S 4 KG 6/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KG 6/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Monaten Oktober bis Dezember 2006 Anspruch auf Kinderzuschlag hatte.

Die am 14.03.1953 geborene Klägerin hat für ihre Kinder P. und S. am 27.01.2005 bei der Beklagten einen Antrag auf Kinderzuschlag gestellt, der für die Folgezeiträume fortgeführt wurde. Die Beklagte hatte der Klägerin im Folgenden teilweise Kinderzuschlag bewilligt und teilweise versagt, wobei noch nicht über alle Zeiträume rechtskräftig entschieden ist.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 08.11.2006 die Bewilligung von Kinderzuschlag für den Monat Oktober 2006 ab, da die Klägerin in diesem Monat über kein ausreichendes Einkommen und/oder Vermögen verfügt habe, um die Zahlung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu vermeiden. Deshalb sei nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) der Anspruch auf Kinderzuschlag ausgeschlossen.

Die Beklagte ermittelte für diesen Monat bei der Klägerin ein Nettoeinkommen von 1.126,67 EUR, von dem sie von der Klägerin geltend gemachte Werbungskosten in Höhe von 30,53 EUR, Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 22,44 EUR, eine Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR und einen Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 310 EUR in Abzug brachte. Dem ermittelten zu berücksichtigenden Einkommen in Höhe von 816,67 EUR wurde ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.084,17 EUR gegenübergestellt. Dieser setzte sich aus dem Regelbedarf für die Klägerin in Höhe von 345 EUR, für das ältere Kind in Höhe von 276 EUR und für das jüngere Kind in Höhe von 207 EUR, den Kosten der Unterkunft in Höhe von 481,17 EUR, einem Mehrbedarf für Alleinerziehung in Höhe von 83 EUR, bei Abzug von Kindergeld für die beiden Kinder in Höhe von insgesamt 308 EUR zusammen. Bei der Ermittlung ergab sich zunächst einmal, dass das Einkommen - bei gleichzeitig nicht vorhandenem Vermögen - die im Gesetz vorgesehenen Mindesteinkommensgrenzen und Höchsteinkommensgrenzen einhalten würde. Der Gesamtkinderzuschlag beliefe sich bei zwei Kindern auf maximal 280 EUR. Er sei durch anzurechnendes Erwerbseinkommen über der Mindesteinkommensgrenze auf 224 EUR herabzusetzen (§ 6a Abs. 4 S. 3 und 6 BKGG). Diese 224 EUR reichten jedoch auch unter zusätzlicher Berücksichtigung eines möglichen Wohngeldanspruches in Höhe von 33 EUR nicht dazu aus, den Restbedarf vollständig abzudecken, so dass hier ein ergänzender Anspruch nach dem SGB II bestünde, der den Anspruch auf Kinderzuschlag wegen der gesetzlichen Regelung (§ 6a Abs.1 Nr.3 BKGG) jedoch insgesamt überdecke.

Hinsichtlich des Monats November 2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2006 die Gewährung von Kinderzuschlag ab, da das Einkommen der Klägerin die Höchsteinkommensgrenze übersteige. Bei der Klägerin wurde von einem Bruttoarbeitslohn in Höhe von 2.064,96 EUR ausgegangen, von dem nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, Werbungskosten, Kfz-Haftpflichtversicherung, Versicherungspauschale und Erwerbstätigenfreibetrag ein anrechenbares Erwerbseinkommen von 1.030,33 EUR ergab. Die gegenüber früheren Monaten deutlich erhöhte Einkommensberücksichtigung ergab sich aus einer tariflichen Sonderzahlung an die Klägerin in Höhe von 923,01 EUR, die zu einem Nettogesamtgehalt in Höhe von 1.593,67 EUR führte. Hierbei verteilte die Beklagte die Sonderzahlung allerdings auf zwei Monate, sodass sie zusätzlich 461,51 EUR an Einkommen im November 2006 ansetzte, dem zusätzliche Sozialversicherungsbeträge in Höhe von 216,42 EUR gegenüberzustellen waren.

Der Gesamtbedarf der Klägerin liege zwar über dem anrechenbaren Einkommen, jedoch ergebe sich aus der Gegenüberstellung mit der Höchsteinkommensgrenze in Höhe von 1.008,44 EUR, dass diese überschritten werde. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehe daher nicht.

Mit weiterem Bescheid vom 24.01.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Kinderzuschlag an die Klägerin für den Monat Dezember 2006 ab. Das Einkommen, das unter Heranziehung des zweiten hälftigen Anteils der genannten Einmalzahlung ermittelt worden war, liege mit insgesamt 1.061,76 EUR wiederum zwar unter dem ermittelten Gesamtbedarf, jedoch über der Höchsteinkommensgrenze. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag sei deshalb auch hier nicht gegeben.

Hiergegen legte die Klägerin mit mehreren Schreiben vom 23.11.2006, vom 09.01.2007 und vom 29.01.2007 Widerspruch ein und machte geltend, die Einmalzahlung sei auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen, wobei bei einer Verteilung auf insgesamt drei Monate ein Anspruch auf Kinderzuschlag im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2006 gegeben sei.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit drei Widerspruchsbescheiden vom 01.03.2007 zurück. Die angefochtenen Bescheide würden den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Die Familienkasse habe für die Verteilung von Einmalzahlungen folgende Angemessenheitsregelung zur Anwendung gebracht. Einmalzahlungen bis 1/3 des Durchschnittseinkommens würden dem Monat der Auszahlung voll zugeordnet werden, bei einer Zahlungshöhe bis zu 2/3 des Durchschnittseinkommens erfolge eine Verteilung auf zwei Monate und bei einer Auszahlung von mehr als 2/3 des Durchschnittseinkommens erfolge eine Verteilung auf drei Monate. Die der Klägerin zugeflossene Sonderzahlung im November 2006 sei höher als 1/3 gewesen aber niedriger als 2/3, weshalb hier eine Verteilung auf die Monate November und Dezember 2006 erfolgt sei.

Mit Schreiben vom 21.03.2007 erhob die Klägerin gegen die Widerspruchsbescheide vom 01.03.2007 Klage zum Sozialgericht Würzburg.

Die Klägerin machte geltend, dass nicht von einer korrekten Ermessensausübung im Einzelfall gesprochen werden könne, wenn eine statische Festlegung einer Aufteilung der Sonder- bzw. Einmalzahlung in der Höhe nach 1/3, 2/3 oder 3/3 bezogen auf das Grundgehalt erfolge und damit die Verteilung auf einen, zwei oder drei Monate verbunden werde, ohne den konkreten Einzelfall zu betrachten. Die Behörde habe ihr Ermessen erst dann fehlerfrei ausgeübt, wenn nach allen Berechnungsmethoden ein Kinderzuschlag ausscheide. Zudem sei es so, dass in anderen Zusammenhängen, z.B. bei der Unterhaltsberechnung und auch bei den staatlichen Unterhaltsvorschussgesetzleistungen immer auf ein durchschnittliches Jahreseinkommen abgestellt werde, wozu Einmalzahlungen auf einen Jahreszeitraum gezwölftelt würden.

Die Beteiligten erklären im Erörterungstermin vom 25.09.2007 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichtes im schriftlichen Verfahren (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Klägerin stellt den Antrag:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 08.11.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 01.03.2007 über den Kinderzuschlag für den Monat Oktober 2006 werden aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Kinderzuschlag für den Monat Oktober 2006 in Höhe von 252 EUR zu bezahlen.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 11.12.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 01.03.2007 über den Kinderzuschlag für den Monat November 2006 werden aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Kinderzuschlag für den Monat November 2006 in Höhe von 252 EUR zu bezahlen.
3. Der Bescheid der Beklagten vom 24.01.2007 und der Widerspruchsbescheid vom 01.03.2007 über den Kinderzuschlag für den Monat Dezember 2006 werden aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Kinderzuschlag für den Monat Dezember 2006 in Höhe von 252 EUR zu bezahlen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 SGG).

Die von der Klägerseite vorgenommene Klagehäufung war zulässig, da sich die Klagen gegen denselben Beklagten richteten, dasselbe Gericht zuständig ist und die Klagen in inhaltlichem Zusammenhang stehen (§ 56 SGG).

Das Gericht ist zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin in den streitgegenständlichen Monaten keinen Anspruch auf Gewährung von Kinderzuschlag durch die Beklagte hatte.

Die Beklagte hatte zutreffend die Bedarfsverhältnisse in der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin ermittelt. Die hier einzustellenden Posten stehen dabei nicht zur Disposition der Klägerin, so dass diese beispielsweise nicht - zu ihren Gunsten - auf den Bedarfsposten für Alleinerziehung verzichten könnte.

Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts auch die Einkommenssituation der Klägerin zutreffend ermittelt. Dabei war es aus Sicht des Gerichtes nicht zu beanstanden, dass der Klägerin im Oktober 2006 keine weitere Einkommensleistung zugerechnet wurde. Für die Ermittlungen der Einkommensverhältnisse nach § 6a BKGG sind nämlich analog die Vorschriften des § 11 SGB II und damit die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) heranzuziehen. In § 2 Abs. 3 S. 1 Alg II-V ist festgelegt, dass einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen. Eine rückwirkende Verteilung der Sonderzahlung (Weihnachtsgeldzahlung), die der Klägerin im November 2006 ausgezahlt wurde, auf den Monat Oktober 2006 ist daher eindeutig ausgeschlossen.

§ 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V bestimmt, dass einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen sind. Diese Regelung führt nicht von vornherein dazu, dass bei der Klägerin im November und Dezember 2006 jeweils die Hälfte der Einmalzahlung anzusetzen wäre. Es wären auch andere Aufteilungen denkbar.

Beispielsweise spricht einiges dafür, eine Einmalzahlung, die in einem gewissen Rhythmus wieder zu erwarten ist, auf den gesamten Zeitraum bis zum nächsten Zahlungstermin aufzuteilen. Andererseits enthält eine solche langfristige Aufteilung auch Probleme: so erfordert eine solche Aufteilungsweise eine größere Ausgabendisziplin der Empfänger der Einmalzahlungen und/oder ist die Zulässigkeit der Anrechnung unklar, wenn die Einmalzahlung vor dem eigentlichen Leistungszeitraum gelegen hatte, jedoch die Aufteilung in den Leistungszeitraum hineinragen würde.

Dabei kann das Gericht den Überlegungen der Klägerseite nicht folgen, dass es für die Beklagte möglich oder gar erforderlich wäre, die Angemessenheit der Aufteilung vom Ergebnis für den Leistungsempfänger her zu bestimmen. Denn dazu müsste die Beklagte mehrere alternative Berechnungen durchführen und dann noch Abschätzungen vornehmen, ob ein Leistungsempfänger beispielsweise lieber zwischen mehreren Leistungsträgern wechselt, um eine höhere Gesamtsumme zu erlangen, oder - wie die Klägerin - möglichst nur von einem Leistungsträger Leistungen erhalten will. Zudem bestünden große Bedenken, ob eine derartige Vorgehensweise im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot als angemessen bezeichnet werden könnte.

Die von der Beklagten vorgenommene Orientierung an der Höhe der Einmalzahlung im Verhältnis zur laufenden monatlichen Leistung und die darauf aufbauende Verteilung auf ein bis drei Monate folgt sachgerechten Erwägungen. Es erfolgt eine Verteilung dort, wo sie erforderlich erscheint und wird andererseits die Zahlung nicht über einen so langen Zeitraum verteilt, dass Zuordnungsprobleme damit verbunden wären.

Die Beklagte hätte somit zwar auch eine andere Aufteilung wählen können; jedoch ist die von der Beklagten gewählte Aufteilung nicht ermessensfehlerhaft, da sie nachvollziehbaren Überlegungen folgt und nicht gegen die Vorgabe der Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum verstößt.

Somit ergibt sich für das Gericht, dass die Bescheide der Beklagten auch bezüglich der Monate November und Dezember 2006 nicht zu beanstanden sind.

Die von der Klägerseite hinsichtlich des Monats Oktober 2006 im Übrigen geäußerten Bedenken gegen den Leistungsausschluss sind nicht einfach von der Hand zu weisen; gleichwohl sieht das Gericht durch die Beklagte die bestehende Gesetzeslage als zutreffend umgesetzt an und hat gegen die gesetzliche Regelung keine so schwerwiegenden Bedenken, als dass das Gesetz insgesamt als nicht verfassungsgemäß einordnen wäre.

Somit sind aus Sicht des Gerichtes die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden und die Klage war abzuweisen.

Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass der Klägerin außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Rechtskraft
Aus
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