L 13 AS 1610/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 AS 468/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1610/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Der Grundsicherungsträger ist im Fall einer vorläufigen Bewilligung (§ 41a SGB II) von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Anwendungsbereich des § 67 Abs. 4 SGB II nicht daran gehindert, die vorläufige Leistungsbewilligung jedenfalls während des noch laufenden Bewilligungsabschnitts nach § 48 SGB X auch rückwirkend für die Vergangeheit aufzuheben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 8. April 2022 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren zu erstatten.


Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die vom Beklagten geltend gemachte Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen i.H.v. insg. 992,88 €.

Der 1975 geborene Kläger zu 1) steht seit dem 1. Februar 2019 beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Kläger zu 2) und zu 3) sind die 2005 bzw. 2001 geborenen Kinder des Klägers, die sich zeitweise beim Kläger zu 1), überwiegend jedoch bei der ehemaligen Ehefrau des Klägers zu 1) aufhalten. Die jeweiligen Leistungsbewilligungen erfolgten hierbei jeweils zunächst, unter der Begründung des Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft, nach § 41a Abs. 1 SGB II vorläufig.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2020 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1) (und den Klägern zu 2 und zu 3) vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. August 2020 – 31. Januar 2021. Der Beklagte berücksichtigte für den Kläger zu 1) hierbei den monatlichen Regelbedarf von 432,- €, für die Kläger zu 2) und zu 3) einen Regelbedarf in Abhängigkeit zu den tatsächlichen Anwesenheitszeiten beim Kläger zu 1). Ferner berücksichtigte er die tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. insg. 580,- € monatlich. Der bewilligte Betrag belief sich auf 401,06 € für August 2020, 959,30 € für September 2019, 1.096,80 € für Oktober 2020, 1.160,40 € für November 2020, 1.245,20 € für Dezember 2020 und auf 1.139,20 € für Januar 2021. Der Beklagte führte hierzu u.a. aus, dass, da die vorausgegangene Bewilligungsentscheidung vorläufig ergangen sei, auch diese Weiterbewilligungsentscheidung mit gleicher Begründung vorläufig ergehe (§ 67 Abs. 5 i.V.m. § 41a Abs. 1 SGB II).
Der Beklagte wies darauf hin, dass, wenn im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht würden, die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen seien. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, seien zu erstatten. Ergehe innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung, gölten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt.

Am 15. Dezember 2020 teilte der Kläger zu 1) dem Beklagten per E-Mail mit, dass er durch einen „Lohnsteuerausgleich 2019“ einen Betrag i.H.v. 1.090,34 € erlangt habe. Dieser Betrag ist dessen Konto am 27. Oktober 2020 gutgeschrieben worden.

Nachdem der Beklagte den Kläger zu 1) mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung für Oktober 2020 und zur Erstattung der in diesem Zeitraum zu Unrecht gewährter Leistungen angehört hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 30. Dezember 2020 den Bescheid vom 14. Juni 2020 teilweise betr. den Monat Oktober 2020 auf und forderte von den Klägern die Erstattung eines Betrages i.H.v. insg. 992,88 €. Der Bescheid richte sich an den Kläger zu 1) persönlich und als gesetzlichen Vertreter der Kläger zu 2) und zu 3). Begründend führte er aus, die Kläger hätten am 27. Oktober 2020 einmalig eine Einkommensteuererstattung i.H.v. 1090,34 € erhalten, die im Umfang von 992,88 € anzurechnen sei. Den vom Kläger zu 1) zu erstattenden Betrag bezifferte der Beklagte auf 653,59 €, auf die Klägerin zu 2) entfielen 302,11 € und auf den Kläger zu 3) 37,18 €. Einmalige Einnahmen seien in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden seien, seien sie im Folgemonat zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II). Mit den (nunmehr) nachgewiesenen Einkommensverhältnissen seien die Kläger in geringerer Höhe hilfebedürftig. Die Bewilligungsentscheidung sei wegen Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis betr. die Minderung des Leistungsanspruchs nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr.4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben. Der Kläger zu 1) wusste bzw. hätte wissen müssen, dass der zuerkannte Anspruch ganz oder teilweise entfallen sei. Dieser Pflichtverstoß müsse auch den Klägern zu 2) und zu 3) nach §§ 166, 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zugerechnet werden.

Hiergegen erhoben die Kläger am 13. Januar 2021 Widerspruch, mit dem sie vorbrachten, die Lohnsteuerrückerstattung habe einen Zeitraum vor dem Leistungsbezug betroffen. Es sei deshalb für ihn nicht erkennbar gewesen, dass die einmalige Einnahme als relevantes Einkommen zu berücksichtigen gewesen sei. Der Kläger zu 1) habe daher weder fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2021 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Die Einkommensteuerrückerstattung vom 27. Oktober 2020 stelle, so der Beklagte, eine einmalige Einnahme i.S.d. § 11 Abs. 3 SGB II dar und sei im Monat des Zuflusses anzurechnen, zumal der Leistungsanspruch durch deren Berücksichtigung nicht entfalle. Durch die zusätzliche Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Oktober 2020 belaufe sich der Leistungsanspruch in diesem Monat lediglich auf insg. 103,92 €. Insoweit sei ab dem 1. Oktober 2020 eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten, wegen der der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aufzuheben gewesen sei.

Hiergegen haben die Kläger am 12. Februar 2021 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zu deren Begründung haben sie vorgebracht, dass § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II normiere, dass eine vorläufige Entscheidung, soweit diese rechtswidrig sei, mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen sei. Die Aufhebung mit Bescheid vom 30. Dezember 2020 sei aber mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt. Dies lasse § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II nicht zu. Eine vorläufige Entscheidung könne auch nicht, so die Kläger unter Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. April 2015 (- B 14 AS 31/14 R -, in juris) nach § 48 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Änderungen für die Vergangenheit seien der abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs.4 SGB II vorbehalten. Um eine solche handle es sich bei dem angefochtenen Bescheid aber nicht. Auch komme eine Umdeutung nicht in Betracht, da eine solche auf ein anderes Ziel gerichtet wäre. Eine endgültige Festsetzung sei gem. § 67 Abs. 4 SGB II auch nur auf Antrag möglich. Im Übrigen habe der Beklagte entgegen § 11 Abs.3 Satz 3 SGB II die einmalige Einnahme nicht im Folge-, sondern im Zuflussmonat angerechnet.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums sei eine Anwendung des § 48 SGB X wegen nachträglich festgestellter veränderter Einkommensverhältnisse nicht mehr möglich, eine rückwirkende Korrektur des prognostizierten Einkommens scheide daher aus. Andere leistungserhebliche Änderungen, insb. solche, die nicht das prognostizierte Einkommen beträfen, könnten jedoch erfolgen. Die Vorläufigkeit der Bewilligung habe sich ausschließlich auf die wechselnde Zugehörigkeit der Kläger zu 2) und zu 3) zur Bedarfsgemeinschaft des Klägers zu 1) bezogen. Schwankendes Einkommen sei nicht Grund für die Vorläufigkeit gewesen. Bei der Einkommensteuerrückerstattung handle es sich um eine unvorhersehbare einmalige Einnahme, sodass die Anwendung des § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X zulässig gewesen sei. Im Übrigen seien nach den verbindlichen Weisungen einmalige Einnahmen im Falle einer vorläufigen Festsetzung im bzw. ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen. Es liege kein Fall nach § 11 Abs.3 Satz 3 SGB II vor, weil die vorläufigen Leistungen ohnehin unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbracht würden.

Mit Urteil vom 8. April 2022 hat das SG den Bescheid vom 30. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2021 aufgehoben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, für die vom Beklagten verfügte Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit fehle es an der erforderlichen Rechtsgrundlage, ein Rückgriff auf § 48 SGB X sei nicht statthaft. Seien vorläufige Leistungsbewilligung bereits anfänglich rechtswidrig, sehe § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II, abweichend von § 45 Abs.1 SGB X, die zwingende Rücknahme der Entscheidung für die Zukunft vor. Für anfänglich rechtmäßige vorläufige Bewilligungen, die durch nachträglich eintretende wesentliche Änderungen rechtswidrig geworden seien, fehle es an einer entsprechenden Regelung. Korrespondierend hierzu werde in der Literatur angenommen, dass eine Anwendung des § 48 SGB X zu Ungunsten der leistungsberechtigten Person allenfalls mit Wirkung für die Zukunft, nicht aber ab Änderung der Verhältnisse statthaft sei. Dies werde insb. durch die Gesetzesmaterialien gestützt, wonach eine Anwendung der §§ 45, 48 SGB X zu Ungunsten der leistungsberechtigten Person mit Wirkung für die Vergangenheit systematisch nicht angezeigt sei, da sich eine vorläufige Entscheidung nicht im Wege der Aufhebung, sondern der abschließenden Entscheidung erledige. Überdies würde die vom Beklagten vorgenommene teilweise Aufhebung zu einer Umgehung des Ausschlusses der endgültigen Bewilligung ohne Antrag nach § 67 Abs. 4 Satz 2 SGB II führen. Die vom Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen einer Korrektur des prognostizierten Einkommens und des nicht prognostizierten Einkommens sei im Wortlaut der Regelung nicht verankert. Der angefochtene Bescheid sei überdies auch deswegen rechtswidrig, weil der Beklagte die Einkommensteuerrückerstattung im Monat des Zuflusses, dem Oktober 2020, und nicht im Folgemonat angerechnet habe. Nach § 11 Abs.3 Satz 3 SGB II sei eine einmalige Einnahme im Folgemonat zu berücksichtigen, wenn für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne deren Berücksichtigung erbracht worden seien. Dies habe der Beklagte missachtet. Der Einschätzung des Beklagten, bei einer vorläufigen Leistungsbewilligung seien einmalige Einnahmen im oder ab dem Zuflussmonat zu berücksichtigen, weil vorläufige Leistungen ohnehin unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbracht würden und deswegen kein Fall des § 11 Abs.3 Satz 3 SGB II vorliege, schließe es, das SG, sich nicht an. Der eindeutige Wortlaut des § 11 Abs.3 Satz 3 SGB II differenziere nicht danach, ob die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit einem Vorläufigkeitsvorbehalt nach § 41a Abs. 1 SGB II versehen gewesen sei oder nicht. § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II stelle eine normative Abweichung vom Zuflussprinzip dar und sei zwingend anzuwenden. Dass § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II der Verwaltungsvereinfachung dienen solle, rechtfertige keine Korrektur der gesetzlichen Vorschrift dahin, sie, abweichend vom Wortlaut, auf Fallkonstellationen nicht anzuwenden, in denen die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Folgemonat keine Verwaltungsvereinfachung mit sich bringe. Die gegenteilige Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG, Urteil vom 18. März 2020 - L 3 AS 2746/18 -, in juris), vorläufige Leistungen seien keine „erbrachten“ Leistungen i.S.d. § 11 Abs.3 Satz1 SGB II, da ihnen nur eine Bindungswirkung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zukomme, greife jedenfalls für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 – 31. März 2021 begonnen hätten, nicht ein, da die Grundsicherungsträger in diesen Fällen abweichend von § 41a Abs.3 SGB II nur auf Antrag über den monatlichen Leistungsanspruch entscheiden würden. Dies bedeute, dass in diesen Fällen auch vorläufig bewilligte Leistungen faktisch nicht unter dem Vorbehalt der Rückforderung stünden, da der Grundsicherungsträger diese ohne Mitwirkung des Leistungsberechtigten in Form eines Antrags auf endgültige Festsetzung gar nicht umsetzen könne.

Gegen das ihm am 16. Mai 2022 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 1. Juni 2022 Berufung beim LSG eingelegt. Zu deren Begründung bringt er unter Verweis auf seinen Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2021 vor, er halte an seiner bisher vertretenen Rechtsauffassung, dass die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sowie die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Monat des Zuflusses (Oktober 2020) rechtmäßig seien, fest. Seine Rechtsauffassung werde auch vom LSG (Urteil vom 18. März 2020, a.a.O.) geteilt. Dass die befristete Sonderregelung des § 67 Abs. 4 Satz 2 SGB II dem entgegenstehe, könne er, der Beklagte, nicht erkennen. Auch erschließe sich nicht, weshalb die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorliegend nicht statthaft gewesen sein solle, insb., wenn eine abschließende Entscheidung gemäß § 41a Abs. 3 SGB X nicht (mehr) möglich sei. Da in Anwendung des § 67 Absatz 4 SGB II eine abschließende Entscheidung für Bewilligungszeiträume, die bis zum 31. März 2021 begonnen haben, nur auf Antrag der leistungsberechtigten Person getroffen werden dürfe, seien wesentliche Änderungen in den Verhältnissen, die nicht das prognostizierte Einkommen beträfen, auch rückwirkend nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu berücksichtigen. § 67 Abs. 4 SGB II stelle insofern nur auf das der Vorläufigkeit zu Grunde liegende prognostizierte Einkommen ab.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 8. April 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil.

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2022 haben die Kläger, mit solchem vom 23. Juni 2022 der Beklagte das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.


Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten wird auf die (elektronisch geführten) Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft, da der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- € (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG) überschritten ist und auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung führt jedoch inhaltlich für den Beklagten im Ergebnis nicht zum Erfolg.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom
30. Dezember 2020 (Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2021), mit dem der Beklagte seinen Bescheid vom 14. Juni 2020 gegenüber den Klägern zu 1 – zu 3) teilweise, betr. den Monat Oktober 2020, aufgehoben und die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen i.H.v. insg. 992,88 € verfügt hat.

Der Bescheid vom 30.Dezember 2020 ist inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs. 1 SGB X erfordert bei der Korrektur einer Bewilligungsentscheidung gegenüber einer Mehrheit von Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft, dass sich dem Bescheid hinreichend klar entnehmen lässt, an welche Mitglieder der Korrekturbescheid adressiert und wer Verpflichteter der entsprechenden Erstattungsforderung ist (st.Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R -, in juris, dort Rn. 15 f. m.w.N.). Hierbei ist es ausreichend, wenn ein eine Bedarfsgemeinschaft zwischen Elternteil und minderjährigem Kind betreffender Änderungsbescheid zwar nur gegenüber dem Elternteil ergeht, jedoch zum einen mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen ist, dass der zurückzuzahlende Gesamtbetrag das Ergebnis einer Addition von insgesamt mehreren, an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichteten Korrekturentscheidungen ist, und dass zum anderen auch durch den Hinweis auf die gesetzliche Vertretung des Kindes ersichtlich wird, dass der Elternteil nicht (Gesamt-)Schuldner der Rückforderungssumme ist. Hieran gemessen ist die Adressierung des angefochtenen Bescheids allein an den Kläger zu 1) unschädlich, weil sich hier einleitend der Hinweis findet, dass sich der Bescheid an den Kläger u 1) persönlich und an ihn in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Kläger zu 2) und zu 3) richtet und der Beklagte überdies die Erstattungsforderung jeweils individuell berechnet und angeführt hat (Kläger zu 1): 653,59 €; Klägerin zu 2): 302,11 € und Kläger zu 3): 37,18 €).

Die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Beklagten knüpft in tatsächlicher Hinsicht daran an, dass dem Kläger zu 1) am 27. Oktober 2020 eine Steuererstattung i.H.v. 1.090,34 € zugeflossen ist. Diese Einkommensteuererstattung ist als Einkommen i.S.d. § 11 SGB II bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit und dem Folgend bei der Höhe des Leistungsanspruchs nach §§ 7, 19 SGB II zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R -, in juris). Nachdem der Zufluss mit dem 27. Oktober 2020 nach dem Erlass des Bewilligungsbescheides am 14. Juni 2020 erfolgt ist, meint der Beklagte, er sei berechtigt, dieser Änderung der (finanziellen) Verhältnisse der Kläger im Wege einer (teilweisen) Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach § 48 SGB X begegnen zu können.

Die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 14. Juni 2020, mit der den Klägern u.a. für Oktober 2020 (i.H.v. 1.096,80 €), Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. August 2020 – 31. Januar 2021 bewilligt worden sind, erfolgte nach § 41a Abs. 1 SGB II vorläufig.


Nach § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II in der vom 1. August 2016 bis zum 31. März 2021 geltenden Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenztragungspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1824 ff.) ist über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen vorläufig zu entscheiden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen (Nr. 1) oder ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist (Nr. 2).

Der streitgegenständliche Bescheid vom 30. Dezember 2020 hebt die vorläufige Entscheidung des Beklagten im Bescheid vom 14. Juni 2020 teilweise, für den Monat Oktober 2020 auf. Dieser Regelungsgehalt kann nicht in eine endgültige Entscheidung mit einer endgültigen Leistungsfestsetzung, die hinter der vorläufigen zurückbleibt oder einen Anspruch ganz verneint, umgedeutet werden. Als in diesem Sinne abschließende Entscheidung über das zunächst nur vorläufig beschiedene Leistungsbegehren genügt die Regelungswirkung eines bloßen Änderungsbescheids nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht. Denn den Anforderungen an eine i.S.d. § 41a Abs. 3 SGB II abschließende Entscheidung genügt nur ein Bescheid, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende Leistung" endgültig zuerkennt (BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R -, in juris, dort Rn. .26 ff.). Ausdrücklich enthält der Bescheid vom 31. Dezember 2020 keine abschließende Regelung i.d.S.; dem Wortlaut nach beschränken sich die Verfügungssätze darauf, dass die erteilte Bewilligung teilweise "aufgehoben" und eine entsprechende Erstattungsforderung festgesetzt wird. Da sich deswegen für einen objektiven Empfänger aus dem Bescheid nicht hinreichend deutlich entnehmen lässt, dass dem Bescheid nunmehr endgültige Bindungswirkung zukommen solle, kann der Regelungsgehalt nicht in eine abschließende Entscheidung umgedeutet bzw. ausgelegt werden.

§ 41a SGB II soll das Jobcenter in die Lage versetzen, auch in Fällen, in denen über den geltend gemachten Anspruch wegen rechtlicher oder tatsächlicher Ungewissheit noch nicht abschließend entschieden werden kann, die im Bereich des Rechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende existenzsichernden Geld- und Sachleistungen auf kurzem Wege verfügbar zu machen und dadurch Nachteile und Härten zu Lasten der Berechtigten zu vermeiden. § 41a Abs. 2 Satz 1 SGB II verpflichtet den Leistungsträger in diesem Zusammenhang ausdrücklich, auch den Grund der Vorläufigkeit in den Bescheid aufzunehmen. Für den Leistungsempfänger muss demnach aus dem Bescheid hinreichend deutlich erkennbar sein, dass und warum die Leistung nur vorläufiger Natur ist. Hiermit soll dem Leistungsempfänger zugleich vor Augen geführt werden, dass die einstweilige Leistungsgewährung mit einer Erstattungspflicht behaftet ist und nicht geeignet ist, Vertrauensschutz aufzubauen.

Auch auf die vorläufige Entscheidung nach § 41a SGB II finden grundsätzlich die Vorschriften des SGB X zur Bestandskraft Anwendung (vgl. § 40 Abs. 1 SGB II; Grote-Seifert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. [Stand April 2022], § 41a, Rn. 43). Indes beinhaltet § 41a SGB II in seinem Abs. 2 Satz 4 eine Regelung, dass, s
oweit die vorläufige Entscheidung nach Absatz 1 (des § 41a SGB II) rechtswidrig ist, sie für die Zukunft zurückzunehmen ist. § 41a Abs. 2 Satz 4 enthält nach seiner Terminologie („rechtswidrig ist“, „zurückzunehmen“) zwar nur einen ausdrücklichen Normbefehl zur Rücknahme anfänglich rechtswidriger vorläufiger Verwaltungsakte, losgelöst hiervon wurde jedoch mit der Regelung des § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II klargestellt, dass auch bei einer vorläufigen Leistungsbewilligung eine Korrektur außerhalb einer endgültigen Leistungsfestsetzung möglich sein soll. I.d.S. ist im Gesetzesentwurf der Bundesregierung ausdrücklich angeführt, dass, wenn in den Verhältnissen eine wesentliche Änderung zu Gunsten des Leistungsbegehrenden eintritt, eine „Aufhebung“ (und Neufeststellung) mit Wirkung für die Vergangenheit während des Bewilligungszeitraums zur Sicherstellung der Bedarfsdeckung „weiterhin“ möglich sei (vgl. BT-Drucks. 18/8041, S. 53).

Demgegenüber ist eine Rücknahme bzw. Aufhebung der vorläufigen Bewilligung nach § 41 a Abs. 2 Satz 4 SGB II dem Grund nach dann nicht erforderlich und geboten, wenn eine endgültige Entscheidung erfolgt. Die abschließende Entscheidung ersetzt und erledigt mit ihrem Erlass gemäß § 39 Abs. 2 SGB X die vorläufige Entscheidung über den Leistungsanspruch, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedarf (st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 5. Juli 2017 - B 14 AS 36/16 R – und vom 17. September 2020 - B 4 AS 3/20 R - beide m.w.N. in juris). I.d.S. hat auch der Gesetzgeber nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich der Regelung des § 41 a Abs. 2 Satz 4 SGB II gesehen, wie sich aus der weiteren Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (vom 6. April 2016, BT-Drucks. 18/8041, S. 53) soll eine rückwirkende Korrektur zu Ungunsten der leistungsberechtigten Personen systematisch nicht angezeigt sein, da sich die vorläufige Entscheidung durch eine abschließende Regelung erledige, eine Aufhebung mithin nicht erforderlich sei (vgl.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Februar 2021 - L 31 AS 1562/20 B ER -, in juris). Da sich jedoch mit dieser Argumentation alle Änderungen vorläufiger Leistungsgewährungen verneinen ließen, da sich schließlich alle vorläufigen Entscheidungen mit der abschließenden Entscheidung auf sonstige Weise erledigen (vgl. Blüggel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 44a SGB XII Rn. 63 zur Parallelregelung im SGB XII), vermag der Senat auch in Ansehung der Gesetzesbegründung einen Ausschluss einer Änderung vorläufiger Leistungsbewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten des Leistungsberechtigten nicht anzunehmen, insb., wenn die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Bewilligung nicht den Grund der Vorläufigkeit betrifft. Überdies ist vorliegend zu berücksichtigen, dass nach § 67 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB II in der ab dem 29. Mai 2020 geltenden Fassung des Gesetzes zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutzpaket II) vom 20. Mai 2020 (BGBl. I. S. 1055 ff.), sofern über die Leistungen nach § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II vorläufig zu entscheiden ist, die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für Bewilligungszeiträume, die bis zum 31. März 2021 begonnen haben, abweichend von § 41a Abs. 3 SGB II nur auf Antrag abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch entscheiden. Damit entfällt (zeitlich befristet) nicht nur die Verpflichtung, sondern auch die Befugnis des Jobcenters, über den Leistungsanspruch von Amts wegen abschließend zu entscheiden. Da jedoch die leistungsberechtigte Person ihr im Regelsystem (§ 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II) vorgesehenes Antragsrecht behält, würde ein Ausschluss der Anwendbarkeit des § 48 SGB X für die Vergangenheit u.a. dazu führen, dass leistungsrelevante Sachverhalte, die den Jobcentern erst nach der (vorläufigen) Leistungsbewilligung bekannt werden, keine leistungsrechtlichen Auswirkungen mehr zeitigen könnten. Da jedoch diese (mittelbaren) materiellrechtlichen Folgewirkungen bei von vornherein endgültigen Bewilligungsentscheidungen nicht bestehen, ist es (auch) unter Aspekten der Gleichbehandlung (vgl. Groth in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 67 SGB II, Stand: 30. Mai 2022, Rn. 37) zur Überzeugung des Senats gerechtfertigt, jedenfalls in Fällen, die, wie der vorliegende, unter die Regelung des § 67 Abs. 4 Satz 2 SGB II fallen, die Anwendbarkeit des § 48 SGB X auch für die Vergangenheit bei einer vorläufigen Leistungsbewilligung nach § 41a SGB II während des noch laufenden Bewilligungszeitraums nicht auszuschließen (vgl. hierzu Groth, a.a.O., Rn. 38; Hengelhaupt, in Hauck/Noftz SGB II, § 41a, Rn. 275; Lange in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 67, Rn. 17; vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 11. Januar 2022 - L 13 AS 1753/21 - n.v.).

§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V. m. § 330 Abs. 3 SGB III handelt es sich hierbei um eine gebundene Verwaltungsentscheidung, so dass für Ermessenserwägungen kein Raum besteht.


Eine rechtserhebliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X liegt insb. dann vor, wenn der Anspruch nach dem für die Leistung maßgebenden materiellen Recht entfallen ist. Wesentlich ist hierbei jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt.

Die Kläger hatten (auch im Oktober 2020) als erwerbsfähige Hilfebedürftige i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB II bzw. als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, konkret auf Arbeitslosengeld II nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. auf Sozialgeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach den Absätzen 1 und 2 erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Bei der Einkommenssteuererstattung von 1.096,80 € handelt es sich um Einkommen i.d.S. § 11 SGB II (BSG, Urteil vom 30. September 2008, a.a.O.). Als einmalige Einnahme ist es hierbei grds. nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es zugeflossen ist. Indes bestimmt § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II, dass, sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, die einmalige Einnahme im Folgemonat berücksichtigt wird. Da Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts monatlich im Voraus erbracht werden (vgl. § 42 Abs. 1 SGB II), mithin die Leistungen für Oktober 2020 zum Zeitpunkt des Zuflusses bereits erbracht worden sind, ist die Einkommenssteuerrückerstattung erst im November 2020 und nicht, wie vom Beklagten unternommen, im Oktober 2020 zu berücksichtigen ist. Auch das Urteil des 3. Senates des LSG (Urteil vom 18. März 2020, a.a.O., Rn. 36 ff. der juris-Veröffentlichung) bedingt, anders als der Beklagte meint, keine abweichende Beurteilung. Die dortige Auffassung, der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II (im dortigen Verfahren § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F.) sei auf Erstattungsverlangen hinsichtlich bereits ausgezahlter, endgültig bewilligter Leistungen beschränkt, hingegen würden bei lediglich vorläufig bewilligten Leistungen diese Leistungen stets unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbracht, findet im Wortlaut der Regelung keinen Rückhalt. Überdies verfängt die, auf das Urteil des BSG vom 19. August 2015 (- B 14 AS 13/14 R -, in juris, dort Rn. 16) gründende Argumentation, eine vorläufige Bewilligung sei nur eine Zwischenlösung, die auf eine Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach dem Wegfall der Voraussetzungen für die Vorläufigkeit angelegt sei, vor dem Hintergrund dessen, dass der Beklagten eine endgültige Entscheidung nach § 67 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB II verwehrt ist, vorliegend nicht. Es verbleibt vielmehr dabei, dass § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II eine normative Abweichung vom Zuflussprinzip darstellt, die von den Jobcentern zwingend anzuwenden ist. Dass § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II der Verwaltungsvereinfachung dienen soll, rechtfertigt keine Korrektur der gesetzlichen Vorschrift dahin, sie abweichend vom Wortlaut auf Fallkonstellationen nicht anzuwenden, in denen die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Folgemonat keine Verwaltungsvereinfachung mit sich bringt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2022 - B 7/14 AS 9/21 R -, in juris, dort Rn. 33 ff.).

Mithin hat der Beklagte den Zufluss der Einkommenssteuerrückerstattung fehlerhaft bereits im Oktober 2020 berücksichtigt; der Bescheid des Beklagten vom 30. Dezember 2020 (Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2021) ist hiernach, wie vom SG zutreffend angenommen, rechtswidrig.

Die Berufung der Beklagten gegen das den streitgegenständlichen Bescheid aufhebende Urteil des SG vom 8. April 2022 ist zurückzuweisen.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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