Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).
Der am ... 1973 geborene Kläger durchlief eine Berufsausbildung zum Metallbauer, die er nicht abschloss. Er beendete später erfolgreich eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer/Güterverkehr im Rahmen einer aus Mitteln der Arbeitsförderung getragenen Umschulung vom 28. Mai 1996 bis zum 26. Juni 1997. Er war zuletzt im Januar 2017 als Anlagenfahrer versicherungspflichtig beschäftigt und bezog während des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses vom 23. Januar 2017 bis zum 10. Juni 2018 Krankengeld und im Anschluss daran bis zum 10. Juni 2019 Arbeitslosengeld. Im Versicherungskonto sind vom 11. Juni 2019 bis zum 31. Dezember 2022 noch Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gespeichert.
Nach einer an den Kläger adressierten Bescheinigung der Geschäftsführerin der Luftkurort A. GmbH vom 21. Juni 2023 ist der Kläger im Rahmen seiner - nach Vermittlung in ein Praktikum im Rahmen der Arbeitserprobung aufgenommenen - ehrenamtlichen Tätigkeit dafür verantwortlich, dass in einer Voliere von circa 20 m² am Strandbad A. die Kanarienvögel und Seidenhühner gefüttert und mit Wasser versorgt werden. Diese Tätigkeiten nähmen circa 1,5 h täglich in Anspruch. Das Reinigen der Voliere bestehe darin, dass der Boden abgeharkt werde und die Verschmutzungen entfernt würden. Gelegentlich werde den Tieren Grünfutter zur Verfügung gestellt, welches von dem Kläger artgerecht in der Voliere verteilt werde. Dieser verrichte „keine schweren Tätigkeiten (Reparaturarbeiten)“. Diese würden bei Bedarf durch das Personal des Strandbades realisiert (Anm.: das Strandbad A. liegt etwas mehr als 3 km von der Wohnung des Klägers entfernt). Der Kläger hat im Klageverfahren im Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 mitgeteilt, die Tätigkeiten im Rahmen völlig freier eigener Zeiteinteilung maximal drei Stunden täglich durchzuführen. Im Berufungsverfahren hat er unter dem Datum vom 4. Dezember 2023 ausgeführt, diese Tätigkeit seit dem Jahr 2019 von Montag bis Sonntag 1,5 Stunden täglich auszuüben. Er hat nachfolgend ein weiteres Schreiben der Geschäftsführerin der Luftkurort A. GmbH, nun vom 20. August 2024, vorgelegt, in dem der Besatz der Voliere um Diamanttäubchen ergänzt wird. Seit dem Kalenderjahr 2023 sei der Kläger aus gesundheitlichen Gründen, insbesondere aufgrund seines Rückenleidens, nicht mehr in der Lage, „seine ehrenamtliche Tätigkeit über eine Dauer von 1,5 Stunden täglich hinaus auszuführen“. Aufgrund seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit würden zusätzliche Arbeiten (kleinere Reparaturen am Zaun der Vogelvoliere, Lieferung des Futters für die Vögel…) von angestellten Mitarbeitern übernommen. Aus den Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen S. ergibt sich, dass für die ehrenamtliche Tätigkeit eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 61,00 € gezahlt wurde bzw. ggf. noch wird.
Bei dem Kläger war seit dem 20. November 2017 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt mit einer Höherstufung ab dem 1. August 2022 auf einen GdB von 40.
Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klink D. H. vom 22. Mai bis zum 26. Juni 2017. In dem Entlassungsbericht der Einrichtung vom 3. Juli 2017 wurde ein Leistungsvermögen des Klägers von sechs Stunden und mehr täglich für körperlich mittelschwere Arbeiten ausgewiesen. Aufgrund degenerativer Wirbelsäulenveränderungen bestünden Leistungseinschränkungen bezüglich des Hebens und Tragens schwerer Lasten, häufigen Bückens, Zwangshaltungen des Rumpfes, häufiger Überkopftätigkeiten sowie Arbeiten mit Erschütterungen, Ganzkörpervibrationen sowie Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 20. März 2018 mit Bescheid vom 29. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018 ab. Bei dem Kläger liege ein Leistungsvermögen für mindestens sechs Stunden täglich für mittelschwere Arbeiten mit weiteren Funktionseinschränkungen vor.
Mit seiner am 14. Dezember 2018 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei bereits seit Dezember 2016 nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Anlagenfahrer auszuüben, da seine Arbeitgeberin sicherheitstechnische Standards zu erfüllen habe.
Das Sozialgericht hat von den behandelnden Ärzten des Klägers jeweils Befundberichte angefordert. Dem Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K. vom 23. April 2023 ist zu entnehmen, leichte körperliche Arbeiten könne der Kläger maximal vier Stunden täglich mit Pausen alle 60 bis 90 Minuten bewältigen. Dessen psychophysische Leistungsfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Insbesondere durch belastungsabhängige Schmerzen sowie Konzentrationsstörungen und Einbußen des Gedächtnisses sei eine Arbeitsleistung von sechs und mehr Stunden nicht erwartbar. Nach dem beigefügten Entlassungsbrief des Fachklinikums U. vom 5. Juli 2018 über die stationäre Behandlung vom 9. April bis zum 29. Juni 2018 war der Kläger aus psychiatrischer Sicht arbeitsfähig. Auch die Rückenschmerzen seien unter Therapie deutlich gebessert gewesen, sodass der Kläger an allen Therapien habe teilnehmen können. Von Dr. phil. Dipl.-Psych. K. sind die Befundberichte vom 2. Mai und 30. Oktober 2019 erstellt worden. Als Diagnosen hat er eine Zwangsstörung (vorwiegend Zwangshandlungen), eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, angegeben. Der Kläger sei kaum in der Lage, das tägliche Pensum von sechs bis acht Stunden zu absolvieren, sodass zum aktuellen Zeitpunkt eine Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt verfrüht erscheine. Die weitere psychotherapeutische Behandlung sei dringend indiziert. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 58 bis 61, 62 bis 68, 69 bis 70, 71 bis 102, 114 und 135 Bd. I der Gerichtsakte Bezug genommen.
Während des Klageverfahren ist dem Kläger von der Beklagten eine Maßnahme zur Abklärung der beruflichen Eignung und Arbeitserprobung vom 25. März bis zum 3. Mai 2019 bewilligt worden. In dem Abschlussbericht des Maßnahmeträgers vom 6. Mai 2019 wird als Ergebnis mitgeteilt, die theoretischen und praktischen Erprobungen hätten ergeben, dass der Kläger aktuell für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ausreichend belastbar sei. Die Einschränkungen bezögen sich auf die psycho-mentalen Funktionen, wobei eine reduzierte psychische Belastbarkeit, kognitive Leistungseinbußen und depressive, ängstlich-zwanghafte Symptome bestimmend seien. Der Kläger agiere in bekannten dysfunktionalen Denk- und Verhaltensmustern, die selbst bei leichten Anforderungen in Überforderung und eine weitere körperliche und psychische Erkrankung führten. Es werde die nochmalige Prüfung einer befristeten Erwerbsminderungsrente empfohlen. Prognostisch sei eine Steigerung der Belastbarkeit zu erwarten. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 107 bis 113 Bd. I der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat den Facharzt Neurologie und Psychiatrie S. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt, der auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung des Klägers am 17. Juli 2020 das Gutachten vom 22. Juli 2020 erstattet hat. Der Kläger habe angegeben, mit seinem Pkw nur relativ kurze Strecken zu fahren. Als Diagnosen lägen ein chronisches Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule (LWS) bei MRT-gesicherten degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorwölbungen der unteren LWS ohne neurologische Ausfälle, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine leichtgradige depressive Episode, eine generalisierte Angststörung und eine Zwangsstörung vorwiegend mit Zwangshandlungen vor. Eine psychiatrische Behandlung des Klägers sei bisher nicht erfolgt. Aus psychiatrisch-psychosomatisch-psychotherapeutischer Sicht wäre von der Ausübung einer leidensangemessenen Tätigkeit und entsprechenden qualitativen Einschränkungen durchaus ein therapeutischer, weil selbstwertstabilisierender und sinnstiftender Effekt zu erwarten. Aus Sicht der Fachgebiete des Sachverständigen könne der Kläger ohne Gefährdung der Gesundheit noch regelmäßig körperlich leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten, wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen sowie überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zur Positionsänderung unter Vermeidung von ausgeprägten Zwangshaltungen (Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel) verrichten. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände und die Fingergeschicklichkeit seien nicht eingeschränkt. Möglich seien Arbeiten mit geistig einfachen bis mittelschwierigen Anforderungen entsprechend dem Ausbildungsstand des Klägers und mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit ohne Arbeiten in Nachtschicht oder mit besonderem Zeitdruck (im Akkord, am Fließband). Der Kläger könne unter Berücksichtigung der Einschränkungen noch sechs bis unter acht Stunden täglich arbeiten. Aus den im Rahmen der Begutachtung erhobenen Befunden und nach der Aktenlage ergäben sich keine Erkenntnisse, die eine quantitative Leistungsminderung begründeten. Insbesondere sei auch nicht ersichtlich, warum der Kläger die von ihm als ausgesprochen angenehme und erfüllend empfundene (zum Teil ehrenamtliche) Tätigkeit im Strandbad A. nicht auch sechs Stunden und mehr verrichten könnte. Aus Sicht der Fachgebiete des Sachverständigen sei die Gehfähigkeit des Klägers und dessen Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kfz zu nutzen, nicht eingeschränkt. Den gegenwärtigen ehrenamtlichen Arbeitsplatz erreiche der Kläger in circa drei km Entfernung mit dem Fahrrad. Die Einholung weiterer Gutachten sei nicht erforderlich.
Der Kläger hat am 16. Oktober 2020 beantragt, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Facharzt für Neurologie und Nervenheilkunde Dr. R. mit Praxis in N. einzuholen. Dieser hat sein Gutachten vom 22. Februar 2021 auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung des Klägers am 19. Februar 2021 erstattet. Der Kläger begebe sich nach dem Frühstück um 8.30 Uhr zu seiner ehrenamtlichen Tätigkeit. Dorthin benötige er 20 Minuten mit Rad. Im Winter halte er sich eine bis eineinhalb Stunden dort auf, im Sommer drei bis vier Stunden. Die eigentliche Arbeit sei in knapp einer Stunde erledigt. Meist genieße er einfach die Zeit dort, sei passiv. Mittags wärme er sich eine Mahlzeit auf. Nachmittags sei er ebenfalls häufig passiv. Manchmal schaffe er es, noch Rad zu fahren. Wenn die Ehefrau nach Hause komme, trinke er gemeinsam mit ihr Kaffee. Bei der Untersuchung sei der Kläger nach etwa dreieinhalb Stunden kaum mehr dazu in der Lage gewesen, dem Anamnese- und Explorationsgespräch zu folgen. Rückwärtsbuchstabieren von Worten habe nicht mehr ausgeführt werden können für die Begriffe „Stuhl“ und „Pizza“. Vom Untersucher vorgegebenen raschen Wechseln der Themen und Zeitbezüge habe er nicht mehr folgen können. Die Auffassungsgabe sei regelgerecht gewesen. Das Kurzzeitgedächtnis sei zunächst ungestört gewesen. Nach dreieinhalb Stunden habe er keines der fünf Minuten früher präsentierten Worte mehr reproduzieren können. Die Aufmerksamkeit habe nach knapp über zwei Stunden nachgelassen. Nach zweieinhalb Stunden sei der Kläger hochgradig ablenkbar gewesen. Nach knapp über drei Stunden hätten sich formale Denkstörungen eingestellt mit eingeengtem Denken auf die negative Zukunftsperspektive und Insuffizienzerleben, Gedankenabreißen und Gedankenstopp. Die Stimmungslage sei zunächst allenfalls leicht depressiv abgesenkt gewesen. Nach knapp über drei Stunden sei die Stimmung mittelschwer depressiv abgesenkt mit deutlich eingeschränkter Schwingungsfähigkeit, nahezu Affektstarre. Nach knapp über drei Stunden habe eine deutliche Erschöpftheit bei Kläger eingesetzt, die er zu dissimulieren versucht habe und ihm offensichtlich peinlich gewesen sei. Die Antriebsstörung sei bereits nach dreieinhalb Stunden hochgradig ausgeprägt gewesen. Anforderungen des Untersuchers, z.B. Auskleiden, Ankleiden zur neurologischen und neuropsychologischen Untersuchung, habe der Kläger kaum mehr befolgen können, lediglich verlangsamt, wie gegen Widerstand. Auch eine quasi eingetretene Untersuchungspause von etwa einer Stunde, als der Gutachter die differenzierte neurologische und neurophysiologische Untersuchung und die Ultraschalldiagnostik durchgeführt habe, habe keine Besserung bewirken können. Die hochgradige Erschöpftheit habe weiter fortbestanden. Die Psychomotorik sei zunehmend verarmt. Der Kläger sei im Ergebnis der Begutachtung drei bis unter vier Stunden in körperlich mittelschweren Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar. Dies habe im Rahmen der Untersuchung „hier in einer quasi Simulation eines Arbeitsalltags mit mehreren psychiatrischen Explorationen, dem Bearbeiten von Selbstbeurteilungsfragebögen, neuropsychologischen Testungen und ausführlichen Anamnesegesprächen mit dem Gutachter nachvollzogen werden“ können. Nach knapp über drei Stunden sei es bei vorher erhaltener „Fassade“ zu einem hochgradigen Einbruch des Antriebs mit pathologischer Erschöpfbarkeit, einem starken Nachlassen der kognitiv-mnestischen Kompetenzen und dem Einsetzen formaler Denkstörungen gekommen. Diese sozialmedizinisch besonders relevanten psychopathologischen Parameter begründeten die reduzierte Belastbarkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Als Datum des Eintritts des Leistungsfalls könne erst der aktuelle Untersuchungstag gesehen werden. Im Vergleich zu dem von dem gerichtlichen Sachverständigen Stegemann seiner Begutachtung zugrunde gelegten Befund habe ein deutlich schlechterer psychopathologischer Befund imponiert. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Dieser könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Der Kläger sei bei der Benutzung eines Kraftfahrzeuges „dahingehend eingeschränkt, dass nach drei Stunden die Konzentrationsfähigkeit nachlässt“. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit bestehe mindestens für die Dauer von zwei Jahren.
Herr S. hat nach Übersendung des Gutachtens von Dr. R. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 22. April 2021 an seiner Leistungseinschätzung festgehalten. Diagnostisch fänden sich keine wesentlichen Differenzen. Leider enthalte das Gutachten von Dr. R. auch keine Angaben zu den Umständen der Anreise zur Untersuchung. Er empfehle eine neuropsychologische Zusatzuntersuchung bei dem Diplom-Psychologen D. Zu der Stellungnahme wird im Übrigen auf Blatt 271 bis 274 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.
Dipl.-Psych. D. hat - nach Bestellung zum Sachverständigen nach § 106 SGG -sein Gutachten vom 17. November 2021 auf der Grundlage der (zweimal auf Wunsch des Klägers verschobenen) ambulanten Untersuchung mit Exploration, Verhaltensbeobachtung und psychometrischer Untersuchung am 29. Oktober 2021 erstattet. Der Kläger habe berichtet, ehrenamtlich eine Vogelvoliere zu betreuen, im Winter zwei Stunden, im Sommer drei bis vier Stunden täglich. An aktuellen Beschwerden habe der Kläger Zukunftsängste angegeben. Er wisse nicht, wie es weitergehen solle. Morgens sei es am schlimmsten. Wenn er bei seinen Tieren sei, gehe es ihm besser. Die neuropsychologische Untersuchung sei von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr mit zwei Pausen von 10.20 Uhr bis 10.50 Uhr und von 12.20 Uhr bis 13.00 Uhr durchgeführt worden. Die wenigen in den Akten aufgeführten Tests wiesen „eklatante Widersprüche“ auf. Es sei grundsätzlich nicht auszuschließen, dass bei dem Kläger neuropsychologische Störungen vorlägen. Aufgrund der fehlenden Kooperation des Klägers und seiner mathematisch-statistisch nachgewiesenen Tendenz zu negativen Antwortverzerrungen sei die Messung seiner wahren psychischen Leistungsvoraussetzungen nicht möglich gewesen. Die Ergebnisse der psychometrischen Untersuchung seien nicht valide und plausibel. Ein „Störungsnachweis“ habe nicht erbracht werden können. Im Ergebnis lägen bei dem Kläger eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, und kombinierte Persönlichkeitsstörungen mit abhängigen und ängstlich-vermeidenden Anteilen vor. Die Schmerzsymptomatik sei deutlich gebessert mit aktuell noch geringer Schmerzausprägung. Nach Medikamentenumstellung durch den Hausarzt seien Durchschlafstörungen wieder aufgeflammt. Es bestünden Grübeln, soziale Ängste mit teilweiser Vermeidung spezifischer Situationen, Ängste und Sorgen um die Ehefrau sowie Zukunftssorgen. Simulation und Aggravation seien nicht auszuschließen. Es könnten entsprechend dem durchschnittlichen intellektuellen Funktionsniveau des Klägers einfache bis mittelschwierige geistige Anforderungen gestellt verrichtet werden. Aufgrund der sozialen Ängste und der rezidivierenden depressiven Störung mit aktuell leichter Ausprägung sollten Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr und Nachtschichten vermieden werden. Der Kläger könne unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen aus neuropsychologischer Sicht noch sechs bis unter acht Stunden unter üblichen betrieblichen Bedingungen arbeiten. Mit der Beurteilung durch Herrn S. bestehe im Wesentlichen Übereinstimmung. Die Einholung weiterer Gutachten sei nicht erforderlich.
Der Kläger hat nach § 109 SGG zunächst den Antrag gestellt, von Dr. R. eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme zur ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme von Herrn S. einzuholen, der schließlich um die Einbeziehung des Gutachtens von Dipl.-Psych. D. ergänzt worden ist. Dr. R. hat in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 11. April 2022 an seiner Leistungsbeurteilung festgehalten. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 388 bis 393 Bd. III der Gerichtsakten Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Juni 2022 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Bei ihm liege kein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden vor. Das ergebe sich aus den übereinstimmenden Einschätzungen im Entlassungsbericht der im Jahr 2017 durchgeführten Rehabilitation, den gerichtlichen Sachverständigengutachten von Herrn S. und Dipl.-Psych. D., dem Krankenhausentlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 9. April bis zum 29. Juni 2018 und dem Befundbericht von Dr. phil. Dipl.-Psych. K. Die Einschränkungen des Klägers durch eine Zwangsstörung (Ordnungs- und Sauberkeitswahn), eine chronische Schmerzstörung und eine leichte depressive Störung rechtfertigten ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich nicht. Dem Gutachten von Dr. R. sei nicht zu folgen, da dieses sich nur auf die subjektiven Angaben des Klägers und die Verhaltensbeobachtung des Gutachters gestützt sei, ohne diese zu überprüfen, was sich auf Grund der sich hier aus den Akten dann ergebenden raschen Verschlechterung der Befunde des Klägers aufgedrängt habe. Die dem Gutachten von Dr. R. zugrunde gelegte schlagartige Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten des Klägers nach einer Untersuchungsdauer von dreieinhalb Stunden sei nicht plausibel. Bei dem Kläger liege auch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht vor.
Der Kläger hat gegen das ihm am 29. Juni 2022 zugestellte Urteil am 28. Juli 2022 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft. Für ihn habe sich aus den „unterstellten beruflichen Beziehungen“ zwischen Herrn S. und Dipl.-Psych. D. ergeben, dass Letzterer voraussichtlich das Gutachten von Herrn S. unterstützen werde. Das Sozialgericht habe die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. R. nicht hinreichend gewürdigt. Es sei auch außer Acht gelassen worden, dass er - der Kläger - seit Jahren unter Zwangshandlungen leide, was durch ärztliche Atteste und den Abschlussbericht zu der über einen Zeitraum von sechs Wochen durchgeführten Arbeitserprobung vom 13. Mai 2019 untermauert werde. Der Kläger hat eine von ihm selbst veranlasste „Neurologisch-psychiatrische und tiefenpsychologisch fundierte gutachterliche Stellungnahme zur Vorlage beim Sozialgericht Magdeburg“ von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und für Psychotherapeutische Medizin Dr. S. vom 28. Oktober 2022 übersandt, der einzelne (aber nicht sämtliche) Unterlagen aus den Gerichts- und Verwaltungsakten und fünf „diagnostische tiefenpsychologisch fundierte Unterredungen“ in der Praxis dieses Arztes in L. zugrunde liegen. Der Kläger (dort „der zu Begutachtende“) sei in seiner Beurteilung „aus chronisch orthopädischen sowie psychomentalen Gründen“ „auf Dauer arbeitsunfähig für Tätigkeiten über drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“. Zur Dekompensation sei es im Dezember 2016 nach bereits zuvor sich über Jahre zuspitzender Arbeitsüberlastung mit multiplen orthopädischen und psychischen Beschwerden gekommen. „Einzig angemessen und vermutlich längerfristig möglich wäre rückblickend die Ausübung des Berufes als LKW-Fahrers im Kurzstreckenbereich möglich gewesen.“ Im Übrigen wird zu den Einzelheiten auf Blatt 453 bis 457 Bd. III der Gerichtsakten Bezug genommen.
Der Kläger beantragt ausdrücklich:
Das Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg vom 21.06.2022, hier eingegangen am 29.06.2022, zu Geschäfts-Nr. S 8 R 1013/18, wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Juni 2022 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat den Versicherungsverlauf vom 8. Juni 2023 übersandt, zu dem auf Blatt 505 bis 506 Bd. IV der Gerichtsakten verwiesen wird.
Der Kläger hat eine an den Hausarzt gerichtete Befundmitteilung des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. F. vom 23. Mai 2023 übersandt, in dem die Indikation für eine Fusion L3-5 und TLIF links aufgrund einer aktiven Ostochondrose mitgeteilt wird. Der Kläger sei einbestellt worden. In einer an den Kläger adressierten „gutachterlichen Stellungnahme“ vom 24. Juli 2023 hat dieser Arzt eingeschätzt, der Kläger sei „natürlich mit der gegenwärtig bestehenden Symptomatik nicht mehr in der Lage“ „mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten“. Im Übrigen wird hierzu auf Blatt 518 Bd. IV der Gerichtsakten Bezug genommen.
Auf die Anfrage des Senats zu einer aktuellen psychiatrischen oder psychologischen Betreuung hat der Kläger mitgeteilt, sich zweimal monatlich in psychotherapeutischer Behandlung zu befinden, die aus Sicht des behandelnden Dr. S. nicht erforderlich sei.
Der Senat hat sodann den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 26. Februar 2024 eingeholt, der angegeben hat, der Kläger befinde sich bei ihm in „weitmaschiger Behandlung“. Im Übrigen hat er auf eine weitere an die Prozessbevollmächtigten des Klägers adressiert Stellungnahme vom 20. September 2023 verwiesen, in der er an den wesentlichen Einschätzungen „auch im Hinblick meines Gutachtens“ vom 28. Oktober 2022 festgehalten hat. Dipl.-Psych. K. hat in seinem Befundbericht vom 12. Juni 2024 mitgeteilt, auf dem ersten Arbeitsmarkt sei der Kläger aus seiner Sicht langfristig nicht in der Lage, eine Arbeit zu verrichten. Prof. Dr. F. hat mit Datum vom 26. Juni 2024 ausgeführt, der Kläger habe sich dort zuletzt am 23. Mai 2023 vorgestellt. Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 540 bis 542, 568 und 570 bis 574 Bd. IV der Gerichtsakten verwiesen.
Zu den Umständen des am Mittag des Tages vor der mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2025 bei dem Senat eingegangenen Antrags, die mündlichen Verhandlung zu verlegen, da die alleinige Bearbeiterin bei den Prozessbevollmächtigten arbeitsunfähig erkrankt sei, wird auf deren Schriftsatz vom 5. Februar 2025, Blatt 601 Bd. IV der Gerichtsakte, das gerichtliche Schreiben der Senatsvorsitzenden von demselben Tag, Blatt 604 Bd. IV der Gerichtsakte, und den Beschluss der Senatsvorsitzenden vom Tag der mündlichen Verhandlung, Blatt 606 Bd. IV der Gerichtsakte, verwiesen. Zu der vor der Rücksendung des Empfangsbekenntnisses für den vorgenannten Beschluss eingegangenen Stellungnahme von Rechtsanwalt O. vom 6. Februar 2025 in dem um 9.29 Uhr eingegangenen Schriftsatz wird auf Blatt 611 Bd. IV der Gerichtsakten Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden können. Der Kläger, der - obwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet gewesen ist - unentschuldigt nicht zum Termin erschienen ist, ist in der ihm zugestellten Ladung darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Der Kläger ist hier auch nicht dadurch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, dass seine Prozessbevollmächtigte, die ebenfalls mit dem vorgenannten Hinweis ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden ist, nicht erschienen ist bzw. sich nicht selbst hat vertreten lassen. Unabhängig davon, dass ein Rechtsanwalt selbst die Obliegenheit hat, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) umsetzen, nach der am Tag vor der mündlichen Verhandlung geltend gemachte krankheitsbedingte Verhinderungsgründe für das Gericht nachvollziehbar dargelegt und belegt sein müssen, um zu einer Verlegung des Termins zu führen (vgl. BSG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - B 4 AS 459/13 B -, juris, RdNr. 5; BSG, Beschluss vom 16. April 2018 - B 9 V 66/17 B -, juris, RdNr. 5), ist der Prozessbevollmächtigten vor der Ablehnung des Verlegungsantrags durch die Senatsvorsitzende noch hinreichend Gelegenheit gegeben worden, einen Verlegungsgrund glaubhaft zu machen. Die formlose Mitteilung von Rechtsanwalt O. in seinem bei dem Senat am 6. Februar 2025 eingegangenen Schriftsatz, am Terminstag eine Fachanwaltsfortbildung wahrnehmen zu wollen, hat insoweit nicht genügt.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat in dem streitigen Zeitraum seit Rentenantragstellung keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, bzw. nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI voll erwerbsgemindert, wenn sie unter diesen Bedingungen außerstande sind, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der allgemeine Arbeitsmarkt im Sinne des § 43 Abs. 3 SGB VI hat keinen Bezug zu der bisherigen Tätigkeit des Versicherten oder einer Tätigkeit, in die er realistisch im Rahmen der Arbeitsförderung vermittelt werden könnte. Vielmehr ist ein am gesamten Bundesgebiet orientierter Maßstab offener und besetzter Stellen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in ungelernten Tätigkeiten anzulegen. Vor diesem Hintergrund erschließt sich für den Senat nicht, unter welchem Gesichtspunkt Dr. R. in seinem Gutachten auf körperlich mittelschwere Arbeiten abstellt, die in ihren geistigen, psychischen und mnestischen Anforderungen vergleichbar mit einer Untersuchung im Rahmen eines gerichtlich angeordneten Gutachtens sein sollen. Wenn dieser Gutachter davon ausgeht, die bei ihm beobachtete Untersuchungssituation simuliere eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, liegt dem ein Fehlverständnis des geltenden rechtlichen Maßstabes zugrunde. Dasselbe gilt für seine Einschätzung, aus Sicht eines Probanden würden körperliche Untersuchungen als Pausen wahrgenommen. Die vom Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legende körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeit mit geringen Anforderungen an Konzentration, Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeit und Gedächtnis verlangt von einem Beschäftigten weder, nach über drei Stunden Tätigkeit Begriffe rückwärts zu buchstabieren noch Begriffe nach fünf Minuten verstrichener Zeit zu erinnern. Vielmehr müssen in den maßgebenden Tätigkeitsfeldern regelmäßig wiederkehrende einfache Handgriffe abgerufen werden können, was nach einer gewissen Einarbeitungszeit zu einer Routine wird, die in wesentlichen Teilen unbewusst gesteuert wird. Noch weiter als der von Dr. R. angelegte Maßstab liegt die Einschätzung des Klägers von der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geprägten Auslegung des allgemeinen Arbeitsmarktes entfernt, soweit dieser auf seine letzte Tätigkeit als Anlagenfahrer abstellt. Nicht nachvollziehbar ist auch, dass der Kläger meint, sein Anspruch werde durch die von ihm selbst bei Dr. S. eingeholte gutachterliche Stellungnahmen vom 28. November 2022 und 20. September 2023 gestützt, der sogar die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers im Nahbereich als dem Kläger für zumutbar erachtet. Eine solche Tätigkeit liegt vielmehr in ihren Anforderungen deutlich oberhalb des Leistungsbildes, das der gerichtliche Sachverständige S. als dem Kläger zumutbar herausgearbeitet hat. Auch in Bezug auf das Ergebnis der vom 25. März bis zum 3. Mai 2019 durchgeführten Maßnahme zur Abklärung der beruflichen Eignung und Arbeitserprobung bleibt unklar, ob dort der Maßstab im Sinne des § 43 SGB VI angelegt wurde oder auf Tätigkeiten, z.B. die getesteten Hausmeistertätigkeiten, abgestellt wurde, für die eine Vermittlung im Rahmen der Arbeitsförderung in Wohnortnähe realistisch gewesen wären.
Der Senat legt als Leistungsbild zugrunde, dass der Kläger noch regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich zumindest körperlich leichte Arbeiten, wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen sowie überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zur Positionsänderung unter Vermeidung von ausgeprägten Zwangshaltungen (Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel) verrichten kann. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände und die Fingergeschicklichkeit des Klägers sind nicht eingeschränkt. Möglich sind Arbeiten mit geistig einfachen bis mittelschwierigen Anforderungen mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit ohne Arbeiten in Nachtschicht, mit besonderem Zeitdruck (im Akkord, am Fließband) oder häufigem Publikumsverkehr.
Für die Zeit bis zum 18. Februar 2021 ergeben sich aus den Akten keine gutachterlichen Einschätzungen, denen eine quantitative Leistungsminderung des Klägers zu entnehmen ist. Für die Zeit ab dem 19. Februar 2021 ist ein unter sechs Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen für körperlich mittelschwere Arbeiten von Dr. R. angenommen worden. Dessen Gutachten kann sich der Senat bereits vor dem Hintergrund des diesem zugrundeliegenden Leistungsbildes nicht anschließen. Die Leistungseinschätzung von Herr S. und Dipl.-Psych. D. stimmt im Ergebnis darin überein, dass dem Kläger seit Rentenantragstellung zumindest körperlich leichte und geistig einfache bis mittelschwierige Tätigkeiten zuzumuten sind. Die zwischen den letztgenannten Gutachtern nicht ganz einheitlich beantwortete Frage, ob bei dem Kläger eine Aggravation, wenn nicht sogar eine Simulation seiner Beschwerden anzunehmen sein könnte, ist nicht streitentscheidend, da sich in Abhängigkeit von ihrer Beantwortung keine quantitative Leistungsminderung des Klägers ergibt. Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich keine Erkrankung, mit der sich schlüssig ein geringeres Leistungsvermögen begründen könnte, als es zum Leistungsbild des Klägers vorstehend aufgeführt worden ist. Die Auffassung von Dr. R., dass sich regelmäßig im Verlauf eines Arbeitstages eine leichte Depression zu einer mittelschweren, wenn nicht sogar schweren Depression entwickeln soll, kann aus Sicht des Senats nicht überzeugen. Dagegen spricht die Einschätzung von Herrn S., dass vielmehr eine leidensgerechte Tätigkeit von dem Kläger sogar als sinnstiftend und entlastend empfunden werden könnte. Es ist plausibel, dass der Herr S. insoweit z.B. auf die ehrenamtliche Tätigkeit des Klägers verweist, die sich dadurch auszeichnet, dass der Kläger ohne erkennbare Beanstandung der Geschäftsführerin der Einrichtung über den Zeitraum von Jahren die Verantwortung für die Pflege von Lebewesen übernommen hat und diese Tätigkeit selbst positiv beschreibt. In Bezug auf das zuverlässige Aufsuchen eines Arbeitsortes, die Erfüllung von Routinen etc. ist die ehrenamtliche Tätigkeit des Klägers mit einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vergleichbar. Die vom Kläger angeführten Zwangshandlungen, die sich im Wesentlichen auf Ordnung und Sauberkeit richten, erweisen sich z.B. in der praktizierten Versorgung empfindlicher Tiere nicht als hinderlich.
Bei dem Kläger liegt weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, ein Katalog- oder Seltenheitsfall vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes hätte führen können. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen (vgl. Beschluss des Großen Senats [GS] des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, juris; zur Anwendung dieser Rechtsprechung auf die aktuelle Rechtslage z.B. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2019 - B 13 R 7/18 R -, juris, RdNr. 22ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.