Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 1 P 57/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 12/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 27. März 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II über den 28. Februar 2006 hinaus.
Die Beklagte gewährte dem 1947 geborenen Kläger, der von seiner Ehefrau als Betreuerin gesetzlich vertreten wird, mit Bescheid vom 3. Juni 2003 zunächst Leistungen nach der Pflegestufe I in Form von Pflegegeld. Im Rahmen eines Antrags auf Höherstufung holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Pflegeversicherung (MDK) in Bayern vom 1. Dezember 2004 nach Hausbesuch am 26. November 2004 ein. Vor allem aufgrund des Verdachts auf eine Polyneuropathie sowie einen Zustand nach Humerusfraktur rechts (Juli 2004) sah dieser einen Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 123 Minuten (Körperpflege: 57 Minuten, Ernährung: 12 Minuten, Mobilität: 54 Minuten) und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten als gegeben an. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 gewährte die Beklagte ab 1. Oktober 2004 Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
Der MDK schätzte bei einer Folgebegutachtung vom 24. November 2005 nach Hausbesuch den Zeitbedarf für die Grundpflege auf nur mehr 70 Minuten (Körperpflege: 43 Minuten, Ernährung: 6 Minuten, Mobilität: 21 Minuten), für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 45 Minuten ein. Es sei zu einer Reduzierung des Hilfebedarfs gekommen, da sich der Kläger an die vorhandene Bewegungseinschränkung des rechten Armes gewöhnt habe und jetzt wieder in der Lage sei, selbstständig ohne personelle Hilfe zu gehen.
Nach Anhörung holte die Beklagte ein erneutes Gutachten des MDK vom 15. Februar 2006 nach Hausbesuch ein, wonach der Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege nur mehr auf 69 Minuten geschätzt wurde, für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten. Dem Kläger sei es wieder möglich alleine zu gehen und alle Toilettengänge ohne Fremdhilfe zu bewältigen. Dadurch habe sich der Hilfebedarf gegenüber dem Gutachten vom 26. November 2004 wesentlich verringert.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2006 hob die Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) die Leistungsbewilligung vom 6. Dezember 2004 mit Wirkung für die Zukunft auf und gewährte ab 1. März 2006 Leistungen nach der Pflegestufe I.
Zur Begründung des Widerspruchs legte der Kläger ein Pflegetagebuch für die Zeit vom 17. bis 22. Oktober 2005 vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2006 zurück.
Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Bayreuth begehrte der Kläger die Weitergewährung der Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II. Sein Gesundheitszustand habe sich sogar verschlechtert. Das Sozialgericht holte Befundberichte ein, zog die Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales, der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie des Amtsgerichts L. - Vormundschaftsgericht - bei und beauftragte den Arzt für öffentliches Gesundheitswesen Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Als pflegebegründende Diagnosen stellte dieser in seinem Gutachten vom 8. Oktober 2006 eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, ein Kunstgelenk rechte Schulter, eine Gangstörung bei alkoholtoxischer Neuropathie sowie Gleichgewichtsstörungen fest. Den Hilfebedarf für die Grundpflege schätzte er auf 67 Minuten (Körperpflege: 39 Minuten, Ernährung: 9 Minuten, Mobilität: 19 Minuten), für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten. In den Verhältnissen gegenüber der Untersuchung vom 26. November 2004 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, da sich die gesundheitliche Situation stabilisiert habe und damit auch der Hilfebedarf zurückgegangen sei. Zudem könnten Toilettengänge jetzt wieder ohne Fremdhilfe ausgeführt werden.
Zu den klägerischen Einwendungen nahm der Sachverständige am 22. November 2006 und 4. Januar 2007 ergänzend Stellung. Zusätzlich sei nur ein Zeitbedarf von zwei Minuten für das tägliche Eincremen nach dem Waschen anzusetzen, so dass der Zeitbedarf für die Grundpflege insgesamt 69 Minuten betrage. Der Kläger gelangte demgegenüber zu einem Zeitbedarf von insgesamt 143 Minuten.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2007 ab. Es folgte den Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen Dr. H., die im Ergebnis auch mit der Begutachtung durch den MDK übereinstimmten. Hieraus ergebe sich, dass in den Verhältnissen, die für die Einordnung in die Pflegestufe II maßgeblich gewesen seien, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten sei. Die gesundheitliche Situation habe sich stabilisiert und der Hilfebedarf reduziert.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass aufgrund eines Asthmas beim Essen Atemstörungen und Atemnot auftreten. Dadurch entstehe ein pflegeerschwerender Faktor, der 15 Minuten pro Mahlzeit in Anspruch nehme. Beim Wechseln der Vorlagen seien die Intimhygiene, das Entsorgen der Vorlagen und das Reinigen der Toilette nicht berücksichtigt worden, so dass weitere drei bis sechs Minuten anzusetzen seien. Ferner sei nicht berücksichtigt, dass es durch erhöhten Blutdruck zu einem unsicheren Gehen, zu Sehstörungen, Schwindel, Taumel, Gleichgewichtsstörungen und Gefühlsstörungen in Händen und Füßen komme, so dass er stets Hilfe bedürfe. Hilfe benötige er schließlich beim Aufsuchen eines Arztes, da er dafür auf den Rollstuhl und auf ständige Hilfe angewiesen sei. Im Übrigen hat er auf seine Auflistung verwiesen, wonach die Gesamtzeit für die Grundpflege 143 Minuten betrage.
Der Kläger hat sich vom 17. bis 23. Juli 2007 nach einem Schlaganfall mit Hemiparese links und Dysarthrie in stationärer Behandlung befunden. Der Senat hat den Entlassungsbericht und die Krankenblätter des H.-Klinikums L. sowie des Medical-Park Bad R. beigezogen.
Die Beklagte hat ein erneutes Gutachten des MDK vom 26. Oktober 2007 nach Hausbesuch übersandt. Danach besteht nun zusätzlich ein Zustand nach rechtshirnigem Infarkt mit Hemiparese links und Facialisparese links vom Juli 2007. Der Grundpflegebedarf habe sich auf 104 Minuten erhöht. Die Voraussetzungen für eine höhere Pflegestufe lägen trotz des erlittenen Schlaganfalls weiterhin nicht vor.
Der Kläger hat eine weitere zeitliche Auflistung der Pflegebedürftigkeit vorgelegt; auf die Grundpflege entfielen dabei 162 Minuten. Eine größere Mithilfe sei nicht zumutbar. Es sei gerechtfertigt, entsprechend der eigenen Aufstellung zur Pflegebedürftigkeit die oberen Grenzen der Richtzeiten für den tatsächlichen Pflegeaufwand gemäß den Richtlinien des MDK anzusetzen.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass bei einer Anfechtungsklage, bezogen auf einen Aufhebungsbescheid, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids maßgeblich ist.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 27. März 2007 sowie den Bescheid vom 16. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), insbesondere auch fristgerecht eingelegt (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 3 SGG).
Der Senat konnte in Abwesenheit der gesetzlichen Vertreterin des Klägers entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Der im Sinne des § 71 Abs. 1 SGG prozessunfähige Kläger wird wirksam durch die Betreuerin (§§ 1896, 1902 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) gesetzlich vertreten. Die Betreuerin wurde vom Amtsgericht L. bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst die Gesundheitsfürsorge, die Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung über die Unterbringung. Die Betreuerin vertritt den Betroffenen im Rahmen ihres Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich, § 1902 BGB, d.h., die Zuweisung des Sachgebietes umfasst damit auch die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers.
Die Verwendung des Pflegegeldes ist dem Aufgabenkreis "Vermögenssorge" zuzurechnen (z.B. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.04.2005, FamRZ 2006, 507 f), der vorliegend nicht als Aufgabenkreis der Betreuerin benannt ist. Grundsätzlich ist von diesem Aufgabenkreis auch die Geltendmachung von Sozialleistungen umfasst. In dem Rechtsstreit geht es um die Erlangung von Leistungen der Pflegeversicherung, die sich vor allem nach medizinischen Gesichtspunkten richtet. Mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge" ist vor allem die Vertretung für die anfallenden medizinischen Angelegenheiten verbunden. Hierzu zählen auch die Organisation der Gesundheitsfürsorge oder die finanzielle Sicherstellung der Heilbehandlung einschließlich dem notwendigen Kontakt mit dem Träger der Krankenversicherung (Schwab, in: Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Familienrecht II, 4. Aufl., § 1896 Rdnr. 68 m.w.N.). Die Pflegeversicherung hat die Aufgabe, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind, § 1 Abs. 4 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten, § 2 Abs. 1 S. 2 SGB XI. Aus diesem Ziel und Zweck der Pflegeversicherung wird ein unmittelbarer Bezug zur Gesundheitsfürsorge deutlich, so dass von dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge" auch die Vertretung in Angelegenheiten der Pflegeversicherung vor den Sozialgerichten umfasst ist.
Die Berufung ist unbegründet, da die Aufhebung der Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II ab 1. März 2006 nach § 48 SGB X nicht zu beanstanden ist.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Gegenüber den Verhältnissen, wie sie dem Bewilligungsbescheid vom 6. Dezember 2004 zugrunde lagen und die durch das Gutachten des MDK vom 1. Dezember 2004 bestimmt wurden, ist eine wesentliche Änderung eingetreten, so dass die Aufhebung dieses Bescheides durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtmäßig ist. Die Bewilligung der Pflegestufe II ist ab 1. März 2006 nicht mehr gerechtfertigt.
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss für die Bewilligung von Leistungen nach der Pflegestufe II nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen. Zutreffend führte dies das Sozialgericht bezogen auf die gesundheitliche Situation, wie sie vor dem Hirninfarkt des Klägers vom Juli 2007 bestand, unter Bezugnahme auf das Gutachten und die Stellungnahmen des Dr. H. sowie die Äußerungen des MDK aus. Dr. H. legte überzeugend dar, dass sich gegenüber den Verhältnissen, wie sie bei der Untersuchung vom 26. November 2004 gegeben waren, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die gesundheitliche Situation hatte sich in der Zwischenzeit stabilisiert, so dass der Hilfebedarf zurückgegangen ist. Zu berichtigen ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts nur insoweit, als die Beklagte die Leistungsgewährung nicht zum 1. März 2005, sondern zum 1. März 2006 entzog. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung der Berufung. Der Kläger hatte im Rahmen des Hausbesuchs angegeben, die Toilettengänge noch alleine verrichten zu können, zumal er ca. vier Stunden täglich während der Woche alleine in der Wohnung ist. Auch die Reinigung erfolgt selbst. Hieraus ergibt sich auch, dass eine ständige Hilfe nicht erforderlich ist. Selbst wenn der Senat im Rahmen des Wechseln kleiner Vorlagen noch bis zu sechs Minuten zusätzlich berücksichtigt, liegt der Gesamtgrundpflegebedarf deutlich unter der für die Pflegestufe II maßgebenden Grenze von 120 Minuten.
Unzutreffend ist, der Sachverständige habe nicht die durch den erhöhten Blutdruck bedingten Beeinträchtigungen berücksichtigt. Vielmehr stellte Dr. H. ausdrücklich auf die Gang- und Gleichgewichtsstörungen ab. Er sah sogar den überwiegenden Teil des Pflegebedarfs durch die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks und die Gleichgewichtsstörungen verursacht.
Bei der Aufnahme der Nahrung ist kein Hilfebedarf gegeben. Die Nahrungsaufnahme erfolgt nach Feststellung des Gutachters selbstständig. Soweit der Kläger auf ein bestehendes Asthma mit auftretenden Atemstörungen und Atemnot beim Essen verweist, bestätigte der Gutachter zwar die Diagnose einer chronischen Bronchitis und eines Bronchialasthmas, es ergibt sich daraus jedoch kein zusätzlicher pflegerelevanter Hilfebedarf. Der Senat kann unterstellen, dass der Kläger aufgrund drohender Asthmaanfälle während der Essensaufnahme zu beobachten ist. Hierbei handelt es sich jedoch um Zeiten der allgemeinen Aufsicht, die nicht bei der Ermittlung des Grundpflegebedarfs berücksichtigungsfähig sind. Das Bundesssozialgericht (hier zitierte aus: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B) hat bereits mehrfach entschieden, dass eine allgemeine Aufsicht, die darin besteht zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens von dem Pflegebedürftigen ordnungsgemäß ausgeführt werden, und dazu führt, dass dieser gelegentlich - auch wiederholt - zu bestimmten Handlungen aufgefordert werden muss, nicht ausreicht, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht verbunden ist. Ein Beaufsichtigungsbedarf ist nur zu berücksichtigen, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit, sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen - wie bei der Übernahme von Verrichtungen - auch zeitlich und örtlich in der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Dementsprechend wurde eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme als berücksichtigungsfähige Hilfe eingestuft, wenn sie von einer solchen Intensität ist, dass die Pflegeperson - wie beim Füttern - praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen "nebenbei" erfolgende - bloße "Im-Auge-Behalten" des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (Urteil des 10. Senats vom 27. August 1998 - B 10 KR 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 7).
Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung z.B. wegen Aufsuchens des Arztes, ist nur zu berücksichtigen, wenn dies regelmäßig, d.h. mindestens einmal wöchentlich erforderlich ist. Dies ist vom Kläger nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, insbesondere führt der Hausarzt Hausbesuche durch.
Auch nach dem Schlaganfall vom Juli 2007 ergibt sich für den Ausgang des Rechtsstreits nichts anderes. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Aufhebung der Pflegestufe II zum 1. März 2006. Es handelt sich insoweit um eine isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGG. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Klage ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw. des Widerspruchsbescheides. Es ist nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 54 Rdnr. 32 a). Zwar bestehen Ausnahmen bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, jedoch zählen hierzu nicht Aufhebungsbescheide (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnr. 33 m.w.N.). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides lagen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der Kläger durch den Schlaganfall im Juli 2007 erlitt, noch nicht vor, so dass diese für die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides nicht zu berücksichtigen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II über den 28. Februar 2006 hinaus.
Die Beklagte gewährte dem 1947 geborenen Kläger, der von seiner Ehefrau als Betreuerin gesetzlich vertreten wird, mit Bescheid vom 3. Juni 2003 zunächst Leistungen nach der Pflegestufe I in Form von Pflegegeld. Im Rahmen eines Antrags auf Höherstufung holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Pflegeversicherung (MDK) in Bayern vom 1. Dezember 2004 nach Hausbesuch am 26. November 2004 ein. Vor allem aufgrund des Verdachts auf eine Polyneuropathie sowie einen Zustand nach Humerusfraktur rechts (Juli 2004) sah dieser einen Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 123 Minuten (Körperpflege: 57 Minuten, Ernährung: 12 Minuten, Mobilität: 54 Minuten) und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten als gegeben an. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 gewährte die Beklagte ab 1. Oktober 2004 Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
Der MDK schätzte bei einer Folgebegutachtung vom 24. November 2005 nach Hausbesuch den Zeitbedarf für die Grundpflege auf nur mehr 70 Minuten (Körperpflege: 43 Minuten, Ernährung: 6 Minuten, Mobilität: 21 Minuten), für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 45 Minuten ein. Es sei zu einer Reduzierung des Hilfebedarfs gekommen, da sich der Kläger an die vorhandene Bewegungseinschränkung des rechten Armes gewöhnt habe und jetzt wieder in der Lage sei, selbstständig ohne personelle Hilfe zu gehen.
Nach Anhörung holte die Beklagte ein erneutes Gutachten des MDK vom 15. Februar 2006 nach Hausbesuch ein, wonach der Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege nur mehr auf 69 Minuten geschätzt wurde, für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten. Dem Kläger sei es wieder möglich alleine zu gehen und alle Toilettengänge ohne Fremdhilfe zu bewältigen. Dadurch habe sich der Hilfebedarf gegenüber dem Gutachten vom 26. November 2004 wesentlich verringert.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2006 hob die Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) die Leistungsbewilligung vom 6. Dezember 2004 mit Wirkung für die Zukunft auf und gewährte ab 1. März 2006 Leistungen nach der Pflegestufe I.
Zur Begründung des Widerspruchs legte der Kläger ein Pflegetagebuch für die Zeit vom 17. bis 22. Oktober 2005 vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2006 zurück.
Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Bayreuth begehrte der Kläger die Weitergewährung der Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II. Sein Gesundheitszustand habe sich sogar verschlechtert. Das Sozialgericht holte Befundberichte ein, zog die Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales, der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie des Amtsgerichts L. - Vormundschaftsgericht - bei und beauftragte den Arzt für öffentliches Gesundheitswesen Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Als pflegebegründende Diagnosen stellte dieser in seinem Gutachten vom 8. Oktober 2006 eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, ein Kunstgelenk rechte Schulter, eine Gangstörung bei alkoholtoxischer Neuropathie sowie Gleichgewichtsstörungen fest. Den Hilfebedarf für die Grundpflege schätzte er auf 67 Minuten (Körperpflege: 39 Minuten, Ernährung: 9 Minuten, Mobilität: 19 Minuten), für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten. In den Verhältnissen gegenüber der Untersuchung vom 26. November 2004 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, da sich die gesundheitliche Situation stabilisiert habe und damit auch der Hilfebedarf zurückgegangen sei. Zudem könnten Toilettengänge jetzt wieder ohne Fremdhilfe ausgeführt werden.
Zu den klägerischen Einwendungen nahm der Sachverständige am 22. November 2006 und 4. Januar 2007 ergänzend Stellung. Zusätzlich sei nur ein Zeitbedarf von zwei Minuten für das tägliche Eincremen nach dem Waschen anzusetzen, so dass der Zeitbedarf für die Grundpflege insgesamt 69 Minuten betrage. Der Kläger gelangte demgegenüber zu einem Zeitbedarf von insgesamt 143 Minuten.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2007 ab. Es folgte den Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen Dr. H., die im Ergebnis auch mit der Begutachtung durch den MDK übereinstimmten. Hieraus ergebe sich, dass in den Verhältnissen, die für die Einordnung in die Pflegestufe II maßgeblich gewesen seien, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten sei. Die gesundheitliche Situation habe sich stabilisiert und der Hilfebedarf reduziert.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass aufgrund eines Asthmas beim Essen Atemstörungen und Atemnot auftreten. Dadurch entstehe ein pflegeerschwerender Faktor, der 15 Minuten pro Mahlzeit in Anspruch nehme. Beim Wechseln der Vorlagen seien die Intimhygiene, das Entsorgen der Vorlagen und das Reinigen der Toilette nicht berücksichtigt worden, so dass weitere drei bis sechs Minuten anzusetzen seien. Ferner sei nicht berücksichtigt, dass es durch erhöhten Blutdruck zu einem unsicheren Gehen, zu Sehstörungen, Schwindel, Taumel, Gleichgewichtsstörungen und Gefühlsstörungen in Händen und Füßen komme, so dass er stets Hilfe bedürfe. Hilfe benötige er schließlich beim Aufsuchen eines Arztes, da er dafür auf den Rollstuhl und auf ständige Hilfe angewiesen sei. Im Übrigen hat er auf seine Auflistung verwiesen, wonach die Gesamtzeit für die Grundpflege 143 Minuten betrage.
Der Kläger hat sich vom 17. bis 23. Juli 2007 nach einem Schlaganfall mit Hemiparese links und Dysarthrie in stationärer Behandlung befunden. Der Senat hat den Entlassungsbericht und die Krankenblätter des H.-Klinikums L. sowie des Medical-Park Bad R. beigezogen.
Die Beklagte hat ein erneutes Gutachten des MDK vom 26. Oktober 2007 nach Hausbesuch übersandt. Danach besteht nun zusätzlich ein Zustand nach rechtshirnigem Infarkt mit Hemiparese links und Facialisparese links vom Juli 2007. Der Grundpflegebedarf habe sich auf 104 Minuten erhöht. Die Voraussetzungen für eine höhere Pflegestufe lägen trotz des erlittenen Schlaganfalls weiterhin nicht vor.
Der Kläger hat eine weitere zeitliche Auflistung der Pflegebedürftigkeit vorgelegt; auf die Grundpflege entfielen dabei 162 Minuten. Eine größere Mithilfe sei nicht zumutbar. Es sei gerechtfertigt, entsprechend der eigenen Aufstellung zur Pflegebedürftigkeit die oberen Grenzen der Richtzeiten für den tatsächlichen Pflegeaufwand gemäß den Richtlinien des MDK anzusetzen.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass bei einer Anfechtungsklage, bezogen auf einen Aufhebungsbescheid, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids maßgeblich ist.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 27. März 2007 sowie den Bescheid vom 16. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), insbesondere auch fristgerecht eingelegt (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 3 SGG).
Der Senat konnte in Abwesenheit der gesetzlichen Vertreterin des Klägers entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Der im Sinne des § 71 Abs. 1 SGG prozessunfähige Kläger wird wirksam durch die Betreuerin (§§ 1896, 1902 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) gesetzlich vertreten. Die Betreuerin wurde vom Amtsgericht L. bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst die Gesundheitsfürsorge, die Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung über die Unterbringung. Die Betreuerin vertritt den Betroffenen im Rahmen ihres Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich, § 1902 BGB, d.h., die Zuweisung des Sachgebietes umfasst damit auch die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers.
Die Verwendung des Pflegegeldes ist dem Aufgabenkreis "Vermögenssorge" zuzurechnen (z.B. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.04.2005, FamRZ 2006, 507 f), der vorliegend nicht als Aufgabenkreis der Betreuerin benannt ist. Grundsätzlich ist von diesem Aufgabenkreis auch die Geltendmachung von Sozialleistungen umfasst. In dem Rechtsstreit geht es um die Erlangung von Leistungen der Pflegeversicherung, die sich vor allem nach medizinischen Gesichtspunkten richtet. Mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge" ist vor allem die Vertretung für die anfallenden medizinischen Angelegenheiten verbunden. Hierzu zählen auch die Organisation der Gesundheitsfürsorge oder die finanzielle Sicherstellung der Heilbehandlung einschließlich dem notwendigen Kontakt mit dem Träger der Krankenversicherung (Schwab, in: Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Familienrecht II, 4. Aufl., § 1896 Rdnr. 68 m.w.N.). Die Pflegeversicherung hat die Aufgabe, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind, § 1 Abs. 4 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten, § 2 Abs. 1 S. 2 SGB XI. Aus diesem Ziel und Zweck der Pflegeversicherung wird ein unmittelbarer Bezug zur Gesundheitsfürsorge deutlich, so dass von dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge" auch die Vertretung in Angelegenheiten der Pflegeversicherung vor den Sozialgerichten umfasst ist.
Die Berufung ist unbegründet, da die Aufhebung der Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II ab 1. März 2006 nach § 48 SGB X nicht zu beanstanden ist.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Gegenüber den Verhältnissen, wie sie dem Bewilligungsbescheid vom 6. Dezember 2004 zugrunde lagen und die durch das Gutachten des MDK vom 1. Dezember 2004 bestimmt wurden, ist eine wesentliche Änderung eingetreten, so dass die Aufhebung dieses Bescheides durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtmäßig ist. Die Bewilligung der Pflegestufe II ist ab 1. März 2006 nicht mehr gerechtfertigt.
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss für die Bewilligung von Leistungen nach der Pflegestufe II nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen. Zutreffend führte dies das Sozialgericht bezogen auf die gesundheitliche Situation, wie sie vor dem Hirninfarkt des Klägers vom Juli 2007 bestand, unter Bezugnahme auf das Gutachten und die Stellungnahmen des Dr. H. sowie die Äußerungen des MDK aus. Dr. H. legte überzeugend dar, dass sich gegenüber den Verhältnissen, wie sie bei der Untersuchung vom 26. November 2004 gegeben waren, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die gesundheitliche Situation hatte sich in der Zwischenzeit stabilisiert, so dass der Hilfebedarf zurückgegangen ist. Zu berichtigen ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts nur insoweit, als die Beklagte die Leistungsgewährung nicht zum 1. März 2005, sondern zum 1. März 2006 entzog. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung der Berufung. Der Kläger hatte im Rahmen des Hausbesuchs angegeben, die Toilettengänge noch alleine verrichten zu können, zumal er ca. vier Stunden täglich während der Woche alleine in der Wohnung ist. Auch die Reinigung erfolgt selbst. Hieraus ergibt sich auch, dass eine ständige Hilfe nicht erforderlich ist. Selbst wenn der Senat im Rahmen des Wechseln kleiner Vorlagen noch bis zu sechs Minuten zusätzlich berücksichtigt, liegt der Gesamtgrundpflegebedarf deutlich unter der für die Pflegestufe II maßgebenden Grenze von 120 Minuten.
Unzutreffend ist, der Sachverständige habe nicht die durch den erhöhten Blutdruck bedingten Beeinträchtigungen berücksichtigt. Vielmehr stellte Dr. H. ausdrücklich auf die Gang- und Gleichgewichtsstörungen ab. Er sah sogar den überwiegenden Teil des Pflegebedarfs durch die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks und die Gleichgewichtsstörungen verursacht.
Bei der Aufnahme der Nahrung ist kein Hilfebedarf gegeben. Die Nahrungsaufnahme erfolgt nach Feststellung des Gutachters selbstständig. Soweit der Kläger auf ein bestehendes Asthma mit auftretenden Atemstörungen und Atemnot beim Essen verweist, bestätigte der Gutachter zwar die Diagnose einer chronischen Bronchitis und eines Bronchialasthmas, es ergibt sich daraus jedoch kein zusätzlicher pflegerelevanter Hilfebedarf. Der Senat kann unterstellen, dass der Kläger aufgrund drohender Asthmaanfälle während der Essensaufnahme zu beobachten ist. Hierbei handelt es sich jedoch um Zeiten der allgemeinen Aufsicht, die nicht bei der Ermittlung des Grundpflegebedarfs berücksichtigungsfähig sind. Das Bundesssozialgericht (hier zitierte aus: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B) hat bereits mehrfach entschieden, dass eine allgemeine Aufsicht, die darin besteht zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens von dem Pflegebedürftigen ordnungsgemäß ausgeführt werden, und dazu führt, dass dieser gelegentlich - auch wiederholt - zu bestimmten Handlungen aufgefordert werden muss, nicht ausreicht, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht verbunden ist. Ein Beaufsichtigungsbedarf ist nur zu berücksichtigen, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit, sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen - wie bei der Übernahme von Verrichtungen - auch zeitlich und örtlich in der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Dementsprechend wurde eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme als berücksichtigungsfähige Hilfe eingestuft, wenn sie von einer solchen Intensität ist, dass die Pflegeperson - wie beim Füttern - praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen "nebenbei" erfolgende - bloße "Im-Auge-Behalten" des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (Urteil des 10. Senats vom 27. August 1998 - B 10 KR 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 7).
Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung z.B. wegen Aufsuchens des Arztes, ist nur zu berücksichtigen, wenn dies regelmäßig, d.h. mindestens einmal wöchentlich erforderlich ist. Dies ist vom Kläger nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, insbesondere führt der Hausarzt Hausbesuche durch.
Auch nach dem Schlaganfall vom Juli 2007 ergibt sich für den Ausgang des Rechtsstreits nichts anderes. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Aufhebung der Pflegestufe II zum 1. März 2006. Es handelt sich insoweit um eine isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGG. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Klage ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw. des Widerspruchsbescheides. Es ist nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 54 Rdnr. 32 a). Zwar bestehen Ausnahmen bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, jedoch zählen hierzu nicht Aufhebungsbescheide (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnr. 33 m.w.N.). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides lagen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der Kläger durch den Schlaganfall im Juli 2007 erlitt, noch nicht vor, so dass diese für die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides nicht zu berücksichtigen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved