Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 AS 74/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 3.Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Entgelt in Höhe von 124,00 EUR im Rahmen der Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahr durch die Klägerin zu 3).
Die Kläger sind die Eheleute und ihre am 00.00.1989 geborene Tochter. Die Kläger stehen seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug bei der Beklagten.
Mit Schreiben vom 07.08.2006 übersandte die Klägerin zu 1) der Beklagten die zwischen ihrer Tochter und dem Internationalen Bund abgeschlossene Vereinbarung über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres im Zeitraum 01.09.2006 bis ein 30.08.2007. Ausweislich § 5 der Vereinbarung sollte der Klägerin ein monatliches Taschengeld in Höhe von 153 EUR gewährt werden. Außerdem stand der Klägerin Wohngeldzuschuss und Verpflegungszuschuss je nach Einsatzstelle in Höhe von jeweils 51 EUR zu (insgesamt 255,- EUR). Mit Schreiben vom 24.11.2006 forderte die Beklagte die Klägerin auf, einen Verdienstnachweis über die tatsächliche Höhe des Taschengelds vorzulegen. Den Verdienstnachweis legte die Klägerin am 11.12.2006 vor, aus dem ein monatlicher Verdienst in Höhe von 255 EUR hervorgeht.
Mit Bescheid vom 20.12.2006 bewilligte die Beklagte der Mutter und der Tochter Leistungen in Höhe von 1.065,80 EUR für den Zeitraum 01.01.2007 bis 30.06.2007, hierbei berücksichtigte die Beklagte sonstiges Erwerbseinkommen in Höhe von 153 EUR.
Hiergegen legten die Kläger mit Datum vom 15.01.2007 Widerspruch ein, die Kläger richteten sich im wesentlichen gegen die Anrechnung des Einkommens aus dem freiwilligen sozialen Jahr. Dieses Einkommen sei so genanntes zweckbestimmtes privatrechtliches Einkommen, welches von der Anrechnung ausgenommen sei. Es handele sich um Einkommen aus der Tätigkeit im sozialen Bereich. Durch das freiwillige soziale Jahr habe die Tochter nach 12 ergebnislosen Bewerbungsschreiben die Aussicht auf eine feste Stelle ab dem 01.09.2007 verbessern wollen.
Mit Änderungsbescheid vom 15.01.2007 setzte die Beklagte die Leistung dann für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.01.2007 auf einen Betrag in Höhe von 1.094,80 EUR und für die Zeit vom 01.02.2007 bis 30.06.2007 auf einen Betrag in Höhe von 1.064,80 EUR neu fest. Hierbei berücksichtigte die Beklagte nunmehr monatliches sonstiges Einkommen nur noch in Höhe von 124 EUR, hierbei berücksichtigte die Beklagte ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 EUR - 11 Abs. 2 S. 1 SGB II. Außerdem zog die Beklagte einen weiteren Freibetrag in Höhe von 31 EUR gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6, § 30 S. 1 Nr. 1 SGB II ab.
Auch gegen den Änderungsbescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 19.01.2007 mit der gleicher Begründung Widerspruch.
Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2007 als unbegründet zurück. Alle Einnahmen seien zu berücksichtigen. Die Nichtanrechnung von Einkommen wegen zweckbestimmte Einnahmen setze voraus, dass diese Leistungen eine andere Zweckrichtung verfolgten als die Leistung nach dem SGB II. Das Taschengeld sowie der Wohngeldzuschuss und der Verpflegungszuschuss dienten aber genauso wie die Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Die Ausnahmevorschrift käme daher nicht zur Anwendung.
Mit ihrer Klage vom 03.05.2007, beim Sozialgericht Düsseldorf am selben Tag eingegangen, verfolgen die Kläger weiterhin ihr Begehren auf Bewilligung von Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens aus dem freiwilligen sozialen Jahr.
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stünden anrechnungsfrei Leistungen in voller gesetzlicher Höhe zu. Die Anrechnung des Entgelts im Rahmen des Freiwilligen sozialen Jahres als Einkommen sei unzulässig. Die Klägerin zu 3) habe bei der damaligen Sachbearbeiterin – Frau O - wegen der Einrichtung möglicher Einkünfte aus dem sozialen Jahr nachgefragt. Hier habe man ihr mitgeteilt, Einkünfte aus dem sozialen Jahr würden auf die Leistung nicht angerechnet, dies sei als Zusicherung zu werten. Außerdem sei der Träger des Freiwilligen sozialen Jahres, der Internationale Bund, dieser sei vergleichbar mit einem Verband der freien Wohlfahrtspflege. Ausweislich der Kommentierung in Münder, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 11, Anm. 54 und 56 fielen unter die freie Wohlfahrtspflege auch solche Vereine, die nicht der öffentlichen Wohlfahrtspflege angehörten.
Die Kläger beantragen,
Der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2007 wird dahingehend abgeändert, dass auch weitere Leistungen in Höhe von 124 EUR bewilligt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Einkünfte aus dem freiwilligen sozialen Jahr stellten kein privilegiertes Einkommen dar. Zweckbestimmte privatrechtliche Einkünfte seien nur solche, die ausdrücklich und erkennbar für andere Zwecke als denen des SGB II - also Lebensunterhalt - dienten. Unabhängig von der Qualifizierung des Vertragspartners der Klägerin zu 3) - dem internationalen Bund - handele es sich nicht um Zuwendung im Sinne von § 11 Abs. 3 lit. b SGB II; Zuwendungen seien freiwillige Leistungen, nicht aber solche die auf einer rechtlichen Pflicht beruhten.
Die die Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Kd.-Nr. 391A098876) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als kombinierte Leistung - und Anfechtungsklage im Sinne von § 54 IV SGG statthaft.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtsmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Kläger haben keinen Anspruch auf anrechnungsfreie Bewilligung von Leistungen. Das Einkommen aus der Tätigkeit beim Internationalen Bund im Rahmen der Ableistung des Freiwilligen sozialen Jahres durch die Klägerin zu 3) stellt kein privilegiertes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II dar. Die Klage ist daher abzuweisen.
1.Das Einkommen der Klägerin zu 3) ist keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II. Ausweislich § 5 der Vereinbarung über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres zwischen der Klägerin zu 3) und dem Internationalen Bund sollte die Klägerin Leistungen in Form eines monatlichen Taschengeldes in Höhe von 153 EUR, Unterkunftskosten in Form eines Wohngeldzuschusses in Höhe von 51 EUR sowie Verpflegungskosten im Rahmen eines Verpflegungszuschusses ebenfalls in Höhe von 51 EUR erhalten. Taschengeld und Verpflegungszuschuß sind die typischen Anwendungsfälle der Regelleistung im Sinne von § 20 SGB II. Wohngeld ist die typische Leistung gemäß § 22 SGB II. Das Einkommen ist folglich § 11 Abs. 3 Nr. 1 b) SGB II nicht privilegiert.
2.Das Einkommen der Klägerin zu 3) ist auch nicht im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 b) SGB II privilegiert, es ist nicht als Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege zu qualifizieren. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 b) SGB II setzt dies voraus, dass die Zuwendung einem anderen Zweck als die Leistung nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, das daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ und nicht alternativ vorliegen. Schon aus diesem Grunde scheitert dieser Privilegierungstatbestand.
a. Die Leistungen an die Klägerin zu 3) dienen der Abdeckung des Lebensunterhalts und der Unterkunftskosten und sind damit gerade als Leistungen, die im Rahmen des SGB II bewilligt werden (vergleiche oben unter 1.), einzustufen.
b. Auch zweite kumulative Voraussetzung liegt nicht vor. Die Lage der Klägerin durch die Leistung des Internationalen Bundes wird nämlich entsprechend günstig beeinflusst, so dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Entgegen der Rechtsansicht der Kläger kommt es dabei nicht darauf an, ob der Internationale Bund einem Träger der freien Wohlfahrtspflege gleichzustellen ist. Entscheidendes Kriterium bei den Privilegierungstatbeständen des § 11 Abs. 3 SGB II ist, ob bei einem Vergleich mit anderen Hilfebedürftigen unter Beachtung der fiskalischen öffentlichen Interessen ungekürzte Leistungen nach dem SGB II als gerechtfertigt erscheinen. Nach Sinn und Zweck der Regelungen ist hier eine Abwägung zu treffen ist (Münder-Brühl, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 11, Rn. 55 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Privilegierung bei der Zuwendung durch einen Träger der freien Wohlfahrtspflege liegt darin begründet, dass es sich hierbei regelmäßig um freiwillige Leistungen handelt, nicht aber um solche, die auf einer rechtlichen Pflicht beruhen (Münder-Brühl, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 11, Rn. 56 mit weiteren Rechtsprechungsnnachweisen).
Die Klägerin zu 3) hatte hier ausweislich § 5 der Vereinbarung über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres einen einklagbaren und durchsetzbaren Anspruch auf Auszahlung des vereinbarten monatlichen Taschengeldes in Höhe von 153 EUR sowie den Wohngeldzuschuss und den Verpflegungszuschuss in Höhe von jeweils 51 EUR. Namentlich hierin liegt auch die Besserstellung der Klägerin gegenüber allen anderen Hilfebedürftigen und auch solchen Hilfebedürftigen, die im Rahmen einer Tätigkeit für Träger der freien Wohlfahrtspflege ohne Rechtsanspruch Aufwandsentschädigung erhalten. Während ein normaler Hilfeempfänger keine zusätzlichen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes hat und ein Hilfeempfänger, der für ein Träger der freien Wohlfahrtspflege tätig ist ,jedenfalls kein einklagbaren durchsetzbaren Anspruch gegen diesen hat, stellt der Rechtsanspruch der Klägerin zu 3) gerade die Besserstellung gegenüber anderen Hilfebedürftigen dar, so dass dem oben aufgeworfenen Grundsatz zu ratio legis der Privilegierungstatbestände folgend die Klägerin zu 3) gegenüber anderen Hilfeempfängern und Hilfeempfängern, die für einen Träger der freien Wohlfahrtspflege ohne Rechtsanspruch auf Entgelt tätig sind, besser gestellt ist. Dieses Abwägungskriterium rechtfertigt die Anrechnung des Einkommens auf die Leistungen zur Grundsicherung nach § 11 Abs. 1 SGB II.
3.Die Kläger können auch keinen Anspruch aus einer - wie auch immer gearteten - Erklärung der Mitarbeiterin der Beklagten herleiten. Eine solche Erklärung erfüllt die an die Zusicherung zu stellenden notwendige Voraussetzung der Schriftlichkeit im Sinne von § 34 Abs. 1 SGB X nicht.
4.Auf die Entscheidungsgründe im Widerspruchsbescheid wird ergänzend Bezug genommen - § 136 III SGG.
III. Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil die Voraussetzungen der § 144 II Nr. 1 SGG vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Entgelt in Höhe von 124,00 EUR im Rahmen der Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahr durch die Klägerin zu 3).
Die Kläger sind die Eheleute und ihre am 00.00.1989 geborene Tochter. Die Kläger stehen seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug bei der Beklagten.
Mit Schreiben vom 07.08.2006 übersandte die Klägerin zu 1) der Beklagten die zwischen ihrer Tochter und dem Internationalen Bund abgeschlossene Vereinbarung über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres im Zeitraum 01.09.2006 bis ein 30.08.2007. Ausweislich § 5 der Vereinbarung sollte der Klägerin ein monatliches Taschengeld in Höhe von 153 EUR gewährt werden. Außerdem stand der Klägerin Wohngeldzuschuss und Verpflegungszuschuss je nach Einsatzstelle in Höhe von jeweils 51 EUR zu (insgesamt 255,- EUR). Mit Schreiben vom 24.11.2006 forderte die Beklagte die Klägerin auf, einen Verdienstnachweis über die tatsächliche Höhe des Taschengelds vorzulegen. Den Verdienstnachweis legte die Klägerin am 11.12.2006 vor, aus dem ein monatlicher Verdienst in Höhe von 255 EUR hervorgeht.
Mit Bescheid vom 20.12.2006 bewilligte die Beklagte der Mutter und der Tochter Leistungen in Höhe von 1.065,80 EUR für den Zeitraum 01.01.2007 bis 30.06.2007, hierbei berücksichtigte die Beklagte sonstiges Erwerbseinkommen in Höhe von 153 EUR.
Hiergegen legten die Kläger mit Datum vom 15.01.2007 Widerspruch ein, die Kläger richteten sich im wesentlichen gegen die Anrechnung des Einkommens aus dem freiwilligen sozialen Jahr. Dieses Einkommen sei so genanntes zweckbestimmtes privatrechtliches Einkommen, welches von der Anrechnung ausgenommen sei. Es handele sich um Einkommen aus der Tätigkeit im sozialen Bereich. Durch das freiwillige soziale Jahr habe die Tochter nach 12 ergebnislosen Bewerbungsschreiben die Aussicht auf eine feste Stelle ab dem 01.09.2007 verbessern wollen.
Mit Änderungsbescheid vom 15.01.2007 setzte die Beklagte die Leistung dann für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.01.2007 auf einen Betrag in Höhe von 1.094,80 EUR und für die Zeit vom 01.02.2007 bis 30.06.2007 auf einen Betrag in Höhe von 1.064,80 EUR neu fest. Hierbei berücksichtigte die Beklagte nunmehr monatliches sonstiges Einkommen nur noch in Höhe von 124 EUR, hierbei berücksichtigte die Beklagte ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 EUR - 11 Abs. 2 S. 1 SGB II. Außerdem zog die Beklagte einen weiteren Freibetrag in Höhe von 31 EUR gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6, § 30 S. 1 Nr. 1 SGB II ab.
Auch gegen den Änderungsbescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 19.01.2007 mit der gleicher Begründung Widerspruch.
Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2007 als unbegründet zurück. Alle Einnahmen seien zu berücksichtigen. Die Nichtanrechnung von Einkommen wegen zweckbestimmte Einnahmen setze voraus, dass diese Leistungen eine andere Zweckrichtung verfolgten als die Leistung nach dem SGB II. Das Taschengeld sowie der Wohngeldzuschuss und der Verpflegungszuschuss dienten aber genauso wie die Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Die Ausnahmevorschrift käme daher nicht zur Anwendung.
Mit ihrer Klage vom 03.05.2007, beim Sozialgericht Düsseldorf am selben Tag eingegangen, verfolgen die Kläger weiterhin ihr Begehren auf Bewilligung von Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens aus dem freiwilligen sozialen Jahr.
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stünden anrechnungsfrei Leistungen in voller gesetzlicher Höhe zu. Die Anrechnung des Entgelts im Rahmen des Freiwilligen sozialen Jahres als Einkommen sei unzulässig. Die Klägerin zu 3) habe bei der damaligen Sachbearbeiterin – Frau O - wegen der Einrichtung möglicher Einkünfte aus dem sozialen Jahr nachgefragt. Hier habe man ihr mitgeteilt, Einkünfte aus dem sozialen Jahr würden auf die Leistung nicht angerechnet, dies sei als Zusicherung zu werten. Außerdem sei der Träger des Freiwilligen sozialen Jahres, der Internationale Bund, dieser sei vergleichbar mit einem Verband der freien Wohlfahrtspflege. Ausweislich der Kommentierung in Münder, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 11, Anm. 54 und 56 fielen unter die freie Wohlfahrtspflege auch solche Vereine, die nicht der öffentlichen Wohlfahrtspflege angehörten.
Die Kläger beantragen,
Der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2007 wird dahingehend abgeändert, dass auch weitere Leistungen in Höhe von 124 EUR bewilligt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Einkünfte aus dem freiwilligen sozialen Jahr stellten kein privilegiertes Einkommen dar. Zweckbestimmte privatrechtliche Einkünfte seien nur solche, die ausdrücklich und erkennbar für andere Zwecke als denen des SGB II - also Lebensunterhalt - dienten. Unabhängig von der Qualifizierung des Vertragspartners der Klägerin zu 3) - dem internationalen Bund - handele es sich nicht um Zuwendung im Sinne von § 11 Abs. 3 lit. b SGB II; Zuwendungen seien freiwillige Leistungen, nicht aber solche die auf einer rechtlichen Pflicht beruhten.
Die die Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Kd.-Nr. 391A098876) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als kombinierte Leistung - und Anfechtungsklage im Sinne von § 54 IV SGG statthaft.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtsmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Kläger haben keinen Anspruch auf anrechnungsfreie Bewilligung von Leistungen. Das Einkommen aus der Tätigkeit beim Internationalen Bund im Rahmen der Ableistung des Freiwilligen sozialen Jahres durch die Klägerin zu 3) stellt kein privilegiertes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II dar. Die Klage ist daher abzuweisen.
1.Das Einkommen der Klägerin zu 3) ist keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II. Ausweislich § 5 der Vereinbarung über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres zwischen der Klägerin zu 3) und dem Internationalen Bund sollte die Klägerin Leistungen in Form eines monatlichen Taschengeldes in Höhe von 153 EUR, Unterkunftskosten in Form eines Wohngeldzuschusses in Höhe von 51 EUR sowie Verpflegungskosten im Rahmen eines Verpflegungszuschusses ebenfalls in Höhe von 51 EUR erhalten. Taschengeld und Verpflegungszuschuß sind die typischen Anwendungsfälle der Regelleistung im Sinne von § 20 SGB II. Wohngeld ist die typische Leistung gemäß § 22 SGB II. Das Einkommen ist folglich § 11 Abs. 3 Nr. 1 b) SGB II nicht privilegiert.
2.Das Einkommen der Klägerin zu 3) ist auch nicht im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 b) SGB II privilegiert, es ist nicht als Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege zu qualifizieren. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 b) SGB II setzt dies voraus, dass die Zuwendung einem anderen Zweck als die Leistung nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, das daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ und nicht alternativ vorliegen. Schon aus diesem Grunde scheitert dieser Privilegierungstatbestand.
a. Die Leistungen an die Klägerin zu 3) dienen der Abdeckung des Lebensunterhalts und der Unterkunftskosten und sind damit gerade als Leistungen, die im Rahmen des SGB II bewilligt werden (vergleiche oben unter 1.), einzustufen.
b. Auch zweite kumulative Voraussetzung liegt nicht vor. Die Lage der Klägerin durch die Leistung des Internationalen Bundes wird nämlich entsprechend günstig beeinflusst, so dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Entgegen der Rechtsansicht der Kläger kommt es dabei nicht darauf an, ob der Internationale Bund einem Träger der freien Wohlfahrtspflege gleichzustellen ist. Entscheidendes Kriterium bei den Privilegierungstatbeständen des § 11 Abs. 3 SGB II ist, ob bei einem Vergleich mit anderen Hilfebedürftigen unter Beachtung der fiskalischen öffentlichen Interessen ungekürzte Leistungen nach dem SGB II als gerechtfertigt erscheinen. Nach Sinn und Zweck der Regelungen ist hier eine Abwägung zu treffen ist (Münder-Brühl, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 11, Rn. 55 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Privilegierung bei der Zuwendung durch einen Träger der freien Wohlfahrtspflege liegt darin begründet, dass es sich hierbei regelmäßig um freiwillige Leistungen handelt, nicht aber um solche, die auf einer rechtlichen Pflicht beruhen (Münder-Brühl, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 11, Rn. 56 mit weiteren Rechtsprechungsnnachweisen).
Die Klägerin zu 3) hatte hier ausweislich § 5 der Vereinbarung über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres einen einklagbaren und durchsetzbaren Anspruch auf Auszahlung des vereinbarten monatlichen Taschengeldes in Höhe von 153 EUR sowie den Wohngeldzuschuss und den Verpflegungszuschuss in Höhe von jeweils 51 EUR. Namentlich hierin liegt auch die Besserstellung der Klägerin gegenüber allen anderen Hilfebedürftigen und auch solchen Hilfebedürftigen, die im Rahmen einer Tätigkeit für Träger der freien Wohlfahrtspflege ohne Rechtsanspruch Aufwandsentschädigung erhalten. Während ein normaler Hilfeempfänger keine zusätzlichen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes hat und ein Hilfeempfänger, der für ein Träger der freien Wohlfahrtspflege tätig ist ,jedenfalls kein einklagbaren durchsetzbaren Anspruch gegen diesen hat, stellt der Rechtsanspruch der Klägerin zu 3) gerade die Besserstellung gegenüber anderen Hilfebedürftigen dar, so dass dem oben aufgeworfenen Grundsatz zu ratio legis der Privilegierungstatbestände folgend die Klägerin zu 3) gegenüber anderen Hilfeempfängern und Hilfeempfängern, die für einen Träger der freien Wohlfahrtspflege ohne Rechtsanspruch auf Entgelt tätig sind, besser gestellt ist. Dieses Abwägungskriterium rechtfertigt die Anrechnung des Einkommens auf die Leistungen zur Grundsicherung nach § 11 Abs. 1 SGB II.
3.Die Kläger können auch keinen Anspruch aus einer - wie auch immer gearteten - Erklärung der Mitarbeiterin der Beklagten herleiten. Eine solche Erklärung erfüllt die an die Zusicherung zu stellenden notwendige Voraussetzung der Schriftlichkeit im Sinne von § 34 Abs. 1 SGB X nicht.
4.Auf die Entscheidungsgründe im Widerspruchsbescheid wird ergänzend Bezug genommen - § 136 III SGG.
III. Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil die Voraussetzungen der § 144 II Nr. 1 SGG vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
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