S 24 P 95/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Abteilung
24
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 P 95/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Änderungsbescheides vom 23.04.2024 und unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 verurteilt, die Ziffer 5 insoweit aufzunehmen, als dass über das Wahlrecht hinsichtlich der Art der Mietvergleichsberechnung entschieden wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 4/5 und der Beklagte zu 1/5.

T a t b e s t a n d:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung von anerkennungsfähigen Aufwendungen zum 01.01.2019 und über die Festsetzung von anerkennungsfähigen Aufwendungen.

Die Klägerin ist Rechtsträgerin einer vollstationären Pflegeeinrichtung, die erstmalig am 01.12.1966 in Betrieb genommen wurde und über insgesamt 70 Plätze verfügte. Zum 01.01.2003 fand ein Trägerwechsel statt. Am 28.10.2015 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Feststellung und die Festsetzung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen.

Mit dem angefochtenen Feststellungsbescheid vom 24.04.2019 stellte der Beklagte die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen zum 01.01.2019 fest. In Ziffer fünf des Bescheides stellte der Beklagte die (zwingende) Anwendung der konkreten Mietvergleichsberechnung fest. Mit dem ebenfalls angefochtenen Festsetzungsbescheid vom selben Tag setzte der Beklagte im Wege der konkreten Mietvergleichsberechnung Investitionsaufwendungen im Zeitraum 01.01.2019 bis 31.12.2020 in Höhe von 15,67 EUR täglich und in Höhe von 476,68 EUR monatlich für ein Einzelzimmer fest. Die Klägerin legte am 16.05.2019 gegen beide Bescheide Widerspruch ein und führte hinsichtlich des Feststellungsbescheides aus, dass vorliegend die fiktive Mietvergleichsberechnung anzuwenden sei, da ihr nach § 8 Abs. 2 Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG DVO NRW) ein Wahlrecht zustehe. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 APG DVO NRW habe der Träger einer Einrichtung grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen fiktiver und konkreter Vergleichsberechnung, es gebe nur drei Ausnahmen, die hier nicht greifen. Denn die Ausnahme greife nur, wenn der Einrichtungsträgerwechsel nach dem 01.02.2014 vollzogen worden sei. Sie wünsche daher eine fiktive Berechnung. Es seien zudem Mietkosten i.H.v. 66.388,42 EUR nicht anerkannt worden. Die Grundstückspacht, die in der Miete enthalten sei, müsse berücksichtigt werden. Da es sich um ein Mietobjekt handele, müsse die zehnprozentige Überschreitung der fiktiven Vergleichsberechnung nach § 8 Abs. 9 Satz 3 APG DVO NRW anerkannt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2020 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Feststellungsbescheid zurück. Zur Begründung gab er an, dass ein Wahlrecht zwischen der konkreten und fiktiven Mietvergleichsberechnung vorliegend nicht gegeben sei, da aufgrund § 8 Abs. 2 Satz 6 2. Alt. APG DVO NRW zwingend die konkrete Mietvergleichsberechnung durchzuführen sei. Die langfristigen Anlagegüter stünden im Eigentum der Kath. Kirchengemeinde X.. Diese sei bei Inbetriebnahme auch Betreiberin gewesen, zum 01.01.2003 habe der Betreiber gewechselt. Dabei sei der Eigentümer gleichgeblieben, sodass § 8 Abs. 2 Satz 6 APG DVO NRW greife. Der Stichtag vom 01.02.2014 finde sich nicht in der Verordnungsbegründung und stehe im Widerspruch zur systematischen Stellung der Vorschrift und finde sich auch nicht im Wortlaut wieder. § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt 2 APG DVO NRW stelle ausdrücklich nicht auf ein bestimmtes Stichtagsdatum ab. Dies hätte der Verordnungsgeber leicht regeln können, sodass es kein Versehen darstelle. Satz 6 regele in seiner ersten Alternative, gewissermaßen in Erweiterung des § 8 Abs. 2 Satz 5 APG DVO NRW, ausdrücklich Übertragungstatbestände, die vor dem 01.02.2014 stattgefunden hätten es sei fernliegend, dass der Verordnungsgeber mit der zweiten Alternative nur Trägerwechsel habe erfassen wollen, die nach dem 01.02.2014 erfolgt seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2020 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Festsetzungsbescheid zurück. Zur Begründung gab er an, dass laut des Pachtvertrages vom 21.12.2018 die tatsächlich zu zahlende Jahresmiete den maximal refinanzierungsfähigen Investitionskosten entspreche. Es finde keine Anerkennung von Grundstücks- und Erschließungskosten wegen § 82 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) statt. Die Grundstückspacht sei nach § 8 Abs. 5 APG DVO NRW nur berücksichtigungsfähig bei der fiktiven Vergleichsberechnung. Bei der hier anzuwendenden konkreten Berechnung sei nach § 7 APG DVO NRW nur die Erbpacht anerkennungsfähig.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.06.2020 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass vorliegend ein Wahlrecht zwischen fiktiver und konkreter Mietvergleichsberechnung bestehe, da keine Ausnahme aus § 8 Abs. 2 APG DVO NRW greife. Entgegen der Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid habe im Januar 2019 kein Trägerwechsel stattgefunden, sondern nur ein Namenswechsel.  Trägerin sei die Klägerin, nicht die Eigentümerin; die Klägerin sei nie Eigentümerin gewesen und nur sie habe einen Versorgungsvertrag.

Der Beklagte lese das Wort „bisherige“ bei Träger dazu, dies fehle aber in § 8 Abs. 2 Satz 6 APG DVO NRW. In § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt. 2 APG DVO NRW heiße es im Wortlaut: „wenn der Träger das Eigentum an den langfristigen Anlagegütern behält“.  Wenn die Vorschrift auch für Betreiberwechsel vor dem 01.02.2014 gelte, müsste es „behalten hat“ heißen. Unterstützt werde dies durch die Tatsache, dass § 8 Abs. 2 Satz 5 und 6 APG DVO NRW zunächst anders formuliert werden sollten, da in Satz 5 das Wort „bisherige“ bei Träger hinzugefügt werden sollte. Laut der Verordnungsbegründung sollte durch die Stichtagsregelung in Satz 5 verhindert werden, dass durch einen Wechsel von einem Eigentums- in ein Mietmodell die Kosten steigen, daher gebe ab dem Stichtag keinen Vertrauensschutz. Es verbleibe bei den Einwänden zu den nicht berücksichtigten Mietkosten und der Grundstückspacht und der zehnprozentigen Überschreitung der fiktiven Vergleichsberechnung.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23.04.2024 zu verpflichten, die Ziffer 5 aufzuheben, soweit der Beklagte die konkrete Mietvergleichsberechnung festgestellt hat und den Beklagten zu verpflichten, das Wahlrecht hinsichtlich der Art der Mietvergleichsberechnung festzustellen.

Zudem beantragt die Klägerin,

den Beklagten unter Aufhebung des Festsetzungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 zu verpflichten, die Investitionskosten für die Jahre 2019 und 2020 im fiktiven Vergleichsmodell zu ermitteln und unter Berücksichtigung der jährlichen Pacht von 456.266,64 EUR auf einen pflegetäglichen Betrag von 18,34 EUR statt auf 15,67 € festzusetzen.

Die Klägerin beantragt hilfsweise für den Fall, dass das Gericht von der Anwendung der konkreten Mietvergleichsberechnung ausgeht,

den Beklagten unter Aufhebung des Festsetzungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 zu verpflichten, die Miete für das Grundstück und die Bestandsschutzmiete plus 10 Prozent anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass bezüglich des Feststellungsbescheides kein Wahlrecht der Klägerin bestehe, da hier das Wahlrecht aufgrund des erfolgten Einrichtungsträgerwechsels (hier in 2003) gemäß § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt. 2 APG DVO NRW ausgeschlossen sei und wiederholt ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt sie aus, dass die Verordnungsbegründung (vgl. LT-Drs. 16/321) erkläre, dass die Ergänzung des § 8 Abs. 2 Satz 6 APG DVO NRW der Regelung des § 11 Abs. 7 APG DVO NRW entspreche, nach der ein Eigentümer- oder Trägerwechsel die Berechnungsgrundlagen nicht ändere. Die Klägerin könne keine andere Berechnungsweise verlangen als bisher. Die Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 6 2. Halbsatz APG DVO NRW lasse daher im Kontext des § 11 Absatz 7 APG DVO NRW keine andere Auslegung zu, als dass die Angemessenheit der Mietzahlungen der Klägerin ausschließlich im Wege der konkreten Mietvergleichsberechnung zu prüfen sei. Mit der streitigen Regelung werde sichergestellt, dass die Berechnungssystematik, der die klägerische Einrichtung bereits im außer Kraft getretenen Landespflegerecht unterlag, fortgeführt werde. Einen Anspruch auf eine mögliche oder vermeintliche Besserstellung durch Überprüfung der Angemessenheit der Mietzahlungen im Wege der fiktiven Mietvergleichsberechnung bestehe indes nicht. Die Zustimmung zur gesonderten Berechnung sei für die klägerische Einrichtung in der Vergangenheit nach der Eigentumsberechnung erfolgt und gerade nicht im Wege der Mietvergleichsberechnung, wie der Zustimmungsbescheid vom 08.08.2012 zeige. Die konkrete Mietvergleichsberechnung folge gemäß § 8 Abs. 14 Satz 2 APG DVO der Eigentumsberechnung. Es gebe also kein schützenswertes Vertrauen, auf das sich die Klägerin berufen könnte. Die Klägerin habe daher auch aus Vertrauensschutzgründen keinen Anspruch auf Prüfung der Angemessenheit der Mietzahlungen im Wege der fiktiven Mietvergleichsberechnung.

Bezüglich des Festsetzungsbescheides sei eine jährliche Pacht in Höhe von 389.878,22 EUR rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer Bestandsschutzmiete, da die Regelungen des § 8 Absatz 9 und 10 APG DVO NRW ausschließlich Anwendung im Rahmen der fiktiven Mietvergleichsberechnung fänden (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 4 APG DVO NRW). Die Klägerin habe in dem Pachtvertrage vereinbart, nie eine höhere Pacht zu zahlen, als ihr Investitionskosten zufließen. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf eine über die vom Beklagten berücksichtigten Gesamtaufwendungen hinausgehenden Beträge. Eine Grundstückspacht sei ihm Rahmen der konkreten Mietvergleichsberechnung nicht anerkennungsfähig. Es könnten hier höchstens Erbbauzinsen berücksichtigt werden, welche die Klägerin aber nicht zahlen müsse.

Mit Änderungsbescheid vom 23.04.2024 hat der Beklagte die Ziffer 5 des Feststellungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 dergestalt geändert, dass nunmehr nur noch der Restwert für die Einrichtung der Klägerin festgestellt wurde. Im Anschreiben hat der Beklagte ausgeführt, dass die Art der Mietvergleichsberechnung nicht feststellungsfähig im Rahmen der Ziffer 5 des Feststellungsbescheides sei. Daher habe er den Bescheid so geändert, dass nur noch die Feststellung des Restwertes verbleibe.

Bezüglich des übrigen Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Klage ist zulässig, und teilweise begründet.

Die Klägerin ist zunächst durch den angefochtenen Feststellungsbescheid vom 24.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 23.04.2024 beschwert im Sinne von § 54 Abs. 1 und 2 SGG. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 23.04.2024 ist rechtswidrig und der Feststellungsbescheid vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 ist insoweit rechtswidrig, als dass der Beklagte in Ziffer 5 die zwingende Anwendung der konkreten Mietvergleichsberechnung festgestellt hat.

Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI erhalten durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtungen für die allgemeine Pflegeleistung eine leistungsrechte Vergütung (Pflegevergütung). Stationäre Pflegeeinrichtungen erhalten nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI darüber hinaus ein angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung. Die Pflegevergütung nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI ist von den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern zu tragen, § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XI. Für Unterkunft und Betreuung hat der Pflegebedürftige selbst aufzukommen, § 82 Abs. 1 Satz 4 SGB XI. § 82 Abs. 2 gibt diejenigen Aufwendungen vor, die nicht über die Pflegevergütung bzw. das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung zu finanzieren sind. Die Aufwendungen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB XI gehören im Rahmen der dualen Finanzierung gemäß § 9 SGB XI in die Finanzierungszuständigkeit der für die jeweiligen Pflegeeinrichtungen zuständigen Länder. Die Aufwendungen nach Nr. 1 umfassen hierbei u.a. Maßnahmen einschließlich Kapitalkosten, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungspflichtigen Anlagegüter herzustellen bzw. anzuschaffen. Soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach Abs. 2 Nr. 1 oder Aufwendungen nach Abs. 2 Nr. 3 durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt sind, kann die Pflegeeinrichtung diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen, § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI. Die gesonderte Berechnung bedarf der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde, § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI.

Das Nähere hierzu wird durch Landesrecht bestimmt. In NRW erfolgt diese Regelung durch das APG. Die Ermittlung der anerkennungsfähigen Aufwendungen stationärer Pflegeeinrichtungen ist in § 10 APG geregelt, welcher in Absatz 10 eine Verordnungsermächtigung enthält, auf deren Grundlage Regelungen zur gesonderten Berechnung in der APG DVO NRW mit Wirkung zum 02.11.2014 erlassen wurden. Mit Inkrafttreten der APG DVO NRW traten die zuvor für die Berechnung maßgeblichen Verordnungen außer Kraft. § 11 APG DVO NRW regelt das Verfahren zur Feststellung anerkennungsfähiger Investitionsaufwendungen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 APG DVO NRW stellt der zuständige überörtliche Träger der Sozialhilfe auf Antrag die Gesamtbeträge der anerkennungsfähigen Aufwendungen für die langfristigen, die sonstigen Anlagegüter und die sonstigen finanzierungsrelevanten Rahmendaten der Einrichtung durch Bescheid fest. Die Feststellung erfolgt nach § 11 Abs. 1 Satz 4 Ziffern 1-8 APG DVO NRW (hier in der Fassung vom 05.12.2018) durch Bescheid und umfasst:

1. den als betriebsnotwendig anzuerkennenden Gesamtbetrag der für Maßnahmen nach §§ 2 und 3 APG DVO NRW entstandenen Aufwendungen,

2. den Zeitraum der linearen Verteilung dieser Aufwendungen nach §§ 2 Absätze 5 und 6 APG DVO NRW sowie § 3 Abs. 5 APG DVO NRW,

3. den als betriebsnotwendig anzuerkennenden Gesamtbetrag nach § 4 Absatz 1 Satz 2 APG DVO NRW sowie § 8 Abs. 7 und 11 Satz 3 APG DVO NRW,

4. die verbindliche Entscheidung über Ausnahmen nach § 10 Abs. 3 Nummer 2 Satz 2 des APG NRW,

5. bei stationären Einrichtungen die Zahl der vorhandenen Plätze unterteilt nach vollstationären Dauerpflegeplätzen, Kurzzeitpflegeplätzen sowie teilstationären Plätzen,

6. die Gesamtgröße der berücksichtigungsfähigen Nettoraumfläche,

7. die Gesamtgröße der berücksichtigungsfähigen Grundstücksfläche, soweit diese nicht im Eigentum der Trägerin oder des Trägers der Einrichtung steht,

8. die Höhe der nach §§ 8 Abs. 6 und Abs. 12 APG DVO NRW anerkennungsfähigen Modernisierungsaufwendungen sowie eine etwaige Erhöhung der berücksichtigungsfähigen Nettogesamtfläche bei Maßnahmen im Sinne des §§ 8 Abs. 6 Satz 1 und des Abs. 12 APG DVO NRW.

Der Bescheid vom 23.04.2024 ist rechtswidrig. Der Beklagte hat kein Ermessen ausgeübt.

Nach § 44 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Insoweit hat die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl. Schütze/Schütze, 9. Aufl. 2020, SGB X, § 44, Rn. 26).

Vorliegend handelt es sich zunächst bei der Feststellung der zwingenden Anwendung der konkreten Mietvergleichsberechnung im Bescheid 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 um einen nicht begünstigenden Verwaltungsakt oder zumindest um einen neutralen Verwaltungsakt, der nicht § 45 SGB X, sondern § 44 SGB X unterfällt, da die Klägerin die Anwendung der fiktiven Mietvergleichsberechnung begehrt (vgl. dazu Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 44 SGB X (Stand: 15.11.2023), Rn. 65ff.; Schütze in: Schütze, 9. Aufl. 2020, SGB X, § 44, Rn. 23; Sandbiller in: BeckOGK, 15.11.2024, SGB X, § 44, Rn. 21).

Hinsichtlich einer Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit eröffnet die Vorschrift in § 44 Abs. 2 Satz 2 Ermessen („kann“). Hier wollte der Beklagte die Ziffer 5 des angefochtenen Feststellungsbescheides mit Wirkung für die Zukunft und auch zum 01.01.2019 und somit für die Vergangenheit ändern. Der Beklagten hat in dem Bescheid vom 23.04.2024 aber kein Ermessen ausgeübt.

Ob eine Behörde das Ermessen zutreffend ausgeübt hat, unterliegt im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkter Überprüfung. Eine Ermessensentscheidung ist als solche nur rechtswidrig und auf Anfechtung hin nur dann aufzuheben, wenn der Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) verletzt ist. Das Gericht darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen, sondern nur prüfen, ob ein Ermessensfehler vorliegt. Ermessensfehlerhaft ist es, wenn die Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung überhaupt nicht nachgekommen ist (sogenannter Ermessensnichtgebrauch) oder wenn ihr bei Ausübung des Ermessens Rechtsfehler unterlaufen sind (sogenannter Ermessensfehlgebrauch). Dies ist zu beurteilen anhand der im Rücknahmebescheid angegebenen Ermessensgründe (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X), sofern solche nicht ausnahmsweise entbehrlich sind (§ 35 Abs. 2 SGB X). Sind Ermessensgründe notwendig, genügt es regelmäßig, wenn sie erkennen lassen, (1) dass sich die Behörde bewusst ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen, (2) dass sie davon ausgeht, ihre Entscheidung werde beim Betroffenen zu keiner besonderen Härte führen, und (3) dass sie (a) entweder das Vorhandensein weiterer ermessensrelevanter Umstände verneint oder (b) ausführt, weshalb solche Umstände ein Absehen von der Rücknahme weder ganz noch teilweise rechtfertigen können (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11.02.2015 – B 13 R 15/13 R –, Rn. 14, juris). Die gänzlich fehlende Ermessensausübung kann auch nicht gemäß § 41 Abs. 2 SGB X während des Gerichtsverfahrens nachgeholt werden. Vielmehr bedarf es hierzu eines neuen Verwaltungs- und evtl. anschließenden Widerspruchsverfahrens (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.10.2006 – L 5 ER 189/06 KR –, Rn. 14, juris). Das Ermessen ist unter Einhaltung seiner Grenzen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben; hierauf hat der Betroffene einen Rechtsanspruch. Dazu sind alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles zunächst zu ermitteln und zu berücksichtigen, soweit sie einen unmittelbaren Bezug auf Vertrauen und Schutzwürdigkeit des Betroffenen sowie das öffentliche Interesse haben (BSG, Beschluss vom 10.08.1993 – 9 BV 4/93 –, juris).

Daran fehlt es hier. Zunächst hat der Beklagte keine ausdrücklichen Ausführungen dazu gemacht, dass die Ziffer 5 teilweise aufgehoben wird. Die Ziffer 5 wird einfach nur neu formuliert. Zudem lässt der Bescheid nicht erkennen, dass der Beklagte sich überhaupt bewusst war, dass er eine Ermessensentscheidung auszuüben hatte. Es finden sich keinerlei Ausführungen dazu, warum der Bescheid vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 teilweise für die Zukunft und auch für die Vergangenheit zurückzunehmen war. Der Beklagte stellt nur auf die Fehlerhaftigkeit der Ziffer 5 im Feststellungsbescheid vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 ab.

Dennoch musste die Kammer über die Ziffer 5 des Bescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 entscheiden, da nicht nur der Änderungsbescheid vom 23.04.2024 Klagegegenstand ist.

Der Bescheid vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 ist teilweise rechtswidrig. Der Beklagte durfte in diesem Bescheid in Ziffer 5 keine Feststellung zu dem Wahlrecht nach § 8 Abs. 2 APG DVO NRW treffen. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage.

In § 11 Abs. 1 Satz 4 APG DVO NRW wird konkretisiert, welche Aufwendungen und Rahmendaten durch Bescheid festgestellt werden. Dabei werden auch die sonstigen finanzierungsrelevanten Rahmendaten konkretisiert (Ziffern 4-8), die in den übrigen Vorschriften der APG DVO nicht wie die Aufwendungen (langfristig, sonstige, neue und verbesserte) nach den §§ 2 bis 4 APG DVO NRW genannt werden. In § 11 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 5 APG DVO NRW stellt die zuständige Behörde die Anteile an Eigenkapital und Fremdkapital, die für die Maßnahmen nach §§ 2 und 3 sowie § 8 Absatz 6 und 12 APG DVO NRW jeweils aufgewendet wurden, und somit den Restwert für die langfristigen Anlagegüter fest. Einen Verweis auf – den hier umstrittenen – § 8 Abs. 2 APG DVO NRW enthält die Ziffer 5 nicht.

Die in § 11 Abs. 1 Satz 4 Ziffern 1-9 APG DVO NRW enthaltene Enumeration ist nach dem Wortlaut abschließend. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den aufgezählten Angaben nur um eine beispielhafte Aufzählung oder um Mindestangaben handelt. Ansonsten müssten im Wortlaut Wörter wie „insbesondere“, „mindestens“ oder „zum Beispiel“ verwendet werden. Denn dem Gesetzgeber war durchaus bewusst, dass er kenntlich machen muss, wenn es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handeln soll.  Dies wird insbesondere daran deutlich, dass in § 11 Abs. 2 APG DVO NRW die Angaben aufgeführt werden, die der Träger im Rahmen des Antrages auf Feststellung – nach dem Wortlaut – „mindestens“ machen muss. Denn hier wollte der Gesetzgeber der zuständigen Behörde die Möglichkeit einräumen, weitere Angaben bei Träger anzufordern (vgl. Begründung zur APG DVO NRW, Bl. 41).

Nichts anderes folgt daraus, dass die Daten zur Inbetriebnahme und zum Abbau von Plätzen im Rahmen des Antragsverfahrens zur Feststellung vom Beklagten abgefragt werden. Diese Daten dienen lediglich der Prüfung von Vorfragen zu den feststellungsfähigen Tatsachen. In der Begründung zur APG DVO NRW wird ausgeführt, dass diese Daten für die Beurteilung der in § 11 Abs. 1 Satz 4 Ziffern 1-8 APG DVO NRW genannten feststellungsfähigen Tatsachen benötigt werden (vgl. Begründung zur APG DVO NRW, Bl. 41). Dies führt aber nicht dazu, dass Gegenstand des Feststellungsbescheides die isolierte Feststellung der Anwendung der Methode der Vergleichsberechnung ist.

Die Klägerin ist durch den angefochtenen Festsetzungsbescheid vom 24.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 1 und 2 SGG. Der Festsetzungsbescheid vom 24.04.20119 In Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat hier kein Wahlrecht zwischen der fiktiven und der konkreten Mietvergleichsberechnung.

Der Festsetzungsanspruch ergibt sich aus § 82 Abs. 2, 3 SGB XI i.V.m. § 10 APG, § 12 Abs. 1 und 4 APG DVO, § 8 Abs. 5 i.V.m. § 7 APG DVO.

Nach § 12 Abs. 1 APG DVO erfolgt die Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen auf Antrag des Trägers durch den für den Sitz der Pflegeeinrichtung zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Nach § 12 Abs. 4 APG DVO sind zur Ermittlung des festzusetzenden Betrages die für den Abrechnungszeitraum anerkennungsfähigen Aufwendungen zu ermitteln.

Nach § 8 Abs. 2 APG DVO NRW kann die Trägerin oder der Träger entscheiden, ob die Vergleichsberechnung fiktiv oder konkret anhand der tatsächlichen von der Vermieterin oder dem Vermieter einrichtungsbezogen erbrachten Aufwendungen erfolgen soll (Satz 2). Die Entscheidung ist bei der Antragstellung zur erstmaligen Festsetzung nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu treffen und kann nur einmalig im Rahmen der beiden nachfolgenden Festsetzungsverfahren verändert werden (Satz 3). Befanden sich die langfristigen Anlagegüter zum 01.02.2014 im Eigentum der Trägerin oder des Trägers und wurden oder werden sie nach diesem Zeitpunkt veräußert und anschließend zum weiteren Betrieb der Einrichtung von der bisherigen Trägerin oder dem bisherigen Träger oder einer beziehungsweise einem Dritten gemietet, so erfolgt die Überprüfung der Angemessenheit stets im Wege der konkreten Vergleichsberechnung nach § 8 Abs. 14 APG DVO NRW (Satz 5). Das Gleiche gilt, wenn die Veräußerung zwar schon vor dem 01.02.2014 stattgefunden hat, die Aufwendungen für Miete oder Pacht aber von der Trägerin oder dem Träger im Rahmen der Beantragung der Förderung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen bis zum 01.11.2014 nicht geltend gemacht wurden oder wenn die Trägerin oder der Träger das Eigentum an den langfristigen Anlagegütern behält, aber die Trägerschaft der Einrichtung auf eine andere natürliche oder juristische Person übergeht (Satz 6).

Vorliegend ist wegen § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt. 2 APG DVO NRW zwingend die konkrete Mietvergleichsberechnung anzuwenden. Aufgrund dieser Vorschrift steht der Klägerin kein Wahlrecht nach § 8 Abs. 2 Satz 2 APG DVO NRW zu. Die Vorschrift des § 8 Abs. 6 Satz 2 Alt. APG DVO NRW ist nicht dergestalt teleologisch zu reduzieren, als dass der Stichtag des 01.02.2014 aus § 8 Abs. 2 Satz 5 APG DVO NRW nach dem Willen des Gesetzgebers auch hier Geltung finden soll.

Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten nur begrenzt zu. Eine teleologische Reduktion ist nur dann vorzunehmen, wenn die Beschränkung des Wortsinns einer gesetzlichen Regelung aufgrund des vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Regelungsziels geboten ist, die gesetzliche Regelung also nach ihrem Wortlaut, Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine versehentlich zu weit gefasste Regelung auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 31.10.2016 – 1 BvR 871/13 –, Rn. 22; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 10/11 –, Rn. 15; Bundessozialgericht, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 37/20 R –, Rn. 36, jeweils juris). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Zunächst ist der Sachverhalt von Norm § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt. 2 APG DVO NRW umfasst. Denn die vorherige Trägerin hat das Eigentum behalten, aber die Trägerschaft ist in 2003 auf Klägerin übertragen worden. Aber der Zweck der Vorschrift ist im Fall der Klägerin einschlägig, sodass keine teleologische Reduktion vorzunehmen ist.

Der Zweck von §§ 8 Abs. 2 Satz 5 und 6 APG DVO NRW besteht darin, dass durch bestimmte unternehmerische Entscheidungen keine höhere Belastung resultieren dürfen, indem ein Träger oder eine Trägerin durch die vom APG NRW und von der APG DVO NRW geschaffene Möglichkeit, Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen im Wege der fiktiven Vergleichsberechnung umzulegen, Gebrauch macht, obwohl diese Möglichkeit nach der alten Rechtslage nicht bestand oder nicht genutzt wurde.

Dies wird zunächst daran deutlich, dass in § 8 Abs. 2 Satz 5 APG DVO NRW die Konstellation des „sale and lease back“ genannt wird. Hierbei handelt es sich um den Sonderfall von Einrichtungen, die bisher im Eigentum der Trägerin/des Trägers standen, dann veräußert wurden, um sie danach zur unmittelbaren Fortsetzung des Einrichtungsbetriebes von der neuen Eigentümerin/dem neuen Eigentümer zurück zu mieten. Eine solche unternehmerische Entscheidung kann zwar aus Rechtsgründen nicht untersagt werden, sie darf aber nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der identischen Nutzungsmöglichkeiten nicht zu einer höheren Belastung der Pflegebedürftigen führen. Daher sichert hier die Vorgabe der konkreten Vergleichsberechnung, dass die Kosten nicht alleine aufgrund des Wechsels vom Eigentums- in das Mietmodell steigen. Als Datum, nach dem eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse an den langfristigen Anlagegütern zu einer konkreten Vergleichsberechnung führt, ist der 01.02.2014 festgesetzt worden, da durch die Einleitung der Verbändeanhörung am 05.02.2014 die beabsichtigte Neuregelung in Bezug auf die Gestaltung der Mietregelung der Fachöffentlichkeit bekannt wurde und damit ein Vertrauensschutz für nach diesem Zeitpunkt eingetretene Eigentumsänderungen mit anschließender Vermietung nicht gewährt werden kann (vgl. Begründung zur APG DVO NRW, Bl. 32).

Der Gesetzgeber wollte demnach verhindern, dass ein Träger eine letztendlich für die Pflegebedürftigen nachteilige Entscheidung trifft, um Gewinne durch die Berechnung von Investitionskosten zu erzielen. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber auch die Thematik des Vertrauensschutzes in seine Überlegungen miteinbezogen und deshalb den Stichtag des 01.02.2014 in Satz 5 eingeführt.

In der nächsten Konstellation (§ 8 Abs. 2 Satz 5 Alt. 1 APG DVO NRW) hat zwar auch eine Veräußerung stattgefunden, aber bereits vor dem 01.02.2014. An sich wäre hier kein Schutz der Pflegebedürftigen nötig, da die Entscheidung der Veräußerung nicht aufgrund der Einführung des APG und APG DVO NRW getroffen wurde. Aber der Gesetzgeber sah hier die Gefahr, dass in einem solchen Fall der Träger oder die Trägerin die Aufwendungen für Miete und Pacht zuvor nicht im Rahmen des Antrages der Förderung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen geltend gemacht hat bzw. dies erst nach einer gewissen Zeit (nach dem 01.11.2014) nach Geltung der neuen Rechtslage tut.

Beiden Konstellationen gemein ist der Umstand, dass der Gesetzgeber verhindern wollte, dass Träger oder Trägerinnen versuchen, höhere Kosten durch die neue Rechtslage auf die Pflegebedürftigen umzulegen, obwohl dies ohne die Rechtsänderung nicht möglich gewesen wäre.

Hier reiht sich die dritte Konstellation, die auf die Klägerin zutrifft, ein. Denn nach § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt. 2 APG DVO NRW gilt das Gleiche, wenn die Trägerin oder der Träger das Eigentum an den langfristigen Anlagegütern behält, aber die Trägerschaft der Einrichtung auf eine andere natürliche oder juristische Person übergeht.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass es kein gesetzgeberisches Versehen darstellt, dass in dieser Norm kein Stichtag genannt wird, sodass auch die Übertragung der Trägerschaft vor dem 01.02.2014 umfasst ist. An dieser Stelle muss beachtet werden, dass in jeder Konstellation immer das Zusammenspiel von zwei Beteiligten eine Rolle spielen: der (ehemalige) Eigentümer und die (neue) Trägerin oder der (neue) Träger. Der Gesetzgeber hat sich hier bewusst in den Ausnahmen auf die Ausgangssituation der Übertragung der Trägerschaft auf einen Träger, der nicht Eigentümer ist, beschränkt. Denn nur in einem solchen Fall bestand theoretisch die Möglichkeit, dass der „neu“ eingesetzte Träger nach der neuen Rechtslage die fiktive Mietvergleichsberechnung erstmalig hätte wählen können und zuvor nicht die Möglichkeit dazu hatte. Nur in diesen Situationen könnte eine nachteilige Situation durch eine unternehmerische Entscheidung und nach dem Wechsel der Rechtslage eintreten. Denn sowohl in der ersten Konstellation als auch in der zweiten Konstellation wird vom Gesetzgeber vorausgesetzt, dass zuvor eine Berechnung nach dem Eigentümermodell durchgeführt wurde bzw. keine Aufwendungen für Miete und Pacht geltend gemacht wurden.

Dies trifft auch auf die Klägerin zu. Sie hat vor dem 01.02.2014 die Trägerschaft erhalten, wurde aber nach den Methoden für Eigentumseinrichtungen berechnet, als sogenanntes unechtes Mietmodell. Würde sie jetzt im Wege der fiktiven Mietvergleichsberechnung ihre Investitionskosten geltend machen können, würden unter Umständen höhere Kosten für die Pflegebedürftigen entstehen. Diese Folge wollte der Gesetzgeber aber gerade mit den Ausnahmen vom Wahlrecht nach §§ 8 Abs. 2 Satz 5 und 6 APG DVO NRW vermeiden.

Aus dem Vorgesagten folgt zudem, dass sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Denn sie wurde auch vor dem Greifen der Ausnahme nach § 8 Abs. 2 Satz 6 Alt. 2 APG DVO NRW auf keine andere Weise berechnet als nun nach der neuen Rechtslage unter Geltung des APG und der APG DVO NRW.

Da die Kammer hier die zwingende Anwendbarkeit der konkreten Mietvergleichsberechnung für rechtmäßig hält, war über den Hilfsantrag der Klägerin zu entscheiden.

Die Aufwendungen für die Grundstückspacht können nicht anerkannt werden. Im Wege der konkreten Mietvergleichsberechnung sind bei Vorliegen einer Grundstückspacht nach § 7 Abs. 1 APG DVO NRW nicht die Kosten für das Grundstück, sondern ausschließlich Erbpachtzinsen bezogen auf ein Grundstück anerkennungsfähig. Solche sind von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.

Auch die Bestandmiete zuzüglich 10 Prozent ist im Wege der konkreten Mietvergleichsberechnung nicht berücksichtigungsfähig. Denn § 8 Abs. 9 APG DVO NRW ist nicht einschlägig. Diese Norm ist der fiktiven Mietvergleichsberechnung zugewiesen. § 8 Abs. 2 Satz 4 APG DVO NRW bestimmt, dass die fiktive Vergleichsberechnung nach den Absätzen 3 bis 13 und die konkrete Vergleichsberechnung nach Absatz 14 von § 8 APG DVO NRW erfolgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und berücksichtigt die Tatsache, dass die Klägerin zwar hinsichtlich des Feststellungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23.04.2024 teilweise obsiegen konnte,  aber letztendlich zum Großteil unterlegen war, weil sie in diesem Verfahren keine positive Entscheidung über das Wahlrecht nach § 8 Abs. 2 APG NRW erreichen konnte und hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 24.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2020 vollständig, auch bezogen auf den Hilfsantrag, unterlegen war.

Rechtskraft
Aus
Saved