Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AS 129/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Die Erinnerung gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung vom 30.11.2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr und hierbei insbesondere die Berücksichtigung der Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Streitgegenstand in dem zugrunde liegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren war die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Antragsteller zu 1. und zu 2. (im Folgenden: Ast). Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ag) hatte mit Bescheid vom 30.05.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Ast zu 1. und zu 2. abgelehnt. In dem anschließenden Widerspruchsverfahren wurden die Ast von der Erinnerungsführerin vertreten. Mit Bescheid der Ag vom 26.06.2007 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, eine Hilfebedürftigkeit der Ast liege nicht vor, weil verwertbare Vermögensgegenstände zu berücksichtigen seien. Die Ast zu 1. verfüge über eine verwertbare private Rentenversicherung, deren Rückkaufwert 18.532,10 Euro betrage, so dass unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 17.100,00 Euro ein Vermögenswert verbliebe, der Hilfebedürftigkeit ausschließe. Der Ast zu 2. sei Eigentümer einer unangemessenen Eigentumswohnung mit einer Größe von 111 qm, deren Verwertung ggf. zu verlangen sei. Darüber hinaus verfüge er über ein Leasingfahrzeug und über eine Lebensversicherung, deren Rückkaufwert 19.271,99 Euro betrage. Gegen den Bescheid wurde am 05.07.2007 Klage erhoben.
Mit einem am 03.07.2007 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung machten die Ast zu 1.und 2. die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung geltend. Mit Beschluss vom 18.10.2007 wurde die Ag verpflichtet, den Ast zu 1. und zu 2. ab dem 03.07.2007 bis zum Abschluss des Klageverfahrens, längstens bis zum 31.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.090,00 Euro monatlich als Darlehen vorläufig zu gewähren. Im Übrigen wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Ag wurde die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Ast zu 1.und 2. auferlegt. Gleichzeitig wurde den Ast ab Antragstellung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Erinnerungsführerin bewilligt.
Am 21.11.2007 beantragte die Erinnerungsführerin folgende aus der Staatskasse zu zahlende Gebühren und Auslagen festzusetzen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV 422,50 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 84,08 Euro Gesamtbetrag 526,58 Euro abzüglich Zahlungen Rechtsschutzversicherung 99,34 Euro 427,24 Euro Erstattungsbetrag Staatskasse (½) 213,62 Euro
Mit Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 30.11.2007 wurden die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 155,61 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr nach Nr 3102 VV in Höhe von 250,00 Euro und unter Berücksichtigung der nach Nr 1008 VV vorzunehmenden Erhöhung eine Gebühr in Höhe von 325,00 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ansatz der Mittelgebühr sei angemessen, da die Bedeutung der Angelegenheit für die Ast als überdurchschnittlich, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten seien und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ast im unterdurchschnittlichen Bereich lägen. Zum Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wurde dargelegt, dass dieser im einstweiligen Anordnungsverfahren als unterdurchschnittlich zu bewerten sei, da diese Verfahren in der Regel von der Dauer unterdurchschnittlich seien und keine Beweisaufnahme stattfinden würde.
Gegen diesen Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte der Ast am 04.12.2007 Erinnerung eingelegt und beantragt, die Gebühren und Auslagen antragsgemäß festzusetzen. Eine Kürzung der um 30 vH erhöhten Mittelgebühr sei ihrer Auffassung nach nicht gerechtfertigt, da Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht als unterdurchschnittlich zu beurteilen seien.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 56 Abs 1 S 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ( RVG) statthafte Erinnerung ist nicht begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährend Vergütung im Ergebnis in zutreffender Höhe nach § 55 Abs 1 RVG festgesetzt.
Nach § 3 Abs 1 S 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie vorliegend – das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dabei ist auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Die von der Erinnerungsführerin getroffene Bestimmung hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr entspricht nicht billigem Ermessen und ist daher nicht verbindlich, da eine Verfahrensgebühr in Höhe von 325,00 Euro angemessen ist und die getroffene Bestimmung (422,50 Euro) um mehr als 20 vH von der angemessenen Gebühr abweicht. Das Gericht teilt die in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung vorherrschende Auffassung, dass Unbilligkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn die durch den Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die nach Ansicht des Gerichts angemessene Gebühr um mehr als 20 vH übersteigt (vgl. LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS mwN).
Der Betragsrahmen für die Verfahrensgebühr ergibt sich vorliegend aus Nr. 3103 VV RVG. Danach beträgt die Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG, dh die Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, 20,00 Euro bis 320,00 Euro, wenn eine Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verfahren vorausgegangen ist. Die Erinnerungsführerin war vor Einreichung der Antragsschrift bei Gericht (03.07.2007) bereits im Widerspruchsverfahren tätig, das durch Erhebung des Widerspruches am 11.06.2007 anhängig gemacht worden war. Damit ging dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine Tätigkeit in einem der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren voraus.
Nach Auffassung des Gerichts lässt weder der Wortlaut des Gebührentatbestandes noch dessen Sinn und Zweck eine einschränkende Auslegung in dem Sinne zu, dass Nr 3103 VV RVG grundsätzlich nicht auf einstweilige Rechtsschutzverfahren anwendbar sei (anders: SG Oldenburg, Beschluss vom 15.12.2005, Az: S 10 SF 52/05; SG Frankfurt, Beschluss vom 31.07.2006, Az: S 20 SF 8/06 AY). In dem Gebührentatbestand wird ohne Einschränkung auf die Gebühr nach Nr 3102 VV Bezug genommen, die für Verfahren vor den Sozialgerichten gilt, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. Zu den von Nr 3102 VV RVG erfassten Verfahren vor den Sozialgerichten gehören auch einstweilige Rechtsschutzverfahren. Die Frage, ob es sich in gebührenrechtlicher Hinsicht um ein eigenständiges Verfahren handelt mit der Folge, dass insoweit losgelöst vom Hauptsacheverfahren eine gesonderte Verfahrensgebühr anfällt, ist in § 17 Nr 4 iVm § 15 RVG geregelt. Danach sind die Verfahren in der Hauptsache und das einstweilige Rechtsschutzverfahren verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 15 Abs 1 RVG, so dass Gebühren für jede dieser Angelegenheiten entstehen. Somit ergibt sich aus der uneingeschränkten Bezugnahme auf Nr 3102 VV RVG, dass der Gebührentatbestand der Nr 3103 VV RVG grundsätzlich auch für einstweilige Rechtsschutzverfahren gilt (ebenso: Schleswig-Holsteinisches LSG vom 28.02.2007, Az: L 1 B 467/06 SK).
Der Gebührentatbestand der Nr 3103 VV RVG ist bei einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch insoweit erfüllt, dass bei einem vorherigen Widerspruchsverfahren, in der eine Rechtsanwältin als Bevollmächtigte aufgetreten ist, eine Tätigkeit in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Soweit die Anwendbarkeit der Nr. 3103 VV RVG teilweise deshalb verneint wird, weil das vorangegangene Tätigwerden nicht genau auf denselben Gegenstand gerichtet sei, da Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur eine vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses bzw. die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches sei, ergibt sich diese Voraussetzung nach Auffassung des Gerichts weder aus dem Wortlaut des Gebührentatbestandes noch aus seinem Sinn und Zweck. Nr. 3103 VV RVG verlangt eine Tätigkeit in einem vorausgegangenen, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren und nicht
eine Identität der Tätigkeiten bzw. der Streitgegenstände. Diese Identität liegt häufig auch nicht im Verhältnis von Widerspruchsverfahren und gerichtlichem Hauptsacheverfahren vor, nämlich dann, wenn einem Widerspruch teilweise abgeholfen worden ist oder im gerichtlichen Verfahren aus anderen Gründen nur noch einzelne rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden. Durch die Reduzierung des Gebührenrahmens soll berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren die anschließende Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren durchaus erleichtert, weil man sich bereits mit der Streitsache befaßt hat (BT-Drucksache 15/1971, Seite 212). Dieser Gesichtspunkt kommt uneingeschränkt auch im Verhältnis von Widerspruchsverfahren und einstweiligem Rechtsschutzverfahren zum Tragen, und zwar unabhängig davon, dass das einstweilige Rechtsschutzverfahren nur auf eine vorläufige Regelung bzw. auf die Anordnung oder Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches gerichtet ist. Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren wird regelmäßig dadurch erleichtert, dass sie in derselben Sache bereits im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren tätig geworden ist (ebenso Bayrisches LSG vom 18.01.2007, Az: L 15 B 224/06 AS KO). Somit ergibt sich aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des in Nr 3103 VV RVG geregelten Gebührentatbestandes, dass der dort vorgesehene Gebührenrahmen Anwendung findet, wenn auf ein Widerspruchsverfahren ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren folgt (ebenso: LSG NRW vom 03.12.2007, Az: L 20 B 66/07 AY mwN; LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS; Bayrisches LSG vom 18.01.2007, Az: L 15 B 224/06 AS KO; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 28.02.2007, Az. L 1 B 467/06 SK).
Bei der Bestimmung der Gebühr nach § 14 RVG ist grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen, dh die Mittelgebühr ist gerechtfertigt, wenn es sich um eine Angelegenheit mit üblicher Bedeutung für den Ast, durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie um normale wirtschaftliche Verhältnisse der Ast handelt (vgl. Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG § 14 Rn 10 mwN). Unter Zugrundelegung des in Nr 3103 VV RVG geregelten Betragsrahmens für die Verfahrensgebühr mit vorausgegangem Widerspruchsverfahren (20,00 bis 320,00 Euro) ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe von 170,00 Euro.
Eine generelle Kürzung der Mittelgebühr unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt, ist nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt. Insoweit wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, eine Kürzung der Mittelgebühr auf 2/3 sei in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gerechtfertigt, da diese grundsätzlich von vornherein lediglich auf eine vorläufige Regelung und auf eine Regelung lediglich für einen begrenzten Zeitraum gerichtet seien (LSG NRW vom 29.01.2008, Az: L 1 B 35/07 AS). Eine solche Pauschalierung ist sinnvoll in gerichtskostenpflichtigen Verfahren, in denen die Gebühren nach Streitwerten festgesetzt werden und den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur durch Abschläge von den für die Hauptsacheverfahren vorgesehenen Streitwerten Rechnung getragen werden kann (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit Ziff 1.3 einstweiliger Rechtsschutz, abgedruckt in SGb 2008, Seite 121 f). Bei Rahmengebühren ermöglichen dagegen die in § 14 Abs 1 RVG vorgesehenen Kriterien, jeweils alle Einzelfallumstände zu berücksichtigten und in diesem Rahmen den zahlreichen Besonderheiten gerecht zu werden, die sich bei einstweiligen Rechtsschutzverfahren insbesondere hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ergeben. Daher rechtfertigt allein der Umstand, dass ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren betrieben worden ist, keine pauschale Kürzung der Gebühren (ebenso LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS).
Unter Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien erscheint eine Erhöhung der Mittelgebühr auf den im Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde gelegten Betrag von 250,00 Euro als angemessen.
Dabei ist zu berücksichtigten, dass die Bedeutung der Angelegenheit für die Ast als überdurchschnittlich zu beurteilen ist. Den Ast waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit ab Antragstellung in vollem Umfang versagt worden, obwohl einem monatlichen Bedarf in Höhe von 1.556,16 Euro lediglich ein berücksichtigungsfähiges monatliches Einkommen in Höhe von 466,15 Euro gegenüber stand. Bei einer solchen Fallgestaltung ist eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit auch unter Berücksichtigung des Umstandes gegeben, dass in einem einstweiligen Anordnungsverfahren nur eine vorläufige Regelung für einen begrenzten Zeitraum angestrebt wird.
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als durchschnittlich zu beurteilen. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass ein Gerichtstermin nicht wahrgenommen werden musste und die Dauer des Verfahrens – seinem Zweck entsprechend – gemessen an sonstigen sozialgerichtlichen Verfahren unterdurchschnittlich war. Entgegen den Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss bedeutet dies jedoch nicht, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einstweiligen Anordnungsverfahren grundsätzlich als unterdurchschnittlich zu bewerten ist. Bei dieser Betrachtungsweise wird der Umstand außer Acht gelassen, dass sich für einen Prozessbevollmächtigten ein erhöhter Arbeitsaufwand aus der Notwendigkeit ergibt, innerhalb eines kurzen Zeitraumes zum Anordnungsgrund und zum Anordnungsanspruch umfassend vorzutragen, die zur Glaubhaftmachung erforderlichen Unterlagen bzw. eidesstattlichen Versicherungen zu beschaffen und vorzulegen sowie die insoweit notwendigen, ggf. mehreren Mandantengespräche unter erheblichem Zeitdruck durchführen zu müssen. Dementsprechend hat die Erinnerungsführerin trotz der kurzen Verfahrensdauer insgesamt drei längere Schriftsätze eingereicht, den Sachverhalt und den bisherigen Verfahrenshergang umfassend dargelegt, Ausführungen sowohl zum Anordnungsanspruch als auch zum Anordnungsgrund gemacht und notwendige Unterlagen wie aktuelle Kontoauszüge, aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen, eidesstattliche Versicherungen der Ast sowie den Nachweis eines Verwertungsausschlusses bezüglich der privaten Rentenversicherung der Ast zu 1. vorgelegt. Vor diesem Hintergrund ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit trotz der kurzen Dauer des Verfahrens und trotz der nicht erforderlichen Wahrnehmung eines Gerichtstermines als durchschnittlich anzusehen.
Der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit ist als überdurchschnittlich zu beurteilen. Im Vordergrund stand die Frage, ob Vermögensgegenstände der Ast zu 1. und zu 2. bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen und wie sie ggf. wertmäßig in Ansatz zu bringen sind. Dabei lag die Schwierigkeit in der Komplexität des Falles und der Vielzahl der rechtlichen Ansatzpunkte hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit von Vermögensgegenständen. Es war zu beurteilen, ob der Rückkaufwert einer Lebensversicherung dem Vermögen des Ast zu 2. zuzuordnen ist oder als sog Firmendirektversicherung im Vermögen des früheren Arbeitgebers verblieben ist. Hinsichtlich eines privaten Rentenversicherungsvertrages der Ast zu 1. war zu prüfen, ob ein Verwertungsausschluss während des anhängigen Verfahrens wirksam vereinbart werden konnte mit der Folge, dass der Rückkaufwert bei der Ermittlung des Vermögens nicht zu berücksichtigen ist. Bezüglich der Eigentumswohnung war in rechtlicher Hinsicht entscheidungserheblich, ob eine Wohnung dieser Größenordnung unter die Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II fällt, was unter Heranziehung der insoweit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Einzelnen zu prüfen war. Darüber hinaus war zu beurteilen, ob bei Annahme der Verwertbarkeit der Wohnung eine darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Betracht kam, weil eine sofortige Verwertung nach § 9 Abs 4 SGB II nicht möglich war. Schließlich waren Einzelheiten der Berechnung des Einommens aus selbständiger Tätigkeit und der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten bei Eigentumswohnungen zu durchdringen. Insoweit war eine vertiefende Auseinandersetzung mit zahlreichen Rechtsproblemen erforderlich, die ausweislich der ausführlichen Schriftsätze tatsächlich auch stattgefunden hat.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ast sind wegen des Bezuges existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II als unterdurchschnittlich zu bewerten. Das ebenfalls zu berücksichtigende Haftungsrisiko der Rechtsanwältin ist ebenfalls als unterdurchschnittlich zu qualifizieren, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich eine voräufige Regelung für einen begrenzten Zeitraum streitbefangen ist (vgl. LSG NRW v om 09.08.2007, Az: L 20 B 51/07 AS).
Unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Ast, dem durchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, dem überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad, den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ast und dem unterdurchschnittlichen Haftungsrisiko ist eine Erhöhung der Mittelgebühr auf 250,00 Euro angemessen. Da die Erinnerungsführerin in derselben Angelegenheit für zwei Personen tätig war, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr 1008 VV RVG um 30 vH auf den Betrag von 325,00 Euro. Die von der Erinnerungsführerin in Ansatz gebrachte Gebühr von 422,50 Euro ist dagegen unbillig und nicht verbindlich, da sie um mehr als 20 vH von der angemessenen Gebühr abweicht.
Somit ergibt sich folgende aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV 325,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 65,55 Euro Gesamtbetrag 410,55 Euro abzüglich Zahlungen Rechtsschutzversicherung 99,34 Euro 311,21 Euro Erstattungsbetrag Staatskasse (½) 155,61 Euro
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs 2 S 3 RVG.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr und hierbei insbesondere die Berücksichtigung der Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Streitgegenstand in dem zugrunde liegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren war die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Antragsteller zu 1. und zu 2. (im Folgenden: Ast). Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ag) hatte mit Bescheid vom 30.05.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Ast zu 1. und zu 2. abgelehnt. In dem anschließenden Widerspruchsverfahren wurden die Ast von der Erinnerungsführerin vertreten. Mit Bescheid der Ag vom 26.06.2007 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, eine Hilfebedürftigkeit der Ast liege nicht vor, weil verwertbare Vermögensgegenstände zu berücksichtigen seien. Die Ast zu 1. verfüge über eine verwertbare private Rentenversicherung, deren Rückkaufwert 18.532,10 Euro betrage, so dass unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 17.100,00 Euro ein Vermögenswert verbliebe, der Hilfebedürftigkeit ausschließe. Der Ast zu 2. sei Eigentümer einer unangemessenen Eigentumswohnung mit einer Größe von 111 qm, deren Verwertung ggf. zu verlangen sei. Darüber hinaus verfüge er über ein Leasingfahrzeug und über eine Lebensversicherung, deren Rückkaufwert 19.271,99 Euro betrage. Gegen den Bescheid wurde am 05.07.2007 Klage erhoben.
Mit einem am 03.07.2007 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung machten die Ast zu 1.und 2. die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung geltend. Mit Beschluss vom 18.10.2007 wurde die Ag verpflichtet, den Ast zu 1. und zu 2. ab dem 03.07.2007 bis zum Abschluss des Klageverfahrens, längstens bis zum 31.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.090,00 Euro monatlich als Darlehen vorläufig zu gewähren. Im Übrigen wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Ag wurde die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Ast zu 1.und 2. auferlegt. Gleichzeitig wurde den Ast ab Antragstellung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Erinnerungsführerin bewilligt.
Am 21.11.2007 beantragte die Erinnerungsführerin folgende aus der Staatskasse zu zahlende Gebühren und Auslagen festzusetzen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV 422,50 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 84,08 Euro Gesamtbetrag 526,58 Euro abzüglich Zahlungen Rechtsschutzversicherung 99,34 Euro 427,24 Euro Erstattungsbetrag Staatskasse (½) 213,62 Euro
Mit Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 30.11.2007 wurden die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 155,61 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr nach Nr 3102 VV in Höhe von 250,00 Euro und unter Berücksichtigung der nach Nr 1008 VV vorzunehmenden Erhöhung eine Gebühr in Höhe von 325,00 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ansatz der Mittelgebühr sei angemessen, da die Bedeutung der Angelegenheit für die Ast als überdurchschnittlich, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten seien und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ast im unterdurchschnittlichen Bereich lägen. Zum Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wurde dargelegt, dass dieser im einstweiligen Anordnungsverfahren als unterdurchschnittlich zu bewerten sei, da diese Verfahren in der Regel von der Dauer unterdurchschnittlich seien und keine Beweisaufnahme stattfinden würde.
Gegen diesen Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte der Ast am 04.12.2007 Erinnerung eingelegt und beantragt, die Gebühren und Auslagen antragsgemäß festzusetzen. Eine Kürzung der um 30 vH erhöhten Mittelgebühr sei ihrer Auffassung nach nicht gerechtfertigt, da Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht als unterdurchschnittlich zu beurteilen seien.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 56 Abs 1 S 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ( RVG) statthafte Erinnerung ist nicht begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährend Vergütung im Ergebnis in zutreffender Höhe nach § 55 Abs 1 RVG festgesetzt.
Nach § 3 Abs 1 S 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie vorliegend – das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dabei ist auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Die von der Erinnerungsführerin getroffene Bestimmung hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr entspricht nicht billigem Ermessen und ist daher nicht verbindlich, da eine Verfahrensgebühr in Höhe von 325,00 Euro angemessen ist und die getroffene Bestimmung (422,50 Euro) um mehr als 20 vH von der angemessenen Gebühr abweicht. Das Gericht teilt die in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung vorherrschende Auffassung, dass Unbilligkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn die durch den Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die nach Ansicht des Gerichts angemessene Gebühr um mehr als 20 vH übersteigt (vgl. LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS mwN).
Der Betragsrahmen für die Verfahrensgebühr ergibt sich vorliegend aus Nr. 3103 VV RVG. Danach beträgt die Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG, dh die Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, 20,00 Euro bis 320,00 Euro, wenn eine Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verfahren vorausgegangen ist. Die Erinnerungsführerin war vor Einreichung der Antragsschrift bei Gericht (03.07.2007) bereits im Widerspruchsverfahren tätig, das durch Erhebung des Widerspruches am 11.06.2007 anhängig gemacht worden war. Damit ging dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine Tätigkeit in einem der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren voraus.
Nach Auffassung des Gerichts lässt weder der Wortlaut des Gebührentatbestandes noch dessen Sinn und Zweck eine einschränkende Auslegung in dem Sinne zu, dass Nr 3103 VV RVG grundsätzlich nicht auf einstweilige Rechtsschutzverfahren anwendbar sei (anders: SG Oldenburg, Beschluss vom 15.12.2005, Az: S 10 SF 52/05; SG Frankfurt, Beschluss vom 31.07.2006, Az: S 20 SF 8/06 AY). In dem Gebührentatbestand wird ohne Einschränkung auf die Gebühr nach Nr 3102 VV Bezug genommen, die für Verfahren vor den Sozialgerichten gilt, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. Zu den von Nr 3102 VV RVG erfassten Verfahren vor den Sozialgerichten gehören auch einstweilige Rechtsschutzverfahren. Die Frage, ob es sich in gebührenrechtlicher Hinsicht um ein eigenständiges Verfahren handelt mit der Folge, dass insoweit losgelöst vom Hauptsacheverfahren eine gesonderte Verfahrensgebühr anfällt, ist in § 17 Nr 4 iVm § 15 RVG geregelt. Danach sind die Verfahren in der Hauptsache und das einstweilige Rechtsschutzverfahren verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 15 Abs 1 RVG, so dass Gebühren für jede dieser Angelegenheiten entstehen. Somit ergibt sich aus der uneingeschränkten Bezugnahme auf Nr 3102 VV RVG, dass der Gebührentatbestand der Nr 3103 VV RVG grundsätzlich auch für einstweilige Rechtsschutzverfahren gilt (ebenso: Schleswig-Holsteinisches LSG vom 28.02.2007, Az: L 1 B 467/06 SK).
Der Gebührentatbestand der Nr 3103 VV RVG ist bei einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch insoweit erfüllt, dass bei einem vorherigen Widerspruchsverfahren, in der eine Rechtsanwältin als Bevollmächtigte aufgetreten ist, eine Tätigkeit in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Soweit die Anwendbarkeit der Nr. 3103 VV RVG teilweise deshalb verneint wird, weil das vorangegangene Tätigwerden nicht genau auf denselben Gegenstand gerichtet sei, da Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur eine vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses bzw. die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches sei, ergibt sich diese Voraussetzung nach Auffassung des Gerichts weder aus dem Wortlaut des Gebührentatbestandes noch aus seinem Sinn und Zweck. Nr. 3103 VV RVG verlangt eine Tätigkeit in einem vorausgegangenen, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren und nicht
eine Identität der Tätigkeiten bzw. der Streitgegenstände. Diese Identität liegt häufig auch nicht im Verhältnis von Widerspruchsverfahren und gerichtlichem Hauptsacheverfahren vor, nämlich dann, wenn einem Widerspruch teilweise abgeholfen worden ist oder im gerichtlichen Verfahren aus anderen Gründen nur noch einzelne rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden. Durch die Reduzierung des Gebührenrahmens soll berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren die anschließende Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren durchaus erleichtert, weil man sich bereits mit der Streitsache befaßt hat (BT-Drucksache 15/1971, Seite 212). Dieser Gesichtspunkt kommt uneingeschränkt auch im Verhältnis von Widerspruchsverfahren und einstweiligem Rechtsschutzverfahren zum Tragen, und zwar unabhängig davon, dass das einstweilige Rechtsschutzverfahren nur auf eine vorläufige Regelung bzw. auf die Anordnung oder Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches gerichtet ist. Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren wird regelmäßig dadurch erleichtert, dass sie in derselben Sache bereits im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren tätig geworden ist (ebenso Bayrisches LSG vom 18.01.2007, Az: L 15 B 224/06 AS KO). Somit ergibt sich aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des in Nr 3103 VV RVG geregelten Gebührentatbestandes, dass der dort vorgesehene Gebührenrahmen Anwendung findet, wenn auf ein Widerspruchsverfahren ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren folgt (ebenso: LSG NRW vom 03.12.2007, Az: L 20 B 66/07 AY mwN; LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS; Bayrisches LSG vom 18.01.2007, Az: L 15 B 224/06 AS KO; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 28.02.2007, Az. L 1 B 467/06 SK).
Bei der Bestimmung der Gebühr nach § 14 RVG ist grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen, dh die Mittelgebühr ist gerechtfertigt, wenn es sich um eine Angelegenheit mit üblicher Bedeutung für den Ast, durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie um normale wirtschaftliche Verhältnisse der Ast handelt (vgl. Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG § 14 Rn 10 mwN). Unter Zugrundelegung des in Nr 3103 VV RVG geregelten Betragsrahmens für die Verfahrensgebühr mit vorausgegangem Widerspruchsverfahren (20,00 bis 320,00 Euro) ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe von 170,00 Euro.
Eine generelle Kürzung der Mittelgebühr unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt, ist nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt. Insoweit wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, eine Kürzung der Mittelgebühr auf 2/3 sei in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gerechtfertigt, da diese grundsätzlich von vornherein lediglich auf eine vorläufige Regelung und auf eine Regelung lediglich für einen begrenzten Zeitraum gerichtet seien (LSG NRW vom 29.01.2008, Az: L 1 B 35/07 AS). Eine solche Pauschalierung ist sinnvoll in gerichtskostenpflichtigen Verfahren, in denen die Gebühren nach Streitwerten festgesetzt werden und den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur durch Abschläge von den für die Hauptsacheverfahren vorgesehenen Streitwerten Rechnung getragen werden kann (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit Ziff 1.3 einstweiliger Rechtsschutz, abgedruckt in SGb 2008, Seite 121 f). Bei Rahmengebühren ermöglichen dagegen die in § 14 Abs 1 RVG vorgesehenen Kriterien, jeweils alle Einzelfallumstände zu berücksichtigten und in diesem Rahmen den zahlreichen Besonderheiten gerecht zu werden, die sich bei einstweiligen Rechtsschutzverfahren insbesondere hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ergeben. Daher rechtfertigt allein der Umstand, dass ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren betrieben worden ist, keine pauschale Kürzung der Gebühren (ebenso LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS).
Unter Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien erscheint eine Erhöhung der Mittelgebühr auf den im Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde gelegten Betrag von 250,00 Euro als angemessen.
Dabei ist zu berücksichtigten, dass die Bedeutung der Angelegenheit für die Ast als überdurchschnittlich zu beurteilen ist. Den Ast waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit ab Antragstellung in vollem Umfang versagt worden, obwohl einem monatlichen Bedarf in Höhe von 1.556,16 Euro lediglich ein berücksichtigungsfähiges monatliches Einkommen in Höhe von 466,15 Euro gegenüber stand. Bei einer solchen Fallgestaltung ist eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit auch unter Berücksichtigung des Umstandes gegeben, dass in einem einstweiligen Anordnungsverfahren nur eine vorläufige Regelung für einen begrenzten Zeitraum angestrebt wird.
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als durchschnittlich zu beurteilen. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass ein Gerichtstermin nicht wahrgenommen werden musste und die Dauer des Verfahrens – seinem Zweck entsprechend – gemessen an sonstigen sozialgerichtlichen Verfahren unterdurchschnittlich war. Entgegen den Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss bedeutet dies jedoch nicht, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einstweiligen Anordnungsverfahren grundsätzlich als unterdurchschnittlich zu bewerten ist. Bei dieser Betrachtungsweise wird der Umstand außer Acht gelassen, dass sich für einen Prozessbevollmächtigten ein erhöhter Arbeitsaufwand aus der Notwendigkeit ergibt, innerhalb eines kurzen Zeitraumes zum Anordnungsgrund und zum Anordnungsanspruch umfassend vorzutragen, die zur Glaubhaftmachung erforderlichen Unterlagen bzw. eidesstattlichen Versicherungen zu beschaffen und vorzulegen sowie die insoweit notwendigen, ggf. mehreren Mandantengespräche unter erheblichem Zeitdruck durchführen zu müssen. Dementsprechend hat die Erinnerungsführerin trotz der kurzen Verfahrensdauer insgesamt drei längere Schriftsätze eingereicht, den Sachverhalt und den bisherigen Verfahrenshergang umfassend dargelegt, Ausführungen sowohl zum Anordnungsanspruch als auch zum Anordnungsgrund gemacht und notwendige Unterlagen wie aktuelle Kontoauszüge, aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen, eidesstattliche Versicherungen der Ast sowie den Nachweis eines Verwertungsausschlusses bezüglich der privaten Rentenversicherung der Ast zu 1. vorgelegt. Vor diesem Hintergrund ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit trotz der kurzen Dauer des Verfahrens und trotz der nicht erforderlichen Wahrnehmung eines Gerichtstermines als durchschnittlich anzusehen.
Der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit ist als überdurchschnittlich zu beurteilen. Im Vordergrund stand die Frage, ob Vermögensgegenstände der Ast zu 1. und zu 2. bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen und wie sie ggf. wertmäßig in Ansatz zu bringen sind. Dabei lag die Schwierigkeit in der Komplexität des Falles und der Vielzahl der rechtlichen Ansatzpunkte hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit von Vermögensgegenständen. Es war zu beurteilen, ob der Rückkaufwert einer Lebensversicherung dem Vermögen des Ast zu 2. zuzuordnen ist oder als sog Firmendirektversicherung im Vermögen des früheren Arbeitgebers verblieben ist. Hinsichtlich eines privaten Rentenversicherungsvertrages der Ast zu 1. war zu prüfen, ob ein Verwertungsausschluss während des anhängigen Verfahrens wirksam vereinbart werden konnte mit der Folge, dass der Rückkaufwert bei der Ermittlung des Vermögens nicht zu berücksichtigen ist. Bezüglich der Eigentumswohnung war in rechtlicher Hinsicht entscheidungserheblich, ob eine Wohnung dieser Größenordnung unter die Vermögensschutzregelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II fällt, was unter Heranziehung der insoweit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Einzelnen zu prüfen war. Darüber hinaus war zu beurteilen, ob bei Annahme der Verwertbarkeit der Wohnung eine darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Betracht kam, weil eine sofortige Verwertung nach § 9 Abs 4 SGB II nicht möglich war. Schließlich waren Einzelheiten der Berechnung des Einommens aus selbständiger Tätigkeit und der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten bei Eigentumswohnungen zu durchdringen. Insoweit war eine vertiefende Auseinandersetzung mit zahlreichen Rechtsproblemen erforderlich, die ausweislich der ausführlichen Schriftsätze tatsächlich auch stattgefunden hat.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ast sind wegen des Bezuges existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II als unterdurchschnittlich zu bewerten. Das ebenfalls zu berücksichtigende Haftungsrisiko der Rechtsanwältin ist ebenfalls als unterdurchschnittlich zu qualifizieren, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich eine voräufige Regelung für einen begrenzten Zeitraum streitbefangen ist (vgl. LSG NRW v om 09.08.2007, Az: L 20 B 51/07 AS).
Unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Ast, dem durchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, dem überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad, den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ast und dem unterdurchschnittlichen Haftungsrisiko ist eine Erhöhung der Mittelgebühr auf 250,00 Euro angemessen. Da die Erinnerungsführerin in derselben Angelegenheit für zwei Personen tätig war, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr 1008 VV RVG um 30 vH auf den Betrag von 325,00 Euro. Die von der Erinnerungsführerin in Ansatz gebrachte Gebühr von 422,50 Euro ist dagegen unbillig und nicht verbindlich, da sie um mehr als 20 vH von der angemessenen Gebühr abweicht.
Somit ergibt sich folgende aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV 325,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 65,55 Euro Gesamtbetrag 410,55 Euro abzüglich Zahlungen Rechtsschutzversicherung 99,34 Euro 311,21 Euro Erstattungsbetrag Staatskasse (½) 155,61 Euro
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs 2 S 3 RVG.
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