Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 05.05.2023 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 156.131,48 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) über eine Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Bezug auf die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin in den Jahren 2011 bis 2018.
Die Klägerin, die bis Ende Mai 2019 als U. GmbH & Co. O. KG firmierte, betreibt den Chemieparks O.. Dort beschäftigte sie den Beigeladenen zu 1) (im Folgenden: Z) seit Juni 2001 zunächst als technischen Angestellten, nachfolgend als Fachplaner Engineering und sodann als Senior Fachplaner.
Z ist Diplom-Bauingenieur und seit Ende 1995 freiwilliges Mitglied der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie Mitglied der Beigeladenen zu 6). Im Zusammenhang mit der Aufnahme einer früheren Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber, dem Ingenieurbüro A., hatte ihm die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), einen Befreiungsbescheid zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 29.05.1996 erteilt. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
„Sehr geehrter Herr Z…!
Auf ihren Antrag werden sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.
Eingangsdatum des Befreiungsantrags 20.12.95
Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht 15.09.93
Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung 27.12.95
Versorgungseinrichtung Beginn der Befreiung
Versorgungswerk
der Architektenkammer 27. Dez. 1995
Postfach 32 12 45
40427 Düsseldorf
Die Befreiung wirkt erst ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung.
Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.
Die Befreiung erstreckt sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt werden."
Es folgten eine Rechtsmittelbelehrung sowie Ausführungen zum Widerruf des Bescheides.
Zudem erhielt B von der BfA eine Bescheinigungskarte auszugsweise folgenden Inhaltes:
„Diese Karte ist dem jeweiligen Arbeitgeber für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses auszuhändigen. Sie ist sorgfältig aufzubewahren, bei einer Beitragsprüfung vorzulegen und bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dem Arbeitnehmer zurückzugeben.
(…)
Der Versicherte ist nach § 6 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. Die Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Für die Dauer der Befreiung sind keine Pflichtbeiträge zu zahlen.
(…)
Die Befreiung erstreckt sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt werden.
(…)"
Weitere Beschäftigte der Klägerin, so die Bauingenieure F. (im Folgenden: G), C. (im Folgenden: P) und D. (im Folgenden: R), verfügten über entsprechende, ihnen im Rahmen der Aufnahme vorangegangener Arbeitsverhältnisse, erteilte Befreiungsbescheide.
Im Jahr 2015 führte die Beklagte bei der Klägerin für die Jahre 2011 bis 2014 eine Betriebsprüfung durch und stellte mit Bescheid vom 16.06.2015 eine Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung fest. Dabei ließ sie die Beurteilung der Versicherungspflicht einiger Arbeitnehmer noch offen. Die Rechtmäßigkeit deren Befreiung von der Rentenversicherungspflicht könne erst nach Vorlage fehlender Unterlagen geprüft werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehreren Urteilen vom 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R; B 12 R 8/10 R und B 12 R 3/11 R) klargestellt, dass ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitgliedes eines Versorgungswerks von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber gelte. Bei einem Beschäftigungswechsel würden Befreiungsbescheide gegenstandslos. Ein schutzwürdiges Vertrauen bestehe nicht. Daher werde gebeten, für näher bezeichnete Arbeitnehmer, u.a. Z, G, R und P einen neuen Befreiungsantrag zu stellen, damit sie, die Beklagte, über die Rentenversicherungspflicht entscheiden könne.
Auf telefonische Erinnerungen der Beklagten teilte die Klägerin mit, nichts veranlasst zu haben (März 2016) bzw. stellte eine Klärung in Aussicht (Januar 2017). Einer späteren schriftlichen Erinnerung (September 2017) folgend machte sie im Mai 2018 geltend, sie gehe aufgrund einer Information der Beklagten zum Thema „Änderungen im Befreiungsrecht der Rentenversicherung - Umsetzung des BSG-Urteils vom 31.10.2012“ von einem Bestandsschutz der durch die BfA an die Bauingenieure erteilten Befreiungsbescheide aus.
Der Mitteilung der Beklagten aus Juni 2018 folgend, dass sie die Auffassung der Klägerin nicht teile und für den Fall der Nichtvorlage neuer Befreiungsbescheide Rentenversicherungsbeiträge ab Januar 2011 nacherheben werde, stellten Z, R und P auf Aufforderung der Klägerin entsprechende Befreiungsanträge. Diese wurden abgelehnt (Bescheid betreffend Z vom 22.01.2019).
Nach Anhörungen (unter dem 03.06.2019 und 09.12.2019) setzte die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2020 für die Jahre 2011 bis 2018 eine Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Bezug auf die Tätigkeit von Z, G, R und P i.H.v. 394.699,10 Euro zuzüglich Säumniszuschlägen i.H.v. 167.963 Euro (insgesamt 562.662,10 Euro) fest. Zur Begründung führte sie u.a. an, dass für Z und die weiteren drei Bauingenieure keine wirksamen Befreiungsbescheide im Hinblick auf die Beschäftigung bei der Klägerin vorlägen. Vertrauensschutz komme dieser nicht zu. Die Beitragsforderung sei auch nicht verjährt, da die Klägerin die Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe. Trotz der Aufforderung im Bescheid vom 16.06.2015, neue Befreiungen von der Rentenversicherungspflicht vorzulegen, habe sie die Aufklärung bis ins Jahr 2018 verzögert und die Nichtabführung von Beiträgen zur Rentenversicherung damit billigend in Kauf genommen. Entsprechend seien Säumniszuschläge zu zahlen.
Auf den Widerspruch der Klägerin und nach Neuberechnung aufgrund ihr übersandter Lohnkonten reduzierte die Beklagte die Nachforderung mit Bescheid vom 05.02.2021 auf insgesamt 562.654,90 Euro. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2021 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.04.2021 Klage beim Sozialgericht Köln (SG) erhoben.
Die Beitragsforderung sei unrechtmäßig. Die Befreiungsbescheide der BfA wirkten nach zutreffender Auslegung für die Tätigkeit als Bauingenieur über konkrete Beschäftigungsverhältnisse hinaus für die Dauer der Mitgliedschaft im Versorgungswerk. Eine Beschränkung auf das zum Zeitpunkt der Erteilung der Befreiung bestehende Beschäftigungsverhältnis lasse sich den im Wesentlichen aus wortlautidentischen vorgedruckten Formulartexten bestehenden Bescheiden nicht entnehmen. Die Bescheide der BfA seien daher weder durch Arbeitgeberwechsel noch durch Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zum Januar 1996 erledigt.
Zudem sei ihr, der Klägerin, auf Grundlage der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R) Vertrauensschutz aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens zu gewähren. Im Rahmen eines im Jahr 2004 geführten Telefonates habe die BfA G sinngemäß die Auskunft erteilt, ein anstehender Arbeitgeberwechsel (nicht zu ihr) werde keine Auswirkung auf die ihm erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht haben. Solange er bei einem anderen Versorgungsträger Beiträge entrichte, gelte seine Befreiung fort. Eine schriftliche Bestätigung sei ihm zwar verweigert worden, jedoch habe G von der Architektenkammer und dem Versorgungswerk auf dortige Nachfrage telefonisch eine gleichlautende Auskunft erhalten.
Vertrauensschutz ergebe sich zudem unter dem Gesichtspunkt einer ausgeübten Verwaltungspraxis i.V.m. Art. 3 Grundgesetz (GG). Nach dem bereits genannten Informationsschreiben der Beklagten 2014 werde berufsständig Versorgten bei Ausübung einer klassischen berufsspezifischen Tätigkeit im Falle des auf eine Befreiung folgenden Arbeitgeberwechsels vor dem 31.12.2012 Vertrauensschutz gewährt. Als solche sei die Tätigkeit der von der Klägerin beschäftigten Bauingenieure anzusehen. Der alleinige Unterschied zu den von der Beklagten adressierten Fällen bestehe darin, dass die Mitarbeiter der Klägerin keine Pflicht-, sondern freiwillige Mitglieder im Versorgungswerk seien. Über diesen Umstand trage jedoch die Regelung des § 231 Abs. 2 SGB VI hinweg.
Etwaige Beitragsansprüche seien zudem verjährt. Die Hemmung der Verjährung habe am 16.12.2015 (sechs Monate nach der Schlussbesprechung über die vorangegangene Betriebsprüfung) geendet. Die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV gelte in Ermangelung des notwendigen Vorsatzes, für den die Beklagte die Beweislast trage, nicht. Zwar habe sie, die Klägerin, aufgrund der Betriebsprüfung und des Bescheides vom 16.06.2015 eine Beitragspflicht für möglich gehalten. Eine Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen sei von ihr jedoch keineswegs billigend in Kauf genommen worden. Vielmehr habe sie aufgrund der Veröffentlichung der Beklagten Anfang des Jahres 2014, aufgrund der Mitteilung der BfA gegenüber G sowie aufgrund von Rechtsprechung ernstlich darauf vertraut, dass die Versicherungsfreiheit der bei ihr tätigen Bauingenieure im Rahmen einer von der Beklagten vorbehaltenen neuen Betriebsprüfung bestätigt werde. Deshalb seien von ihr über Jahre hinweg Leistungen an das Versorgungswerk der Architektenkammer NRW erbracht worden. Das Risiko der Einordnung komplexer sozialversicherungsrechtlicher Wertungsfragen könne ihr nicht überantwortet werden. Entsprechend halte sie die Erhebung von Säumniszuschlägen für rechtswidrig.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2020 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 05.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2021 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, an sie 562.662,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden gestützt und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 05.05.2023 abgewiesen. Z, G, R und P seien nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die jeweiligen Befreiungsbescheide der BfA hätten sich mit der Rechtsprechung des BSG zur Auslegung entsprechender Formularbefreiungsbescheide durch die Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse, für die sie erteilt worden seien, erledigt. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die vorgetragene telefonische Auskunft der BfA gegenüber G im Jahr 2004 könne weder aus einem Verstoß gegen Treu und Glauben noch über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen. Ein Befreiungsantrag habe ohnehin nicht zu einer (erneuten) Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung führen können, da diese seit Januar 1996 für Z, G, R und P ausgeschlossen sei. Angestellte Ingenieure könnten nicht Pflichtmitglied einer berufsständischen Ingenieurkammer sein, wie es eine Befreiung nach § 6 SGB VI voraussetze. Die Beitragsforderung sei nicht verjährt. Da die Klägerin die Beiträge zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten habe, gelte eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Mit Erhalt des Bescheides vom 16.06.2015 habe die Klägerin ihre Beitragspflicht jedenfalls für möglich gehalten und die Nichtentrichtung der Rentenversicherungsbeiträge billigend in Kauf genommen. Aus entsprechenden Gründen sei die Festsetzung der Säumniszuschläge nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 15.06.2023 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.07.2023 Berufung eingelegt und ihr Klagebegehren – zunächst einschließlich des Beitragserstattungs- und Zinsantrags – unter Erneuerung und Vertiefung ihres Vortrags weiterverfolgt.
Selbst wenn sich die Befreiungsbescheide der BfA – entgegen ihrer Ansicht – bei Aufnahme der Beschäftigung des Z in ihrem Unternehmen erledigt hätten, bestehe angesichts der im Jahr 2004 erteilten Telefonauskunft der BfA auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG jedenfalls Vertrauensschutz. An dieser Auskunft ihrer Rechtsvorgängerin müsse sich die Beklagte aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens festhalten lassen. Soweit das SG meine, für Z sei eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 SGB VI seit Januar 1996 ausgeschlossen, übersehe es die Übergangsregelung des § 231 Abs. 2 SGB VI, deren Voraussetzungen angesichts des vor dem 31.12.1995 gestellten Befreiungsantrags vorlägen.
Etwaige Beitragsansprüche seien insbesondere aber verjährt, die Voraussetzungen für eine 30-jährige Frist nicht erfüllt. Zwar möge es sein, dass sie, die Klägerin, eine Beitragspflicht angesichts der Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 16.06.2015 für möglich gehalten habe. Die Annahme eines bedingten Vorsatzes bezüglich einer (vermeintlichen) Beitragspflicht sei dennoch geradezu unvertretbar und laufe darauf hinaus, von ihr zu dieser Zeit höhere Einsichten zu verlangen als von ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung. Die Auslegung der Reichweite der Formularbefreiungsbescheide der BfA sei erst durch Entscheidungen des BSG vom 13.12.2018 (B 5 RE 3/18 R) und 16.06.2021 (B 5 RE 4/20 R) geklärt worden. Insbesondere das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW Urt. v. 14.03.2017 – L 18 R 852/16) habe noch im Jahr 2017 die Ansicht vertreten, alte Formularbefreiungsbescheide der BfA würden auch in nachfolgenden Beschäftigungsverhältnissen fortgelten. Darüber hinaus habe das BSG noch mit Beschluss vom 07.03.2018 (B 5 RE 3/17 R) entschieden, dass sich ein Befreiungsbescheid, der sich nicht auf eine bestimmte konkrete Beschäftigung beschränke, sondern nur eine Tätigkeit bezeichne, nur dann erledige, wenn er aufgehoben werde, wobei dies auch im Falle von Arbeitgeberwechseln gelte. Die fehlende Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist könne ihr, der Klägerin, nicht vorgeworfen werden. Sie habe sowohl im Zeitpunkt des Zuganges des Bescheides vom 16.06.2015 als auch in der Folgezeit – wie bereits dargelegt – ernstlich darauf vertraut, dass die Versicherungsfreiheit des Z aufgrund des Befreiungsbescheides der BfA fortbestehe.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 27.01.2025 ist der Klägerin gem. § 106a Abs. 1 SGG eine Frist von 4 Wochen zur Beibringung weiterer Erklärungen und Beweismittel gesetzt worden.
Der Senat hat den unter dem Aktenzeichen L 8 BA 101/23 geführten Rechtsstreit hinsichtlich der die Tätigkeit des Z betreffenden Beitragsforderung einschließlich Säumniszuschlägen, die sich nach Angaben der Beklagten auf insgesamt 156.131,48 Euro beläuft, mit Beschluss vom 06.03.2025 getrennt und im vorliegenden Verfahren fortgeführt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 05.05.2023 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2020 in der Gestalt des Bescheides vom 05.02.2021 und des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2021 aufzuheben, soweit er Beiträge für den Beigeladenen zu 1) festsetzt.
Die Beklagte, die das angefochtene Urteil für zutreffend hält, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 05.05.2023 ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2020 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2021 (§ 86 SGG) und des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2021 (§ 95 SGG), soweit hiermit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Beschäftigung des Z bei der Klägerin und darauf entfallende Säumniszuschläge festgesetzt worden sind. Erstattungs- und Zinsbegehren sind nicht mehr streitgegenständlich, da die Klägerin ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung auf die Anfechtung des Beitragsbescheides beschränkt hat. Hierin liegt eine konkludente Teilrücknahme der Klage (§ 102 Abs. 1 SGG) (vgl. z.B. Guttenberger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 99 Rn. 33 m.w.N.).
Das SG hat die als Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 SGG statthafte (vgl. BSG Urt. v. 20.03.2013 – B 12 R 13/10 R – juris Rn. 12) und auch im Übrigen zulässige Klage hinsichtlich der hier im Verfahren streitigen, auf die Tätigkeit des Z entfallenden Beitragsforderung einschließlich Säumniszuschlägen mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind (insoweit) rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGK.
Ermächtigungsgrundlage für die von der Beklagten festgesetzte Forderung ist § 28p Abs. 1 S. 1 und 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im diesem Rahmen werden von ihnen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe u. a. in der Rentenversicherung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern erlassen.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist innerhalb dieser Ermächtigung sowohl formell (hierzu unter 1.) als auch materiell (hierzu unter 2.) rechtmäßig ergangen.
1. Der streitige Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Klägerin vor Erlass des sie belastenden Verwaltungsaktes unter dem 03.06.2019 und 09.12.2019 ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X).
2. Auch in materieller Hinsicht ist der Beitragsbescheid (im hier streitbefangenen Teil) rechtmäßig.
Gem. § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge u.a. zur Rentenversicherung zu entrichten (§ 28d S. 1 SGB IV). Z unterlag in der Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2018 im Hinblick auf die Tätigkeit für die Klägerin der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung (hierzu unter a.). Er war hiervon nicht, insbesondere auch nicht aufgrund des Bescheides der BfA vom 16.06.2015, befreit (hierzu unter b.). Die Klägerin kann sich weder erfolgreich auf Vertrauensschutz aus Treu und Glauben (hierzu unter c.) noch auf eine Selbstbindung der Beklagten (hierzu unter d.) berufen. Die Beitragsforderung ist nicht verjährt (hierzu unter e.) und die erfolgte Erhebung von Säumniszuschlägen rechtmäßig (hierzu unter f.). Fehler bei der Berechnung der (Nach-)Forderung sind nicht erkennbar (hierzu unter g.).
a. Der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegen gem. § 1 Abs. 1 S. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) beschäftigt (§ 7 Abs. 1 SGB IV) sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI), wie dies bei Z in seinen verschiedenen Tätigkeiten für die Klägerin (technischer Angestellter, Fachplaner Engineering, Senior Fachplaner) seit Juni 2001 (unumstritten) der Fall war.
b. Z, der keinen Versicherungsfreiheitstatbestand nach § 5 SGB VI erfüllt, ist auch nicht aus sonstigen Gründen von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit.
aa. Über eine Befreiung gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI (konkret) für die Tätigkeit bei der Klägerin verfügt er nicht. Vielmehr ist sein entsprechender, hierauf gerichteter Antrag mit – bindendem – Bescheid vom 22.01.2019 abgelehnt worden.
bb. Eine Befreiung des Z von der Rentenversicherungspflicht in seiner Beschäftigung bei der Klägerin besteht – anders als letztere meint – auch nicht deshalb, weil die BfA ihn auf seinen – anlässlich der Tätigkeit bei seinem früheren Arbeitgeber, dem Ingenieurbüro A., gestellten – Antrag nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB VI in der bis zum 31.12.1995 gültigen Fassung mit Formularbescheid vom 29.05.1996 von der Rentenversicherungspflicht befreit hatte.
Soweit von der Klägerin berufungsbegründend (zunächst) wiederholt worden ist, derartige Formularbefreiungsbescheide wirkten über konkrete Beschäftigungsverhältnisse hinaus für die Dauer der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Architektenkammer, widerspricht ihre Ansicht der gegenteiligen, gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG Urt. v. 22.03.2018 – B 5 RE 5/16 R – juris Rn. 24 ff. unter ausdrücklicher Ablehnung des von der Klägerin in Bezug genommenen Urteils des LSG NRW v. 14.03.2017 – L 18 R 852/16 in Rn. 30, 33; Urt. v. 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R – juris Rn. 28 ff.; Urt. v. 16.06.2021 – B 5 RE 4/20 R – juris Rn. 21 ff.). Der Formularbescheid der BfA vom 29.05.1996 vermochte nach der Aufgabe der Tätigkeit des Z beim Ingenieurbüro A. keine Rechtswirkungen mehr zu entfalten und hat sich mit deren Beendigung – ohne dass es eines „Widerrufs“ bzw. einer Aufhebung bedurfte – nach § 39 Abs. 2 SGB X „auf andere Weise“ erledigt (vgl. u.a. BSG Urt. v. 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R – juris Rn. 46 m.w.N.; Urt. v. 16.06.2021 – B 5 RE 4/20 R – juris Rn. 32; Urt. v. 23.09.2020 – B 5 RE 6/19 R – juris Rn. 15). Auch aus § 231 Abs. 2 SGB VI ergibt sich kein anderes Ergebnis, da dessen tatbestandliche Voraussetzungen eines Verbleibens „in der jeweiligen Beschäftigung“ – wie ebenfalls höchstrichterlich entschieden ist (vgl. BSG Urt. v. 16.06.2021 – B 5 RE 4/20 R – juris Rn. 33) – nicht erfüllt sind. Ergänzende Ausführungen erübrigen sich vor dem Hintergrund der vielfachen und nachvollziehbaren Darlegungen des BSG zum Umfang der Wirkung von Befreiungsbescheiden wie dem vorliegenden.
c. Die Klägerin vermag ihrer – aus der Beschäftigung des Z resultierenden – Beitragspflicht auch nicht unter Berufung darauf zu begegnen, ihr komme schützenswertes Vertrauen in den uneingeschränkten Fortbestand der Z im Mai 1996 erteilten Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu.
Soweit sie sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass (dem weiteren bei ihr beschäftigten Bauingenieur) G im Rahmen eines 2004 mit der BfA geführten Telefonates sinngemäß die Auskunft erteilt worden sei, ein anstehender Arbeitgeberwechsel (noch zu einem anderen Arbeitgeber als ihr) werde keine Auswirkung auf die (ihm wie auch Z formularmäßig erteilte) Befreiung von der Rentenversicherungspflicht haben, vermag dies in keiner Weise als Grundlage für den von der Klägerin für sich selbst bemühten Vertrauensschutz aus „dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens“ bzw. aus „Treu und Glauben“ zu genügen.
Mit ihrem Vorbringen übersieht die Klägerin bereits grundlegend, dass ein möglicher Schutz des Vertrauens originär (allein) dem konkreten Versicherten persönlich zukäme (vgl. BSG Urt. v. 16.06.2021 – B 5 RE 4/20 R – juris Rn. 34; Urt. v. 23.09.2020 – B 5 RE 6/19 R – juris Rn. 17; Urt. v. 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R – juris Rn. 33; Urt. v. 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R – juris Rn. 34; vgl. ferner: Urt. v. 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R – juris Rn. 58). Grundgedanke der fakultativen Befreiung von der Versicherungspflicht ist es, dem Einzelnen den Entschluss darüber zu belassen, ob er selbst für die Wechselfälle des Lebens vorsorgen oder den Schutz der Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen möchte. Daher ist die Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht auch nur auf einen entsprechenden freiwilligen Antrag hin möglich. Im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ist der Versicherte dabei allein antragsberechtigter Inhaber eines Befreiungsanspruchs (§ 6 Abs. 2 SGB VI) (vgl. Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl. 2021, § 6 Rn. 37; Gürtner in: beck-online.Grosskommentar, SGB VI, Stand: 01.07.2021, § 6 Rn. 27; vgl. auch BSG Urt. v. 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R – Rn. 25: „Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen“). Erst – und nur – im Falle der Inanspruchnahme durch den Versicherten könnte Vertrauensschutz derivativ auf die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge wirken (vgl. Rolfs/Marcelli, ZFA 2014, S. 419, 441, 449).
Ein – für die Klägerin ableitbarer – Vertrauensschutz besteht jedoch schon insoweit nicht, als weder G, dem die Auskunft erteilt worden sein soll und (erst recht) auch nicht Z, dessen Beiträge im vorliegenden Verfahren streitig sind, Vertrauensschutz zuerkannt wurde (hierzu unter aa.). Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für einen solchen Schutz nach dem aktenkundigen Sachstand auch weder bezogen auf G (hierzu unter bb.) noch bezogen auf Z (hierzu unter cc.) vor.
aa. Vertrauensschutz, den die Klägerin für sich ableiten möchte, ist weder G noch Z gewährt worden.
G selbst hat nach dem aktenkundigen Sachverhalt nicht einmal Vertrauensschutz für sich in Anspruch genommen. So ist von ihm – anders als von Z, R und P – für seine Tätigkeit bei der Klägerin kein Befreiungsantrag gestellt worden.
Den von Z gestellte Antrag auf Befreiung hat die Beklagte mit Bescheid vom 22.01.2019 abgelehnt. Von der Bestandskraft dieser Ablehnung (§ 77 SGG) wird auch ein (etwaiger) materiell-rechtlicher Anspruch auf Befreiung aus Vertrauensschutzgründen erfasst. Dem von der Klägerin gewünschten (abgeleiteten) Schutz fehlt es insofern an jeglicher Grundlage.
bb. Darüber hinaus mangelt es auch an hinreichend belegten Umständen, die (überhaupt) einen Vertrauensschutztatbestand zugunsten des G (selbst) begründen könnten. So ist die vermeintlich von ihm seitens der BfA erlangte Auskunft durch die Klägerin lediglich behauptet worden. Weder sind der konkrete Inhalt und entsprechend auch nicht die (genaue) Reichweite einer im Rahmen des angegebenen Telefonats etwaig getätigten Aussage des dortigen Mitarbeiters ausreichend bekannt. G konnte sich nach dem Vortrag der Klägerin selbst lediglich „sinngemäß“ an das Gespräch erinnern. Den (damals) zuständigen Ansprechpartner hat die Klägerin nicht ladungsfähig angegeben. Gerade die Ermittlung des konkreten Wortlauts einer etwaigen schutzbegründenden Aussage wäre für einen Vollbeweis des behaupteten Sachverhalts von maßgeblicher Bedeutung und Missverständnisse müssten ausgeschlossen werden können. Ergänzend kommt hinzu, dass G selbst nach dem eigenen Vortrag der Klägerin (jedenfalls zunächst) nicht auf die Auskunft der Rechtsvorgängerin der Beklagten vertraut hat. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ihm eine schriftliche Bestätigung, deren Wesentlichkeit er nach dem Vortrag der Klägerin durchaus erkannte, verweigert wurde. Ob von der Klägerin behauptete, anschließend von G geführte Gespräche mit der Architektenkammer und dem Versorgungswerk (nachträglich) nachvollziehbar dessen Vertrauen in die Richtigkeit einer (zunächst angezweifelten) Auskunft der BfA schaffen konnten, ist mangels jeglichen konkretisierten Vortrags bzw. näherer Anhaltspunkte hierzu gänzlich offengeblieben.
Neben dem mangelnden Nachweis eines zur Auslösung von Vertrauensschutz bei G geeigneten Sachverhalts fehlt es darüber hinaus an einem Vortrag der Klägerin dazu, dass G bei dem zeitlich späteren Wechsel in das klägerische Unternehmen noch immer auf die genannten Gespräche in 2004 vertraut haben will und nicht inzwischen zu anderen Erkenntnissen gelangt war.
cc. Hinsichtlich des Z, auf dessen Vertrauen es – im Streit um Beitragszahlungen für ihn – vorliegend maßgeblich ankäme, ist (nicht einmal dargelegt und erst recht) nicht belegt, dass er überhaupt Kenntnis von der – vermeintlich – G erteilten Auskunft hatte und hierauf dann – in seiner eigenen Angelegenheit – vertraut hat bzw. vertrauen durfte (vgl. BSG Urt. v. 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R – juris Rn. 48; Urt. v. 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R – juris Rn. 35 ff.). Ein solches Vertrauen hätte Z im Übrigen in dem – auf seinen Befreiungsantrag 2018 hin – durchgeführten Verwaltungsverfahren geltend machen müssen. In diesem ist ihm eine Befreiung – wie dargelegt bestandskräftig – jedoch gerade nicht erteilt worden.
d. Entgegen ihrer Auffassung kann sich die Klägerin gegen ihre Zahlungspflicht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer „ausgeübten Verwaltungspraxis i.V.m. Art. 3 GG“ wenden.
Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. z.B. BSG Urt. v. 25.06.2009 – B 10 EG 8/08 R – juris Rn. 52 m.w.N. auch zum BVerfG). Soweit die Klägerin eine ihre Rechte verletzende Verwaltungspraxis aus der in Bezug genommenen, 2014 veröffentlichten Mitteilung zur „Verwaltungspraxis nach Änderungen im Befreiungsrecht der Rentenversicherung - ergänzende Information zur Umsetzung der BSG Urteile vom 31.10.2012“ (Abdruck in: NZA 2014, S. 136 f.; im Folgenden: Informationsschreiben 2014) herleiten will, geht dies fehl.
Die Klägerin hat bereits selbst einen Unterschied zu den von der Beklagten adressierten Fällen gesehen. So seien ihre Mitarbeiter keine Pflicht- sondern freiwillige Mitglieder im Versorgungswerk.
Darüber hinaus vermittelte die genannte Information bei hinreichender Lektüre nicht einmal im Ansatz den Eindruck, Z könne aufgrund des ihm für seine frühere Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber erteilten Befreiungsbescheides auch für die (spätere) Beschäftigung bei der Klägerin (weiter) versicherungsbefreit sein. Vielmehr wurde dort im Gegenteil allein für die Gruppe der „klassischen“ berufsspezifischen Tätigkeiten (benannt mit Krankenhausärzten, Apothekern in Apotheken oder Rechtsanwälten bei anwaltlichen Arbeitgebern), also für die Angehörigen von freien Berufen (vgl. insoweit auch BT-Drs. 13/2590, S. 18) von einem Vertrauensschutz ausgegangen. Für andere berufsständisch Versorgte erfolgte dagegen der ausdrückliche Hinweis, dass diese bei jedem Arbeitgeberwechsel oder wesentlich neuem Tätigkeitsfeld eine neue Befreiung beantragen müssten.
Schließlich verkennt die Klägerin zudem, dass ein (Abwehr-)Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG und dem daraus folgenden Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung nur dort in Betracht kommt, wo Gestaltungsspielräume der Verwaltung bestehen und die praktizierte Handhabung rechtmäßig ist. Ein Anspruch auf Gleichheit im Unrecht besteht nicht (vgl. BVerfG Beschl. vom 17.06.2004 – 2 BvR 383/03 – juris Rn. 243; BSG Urt. v. 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R – juris Rn. 58; Wollenschläger in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 196 m.w.N.).
An Gestaltungsmöglichkeiten der Beklagten zur Befreiung des Z von der Rentenversicherungspflicht für die bei der Klägerin 2001 aufgenommene Tätigkeit fehlte es jedoch, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt waren. Genügte für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI bis Ende des Jahres 1995 die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wurden die Voraussetzungen in der Person des Versicherten durch das Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1824) verschärft. Seit Januar 1996 muss zugleich auch eine kraft Gesetzes verpflichtende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer bestehen. Diese Voraussetzung erfüllt(e) Z als freiwilliges Mitglied der Ingenieurkammer-Bau NRW nicht. Die Erstreckung der berufsständischen Versorgung insbesondere auf Bauingenieure (in Nordrhein-Westfalen und Bayern) war gerade Anlass für die Änderung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI (vgl. BT-Drs. 13/2590 S. 18; zur Verfassungsmäßigkeit: BVerfG Beschl. v. 05.05.2008 – 1 BvR 1060/05 – juris Rn. 16 ff.). Zutreffend hat die Beklagte entsprechend den Antrag des Z auf Befreiung von der Versicherungspflicht mit – bestandskräftigem – Bescheid vom 22.01.2019 abgelehnt. Ohne wirksame Befreiung wiederum durfte die Beklagte die fehlende Entrichtung der Rentenversicherungsbeiträge im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 S. 1 und 5 SGB IV nicht unbeanstandet lassen.
e. Entgegen ihrer Auffassung vermag die Klägerin auch nicht mit ihrer Einrede der Verjährung durchzudringen.
Ansprüche auf Beiträge verjähren grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Werden die Beiträge i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV vorsätzlich vorenthalten, gilt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Letzteres ist hier der Fall.
Der Begriff des Vorsatzes in § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV schließt bedingten Vorsatz ein (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 15; Urt. v. 16.12.2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 64; Senatsurt. v. 19.06.2024 – L 8 BA 179/18 – juris Rn. 91). Vorsätzlich in Form des bedingten Vorsatzes handelt, wer als Beitragspflichtiger seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 17; Urt. v. 16.12.2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 64; Senatsurt. v. 19.06.2024 – L 8 BA 179/18 – juris Rn. 91). In Abgrenzung dazu handelt lediglich bewusst fahrlässig, wer die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch ernstlich und nicht nur vage darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten (vgl. BSG Urt. v. 16.12.2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 65 m.w.N.; Zieglmeier in: beck-online.Grosskommentar, SGB IV, Stand 15.05.2025, § 25 Rn. 48).
Zur Überzeugung des Senats haben die für die Klägerin verantwortlich handelnden Personen die Beitragspflicht hinsichtlich des Z nicht nur für möglich gehalten, sondern sogar gekannt (hierzu unter aa.). Dass Beiträge gleichwohl nicht abgeführt worden sind, ist (jedenfalls) billigend in Kauf genommen worden (hierzu unter bb.). Mit ihrem Vortrag vermag die Klägerin dies nicht zu entkräften (hierzu unter cc.) Ein für sie günstigeres Ergebnis kann sie auch nicht aus Grundsätzen der Beweislast ableiten (hierzu unter dd.).
aa. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Klägerin haben (spätestens) mit Zugang des Betriebsprüfungsbescheides vom 16.06.2015 konkrete, sogar sichere Kenntnis von der für Z bestehenden Beitragspflicht erlangt.
So hat die Beklagte im genannten Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach der – von ihr zitierten – Rechtsprechung des BSG vom 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R; B 12 R 8/10 R; B 12 3/11 R) ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung eines Mitglieds des Versorgungswerks von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für die ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber gelte. Frühere Befreiungsbescheide seien daher gegenstandslos, Vertrauensschutz könne aus ihnen nicht abgeleitet werden. Um für eine spätere Beschäftigung ebenfalls eine Befreiungswirkung zu erreichen, müsse ein neuer Befreiungsantrag gestellt werden. Dies gelte u.a. für Z. Aus diesem klaren Hinweis ergibt sich unmissverständlich, dass für Z in seiner Beschäftigung für die Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen waren, solange und sofern nicht aufgrund eines neuen Befreiungsantrags (auch) für diese Tätigkeit eine Befreiungswirkung herbeigeführt würde und werde.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann insofern keine Rede davon sein, ihr werde das Risiko der Einordnung komplexer sozialversicherungsrechtlicher Wertungsfragen überantwortet. Vielmehr lag die klar erkennbare Bewertung der für sie zuständigen Beklagten vor, der sie bis zur etwaigen Vorlage eines neuen Befreiungsbescheides Rechnung hätte tragen müssen. So wie es nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen bedingten Vorsatzes vorwerfbar sein kann, wenn ein Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit darauf verzichtet, die Entscheidung einer fachkundigen Stelle herbeizuführen (vgl. BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 24; Urt. v. 09.11.2011 – B 12 R 18/09 R – juris Rn. 33 m.w.N.; Urt. v. 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R – juris Rn. 35), führt umgekehrt die Bewertung einer solchen Stelle grundsätzlich im Sinne des subjektiven Tatbestandes zum sicheren Wissen um die Beitragspflicht. Vertritt der Beitragspflichtige eine andere Rechtsauffassung als die sachkundige Stelle, so dispensiert ihn dies ausweislich der klaren gesetzlichen Vorschrift des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht von der Pflicht zur Beitragsentrichtung (vgl. Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 25 Rn. 33). Vielmehr muss er, sofern er dies wünscht, seine abweichende Auffassung ggf. mit den zur Verfügung stehenden Antragsverfahren und Rechtsbehelfen verfolgen (z.B. auch negative Feststellungklage; vgl. BSG Urt. v. 06.03.2003 – B 11 AL 27/02 R – juris Rn. 14; Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 55 Rn. 41 m.w.N.).
Allein der Umstand, dass die Beklagte im Betriebsprüfungsbescheid vom 16.06.2015 die Möglichkeit in den Raum gestellt hat, die Beitragspflicht könne wieder (ggf. auch rückwirkend) entfallen, sofern Z auf seinen Antrag hin für die Beschäftigung bei der Klägerin von der Rentenversicherungspflicht befreit werden sollte, ließ das Wissen um die jedenfalls bis dahin bestehende Beitragspflicht (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV), einschließlich der Pflicht, die Beiträge im Hinblick auf die bestehende Beitragsfälligkeit (§ 23 Abs. 1 S. 1 SGB IV) unmittelbar an die Einzugsstelle (§§ 28h Abs. 1, 76 Abs. 1-3 SGB IV) zu entrichten, nicht entfallen.
bb. Die Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht (rechtzeitig) gezahlt wurden, genügen regelmäßig, um gleichermaßen feststellen zu können, dass der Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Denn die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (vgl. BSG Urt. v. 16.12.2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 64; Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R – juris Rn. 29; Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 25 Rn. 33). Hiervon geht der Senat vorliegend aus.
cc. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, die Beitragspflicht für möglich gehalten zu haben. Valide Umstände, die Zweifel an ihrem auch (mindestens) bedingt vorsätzlichen Handeln begründen könnten, liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor.
Im Hinblick auf die in einem Höchstmaß klare Auskunft der Beklagten im Bescheid vom 16.06.2015, dass frühere Befreiungsbescheide gegenstandslos seien, wird die Behauptung der Klägerin, sie habe auf den Fortbestand des Z 1996 erteilten Befreiungsbescheides vertraut, vollumfänglich als Schutzbehauptung angesehen. Die gegebenen und insbesondere von der Klägerin angeführten Umstände waren nicht geeignet, Anlass für die (ernstliche) Annahme zu bieten, Z sei weiterhin von der Versicherungspflicht befreit oder werde eine solche Befreiung auf einen entsprechenden Antrag hin erlangen. Soweit die Klägerin gleichwohl geltend macht, (ernstlich) auf das Fehlen einer Pflicht zur Zahlung vertraut zu haben, überzeugt ihr Vorbringen in keiner Weise.
(1) Der klägerische Vortrag genügt dabei schon bereits deshalb nicht zur Entkräftung des subjektiven Tatbestandes eines dolus eventualis, weil die Klägerin ein vermeintliches Vertrauen lediglich pauschal für sich behauptet hat. Handelt es sich – wie bei ihr – um eine juristische Person, so wäre zwingend eine (weitergehende) Darlegung dazu erforderlich gewesen, ob die (konkret) für die Sache verantwortlichen Personen (so z.B. ein Geschäftsführer ihrer Komplementärin und/oder weitere im Rahmen ihrer betrieblichen Hierarchie betraute Personen wie z.B. K. als Leiter Personal Services und Q.) trotz der Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 16.06.2015 (tatsächlich) von einer fehlenden Zahlungspflicht ausgegangen sind. Dies gilt im Hinblick darauf, dass Wissen und Verschulden eines vertretungsberechtigten Organmitglieds ebenso wie nach dem Rechtsgedanken der §§ 166, 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch dasjenige sonstiger im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen der juristischen Person zuzurechnen sind (vgl. BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 20 m.w.N.; Urt. v. 16.12.2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 66 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 11.03.2024 – L 8 BA 114/23 B ER – juris Rn. 17). An solchen Angaben der Klägerin fehlt es jedoch vollständig.
(2) Selbst wenn man derartige (personenbezogene) Ausführungen unterstellte, genügen die aktenkundigen Umstände und der Vortrag der Klägerin zur Überzeugung des Senats nicht, um ein ernstliches Vertrauen (der Verantwortlichen) in eine fehlende Zahlungspflicht für Z plausibel zu begründen. Insbesondere hat die Klägerin keine, den Hinweis der Beklagten im Bescheid vom 16.05.2015 qualitativ überragenden Erkenntnisquellen genannt, aufgrund derer die dortige Beurteilung hätte hinfällig erscheinen können.
Der Senat sieht sowohl ihre Behauptung, sie habe aufgrund des Informationsschreibens 2014 (hierzu unter (a)), der Mitteilung der BfA gegenüber G (hierzu unter (b)) bzw. aufgrund von „Rechtsprechung“ (hierzu unter (c)) ernstlich darauf vertraut, die Versicherungsfreiheit des Z bestehe fort bzw. werde im Rahmen einer von der Beklagten vorbehaltenen neuen Betriebsprüfung bestätigt, als nicht überzeugenden Schutzvortrag im Hinblick auf die Unterlassung, die (fälligen) Beiträge zu entrichten, an. Im Übrigen hätte selbst der vermeintliche Glaube, dass Z (nach Antragstellung) eine Beitragsbefreiung erlangen könne, nicht genügt, um ein Vertrauen dahingehend zu begründen, dass dies tatsächlich auch so eintreten werde (hierzu unter (d)).
(a) Die Angabe der Klägerin, „sie“ habe im Hinblick auf das 2014 von der Beklagten veröffentlichte Informationsschreiben darauf vertraut, für Z müssten keine Beiträge gezahlt werden, begegnet schon im rein zeitlichen Verfahrensablauf erheblichen Bedenken. Entsprechende Einwände sind von der Klägerin nicht – wie dies zu erwarten gewesen wäre – zeitnah nach Erhalt des Bescheides aus Juni 2015 geltend gemacht worden. Vielmehr hat sie erst im Mai 2018 und somit fast drei Jahre später erklärt, sie gehe aufgrund des Informationsschreibens von einem Bestandsschutz der durch die BfA erteilten Befreiungsbescheide aus.
Unabhängig von der hier (wieder) erfolgten Vermischung der Ebenen zwischen einem Vertrauensschutz für Z und einem etwaigen eigenen Vertrauen konnte die Klägerin darüber hinaus – wie bereits dargelegt – auch inhaltlich aus dem nur (allgemeinen) Informationsschreiben 2014, das konkret (allein) „Krankenhausärzte, Apotheker in Apotheken oder Rechtsanwälte bei anwaltlichen Arbeitgebern“ benennt, nicht ernstlich hinreichend begründete Rückschlüsse zur Fallgestaltung des Z in seiner Tätigkeit als Ingenieur ziehen. Dies gilt umso mehr als ihr von der Beklagten im Bescheid aus Juni 2015 und dem weiteren Hinweis aus Juni 2018 eine speziellere und individuellere Auskunft zur Beitragspflicht des Z erteilt worden ist.
(b) Ebenso wenig lässt sich ein ernstliches Vertrauen der Klägerin, für Z keine Beiträge zahlen zu müssen, auch nur im Ansatz überzeugend auf die (behauptete) telefonische Auskunft der BfA gegenüber G stützen.
Zunächst fehlt es an einem Vortrag der Klägerin dazu, wann welcher ihrer Mitarbeiter von diesem Gespräch Kenntnis erlangt haben soll. Dass dies bereits bei bzw. zeitnah nach Erteilung des Hinweises im Bescheid vom 16.06.2015 und der (spätestens) damit in der klägerischen Organisation erlangten Kenntnis von der Beitragspflicht der Fall war, erschließt sich nicht. Einen vermeintlich (hieraus) begründeten Vertrauenstatbestand hat die Klägerin jedenfalls nicht in zeitlich engem Zusammenhang mit dem genannten Bescheid und noch nicht einmal in den Anhörungseinlassungen vom 13.08.2019 und 28.01.2020 geltend gemacht.
Darüber hinaus erscheint es zudem abwegig, dass gesetzliche Vertreter oder Mitarbeiter der Klägerin aufgrund einer (angeblichen) telefonischen Auskunft der Rechtsvorgängerin der Beklagten gegenüber einem ihrer Ingenieure – trotz des konkret gegenläufigen Hinweises im Bescheid der Beklagten aus Juni 2015 – ernstlich darauf vertraut hätten, die (als möglich erkannte) Beitragspflicht führe (gleichwohl) nicht zu einer Zahlungspflicht. Hierbei ist überdies zu bedenken, dass die Auskunft der BfA einen von der Klägerin unabhängigen Arbeitgeberwechsel betraf, seit dem angegebenen Telefonat in 2004 mehr als zehn Jahre vergangen waren und sich die Beklagte im Bescheid aus Juni 2015 gerade auf die neuere BSG-Rechtsprechung aus 2012 gestützt hat. Eine aufmerksame Lektüre der durch die Beklagte aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung konnte bei (ausreichend sorgfältigen) Vertretern der Klägerin ein – den Hinweisen im Bescheid vom 16.06.2015 – eventuell entgegenstehendes Vertrauen (aus einem von G geführten Telefonat) nicht aufrechterhalten. So hatte das BSG in einer der angeführten Entscheidungen vom 31.10.2012 zu einem vergleichbaren BfA-Formularbefreiungsbescheid einen Vertrauensschutz aus einer früheren Befreiung nach einem Beschäftigungswechsel bereits abgelehnt (vgl. B 12 R 5/10 R – juris Rn. 2, 37). Ein ernstliches Vertrauen dahingehend, dass der dem Z erteilte Befreiungsbescheid vom 29.05.1996 (gleichwohl) gegenteilig weiterhin Gültigkeit besitze, lässt sich entsprechend unter keinem Gesichtspunkt plausibel darstellen.
(c) Soweit sich die Klägerin im Weiteren darauf beruft, dass das LSG NRW noch im Jahr 2017 zum Aktenzeichen L 18 R 852/16 die Auffassung vertreten habe, alte Formularbescheide würden in nachfolgenden Beschäftigungsverhältnissen fortgelten, weshalb von ihr keine höhere Einsicht verlangt werden könne und dass die Reichweite dieser Bescheide erst mit Entscheidungen des BSG aus 2018 und 2021 geklärt worden sei, vermag auch dies nicht zu überzeugen.
Der Klägerin ist – wie bereits dargelegt – keine „höhere Einsicht“ abverlangt worden. Vielmehr hat ihr die Beklagte (als fachkundige Stelle) im Betriebsprüfungsbescheid vom 16.06.2015 deutlich, nachvollziehbar und unter ausdrücklichem Hinweis auf die 2012 ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung konkrete Auskunft zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung des Z erteilt. (Späteres) Vertrauen auf ein – erst 2017 – ergangenes Urteil des LSG NRW (Urt. v. 14.03.2017 – L 18 R 852/16), das darüber hinaus wie bereits ausgeführt der Rechtsprechung des 12. Senats des BSG vom 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R – juris 2, 37 m.w.N.) widersprach, konnte auf dieser Grundlage nicht begründet werden. Mit dem klägerseitig in Bezug genommenen Beschluss des BSG vom 07.03.2018 (B 5 RE 3/17) ist die Revision gegen das genannte Urteil des LSG auch lediglich mangels unzureichender Begründung (§ 162 Abs. 2 S. 3 SGG) als unzulässig verworfen worden. Eine Bestätigung der durch das LSG NRW vertretenen Auffassung, der dem dortigen Kläger und Bauingenieur erteilte Formularbefreiungsbescheid der BfA wirke für die Dauer der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der (freiwilligen) Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer über ein konkretes Beschäftigungsverhältnis hinaus, war damit keineswegs verbunden.
Nach Aktenlage hat die Klägerin zudem auch erst im Anhörungsverfahren ab Juni 2019 durch ihre bevollmächtigten Rechtsanwälte begonnen, die Rechtsprechung zur Auslegung von Formularbefreiungsbescheiden der BfA zu recherchieren. Hierbei kann ihr nicht entgangen sein, dass der im genannten Urteil des LSG NRW zwischenzeitlich vertretenen Auffassung – auf die sie sich (dann gleichwohl) in der Widerspruchsbegründung vom 17.04.2020 gestützt hat – bereits mit Urteil des 5. Senats des BSG vom 22.03.2018 ausdrücklich eine Absage erteilt worden war (B 5 RE 5/16 R – juris Rn. 24 ff., 30, 33) und zudem bereits noch ein gleichgerichtetes weiteres höchstrichterliches Urteil vorlag (BSG Urt. v. 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R – juris Rn. 28 ff.).
(d) Selbst dann, wenn die Klägerin eine – zukünftig erteilte – Beitragsbefreiung (irrig) für möglich gehalten haben sollte, vermochte sie hieraus naturgemäß kein ernstliches Vertrauen dahingehend abzuleiten, auch schon bereits im Zeitraum vor der Erteilung einer solchen Befreiung für Z keine Beiträge zahlen zu müssen.
Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst die Erlangung einer solchen Befreiung auch nicht in der Hand hatte. Da diesbezüglich (wie dargestellt) allein Z antragsberechtigt war, konnte die Klägerin nicht einmal absehen, ob dieser überhaupt einen Befreiungsantrag (oder wie z.B. G eben nicht) stellen würde. Zu berücksichtigen ist erschwerend, dass die Klägerin Z zunächst nicht einmal um die entsprechende – von der Beklagten bereits 2015 ausdrücklich angeregte – Antragstellung gebeten hat. Vielmehr ist von ihr im Rahmen telefonischer Erinnerungen der Beklagten im März 2016 und auch noch im Januar 2017 mitgeteilt worden, „nichts“ veranlasst zu haben bzw. eine „Klärung“ zu betreiben. Einen entsprechenden Antrag hat Z dann auch erst im September 2018 und damit über drei Jahre nach Kenntnis der Klägerin von der (ohne Befreiung durchgängig bestehenden) Beitragspflicht gestellt.
cc. Entgegen ihrer Auffassung vermag sich die Klägerin auch nicht auf die im Rahmen des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV die Beklagte treffende objektive Beweislast (vgl. BSG Urt. v. 30.03.2000 – B 12 KR 14/99 R – juris Rn. 24) zu berufen. Denn nach Würdigung der objektiven, erkenn- und nachweisbaren Umstände ist der Senat – wie dargelegt – davon überzeugt, dass die Klägerin ihre Beitragspflicht kannte und die Nichtzahlung der Beiträge (jedenfalls) billigend in Kauf genommen hat. Bestehen insofern keine ernstlichen Zweifel, bleibt für eine Beweislastentscheidung kein Raum.
Liegen – wie hier ausgehend von dem Hinweis der Beklagten im Betriebsprüfungsbescheid vom 16.06.2015 – Tatsachen vor, aus denen auf den erforderlichen Vorsatz zu schließen ist, sind von der Klägerin im Rahmen der allgemeinen Regeln nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungs- (und Beweis-)last (vgl. dazu: BGH Urt. v. 27.07.2017 – I ZR 68/16 – juris Rn. 13 m.w.N.; LSG NRW Urt. v. 08.09.2021 – L 12 AS 2077/18 – juris Rn. 45 m.w.N.) Umstände vorzutragen, die die anhand der objektiven Umstände gewonnene Überzeugung vom Vorliegen des subjektiven Tatbestands entkräften können (vgl. BSG Urt. v. 21.03.2007 – B 11a AL 15/06 R – juris Rn. 22; Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 25 Rn. 32; Stäbler in: Krauskopf, SGB IV, Stand: 01/2025, § 25 Rn. 7c). Die von der Klägerin benannten Gesichtspunkte genügen hierzu allerdings – wie bereits ausgeführt – zur Überzeugung des Senats nicht.
f. Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen für die Zeit ab Zugang des Betriebsprüfungsbescheides vom 16.06.2015 ist zu Recht erfolgt. Gem. § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV sind bei – wie hier – verspäteter Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge Säumniszuschläge zu zahlen, soweit der Arbeitgeber nicht glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IVI).
Besteht Kenntnis von der Zahlungspflicht i.S. sicheren Wissens darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet zu sein, ist eine Exkulpation gem. § 24 Abs. 2 SGB IV ausgeschlossen (vgl. BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 12; Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R – juris Rn. 22). Bei einem nach § 28e zahlungspflichtigen Arbeitgeber liegt Kenntnis von der Zahlungspflicht vor, wenn er die seine Beitragsschuld begründenden Tatsachen kennt, weil er zumindest als Parallelwertung in der Laiensphäre nachvollzieht, dass einerseits Beschäftigung vorliegt, die andererseits die Beitragspflicht begründet. Hiervon geht der Senat aus. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen gilt im Übrigen wie bei der verlängerten Verjährungsfrist der einheitliche Verschuldensmaßstab des bedingten Vorsatzes (vgl. BSG Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R – juris Rn. 25; Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – juris Rn. 16), so dass diesbezüglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.
g. Die Höhe der Beitragsforderung und Säumniszuschläge begegnet keinen Bedenken. Einwände hat die Klägerin insoweit auch nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert ist gem. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 1, Abs. 3, 63 Abs. 2 S. 1, § 4 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der im Zeitpunkt der Berufungseinlegung (hier hinsichtlich des Z) streitigen Beitragsforderung festzusetzen (vgl. Senatsurt. v. 05.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 158 m.w.N,).