L 9 U 2825/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1558/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2825/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 05. Dezember 2001.

Der 1966 geborene Kläger, der 1992 als Kriegsflüchtling aus dem Kosovo in die Bundesrepublik Deutschland kam, erlitt hier am 19. Januar 1993 einen ersten Arbeitsunfall, als er bei seiner versicherten Tätigkeit als Bauwerker beim Besteigen einer Leiter von einer Sprosse abrutschte, sich mit der linken Hand festklammerte und hierdurch das Schultergelenk auskugelte. Der Kläger bezog wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalles, die auch im Zusammenhang mit einem weiteren Arbeitsunfall vom 23. Januar 1997 standen (erneute Schulterluxation links), von der Beklagten eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. für die Zeit vom 02. Juni 1997 bis 30.November 1997. Dem lag das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 23. Juli 1998 zugrunde, welcher darüber hinaus die MdE für die Zeit vom 1. Dezember 1997 bis 12. Juli 1998 auf 10 v. H. und danach auf weniger als 10 v.H. eingeschätzt hatte. Der wegen der Befristung der Rente eingelegte Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 04.02.1999 und die anschließend zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage (S 9 U 2714/01) blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2001 und Urteil des SG vom 22. Oktober 2003). Die anschließend zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhobene Berufung (L 10 U 5014/03) nahm der Kläger in der Folgezeit zurück.

Ausgangspunkt des jetzigen Verfahrens ist der Unfall des Klägers vom 05.Dezember 2001, den dieser bei seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung als Maler / Stuckateur und Bauhelfer bei der Firma R. R. in R. erlitt. Nach den Angaben des Klägers in der erstmaligen Beschreibung des Unfallhergangs gegenüber dem Durchgangsarzt der Beklagten Dr. M., chirurgische Klinik des Kreiskrankenhauses L., stürzte der Kläger von einem Baustelleninnengerüst aus 10 m Höhe auf Betonboden. Bei der Untersuchung am Unfalltag wurden die Diagnosen einer Prellung und Schürfung am Schädel, einer Scapulahalsfraktur rechts und einer Prellung des rechten Hemithorax sowie der Lendenwirbelsäule gestellt. Zeichen einer Commotio cerebri fanden sich nicht. Die Röntgenuntersuchung des Schädels und der Rippen zeigte keine Fraktur, Herz und Lunge waren ohne Befund (Durchgangsarztbericht des Dr. M. vom 5. Dezember 2001). Das rechte Schultergelenk wurde mit einem Gilchristverband ruhig gestellt und der Kläger intensiv schmerztherapeutisch behandelt. Am 12. Dezember 2001 wurde er aus der stationären Behandlung entlassen. Im Zwischenbericht des Dr. M. vom 18. Dezember 2001 wurden als weitere Diagnosen eine jetzt festgestellte Fraktur der 5. bis 9. Rippe rechts und eine Schürfwunde am Oberschenkel rechts genannt. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, die Beschwerden des Klägers hätten sich gebessert. Ab 14. Februar 2002 wurde dem Kläger Arbeitsfähigkeit bescheinigt (Mitteilung des Dr. M. vom 13. Februar 2002). Nach vorläufiger Schätzung liege über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus keine messbare MdE vor. Der weiterbehandelnde Facharzt für Orthopädie Dr. F., den der Kläger wegen verstärkt auftretender Schmerzen in der rechten Schulter konsultierte, berichtete der Beklagten unter dem 1. Juli 2002, er habe den Kläger mit symptomatischer Schmerztherapie versorgt.

Nach dem Unfalluntersuchungsbericht des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten vom 2. April 2002 betrug die Absturzhöhe an der Unfallstelle 5 Meter.

Mit Bescheid vom 10. Juli 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 05. Dezember 2001 ab. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: "Verheilte Brüche der 5. bis 9. Rippe und des Schulterblattes rechts. Verheilte Prellung und Schürfung am Schädel sowie am rechten Oberschenkel."

Am 17. Juli 2002 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Eine Begründung seines Widerspruchs legte er nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2003 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger am 26. März 2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart, S 9 U 1558/03. Das SG zog das im Verfahren S 9 U 2714/01 auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete orthopädische Gutachten des Dr. F. vom 13. Januar 2003 bei. Danach bestand für den Unfall vom 23. Januar 1997 sowie für den kausal hierfür zu sehenden Unfall vom 19. Januar 1993 ab dem 13. Juli 1998 und auf Dauer eine MdE von unter 10 v.H. Durch den neuerlichen Unfall vom 5. Dezember 2001 habe sich die Gesamtsituation insgesamt etwas verschlechtert, jedoch werde eine Gesamt - MdE in rentenberechtigendem Ausmaß aus orthopädischer Sicht nicht erreicht. Insgesamt erscheine eine MdE von 10 v. H. als gerechtfertigt. Aufgrund der psychischen Störungen, die sich nach dem neuerlichen Unfall vom 5. Dezember 2001 ergeben hätten, hielt Dr. Fischer für die Bewertung der Gesamtsituation eine psychiatrische Begutachtung für erforderlich.

Beigezogen vom SG wurde auch das ebenfalls auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG im Verfahren S 9 U 2714/01 erstellte Gutachten des Facharztes für Nervenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. vom 26. Juni 2003. Dr. R. schilderte bei der Erhebung des psychischen Befundes den Kläger als subdepressiv, sehr besorgt, ängstlich und verunsichert. Er könne, vermutlich unbewusst, seinen oberen Extremitäten nicht vertrauen. Er habe Sorge, denke an die Unfallereignisse, sei schmerzgequält. Außerdem habe er auch aktuelle Probleme wegen seiner Duldung in Deutschland; über seinen Asylantrag sei noch nicht entschieden worden. Er sorge sich auch um seine Familie. Ferner bestehe ein Zwangsdenken und der Kläger fürchte um seinen Arbeitsplatz, nachdem ihm nach seinem zweiten Arbeitsunfall seitens des Arbeitgebers gekündigt worden sei. Der am 5. Dezember 2001 erlebte Sturz aus 12 Metern Höhe sei auch aus psychologisch-psychosomatischer Sicht bedeutungsvoll und könne zu einer posttraumatischen, auch psychischen Belastungsstörung führen. Nach Auffassung des Gutachters bestünden durchaus Unfallfolgen auf orthopädisch-unfallchirurgischem aber auch auf psychosomatischem Fachgebiet. Daher nehme er eine MdE durch die Arbeitsunfälle in Höhe von 20 v. H. an.

Danach wurde im Verfahren vor dem SG S 9 U 1558/03 von Amts wegen das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. eingeholt. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 23. April 2004 zusammenfassend zu dem Ergebnis, als Folge des Arbeitsunfalles vom 5. Dezember 2001 bestehe vor allem eine gewisse Ängstlichkeit beim Begehen von höher gelegenen Baustellen, verbunden mit Absturzgefahr. Sonstige unfallbedingte Schädigungsfolgen lägen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet nicht vor. Die vom Kläger genannten Spannungskopfschmerzen und Schlafstörungen seien überwiegend durch unfallunabhängige, weitaus schwerwiegender einzuschätzende Belastungen verursacht, wobei hier vor allem die chronische Belastung im psychosozialen Bereich durch die ungeklärte Perspektive als immer wieder befristet geduldeter Asylant zu erwähnen sei. Durch die Unfallfolgen werde eine MdE unter 10 v. H. verursacht. Für die im Gutachten des Dr. R. vom Juni 2003 (im SG-Verfahren S 9 U 2714/01) angedeutete posttraumatische Belastungsstörung lägen die bei dieser Diagnose geforderten eindeutigen symptomatischen Kriterien nicht vor.

Der Kläger reichte anschließend die Stellungnahme des Dr. R. vom 23. Juli 2004 zu den Akten. Hierin wird ausgeführt, dem Kläger solle eine Unfallrente bewilligt werden, weil er nachvollziehbare Fähigkeitsstörungen und Schmerzen durch die 3 Arbeitsunfälle erlitten habe, die Dauereinbußen bedeuteten.

Dr. P. nahm nach Aktenlage schriftsätzlich unter dem Datum vom 1. Oktober 2004 zu den Ausführungen des Dr. R. Stellung. Er merkte an, er vermisse bei der Stellungnahme des Dr. R. die Differenzierung zwischen eventuell unfallbedingten Beeinträchtigungen und der sonstigen sozialen Situation als Ursache der depressiven Anpassungsstörungen und sehe auch keine besonderen funktionellen Einschränkungen im Alltagsleben.

Mit Urteil vom 19. Mai 2005 wies das SG die Klage ab. Die Kammer stützte ihre Überzeugung, dass keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Dezember 2001 in rentenberechtigender Höhe mehr bestünden, zum einen auf das orthopädische Gutachten des Dr. F. (erstellt im Verfahren S 9 U 2714/01), dessen Beurteilung den Aussagen der behandelnden Ärzte im Verwaltungsverfahren entspreche, und auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. P ... Dem Gutachten des Dr. R. folge das Sozialgericht nicht, da dieser seine Feststellungen auf der Grundlage von Vermutungen, ohne Nennung eines gesicherten Befundes getroffen habe, keine klare Trennung zwischen unfallabhängigen und -unabhängigen Ursachen vornehme, eine noch bestehende Bewegungseinschränkung des Klägers nenne, jedoch gleichzeitig insoweit keine messbaren Beeinträchtigungen feststelle und seine Einschätzung einer MdE von 20 v. H. nicht auf der Basis der einschlägigen Gutachtensliteratur (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 227) treffe. Zudem seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht erfüllt.

Gegen das am 10. Juni 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Juli 2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er nimmt zur Begründung in vollem Umfang Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag und die dortigen Beweisantritte. Seines Erachtens seien die Aussagen von Dr. R. durch das Gutachten und die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. P. nicht widerlegt. Dr. R. habe aufgrund seiner persönlichen Untersuchung und Behandlung des Klägers über einen längeren Zeitraum seine Feststellungen getroffen und nachvollziehbar beschrieben. Das erstinstanzliche Gericht habe den Antrag des Klägers unbeachtet gelassen, ein weiteres medizinisches Gutachten einzuholen, welches die Bewertungen der Sachverständigen Dr. R. und Dr. P. überprüfe. Dieser Antrag werde in der Berufungsinstanz erneut gestellt.

Der Kläger hat den im Gutachten des Dr. P. erwähnten ( an den Bevollmächtigten des Klägers gerichteten ) Arztbrief des Dr. R. vom 19. Juli 2002 zu den Akten gegeben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Mai 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Dezember 2001 Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das mit der Berufung angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Sowohl der Kläger als auch Dr. R. fassten in unzulässiger Weise die Schmerzzustände nach drei Arbeitsunfällen zusammen. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung müsse jedoch jeder Arbeitsunfall getrennt beurteilt und entschädigt werden.

Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestands wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten U-Nr. 1-93/01092/S (bzgl. der Unfälle vom 19.01.1993 und vom 23.01.1997) und U-Nr. 01/29437/S (bzgl. des Unfalls vom 05.12.2001), auf die Akten des SG Stuttgart S 9 U 2714/01 und des LSG Baden-Württemberg L 10 U 5014/03, auf die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens des SG Stuttgart S 9 U 1558/03 und auf diejenigen des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Dezember 2001 keine Verletztenrente zusteht.

Gemäß § 56 Abs.1 Satz 1 SGB VII besteht Anspruch auf die vom Kläger begehrte Verletztenrente für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Dezember 2001, wenn durch sie die Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für den früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII).

Von diesen gesetzlichen Bestimmungen ausgehend stellt der Senat zunächst fest, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Januar 1993 und des durch Vorschädigung kausal bedingten Arbeitsunfalls vom 23. Januar 1997 nach dem Ergebnis der Beweiserhebung im sozialgerichtlichen Verfahrens S 9 U 2714/01 ab dem 13. Juli 1998 keine MdE von 10 v. H. mehr bedingten. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Orthopäden Dr. Fischer, der in Übereinstimmung mit Prof. Dr. H. die belastungsabhängigen Beschwerden und die endgradige Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Schulter nach Auslaufen der Verletztenrente am 30. November 1997 für die Zeit vom 1. Dezember 1997 bis zum 12. Juli 1998 noch mit einer MdE um 10 v. H. und danach mit einer MdE von weniger als 10 v.H. bewertete. Dem ist seinerzeit auch das Sozialgericht im rechtskräftigen Urteil vom 20. Oktober 2003 gefolgt und hat weiter ausgeführt, dass es sich nicht habe davon überzeugen können, dass der Kläger bereits aufgrund der Unfälle von 1993 und 1997 eine ängstlich-depressive Störung entwickelt hätte. Damit scheidet ein Stützrententatbestand aus, mit der Folge, dass ein Rentenanspruch des Klägers wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Dezember 2001 nur besteht, wenn sie eine MdE von 20 v. H. bedingen. Davon konnte auch der Senat sich nicht überzeugen. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Neue Gesichtspunkte, insbesondere neue medizinische Umstände, sind im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Der Anregung des Klägers, wegen der divergierenden Einschätzungen der MdE durch Dr. P. einerseits und Dr. R. andererseits ein Obergutachten einzuholen, ist auch der Senat nicht nachgekommen.

Der Senat hält den medizinischen Sachverhalt hinsichtlich der Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet durch das Gutachten des Dr. P. für geklärt. Abgesehen von einer gewissen Ängstlichkeit beim Begehen von höher gelegenen Baustellen mit Absturzgefahr sind keine Folgen des Arbeitsunfalles vom 5. Dezember 2001 feststellbar. Insbesondere leidet der Kläger nicht an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese ist definiert als verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale der unter F43.1 ICD-10-GM-2007 erfassten Erkrankung sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Entsprechende Symptome (Intrusionen, flash backs, extreme Angst und Panikreaktionen, Vermeiden von Stimuli) konnte Dr. P. beim Kläger nicht feststellen. Auch Dr. R. hat keine derartigen Befunde beim Kläger erhoben. Das SG hat auch schon zutreffend festgestellt, dass Dr. R. die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung ebenfalls nicht gestellt hat. Er hat lediglich ausgeführt, dass der vom Kläger erlebte Sturz aus zwölf Metern Höhe zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen könne.

Das im Berufungsverfahren vorgelegte Schreiben des Dr. R. vom 19. Juli 2002, das offensichtlich zur Stützung des Antrages des Klägers auf Verlängerung der Duldung und der Aufenthaltsbewilligung verfasst wurde, erbringt keine neuen Gesichtspunkte. Dr. R. stellt vielmehr nicht nur bei dem Kläger, sondern auch bei dessen Ehefrau schwere depressive Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen fest, möglicherweise auch Traumatisierungen durch Kriegserlebnisse im Kosovo, vor allem wegen der Kriegsverletzung des 1992 geborenen Sohnes. Dr. R. verweist zusätzlich auf die bei dem Kläger durch die erlittenen Arbeitsunfälle bestehende körperliche Traumatisierung, die ihn ebenfalls depressiv verstimme und belaste. Diese Aussagen bekräftigen aber im Ergebnis die Schlussfolgerungen des Dr. P., wonach die Spannungskopfschmerzen, die Schlafstörungen und die depressive Verstimmung des Klägers vorrangig durch die chronische nachvollziehbare Belastung im psychosozialen Bereich als geduldeter Asylbewerber, der immer wieder um Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung bemüht sein muss, hervorgerufen werden. Somit überzeugt auch den Senat die Einschätzung von Dr. P., der die MdE seitens des psychiatrischen Fachgebiets mit weniger als 10 v. H. bewertet. Demgegenüber hat Dr. R. bei seiner Einschätzung der MdE mit 20 v. H. auch nicht die unfallversicherungsrechtlich notwendige Trennung der Folgen der Arbeitsunfälle von 1993 und 1997 einerseits und des Arbeitsunfalls vom 5. Dezember 2001 andererseits vorgenommen. Vielmehr hat er, wie sich auch aus seiner ergänzenden, vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme vom 23. Juli 2004 ergibt, den "Schmerzzustand nach 3 Arbeitsunfällen" mit einer MdE um 20 v. H. bewertet.

Aus den genannten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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