalls zum 01.08.2006 erfolgten Änderung des § 75 Abs. 5 SGG, wonach nunmehr grundsätzlich auch der Sozialhilfeträger nach Beiladung verurteilt werden kann. Hier steht einer solchen Möglichkeit entgegen, dass der entsprechende Anspruch aus dem SGB XII bereits zuvor anderweitig rechtshängig gemacht worden ist. Der Kläger hat seine am 24.02.2005 gegen die Beigeladene erhobene Klage (Sozialgericht Köln - S 21 SO 123/05), der zunächst nur den Zeitraum bis zum 31.12.2004 umfaßte, bereits am 08.03.2005 und damit vor Erhebung der hiesigen Klage auf unbeschränkte Verurteilung der Beigeladenen zur Leistung für die Zukunft erweitert.
Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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